Wenn das kein Grund zum Feiern ist: Der japanische Hersteller Accuphase, den wir bereits ein kleines bisschen für die analoge Sache verloren glaubten, meldet sich mit einem eindrucksvollen Plädoyer fürs Vinyl zurück: Der brandneue MC-Abtaster AC-5 ist ein ganz besonderes Comeback
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob
Clearaudio Master Reference
Vorstufen:
MalValve preamp four line
Accuphase C-2810
Endverstärker:
Accuphase A-65
SymAsym
Lautsprecher:
Audio Physic Scorpia 25
Klang + Ton „Nada“
Zubehör:
Netzversorgung von PS Audio und HMS
NF-Kabel von van den Hul und Silent Wire
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Phonovorstufen
Burmester 100
van den Hul „The Grail SB“
Tonabnehmer
MFSL C3.5
Clearaudio Goldfinger
Grade Reference 1
Nun ist es wahrlich nicht so, dass das AC-5 zum Preis von 3.950 Euro die erste Großtat der Mannen aus Yokohama in Sachen Tonabnehmer wäre: Das AC-1 baute Accuphase bereits 1979, ein AC-2 und ein AC-3 folgten später nach. Da Asiaten bekanntermaßen keine Freunde der Zahl vier sind, ist das AC-5 zumindest in Sachen Nomenklatur ein logischer Schritt.
Vor nicht allzu langer Zeit wäre ein solches Produkt als veritable Sensation durchgegangen, hat Accuphase seine Prioritäten doch deutlich im Lager digitaler Quellengeräte gesetzt. Zwar gab und gibt es für alle möglichen Vor- und Vollverstärker zumindest nachrüstbare Phono-Steckplatinen, der Fokus lag augenscheinlich aber woanders: Accuphase war und ist einer der glühendsten Verfechter der SACD, und da es mit der Lieferbarkeit hochwertiger Laufwerksmechanismen für drehende Digitalscheiben nicht zum Besten bestellt ist, fertigt man Entsprechendes heutzutage einfach selbst und verbaut es in diversen integrierten Abspielgeräten und Laufwerks-/Wandlerkombis, die weltweit einen exzellenten Ruf genießen. Doch Accuphase wäre nicht das von Musikliebhabern getriebene Unternehmen das es ist, wenn man das analoge Metier einfach aus den Augen gelassen hätte. Vor geraumer Zeit erschien die Phonovorstufe C-27 (8.800 Euro), die am Markt wohlwollende Akzeptanz fand. Dass nach dem Erfolg dieses Produktes ein neuer Tonabnehmer der nächste logische Schritt war, steht völlig außer Frage. Ebenso sinnvoll scheint es, Abtaster und Verstärker gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, was wir hiermit tun. Beim AC-5 handelt es sich um einen Moving-Coil-Tonabnehmer im klassischen Sinne. Die Besonderheiten beginnen allerdings schon bei der Wahl des Gehäusematerials. „Hartzinn“ ist eine Legierung aus Zinn, Antimon und Kupfer und soll über exzellente Dämpfungseigenschaften verfügen. Die Montageplatte erhält zudem eine Rhodiumbeschichtung, der eigentliche Korpus eine solche aus Gold. Etwas verwundert hat mich eingedenk des reichlich schweren „Baumaterials“ das moderate Gewicht des Abtasters: 11,5 Gramm liegen im Mittelfeld dessen, was man heutzutage so hat. Als Besonderheit darf auch der Nadelträger des Systems gelten: Bor verbauen hier zwar auch andere, Accuphase jedoch setzt nicht die kristalline Variante des Materials ein, sondern die amorphe. Neben einer extrem hohen Schallausbreitungsgeschwindigkeit bietet es eine deutlich höhere Stabilität als die kristalline Form des Materials. Nadelspezialist Namiki liefert einen Diamanten mit Microridge-Schliff zu, dessen geringer Verrundungsradius in Tiefenrichtung der Rille für exzellentes Abtastverhalten sorgt; die keilförmige Konstruktion hat zudem eine recht hohe Standzeit. Bei der Anordnung der Spulen wurde auf maximal mögliche Symmetrie Wert gelegt, was der klanglichen Balance zwischen den beiden Stereokanälen zugute kommen soll. Bei den Spulen selbst entschied man sich für Kupfer; natürlich für eine langkristalline und möglichst sauerstoffarme Variante. Elektrisch zählen die Spulen eher zur niederohmigen Sorte, der Generatorwiderstand beträgt 4,5 Ohm. Der Hersteller spezifiziert zudem eine Ausgangsspannung von eher niedrigen 0,24 Millivolt bei einem Kilohertz und einer Schnelle von 5 cm/sek. Das Dämpfersystem ist noch interessant. Es besteht aus synthetischem Kautschuk und ist ringförmig aufgebaut; allerdings ist dieser Ring in acht Segmente geteilt, was das Ansprechverhalten der Konstruktion verbessern soll. Beim Material fürs Magnetsystem kommt das edle Samarium-Kobalt zum Einsatz. Es besticht durch eine ungewöhnliche hohe Curie-Temperatur von über 700 °C, was sich angeblich sogar bei Raumtemperatur bemerkbar machen soll. Wir erinnern uns an den Physikunterricht: Die Curie-Temperatur eines Magnetmaterials ist diejenige, oberhalb derer sich die Magnetisierung verflüchtigt. Dank der klaren Formen und geraden Kanten lässt sich das AC-5 problemlos montieren. Sein Gewicht und die Nadelnachgiebigkeit von 12–15 mm/N legen die Verwendung an heutzutage üblichen mittelschweren Armen nahe, wobei man sich hier aber nicht allzu viel Sorgen machen sollte: Die Praxis zeigt, dass MC-Tonabnehmer in dieser Hinsicht meist ziemlich gnädig sind. Ganz persönlich hätte ich mich über eine Farbkodierung der Anschlusspins gefreut, ich kann mir die Zuordnung zu den entsprechenden Signalen einfach nicht merken. Selbstverständlich jedoch gibt die Bedienungsanleitung diesbezüglich Hilfestellung. Die C-27 ist meines Wissens nach die erste „richtige“ externe Phonovorstufe von Accuphase. Zwar hat es in der Vergangenheit schon separate MC-Vor-Vorverstärker gegeben, die brauchten jedoch stets noch einen MM-Entzerrer, um zur kompletten Phonovorstufe zu mutieren. In der C-27 jedoch ist alles drin, wie heutzutage allgemein üblich. Das Gerät ist in bester Accuphase-Tradition eine absolute Augenweide und mit einer handwerklichen Perfektion gefertigt, die sonst kaum ein Hersteller schafft. Natürlich gibt’s zur champagnerfarbenen Front keine Alternative, genauso wenig wie zu den satt gemaserten polierten Holzseitenteilen. Ein Accuphase-Gerät muss genau so aussehen, alles andere wäre unverantwortlicher Stilbruch. Die C-27 ist eingangsseitig unsymmetrisch ausgelegt, ausgangsseitig stehen Cinch- und XLR-Terminals zur Verfügung. Bei Letzteren kann man per Kippschalter sogar die absolute Phase umschalten – löblich. Man kann drei Tonabnehmer anschließen, und eine schlaue Logik merkt sich für jeden Eingang den kompletten Satz der eingestellten Parameter. Und davon gibt’s eine ganze Reihe: Man kann (muss) zwischen MM- und MC-Betrieb wählen, die Verstärkung zweistufig umschalten und die Eingangsimpedanz vorwählen: Für MMs stehen 1, 47 und 100 Kiloohm zur Auswahl, für MCs 3, 10, 30, 100, 300 und 1000 Ohm. Die kapazitive Anpassung für MM-Abtaster ist fix, ich habe aber keine Angabe darüber gefunden, wie hoch die Eingangskapazität ist. Bliebe letztlich noch ein schaltbares Subsonic-Filter mit einer Steilheit von 12 Dezibel pro Oktave, das unterhalb von 10 Hertz einsetzt. Die Vorwahl aller Parameter geht klassisch per Drehschalter und Taster – schön, dass sich die Speicherfunktion auch mit solch klassischen Bedienelementen machen ließ und man sich nicht mit Cursortasten durch Menüs hangeln muss. Deshalb braucht die C-27 auch kein Display, sondern nur ein paar Leuchtdioden, die im dunklen Fenster auf der Gerätefront die Betriebszustände signalisieren. Das Geräteinnere wird von ganz viel Stromversorgung und nicht ganz so viel Phonovorverstärker bestimmt – zumindest rein flächenmäßig. Um die Versorgung der Schönheit kümmern sich zwei gekapselte und absolut lautlos agierende Ringkerntrafos, die mit gehörigem Respektabstand zur Signalverarbeitung im Gehäuse platziert wurden. Mittig gibt’s eine Netzteilplatine mit ordentlich Siebung und kanalgetrennten Spannungsregelungen, im rechten Gehäusedrittel steckt der eigentlich Entzerrer. Es gibt übrigens zwei übereinander angeordnete Platinen, für die Teflon als Basismaterial gerade gut genug war – eine für jeden Kanal. Der offensichtlich enorme Schaltungsaufwand lässt sich relativ einfach erklären: Accuphase bedient MM- und MC-Tonabnehmer mit zwei komplett getrennten Schaltungsteilen. Üblicherweise gibt’s entweder nur einen Verstärker, dessen Verstärkung sich in weiten Bereichen verändern lässt, oder eine Lösung für MM-Pegel, der im MC-Betrieb eine zusätzliche Stufe vorgeschaltet wird. Aber komplett separat? Das macht meines Wissens nach sonst keiner. Bei näherer Betrachtung jedoch macht die Trennung durchaus Sinn. MMs brauchen wenig Verstärkung, sind hochohmig und wollen mit einer Verstärkerstufe bedient werden, die mit solchen Quellen optimal harmoniert und möglichst wenig Rauschen erzeugt. MCs hingegen liefern nicht nur viel weniger Spannung, sondern haben auch einen viel geringeren Innenwiderstand, was eine komplett andere schaltungstechnische Herangehensweise erfordert. Und wenn man mit einem Minimum an Verstärkerstufen auskommen will, dann geht’s nur so, wie Accuphase es hier vormacht. Interessanterweise steckt im MM-Zweig sogar etwas mehr Schaltungsaufwand wie im MC-Teil. Während bei Letzterem acht parallele symmetrische Differenzverstärker die Eingangsverstärkung übernehmen, sind es im MM-Abteil deren sechs, hinzu gesellt sich aber aber noch eine Pufferstufe aus viermal drei parallel geschalteten FETs – die sind für hochohmige Quellen eindeutig besser geeignet. Die Entzerrung der Schneidekennlinie geschieht hüben wie drüben über die Gegenkopplung der zweiten Verstärkerstufe. Auch die ist aus Einzeltransistoren aufgebaut, Chips dürfen lediglich periphere Funktionen übernehmen. Zudem fällt das Auge auf eine Unzahl von Relais, mit denen die verschiedenen Betriebszustände geschaltet werden – überflüssig zu erwähnen, dass der Aufbau in den Augen eines Elektronik-Ästheten natürlich ein Gedicht ist. Beim Hörtest lief das AC-5 zunächst mit einer Abschlussimpedanz von 100 Ohm, die Verstärkung gehört auf „high“ und eigentlich ist man damit schon angekommen. Die Accuphase-Kombi betört aus dem Stand mit einer auffällig seidigen und geschmeidigen Wiedergabe. Man kann darüber streiten, ob das AC-5 beim Abschluss mit 300 Ohm nicht noch ein wenig mehr Luft obenheraus generiert, mir persönlich ist die minimal sehnigere und straffere Gangart bei 100 Ohm lieber. Die C-27 ist ein extrem transparenter Entzerrer praktisch ohne Eigenklang und bietet somit absolut perfekte Voraussetzungen für das AC-5. Jenes ist ein wunderbares MC, das partout nicht Gefahr laufen will, wie ein typisches MC zu klingen. Es verzichtet auf das letzte Quäntchen Grobdynamik zugunsten einer sehr ganzheitlichen, geschlossenen Darbietung. Ich würde von perfekter Ausgewogenheit sprechen, wenn da nicht dieser auffällig „analoge“ Mittenbereich wäre. Das AC-5 dürfte in Sachen Stimmwiedergabe kaum zu schlagen sein, es spendiert jeder Gesangsstimme einen Extraschuss Leben, Ausdruck und Glaubwürdigkeit. Dafür allerdings braucht’s einen adäquaten Spielpartner. Die C-27 empfiehlt sich mit Auszeichnung als solche. Ich hab’s bis dato nicht geschafft, ihr einen dynamischen oder tonalen Charakter abzuringen; sie stellt genau das dar, was der Tonabnehmer vorn abliefert. Sei es nun ein grobdynamisches Feuerwerk wie das eines Clearaudio-Goldfingers, den Biss und die Wucht eines MFSL-Miyabis oder eben den unglaublichen Mittenbereich des AC-5. Klar geht das AC-5 auch mit anderen exzellenten Phonovorstufen. Trotzdem – sich für diesen Tonabnehmer zu interessieren und ihn nicht an der C-27 gehört zu haben, ist eine echte Unterlassungssünde.
Fazit
Der Tonabnehmer schwelgt in analoger Harmonie, die Phonovorstufe ist so transparent, wie es nur geht. Passend zu den Gerätefronten darf Accuphase die Korken knallen lassen – die wissen noch ganz genau, wie man „analog“ macht.