Super- Erstrebenswert

Das Modell Ethos SE ist das neue Spitzen-MC des britischen Tonabnehmerherstellers Goldring. Es kostet 1.600 Euro.

Warum ich den Preis so prominent in den Vorspann dieses Artikels schreibe? Weil’s nur 1600 Euro sind! Mir fällt gerade kein anderer auch nur irgendwie highendig ambitionierter Tonabnehmerhersteller ein, dessen Flaggschiff auch nur im Entferntesten für diese Summe zu bekommen ist! Allein das ist doch schon ein Grund dafür, diesen Abtaster ganz ungeheuer lieb zu haben. Das „Ethos SE“ ist ein Sondermodell des Ethos. Etwas nachlässig diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass wir genau das nie genauer unter die Lupe genommen haben, was die klangliche Beurteilung der „Special Edition“ im Vergleich zum normalen Ethos etwas schwierig macht. Davon ab gibt´s eine ganze Reihe von Details, die das Ethos SE von vornherein erstrebenswert erscheinen lassen. So steht beim Thema Abtastdiamant in der Produktbeschreibung unter anderem: „factory replacable“.

Das sieht man bei einem MC nun definitiv nicht alle Tage: Nadel abgenutzt und der Hersteller macht eine neue drauf? Ganz großartig! Nach dem Preis des Services habe ich mich zugegebenermaßen nicht erkundigt, möglicherweise wäre die Freude in Kenntnis dessen etwas getrübt: Aber immerhin: Es geht.  

Das erste, was beim hantieren mit dem Ethos SE auffällt ist das Gehäuse. Es besteht nämlich aus mattschwarzem Aluminium, was bei Goldring doch eher die Ausnahme ist, man verwendet hier in aller Regel schnödes Plastik – natürlich nicht ohne eine werbewirksame High-Tech-Materialbezeichnung. Aluminium hingegen ist steif, dimensionsstabil und an dieser Stelle ziemlich unangreifbar. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Spezifikationen: 0,35 mV Ausgangsspannung bei 5 cm/s sind nicht luxuriös viel, aber von jeder Phonovorstufe mit mindestens 60 Dezibel Verstärkung (oder einem 1:15-Übertrager) locker zu bedienen. Mit 28 mm/N zählt das Ethos SE zur rar gewordenen Spezies der eher weich aufgehängten MCs und eignet sich damit auch für leichtere Tonarme. Der empfohlene Abschlusswiderstand beträgt 100 Ohm, das ist quasi der Industriestandard, hier darf man auch gerne andere Werte probieren. Mit 3,8 Ohm ist der Innenwiderstand sehr niedrig, wir dürfen auf Spulen mit wenigen Windungen und ein besonders effektives Magnetsystem schließen. So hält man die bewegte Masse klein, das ist gut für die Detailwiedergabe. Ein Blick aufs Datenblatt des „normalen“ Ethos zeigt dann auch, dass hier etwas mehr Gewicht in den Spulen steckt und die Ausgangsspannung etwas höher ist. Beim SE-Modell sind die Spulen zudem mit Silberdraht gewickelt, beim Ethos mit solchem aus Kupfer. Beiden Modelle zu eigen ist die kreuzförmig auf einen Träger aus schwedischem Eisen gewickelte Spulenanordnung. Das gibt schön viel Kanaltrennung. Der Hersteller hat seinem Generator sogar eine eigene Typenbezeichnung spendiert: Er heißt „GOL1“, scheint ein handgefertigter Klassiker zu sein und wurde fürs Ethos SE noch etwas aufgebohrt: Die Polschuhe verfügen nunmehr über eine erhöhte Permeabilität (das ist so etwas wie die „magnetische Leitfähigkeit“), was dem Frequenzgang in den oberen Frequenzbereichen weiter verbessern soll.     

Am „Business End“ findet sich in beiden Fällen ein Aluminiumnadelträger – alles andere wäre in dieser Preisklasse auch kaum zu realisieren gewesen. Doch das ist an dieser Stelle kein Nachteil, Aluminium sorgt an dieser Stelle erfahrungsgemäß für eine sehr homogene und stressfreie Wiedergabe. Ganz vorne sitzt in beiden Fällen ein sehr schmaler und leichter Line- Contact-Diamant mit besonders großer Kontaktfläche zur Rillenflanke.  

Die Montage des Ethos SE ist dank integrierter Gewinde kein Problem. Der Korpus bietet trotz seiner gerundeten Form genügend „Vorderkante“, um die Kröpfung gut einstellen zu können. Einbau und Justage im Transrotor-Arm Studio 12 waren innerhalb weniger Minuten erledigt. Die Phonovorverstärkung übernahm der bewährte Lehmann Decade Jubilee. Verstärkung auf volle 66 Dezibel, 100 Ohm Abschlussimpedanz – ich sah auch später keinerlei Veranlassung dazu, von diesen Werten abzuweichen.   

Klang

Das Ethos hat definitiv diese von mir hoch geschätzte, fast MM-ähnliche Geschlossenheit, die den Abtastern von der Insel traditionell zueigen ist.

Es vermittelt das ganzheitliche Wesen des Mediums Schallplatte ausgezeichnet. Wir fangen einfach mal mit Fleetwodd Macs Über-Klassiker „Rumours“ an. Das Ethos SE präsentiert einen schön runden und stämmigen Bass und zwei fein ziselierte und bestens separierte Gsangsstimmen. Stevie und Chrisine zu unterscheiden klappt schon mal hörbar besser als beim schon etwas betagteren, aber von mir hoch geschätzten Benz ACE SL. Lindsey Buckinghams ganz besonderes Fingerpicking auf „Never Going Back Again“ klingt ebenfalls extrem fein mit dem Ethos SE, aber auch kräftig und rund. Wir bleiben noch etwas bei akustischer Gitarre und legen Ralph Towners 1982er Album „Blue Sun“ auf. Auch hier fällt wieder der sehr filigrane und detaillierte Hochtonbereich, das zeigt sich hier vor allem bei der zarten Percussionsarbeit. Viel Spaß machte das Ethos SE auch mit Wishbone Ashs Über-Album „Argus“. Es vermittelte den typischen Frühsiebziger-Sound sehr überzeugend, zerrte aber doch erfreuliche Mengen von Details aus der Rille. Die Kombination aus einem tendentiell warmen und angenehmen Charakter mit einer sehr feinen Hochtonwiedergabe ist es auch, was diesen Abtaster letztlich auszeichnet. Sehr gut!

Fazit

Das Ethos SE ist mit jeder Faser eines Spitzenmodells würdig. Es klingt herrlich geschlossen, ganz leicht warm, produziert aber auch eine immense Detailfülle. Best Buy in dieser Preisklasse!