Kategorie: Tonabnehmer

Tonabnehmer Hana Umami Blue


Die fünfte Dimension

Tonabnehmer Hana Umami Blue im Test, Bild 1
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Ich koche gerne und sehe gerne Kochsendungen. Seit einiger Zeit taucht da immer wieder ein Begriff auf, den ich früher nie gehört habe: Umami. Sollte unsere Branche etwa die Kulinarik infiltriert haben?

Geschmackssicherheit


Nun, ganz so ist es dann doch nicht. Der japanische Chemiker Professor Ikeda Kikunae untersuchte 1908 die Algenart Laminaria japonica, die in Japan „Kombu“ genannt und zum Würzen für Suppen verwendet wird. Er extrahierte aus ihr die Aminosäure Mononatriumglutamat, die für ein herzhaftes, intensives, pikantes oder gar fleischiges Geschmackserlebnis verantwortlich sein kann. So prägte Kikunae 1908 den Namen umami, die beiden Wortteile „umai“ und „mi“ bedeuten wörtlich übersetzt „einfach köstlich“. Umami ist erst im Jahr 2000 neben süß, salzig, sauer und bitter wissenschaftlich nachgewiesen und von unserer Zunge als als fünfte Geschmacksrichtung erkennbar definiert worden.

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Man versteht darunter einen herzhaften, fleischigen Geschmack, was den Charakter der Hana Umami Systeme für mich nicht wirklich trifft. Da gefällt mir der eigentliche Wortsinn besser: „einfach köstlich“. Und auf ihre Art markieren sie auch eine Fünfte Dimension des Tonabnehmerbaus.   

Entwicklungsgeschichte mal anders


Die Geschichte dieser Tonabnehmer ist erzählenswert. Wie Sie wahrscheinlich wissen steht hinter Hana die Excel Sound Corporation, die 1970 gegründet wurde und über Jahrzehnte neben eigenen vor allem auch die Tonabnehmer anderer Firmen hergestellt hat. Der Firmengründer Okada-san ist ein betagter Mann und da kam ihm vor gut zehn Jahren die Wiederbegegnung mit Hiroshi Ishihara und seiner Firma Youtek Corporation samt deren Fertigungsmöglichkeiten gerade recht. Die Erfindung der Hana-Linie hat 2014 begonnen und basiert auf einem durchaus ungewöhnlichen Plan. An der Entwicklung waren der amerikanische Vertrieb Musical Surroundings und der deutsche vom High-Fidelity-Studio in Augsburg entscheidend beteiligt. So eine Zusammenarbeit kann total in die Hose gehen, in diesem Fall hatten die erfahrenen Vertriebsprofis jedoch genaue Vorstellungen davon, wie so eine neue Marke auf dem Markt zu platzieren sei. Und man kann sagen, dass jeder Hana Tonabnehmer in seinem Marktsegment ein Erfolg war.   

Modellpolitik


Der japanische Markt ist komplex. Dortige Händler verlangen denselben Verkaufspreis wie für Exportartikel, wodurch die Kalkulation nicht mehr funktioniert. Also haben die beiden Vertriebe zusammen mit Okada-san und Hiroshi-san einen Plan geschmiedet und so entstand Hana nur für den Export, sprich die Tonabnehmer sind in Japan gar nicht erhältlich. Und tatsächlich setzen die USA und Augsburg, also der deutsche Vertrieb, 80% der Hanaproduktion weltweit um. Die beiden waren sich nur an einer Stelle des Plans nicht einig, denn die Augsburger wollten die Systeme nach aufsteigendem Preis einführen, was bis zum Umami Red auch funktioniert hat. Denn eigentlich hätte da das Umami Blue für 2500 Euro kommen sollen. Doch Garth Leerer von Musical Surroundings wollte einen Tonabnehmer um die 4k für seine Kunden und so verkehrte sich die Reihenfolge von Blue und Red.   

Von Rot zu Blau


Das Hana Umami Red wurde 2020 eingeführt, das Blue im vergangenen Jahr.

Tonabnehmer Hana Umami Blue im Test, Bild 3
Jetzt mal ehrlich: sehr viel schöner werden Tonabnehmer einfach nicht…dieses Blau
Mit seinem großen roten Bruder teilt es sich nicht nur den im Freien agierenden Generator, sondern auch den nackten Microline-Diamanten auf einem Bornadelträger sowie das massive A7075 Aluminumge-häuse mit seiner ungewöhnlichen, dem menschlichen Ohr nachempfunden Auricle™-Form. Die edel schimmernde Melaminharzbeschichtung des Blue hat ähnlich wie die mit der Zeit immer stärker aushärtenden Urushi-Lacke auch einen klanglichen Effekt. Der äußere Systemkörper wird bedämpft, was mit dem Delrinplättchen auf der Vorderseite kontrolliert wird. Beim Red kommt da Ebenholz zum Einsatz. Anders als beim Roten arbeiten im Blauen kernige Alnico Magnete und keine aus Samarium Cobalt. Sie sorgen wie dort auch für gesunde 0,4mV Ausgangsspannung bei 8 Ohm Innenwiderstand, wobei es beim Red nur 6 Ohm sind. Damit qualifiziert sich das Blue für die Nutzung mit meinem Air Tight 1:20 Übertrager. Anpassungswiderstände habe ich keine benutzt, nach meiner Erfahrung macht das bei kleineren ohm´schen „Fehlanpassungen“ kaum einen hörbaren Unterschied. Eins habe ich noch vergessen: der Generator des Umami Blue entspricht dem des Hana ML und wird per Kryotechnik optimiert. Das Thema mag den einen oder anderen irritieren, Gerald Jakob vom deutschen Vertrieb ging es auch so. Doch der Klangzuwachs nach der Kältebehandlung war zu eindeutig, um ihn zu ignorieren. Außerdem beruhigte ihn das Gespräch mit einem Freund, der im Motorradrennsport tätig ist. Denn dort ist die Kryogenisierung von Motorteilen Standard. Und warum? Weil man damit mehr Leistung generiert – so einfach ist das.   

Begegnung


Schon das Auspacken des Systems ist eine wahre Freude. 

Tonabnehmer Hana Umami Blue im Test, Bild 5
So ein Schätzchen darf man sich ruhig auch mal zwischendurch schenken. Es wird einen sehr lange begleiten
Aus der Fichtenholzbox fällt ein kleines Schächtelchen, das vier Schraubensets, eine Nadelbürste mit Holzgriff und einen passenden Inbusschraubenzieher enthält. Das ist genau der, den man sonst gerade nicht zur Hand hat. Die Schrauben sind zwischen 4 und 8mm lang, so kann man das Umami Blue in praktisch jeder handelsüblichen Headshell bequem montieren – beim Umami Red fehlte die 8mm Variante noch. Wenig überraschend habe ich ein ziemlich großes Arsenal von Wechselheadshells zur Verfügung. Da das Umami Blue einen Aluminiumbody hat, kombiniere ich es zur Resonanzbrechung natürlich nicht mit einem Aluminiumheadshell. RDC wäre für ein einfacheres Metallgehäuse perfekt. Aber das Gehäuse des Umami Blue ist nicht einfach und deshalb landet es in meiner Yamamoto HS-1A Headshell. Ich entscheide mich für die 6mm Schrauben, denn die passen perfekt in die gesamte Länge der Bohrung, damit auch dort nichts resoniert. Man kann mit Unterlegscheibchen experimentieren, was ich hier nicht getan habe. Das Anzugsmoment der Headshellschrauben ist wie ihr Material – in diesem Fall nicht magnetischer Edelstahl – wichtig. Andere Schrauben habe ich nicht probiert, denn die Kombination des gehärteten Duraluminium Gehäuses mit dem Edelstahl und dem Ebenholz erscheint mir stimmig. Auch wenn Sie das vielleicht wissen: es ist wichtig, dass Sie die Schrauben nur handfest anziehen, niemals überdrehen, was unnötige Spannung in das filigrane Gesamtsystem bringt. Man kann auch diese Unterschiede hören.   

Stille in der Rille


Im direkten Vergleich zum Blue klingt das Umami Red vielleicht noch etwas saftiger, hier und da minimal feinauflösender, das Blue macht das mit einem leicht spritzigeren, animierenderen Klang mehr als wett. Frisch aus der Holzbox klingt es anspringend, sehr detailliert und fein auflösend, aber noch etwas bedeckt. Aber man kann, und das war beim Red auch so, praktisch zuhören, wie es aufmacht. Schon in den ersten Takten von „Quiet Kenny“ vom Ausnahmetrompeter Kenny Dorham ist das so. Als würde Dorham den Dämpfer vom Hornmund entfernen, öffnet sich Dorhams so weiches Spiel, das mich immer wieder an Clifford Brown denken lässt. Nach wenigen Takten von Kennys Eigenkomposition „Lotus Blossom“ lässt Art Taylor seine Schlagzeugmuskeln spielen und das knackt schon sehr beachtlich, sprich Dynamik ist schon ziemlich da. „My Ideal“ ist eine Ballade und da macht das „Blue“ etwas ganz Außergewöhnliches. Es scheint sich wie ein Profimusiker der Vorgabe des Komponisten anzupassen. Was, könnten Sie sich fragen, spinnt der Bayer jetzt komplett? Nein. So knackig und zackig das Blue die Drumbreaks wiedergegeben hat, so weich, sanft und entspannt klingt es für die Ballade. Das mag seltsam wirken und könnte auch als neutral beschrieben werden. Aber das trifft es nicht. Es reagiert und bleibt nicht teilnahmslos, das ist nicht leicht zu vermitteln. Aber im Vergleich zu einem trocken-neutralen System dürfte das deutlich werden. Es hat bei aller Neutralität einen immer animierenden Charakter, das mich auf Details und Stimmungen achten lässt, die mir sonst auch mal entgehen. Versuchen wir es mal mit dem Gegenteil von Quiet Kenny, mit Velvet Underground. „White Lights, White City“ ist nicht gerade das, was man gemeinhin als Wohlfühlalbum bezeichnen würde. Ist ein Tonabnehmer nicht in der Lage, das Geschehen richtig gut aufzulösen, wird die Chose anstrengend. Das Blue macht das einfach großartig, als würde es sich überhaupt nicht um etwaige Probleme kümmern, stürmt es ungestüm mit den Avantgarderockern durch deren Klangwelten und spannt dabei Räume auf, wo manchmal gar keine zu sein schienen.   

Fazit

Das Hana Umami Blue ist ein unglaublich gut ausbalancierter Alleskönner, der sowohl dem Auge, als auch dem Ohr schmeichelt. Mit seinem involvierenden Klang kann es für viele Hörer der letzte Tonabnehmer sein.

Kategorie: Tonabnehmer

Produkt: Hana Umami Blue

Preis: um 2500 Euro

6/2024

Das Hana Umami Blue ist ein unglaublich gut ausbalancierter Alleskönner

Hana Umami Blue

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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb High-Fidelity-Studio / Augsburg 
Telefon 0821 / 37250 
Internet www.high-fidelity-studio.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
Gewicht (in g) 10,8 Gramm 
Unterm Strich... Das Hana Umami Blue ist ein unglaublich gut ausbalancierter Alleskönner, der sowohl dem Auge, als auch dem Ohr schmeichelt. Mit seinem involvierenden Klang kann es für viele Hörer der letzte Tonabnehmer sein. 
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