Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Quad Vena II Play


Vollverstärker Quad Vena II Play

Vollverstärker Quad Vena II Play im Test, Bild 1
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Kann es wirklich sein, dass ein Vollverstärker alles kann? Zumal, wenn er von einer Firma kommt, die bereits 1936 gegründet wurde?

Über den kleinen Quad- Vollverstärker wollte ich unbedingt schreiben, weil mich eine lange persönliche Geschichte mit den ikonischen Geräten aus Huntingdon, East Anglia, England verbindet. Ich kann mich noch ausgezeichnet daran erinnern, wie ich als Schüler im „HiFi-Jahrbuch 1978“ blätterte und einen, wie ich damals fand, etwas lächerlich aussehenden Endverstärker mit mickrigen 2 x 45 Watt für exorbitante 998 DM fassungslos betrachtete: Wo waren die VU-Meter? Wieso sah das Ding aus wie eine Miniheizung? Und wer konnte mit 45 Watt etwas anfangen? Natürlich spreche ich von der Quad-Endstufe „303“, die ich längst lieben gelernt habe und oft nutze.

Seither ist viel Zeit vergangen und Quad gehört seit mehr als 20 Jahren zur IAG (International Audio Group) der taiwanesischen Zwillingsbrüder Michael und Bernard Chang. Produziert wird zwar in China, Entwicklung, Service und Vertrieb befinden sich aber immer noch am ursprünglichen Firmensitz von Quad in Huntingdon.

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Dort wurde die IAG 1991 gegründet und hat inzwischen ein beachtliches Portfolio vor allem britischer Firmen unter ihrem Dach versammelt. Man achtet dort tatsächlich auf die Wahrung von Traditionen und des Firmenkerns und so nimmt es eben nicht Wunder, dass auch der neue „Vena II Play“ sofort als Quad-Gerät erkennbar ist. Und neben seinen schier unbegrenzten Möglichkeiten hat er wie der 303 genau 2 x 45 Watt Sinusleistung an 8 Ohm. Apropos Kontinuität: Die IAG beschäftigt renommierte Designer wie Richard Westlake oder Peter Comeau, der auf faszinierende Art und Weise die Lautsprechermarke Wharfedale wiederbelebt hat. Der Vena wurde von Jan Ernter entwickelt, Ingenieur und Exildäne, der seit 1991 in England lebt und fast genauso lange für Quad arbeitet: früher fest, heute als externer Berater. Sein erstes Quad-Gerät war der Quad 67CD von 1993, aktuell hat er neben der Vena-Serie auch den Quad Artera Solus und den Artera Play+ entwickelt. Der Vena II Play ist ein sehr kompaktes Teil mit sehr viel Analog- und Digitaltechnik, die ohne gegenseitige negative Beeinflussung nebeneinander existieren müssen. Das war laut Ertner auch die größte Herausforderung bei diesem Projekt. Eine weitere war es, das bei dem Verkaufspreis nicht gerade üppig bemessene Geld da auszugeben, wo es den meisten Sinn macht: bei Endstufe, Netzteil und DAC. Die Vorstufensektion ist sehr einfach gehalten.

Ertner hat darauf geachtet, Signalwege so kurz wie nur irgend möglich zu halten: Relaisumschaltern folgt ein Op-Amp-Buffer mit einem Analog Devices OP275. Ungewöhnlich ist die Lautstärkeregelung per mikroprozessorgesteuertem Widerstandsnetzwerk, endlich mal kein blaues Alps-Poti. Die Endstufentopologie ist eine klassische Schaltung im A/B-Betrieb mit National-Semiconductor-Transistoren. Im Netzteil finden wir einen 200-VARingkerntrafo und 30.000 Mikrofarad Siebkapazität. Die Phonosektion arbeitet mit JFETs und einem sehr präzisen RIAA-Entzerrernetzwerk. Der Kopfhörerverstärker wurde optimiert und soll dank Stromgegenkopplung und hoher Anstiegsrate noch besser klingen als zuvor. Ich habe keinen Vergleich zum Vena „ohne Play“, aber dieser hier klingt mit meinem Hii man- Kopfhörer HE-400i richtig gut. Da man schon davon ausgehen kann, dass der Vena II Play vornehmlich mit digitalen Quellen benutzt wird, ist sein D/A-Wandler von besonderem Interesse. Jan Ertner hat sich für den bekannten ESS-Wandlerchip ES- 9018K2M entschieden, der, wenn er nicht „trocken“ klingen soll, nicht ganz einfach zu implementieren ist. Großen Wert legt er auf ein aktives Tiefpassfilter nach dem DAC. Dafür hat er spezielle Op-Amps ausgewählt, die mit dem ES9018K2M eine Synergie eingehen sollen. Ertner meint selbstbewusst, man müsse locker 500 Euro für einen externen D/A-Wandler ausgeben, um den im Vena II zu übertreffen.

Was von vorne an den acht Wahltasten schon erkennbar ist, wird auf der Rückseite des Vena II zur Gewissheit: Der „Kleine“ ist ein echtes Ausstattungswunder. Antenne Nr. 1 gibt‘s auch beim „normalen“ Vena II und ist für den Bluetooth-Betrieb zuständig. Unterstützt werden aptX, AAC und der datenreduzierte SBC-Standard. Die beiden zusätzlichen Antennen sind fürs Drahtlos-Netzwerk zuständig. Auf der Analogseite gibt es zwei Hochpegeleingänge, einmal Phono-MM und einen Pre-out, wenn man eine andere Endstufe einsetzen will, wobei die 2 x 45 Watt sehr kräftig wirken. An leitungsgebundenen Digitaleingängen finden wir einen koaxialen und einen optischen Eingang, USB-A für Software-Updates und USB-B für HiRes-PCM bis zu 32 bit/384 kHz und DSD bis zu 11,2 MHz (DSD256). Bevor ich zum Streamingteil komme, will ich kurz die Qualität der anderen Eingänge beschreiben. Der Phonoeingang kann richtig was. Mit einem guten MM-System muss man keine Upgrade-Ideen hegen. Mein CDLaufwerk habe ich via Koaxialkabel angeschlossen und bin sehr angetan vom feinen und doch erdigen Klang des Vena II. Auch der normale Hochpegeleingang erweist sich mit meinem CD-Player als klanglich ausgezeichnet. Das ist doch schon mal höchst vielversprechend.

Vom normalen Vena II unterscheidet sich der „Play“ durch seine Streamingund Multiroom-Funktionen. Ich bin ja eigentlich kein Streamer, aber der kleine Quad hat mich als allumfassendes Phänomen so fasziniert, dass ich einfach nicht anders konnte, als ihm auf den Zahn zu fühlen. „Play“ bedeutet, dass er eine Wohnung, ein Haus, eine Praxis oder ein Büro an verschiedenen Stellen mit Musik versorgen kann. Die Möglichkeiten dazu sind schier endlos: Bis zu acht Paar Lautsprecher oder theoretisch doppelt so viele Soundbars können angesteuert werden, um eigene Dateien zu hören oder Tidal, Spotify, Qobuz, Internetradio oder was auch immer im endlosen Netz lauert. Steuern kann man den Vena II Play über die kostenlose App „dts Play-Fi“. Das funktioniert entweder mit einem Ethernetkabel oder via WLAN. Dazu drückt man auf der Rückseite eine Setup-Taste und folgt den Anweisungen der App. Bei der ersten Installation sollte der Vena II Play in der Nähe des Routers oder Access Points stehen. Ist er einmal ins Netz-werk eingeloggt, kann er an einer anderen Stelle seinen Platz finden. Das geht problemlos und flott. Nun hat man Zugriff auf sein NAS, alle bekannten Streamingdienste oder ganz banal aufs Handy. Die Play-Fi-App ist kostenlos, es gibt sie für IOS und Android. Sie ist aktuell so ausgelegt, dass sie nur das Streamen von Audio wirklich unterstützt.

Unterstützt werden alle gängigen Dateiformate mit bis zu 24 bit und 192 kHz, gestreamt wird in CD-Qualität mit „Bit-für-Bit-Genauigkeit“, null Kompression oder Transcodierung, nur bei Dateien mit extrem hoher Auflösung nimmt Play-Fi ein Downsampling auf CD-Qualität (16 bit/48 kHz) vor. Ich habe Musik vom iPad via Play-Fi gestreamt und großen Spaß damit gehabt. Was mich aber wirklich überrascht hat, waren die Dateien, die ich via Bluetooth vom Smartphone an den Vena II Play geschickt habe. Das hatte weit mehr als akustische Hintergrundqualitäten. Die Live-Aufnahme mit Jeff Goldblum kam knackig, saftig, erdig und mit verblüffender Raumillusion. Der feinziselierte Anouar Brahem hat mich immer wieder zum Zuhören genötigt und mit seiner authentischen Präsenz erstaunt. Der Vena II Play hat mich also nicht nur „analog“ voll überzeugt. Ich muss ganz klar sagen, wenn „Digital“ so einfach geht und so gut klingt, dann darf es das auch bei mir.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Quad Vena II Play

Preis: um 1000 Euro

3/2020
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb IAD, Korschenbroich 
Telefon 02161 61783 0 
Internet iad-audio.de 
Garantie
Abmessungen (B x H x T) 302/92/330 
Gewicht 6,1 
checksum Der Quad Vena II Play ist ein Verstärker, der praktisch alles kann, top klingt und sowohl von außen als auch von innen schön ist. Damit könnte er gut und gerne der kompletteste Integrierte aller Zeiten sein. 
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