Dynamik kompakt

Die Studio AMT von Lautsprecher Berlin hat uns ausnehmend gut gefallen, zeigte sie doch eine gut klingende und gleichzeitig dynamische Kombination von Chassis, die auch noch hervorragend abgestimmt war. Aber die Männer von Lautsprecher Berlin wollten dynamisch noch mehr.

Wolfgang Graßhoff und Michael Warkentien haben uns auch dieses Mal in ihrer ausführlichen Dokumentation an ihren Gedanken zum Lautsprecher und zur Entwicklung teilhaben lassen: „Eine der Inspirationen für unser neues Projekt war ein Fertiglautsprecher mit einem 12 Zoll-Tiefmitteltöner, kombiniert mit einem AMT. Das allein stellt schon eine Besonderheit dar und aus diversen Erfahrungsberichten hört man von einem faszinierenden Klang dieses Lautsprechers. Darf‘s vielleicht ein bisschen weniger sein? Ein Gehäuse mit 80 Liter Volumen und 42 kg Gewicht passt nicht in jedes Wohnzimmer. Unser Alternativangebot wäre ein 9,5 Zoll Tiefmitteltöner, zusammen mit dem AMT U80W1.1 von Mundorf als Kompaktbox mit 25 Liter Volumeninhalt.

Die Impedanz ist mit 8 Ohm konzipiert, damit der Lautsprecher auch mit belastungsschwachem Verstärker oder mit einer Röhre betrieben werden kann.“  

Technik

„Für den Tiefmittelton nutzten wir den Satori WO24P-8. Das Chassis ist hochmodern, hat einen strömungsgünstig geformten Gusskorb, die Zentrierspinne ruht auf einem Montagering, der von den Korbstreben gehalten wird, somit entstehen Korböffnungen, die die Luft hinter der Zentrierspinne entweichen lassen. Die Schwingspule ist langhubig mit 8,5 mm Überhang. Zwei Kurzschlussringe unterdrücken Wirbelströme und linearisieren die Schwingspuleninduktivität. Die mechanischen Verluste, charakterisiert durch Qms mit 5,7 und Rms mit 1,2 kg/s, fallen extrem günstig aus und gestatten eine detailgetreue Wiedergabe  selbst bei niedriger Lautstärke. Nun haben solch große Membranen der besten Hersteller auch Schwachpunkte. Ab ca. 2,5 kHz entstehen erhebliche Membranresonanzen, ein Einsatz ist folglich nur bis 2 kHz mit scharfer Trennung möglich. Es ist selbst beinahe schon ein Wunder, dass ein knapp 10 Zoll Chassis noch linear bis 2 kHz betrieben werden kann. Der Kennschalldruck mit 88 dB auf der Normschallwand entspricht den Erwartungen. PA Chassis haben höhere Kennschalldrücke sind jedoch für Home HiFi klanglich eher ungeeignet.   

Über den Mundorf AMT U80W1.1 muss nicht viel berichtet werden. Von den techn. Daten ist dieses Chassis eigentlich makellos. Einige Daten Der Kennschalldruck liegt bei 94 dB/2,83V/1m – bei einer Anpassung auf 8 Ohm sind das dann 3 dB weniger. Der nutzbare Frequenzbereich erstreckt sich von 2,2 kHz bis 31 kHz.   

Gehäuse

„Nach reiner Theorie wäre ein geschlossenes Gehäuse von 63 Litern Volumeninhalt erforderlich.

Ein Bassreflexgehäuse wäre mit ca. 100 Litern Volumeninhalt schon für den normalen Wohnraum zu groß. Wir entschieden uns für die geschlossene Bauform, da der Lautsprecher auch für den Röhrenbetrieb genutzt werden sollte und die höheren Gruppenlaufzeiten bei Bassreflex, die Gefahr des Dröhnens noch verstärken würden. Nun steht die Frage: „Wie kommen wir von 63 Litern auf 25 Liter Innenvolumen?“ Richtig, wir müssen Tiefbass opfern. Der Gesamtgütewert für die Berechnung wird nach Butterworth für das Gehäuse mit 0,7 vorgegeben. Wir liegen bei 0,9, haben also eine leichte Betonung um die Resonanzfrequenz und darunter einen etwas steileren Pegelabfall. Das Gehäuse besteht aus 22 mm MDF. Die Oberflächenbehandlung kann nach eigenem Ermessen durchgeführt werden. Ein gut abgedichtetes Gehäuse ist unerlässlich. 45 Grad Schnitte sind dabei sehr hilfreich. Das WO24P-8 Chassis wird versenkt eingebaut. Das klappt jedoch bei einem 22 mm MDF Gehäuse nur bedingt. Besser ist ein 27 mm Vollholz Gehäuse, welches für das schwere Chassis auch genügend Halt bietet. Der MDF Kasten wurde in unserem Fall mit Satin Nußbaum Amberbaum Furnier SaRaiFo versehen. Dieses Furnier lässt sich gut verarbeiten, hat als Grundlage einheimische Hölzer und verzichtet völlig auf Tropenholz. Man muss sich das so vorstellen, dass ein Furnier aus einheimischem Holz mit dem geforderten Muster bedruckt wird. Die Preise sind deshalb auch für den Selbstbau attraktiv. Eine Bestellung erfolgt über die Firma Designholz. Die Bedämpfung ist unkompliziert und erfolgt mit Polyesterwatte, die im Gehäuse lose verteilt wird. Für unsere geschlossene Box reicht ein Beutel Visaton Polyesterwatte.“  

Frequenzweiche

„So ganz einfach gestaltete sich die Frequenzweiche nicht. Der Knackpunkt liegt genau bei 2 kHz. Der WO24P-8 kann nicht höher und der AMTU80 kann nicht tiefer gekoppelt werden. Außerdem ist eine Überschneidung mittels 6 dB Weiche wegen der starken Membranresonanzen von vorn herein absurd. Also bleibt nur eine 18/18 dB Weiche als Alternativlösung übrig. Verbleibende Überhöhungen im Frequenzgang werden jeweils mit einem Saugkreis linearisiert.“  

Messungen

Wir sehen einen recht linearen Frequenzgang mit dem beabsichtigten Verlauf ab dem Mitteltonbereich. Mit einem Wirkungsgrad von gut 87dB/2,83V ist die Innovation mit einem Frequenzgang von 50 Hertz im Freifeld bis über 30 Kilohertz für ihre Größe doch noch einigermaßen laut. Die Senke im Grundtonbereich wurde einkalkuiert und ist so beabsichtigt, um die Bassüberhöhung in den Gesamtverlauf zu integrieren. Die Klirrmessungen zeigen ein einwandfreies Verhalten: Man kann mit der Innovation noch deutlich über die gemessenen 95 Dezibel hinausgehen, ohne dass die Box gleich ans Limit kommt. Das Wasserfalldiagramm hingegen zeigt einen Nachschwinger um 500 Hertz – hier würde vermutlich etwas mehr Bedämpfung hinter dem Tieftöner helfen. Der Impedanzverlauf liegt unkritisch bei 5 Ohm und darüber. Die Impedanzlinearisierung auf der Trennfrequenz funktioniert hervorragend.  

Hörtest

Ohne Wenn und Aber: Die Innovation von Lautsprecher Berlin sollte etwas näher an die Rückwand rücken: Mit ungefähr einem halben Meter Abstand hat man die Grundtonsenke optimal aufgefüllt und die leichte Überhöhung um 50 Hertz sorgt für ein sattes und wohliges Bassfundament – und weil es sich um einen geschlossenen Lautsprecher handelt, ist das eine durch und durch organische Angelegenheit. Ansonsten überzeugt die Innovation mit einer sehr neutralen und in sich stimmigen Klangbalance, die auch den höchsten Ansprüchen gerecht wird: Die extrem gute Feindynamik und das Auflösungsvermögen des Mundorf-AMTs habe ich ja schon oft genug besungen, also betone ich hier vor allem die fantastische Dynamik und die Stimmpräsenz des großen Tieftöners, der eben auch im Mitteltonbereich einen hervorragenden Job macht. In Kombination und eben mit der erwähnten korrekten Aufstellung kann die Innovation in allen erdenklichen Raumgrößen ohne Wenn und Aber eine große Standbox ersetzen – dynamisch und klanglich sowieso.   

Aufbauanleitung

Die Arbeit beginnt mit der Fertigung der Front. Die Box selbst wird aus MDF angefertigt. Um sichtbare Schnittkanten zu vermeiden, werden 45 Grad Schnitte angebracht. Wir empfehlen zuerst das Furnier aufzubringen und erst danach die Ausschnitte sowie die Bohrungen für die Polklemmen. Auch die furnierte Oberfläche sollte versiegelt werden. Alles Weitere ist für den versierten Selbstbau- Fachmann unproblematisch. Die Gehäusebedämpfung erfolgt mit einem Beutel Visaton Polyesterwatte, lose verteilt.   

Holzliste

Echtholz 27 mm:

1x 40,0 x 28,0 cm Schallwand MDF 22 mm
1x 40,0 x 28,0 cm 45°/45° Rückwand
2x 29,8 x 40,0 cm 45°/45° Seitenwande
2x 29,8 x 28 cm Deckel, Boden   

Zubehör pro Box

 Schrauben
 Schaumstoffdichtstreifen für Chassis
 Kabel
 Polklemmen
 Polyesterwatte

Lieferant: LS-Berlin   

Weichenbestückung

entfallt, da Händlerbausatz 

Fazit

Mit der richtigen Aufstellung macht die Innovation von Lautsprecher Berlin dynamisch auch großen Standboxen Konkurrenz.