Kategorie: Vollverstärker

Vollverstärker Audio Hungary Qualiton A75


Der Kraftkoffer

Vollverstärker Qualiton A75 im Test, Bild 1
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Sie lieben Röhrenverstärker, Ihre Lautsprecher sind aber keine Wikungsgradwunder? Dann könnte das hier genau der richtige Verstärker für Sie sein.

Das hier ist wahrlich nicht unsere erste Begegnung mit Verstärkern der Marke Qualiton und entsprechenden Testberichten. Ich erlaube mir aber trotzdem, noch mal kurz die Firmenhistorie zu skizzieren: Audio Hungary – so heißt die Mutterfirma – wurde bereits in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhundert in Ungarn gegründet und fertig seit dem Elektronikkomponenten verschiedenster Art. Mit dem Label „Qualiton“ hat man irgendwann eine Marke geschaffen, die hochwertiger Unterhaltungselektronik für den Heimbedarf vorbehalten ist. Was in der Praxis fast ausschließlich auf Röhrenverstärker hinausläuft. Das Angebot gliedert sich im Wesentlichen in eine „Classic“- und eine „A“-Serie, wobei letztere die höherwertige ist, der auch unser heutiger Proband angehört.   

Der Röhrenvollverstärker A75 zu einem Preis von 6900 Euro aufwärts ist ein echtes Prachtstück an Ingenieurskunst und trotz nennenswerter Mengen von Ausgangsleistung kein das ganze Wohnzimmer dominierendes Riesenschiff: Mit 35 Zentimetern Breite fällt er in eine Kategorie, die man früher einmal „Midi-HiFi“ nannte – eine Stufe schmaler als das Gardemaß von 43 Zentimetern. Von der Kompaktheit des Gerätes sollte man sich nicht blenden lassen: Wir haben es mit strammen 21 Kilogramm Technik zu tun.

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Jene sind in ein piekfeines Metallgehäuse gehüllt, die hier abgebildete silberfarben lackierte Variante ist allerdings 900 Euro teurer als die schwarze Basisvariante.   

Variationen


Die versprochenen 75 Watt Ausgangsleistung pro Kanal sind ob des Gewichtes der Ausgangsübertrager völlig problemlos nachzuvollziehen. Das Gerät kann mit den drei bekannten aktuellen Beam-Power-Tetroden KT120, KT150 oder KT170 bestückt werden. Unser Testgerät hat der Vertrieb mit KT150 ausgestattet, von der ich großer Fan bin. Ich erinnere mich bis heute gerne an meine Zeit mit einer Audio Research-Endstufe vom Typ Reference 75SE, deren klangliches Feuer und ungeheuren Druck ich immer noch im Ohr habe. Ich halte die KT 150 für die beste und schönste Röhre aus der Reihe, aber das ist ein hoch emotionales Thema, bei dem Sie gerne eine andere Meinung haben dürfen. An den Leistungsdaten des Gerätes ändert sich bei unterschiedlicher Endröhrenbestückung übrigens nichts. Die größeren Modelle laufen im A75 theoretisch etwas weniger gestresst als die KT120, andererseits sind auch jene bei 75 Watt pro Paar weit von Stress entfernt. Wer KT150 will, muss 200 Euro drauflegen, KT170 kosten 400 Euro extra.  

Von außen


Die Front das A75 ist eine aufgeräumte Sache. Mittig sitzt der Lautstärkesteller, rechts gibt es einen Taster, mit dem man die vier Eingänge durchschalten kann. Vier Leuchtdioden geben darüber Auskunft, welcher davon gerade dran ist.

Vollverstärker Qualiton A75 im Test, Bild 3
Blockschaltbild auf der Geräterückseite – ein schönes Gimmick
Auf der Rückseite gibt’s das entsprechende Anschlussfeld. Einer der vier Eingänge ist sogar symmetrisch ausgeführt, drei als Cinch-Anschlüsse. Es gibt Polklemmen für Vier- und Acht-Ohm- Lautsprecher, auf der Rückseite des einteiligen Übertragergehäuses findet sich ein Blockschaltbild des Gerätes - das hat schon Tradition bei Qualiton. Ein Abdeckgitter für die Röhren gehört natürlich mit zum Lieferumfang, jenes hat es allerdings nicht bis zu mir geschafft.   

Technik


Der Wechsel des Ausgangsröhren ist übrigens eine selten einfache Angelegenheit. Außer dem Umstöpseln der Röhren muss man nämlich exakt gar nichts tun. Der Grund dafür manifestiert sich nach dem Entfernen des Bodenblechs sofort: Das Gerät verfügt über eine moderne Ruhestromregelung, die auch die Anpassung an verschiedene  Entröhrentypen stillschweigend im Hintergrund erledigt. Auch sonst hat man mit den Thema „Bias“ als Anwender nichts zu tun – sehr angenehm. Der Aufbau des Gerätes ist wie erwartet eine ausgesprochen saubere Sache. Das überrascht nicht, weil das bei den Ungarn grundsätzlich der Fall ist. Die Verstärkerschaltung geriet komplexer als zum Beispiel dem Model X200, das wir vor zwei Jahren an dieser Stelle vorgestellt haben. Das liegt am Bestreben des Herstellers, ein betont verzerrungsarmes Gerät zu bauen. Das hat geklappt, die Klirrwerte des A75 liegen über den gesamten Ausgangsleistungsbereich für einen Röhrenverstärker auf ausge-sprochen niedrigem Niveau. Das erforderte den Einsatz von drei Doppeltrioden pro Kanal für Vorverstärkung, Phasensplitting und Treiberaufgaben. Diese Röhren werden zudem mit stabilisierter Gleichspannung geheizt. Ausgangsübertrager und Netztrafo sind belastbare Ringkerntypen und bedingungslos auf den Betrieb mit der KT170 ausgelegt, die die stromhungrigste Ausgangsröhrenoption ist. Alle Trafos wickelt Audio Hungary im eigenen Hause selbst. Der A75 ist das erste Produkt einer neuen Verstärkergeneration und basiert auf dem Modell A50i. Das Schaltungslayout wurde im Vergleich zum X200 deutlich optimiert, was sich unter anderem in deutlich verringertem Gesamtrauschen zeigt – auch das können wir nachvollziehen.

Vollverstärker Qualiton A75 im Test, Bild 8
Kompakt und sehr gelungen: der A75 von Qualiton
Technisch und optisch haben wir es mit einem rundum gelungenen Verstärker zu tun – jetzt muss er nur noch in der Praxis zeigen, was er kann.   

Als Spielpartner wählte ich abermals die fantastische Epos ES14N, die sich so langsam, aber sicher zu meinem Lieblings-“Real World“- Lautsprecher entwickelt. Und die machte an den Acht-Ohm-Klemmen des Qualiton eine ausgezeichnete Figur. Die Kombination verwöhnte mit Mengen von Klangfarben und Nachdruck, einem Klangbild mit schon fast amerikanischer Opulenz. Die Berliner Stoner-Truppe Kadavar veröffentlichte vor rund zehn Jahren ihr erstes in Antwerpen eingespieltes Live- Album, was sich als bestens geeignete Kost für die Kombination erwies: Frontmann Lupus Lindemann lässt seine SG sägen wie selten, die Menge tobt, die Hütte brennt. Mit erstaunlich großer Raumabbildung und richtig Druck – klasse. Mindestens ebenso beeindruckend ging es auf dem ECM-Klassiker Codona 2 zur Sache. Insbesondere Percussion-Legende Nana Vasconcelos feuert in höchst unterhaltsamer Manier eine Salve nach der anderen seines rhythmischen Feuerwerks auf den Zuhörer ab. Auch hier fällt wieder eine opulent raumgreifende Abbildung auf. Farbe zuhauf gibt’s auch bei Nina Simone. Die Inbrunst, mit der sie „Black Swan“ vorträgt ist schon etwas Besonderes. Dabei lässt es sich leicht vergessen, dass wir es „nur“ mit einem Lautsprecher mit Sieben-Zoll-Tiefmitteltöner zu tun haben; das, was hier dem Zuhörer entgegenschlägt, klingt nach viel mehr Membranfläche. Der ungarische Verstärker macht die Darbietung zu einem Höllenspaß – ich bin echt beeindruckt.

Fazit

Der A75 ist ein prächtiger Vollverstärker mit Temperament, Hitze und einem Hang zu spektakulärer Bühnenabbildung. Kein ganz billiges Vergnügen, aber definitiv eine Sünde Wert.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Qualiton A75

Preis: um 6900 Euro

6/2023

Der A75 ist ein prächtiger Vollverstärker mit Temperament, Hitze und einem Hang zu spektakulärer Bühnenabbildung.

Qualiton A75

Ausstattung & technische Daten 
Preis: ab 6.900 Euro 
Vertrieb: LEN HiFi, Duisburg 
Telefon: 02065 544139 
Internet: www.lenhifi.de 
Garantie: 2 Jahre 
Abmessungen: 350 x 220 x 420 mm 
Gewicht (in kg): ca. 21 kg 
Unterm Strich … Der A75 ist ein prächtiger Vollverstärker mit Temperament, Hitze und einem Hang zu spektakulärer Bühnenabbildung. Kein ganz billiges Vergnügen, aber definitiv eine Sünde Wert. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 16.06.2023, 09:58 Uhr
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