Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: PureAudio ONE.2


Eine Frage der Einstellung

Vollverstärker PureAudio ONE.2 im Test, Bild 1
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Immer, wenn man denkt, man habe bereits alles gehört, gesehen, beurteilt, dann kommt doch noch etwas Neues, Überraschendes um die Ecke. So geschehen mit dem PureAudio ONE Vollverstäker

Verzeihung, dem One.2, aber das dürfte ich eigentlich nicht schreiben. Doch Gary Morrison, einer der beiden Macher von PureAudio, hat mir einen Exklusivbericht zugestanden, denn der One.2 wird erst im Januar 2020 vorgestellt. Und nein, die Macher von PureAudio sind keine Newcomer, was mich bei diesem Design und dem Klang auch gewundert hätte. Doch ich greife voraus. Die Geschichte der neuseeländischen Firma und ihrer Protagonisten lässt sich flott erzählen. Gary Morrison blickt auf 30 Jahre Berufserfahrung zurück. Er wurde als Mitinhaber und Chefentwickler von Plinius bekannt, deren beste Geräte er zwischen 1987 und 2006 designte. Das waren allesamt Endstufen, von der SA100 bis zur SA103 über die SA250 bis hin zur SA Reference.

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Wenig überraschend alles Class-A-Verstärker, worauf er sich auch bei PureAudio konzentriert. Ross Stevens ist Industriedesigner und Musikliebhaber und lernte Morrison bei Plinius kennen. Als die Firma 2006 verkauft wurde, verabschiedeten sich die beiden und gründeten PureAudio. Der brandneue One.2 zeichnet sich vor allem durch eine neu entwickelte Eingangsstufe aus, die der alten klanglich deutlich überlegen sein soll. Gary Morrison richtet sein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung seiner Verstärker auf drei Punkte: die Signalführung so einfach wie möglich zu gestalten, das Netzteil zu perfektionieren und die Masseführung zu optimieren. Er sagt: „Je weniger Bauteile im Signalweg liegen, desto geringer ist die Chance, dass die Musik ihrer Magie beraubt wird.“ Das kann man so sehen und das ist auch einer der Gründe, warum er seine Designs nicht symmetrisch anlegt.

Für symmetrische Schaltungen brauche man doppelt so viele Bauteile, die entsprechend präzise selektiert und gepaart werden müssen, um die Vorteile eines symmetrischen Designs nutzen zu können. Dafür werden, so Morrison, häufig OP-Amps verwendet, die er aus klanglichen Gründen ablehnt. Trafogekoppelte Schaltungen sind ihm sympathisch, erweisen sich aber als zu aufwendig und teuer. Und dann gäbe es noch Fake-Schaltungen, bei denen einzig die XLR-Buchsen suggerieren, es handle sich um einen symmetrischen Aufbau. Alles keine Lösungen für den Neuseeländer. Sein Netzteil ist aufwendig geregelt, keine typische Einfachlösung à la „Gleichrichter plus dicke Kondensatoren“. Tatsächlich ist die Stromversorgung vierteilig aufgebaut: kanalweise und für positive und negative Spannungen separat. Dazu kommt ein spezielles, geheim gehaltenes Erdungsprinzip. Es soll Spannungsspitzen oder andere Störanteile wirkungsvoll daran hindern, in das ebenfalls kanalgetrennte Schaltungsdesign einzustreuen. Die Vorstufentopologie ist ebenfalls Firmengeheimnis, nur den Einsatz feiner Mundorf-PolypropylenÖl-Kondensatoren wollte Morrison bestätigen. Außerdem ist der Signalweg voll diskret gehalten, nur im Steuerungsbereich sind Op-Amps verbaut.  

Morrison möchte ganz eindeutig keine konkreten Aussagen zu seinen Schaltungsideen machen. Er sagt dazu: „Ich spreche ungern über Details der tatsächlichen Schaltung, weil darin unsere Magie steckt.“ Das müssen wir dann wohl akzeptieren. Grundsätzlich handelt es sich um eine bipolare Endstufenschaltung in Class-A-Einstellung, doch die immer gleiche Frage bleibt: Was geschieht, wenn der Leistungsbedarf größer wird? Dazu Morrison: „Es gibt in einer Musikaufnahme diesen Scheitelpunkt, den man auf einem Oszilloskop bei einem Sinus betrachten kann. Dort erkennt man, dass die Spannungsverläufe sich auf der Zeitachse ändern und auch die Spannungsspitzen bei unterschiedlicher Musik variieren.“ So weit, so bekannt. Dann wird es jedoch interessanter: „In stark komprimierter, moderner Popmusik sind die Unterschiede geringer, bei akustischer Musik, Jazz oder Klassik sind sie größer. Mit unseren Verstärkern stellen wir sicher, dass alle wichtigen Details auf längere Dauer betrachtet, erhalten bleiben. Die extrem kurzen (häufig nur Zehntel Millisekunden dauernden) Spitzen bewegen sich bei hohen Lautstärken dann entsprechend kurzfristig aus dem Wohlfühl-Class-A-Bereich weg und schnell wieder zurück.“ In typischen Abhörsituationen beträgt der Leistungsbedarf kaum 10 Watt. Da der One.2 auf 30 Watt Class-A-Leistung eingestellt ist, hat er jede Menge Headroom für Leistungsspitzen, während sich die Ausgangsstufe kurzfristig aus dem ClassA-Bereich hinaus bewegt.

Danach geht es geschmeidig mit ClassA weiter, ohne dass man das, so Morrison, messen oder gar hören könnte. Es ist also eine Frage der Einstellung, ob man den  Class-A-Betrieb über die 30 Watt hinaus noch als gegeben sehen möchte. Morrison sagt dazu abschließend: „Man kann den One.2 als einen 30 Watt Class-A-Verstärker mit einem Headroom von 100 Watt in Class-A-Qualität betrachten.“ Der One.2 läuft sozusagen butterweich, flüsterleise und wirkt dank eines cleveren Hitze-Managements deutlich kühler als typische Class-A-Verstärker. Die Wärme wird dank seines schlauen Designs sehr raffiniert aus dem Zentrum nach außen verteilt und da er zudem noch extrem gut ventiliert ist, fühlen sich die maximal 65 Grad Abwärme deutlich kühler an. Die ästhetische Eleganz dieses Verstärkers ist wirklich allgegenwärtig. Von vorne blickt man auf eine elegante Front, die an ein Insekt erinnert. Es gibt nur einen Wahlschalter und einen Lautstärkeregler. Freundlich finde ich, dass der Amp, sobald kein Signal mehr anliegt, schnell in den Standbymodus geht und ebenso schnell automatisch wieder aufwacht, wenn Musik spielt. Das ist bei mehr als 450 Watt Verlustleistung auch ökologisch sinnvoll. Vier Hochpegeleingänge und ein mit „D“ bezeichneter Ausgang, der den One.2 zur reinen Endstufe macht – mehr gibt es nicht. Als Lautsprecherklemmen werden Cardas„CPBP“-Terminals verwendet, die für Kabelschuhe gedacht sind, aber für Bananas modifiziert werden können.  Auch wenn der One.2 mit meinen LS3/5a richtig gut zusammengespielt hat, die Killerkombi schlechthin ist die mit den Carbon Stone Audio CSA Gaia 25 Be.

Das sind ungewöhnliche Zwei-Wege-Lautsprecher in einem Hybridgehäuse aus Naturstein und Carbonfasermatten. Solche Kombinationen dürften jedem Händler die Freudentränen in die Augen treiben, denn Lautsprecher und Verstärker kosten etwa dasselbe und ergänzen sich auf eine Art, die keine weiteren Erklärungen braucht. Töne wie Tropfen perlen mir von „Barzakh“, meinem Lieblingsalbum von Anouar Brahem, entgegen. Selten habe ich einen so greifbaren, sinnlichen Klang erlebt. Trommelfelle manifestieren sich im Raum – und zwar auch aus dem Neben raum. Auf Franco Ambrosettis wunderbarer Einspielung begeistern mich delikateste Beckenschläge und die schiere Echtheit seines Flügelhornspiels. Natürlich muss ich bei so viel Erwähnung von Magie „The Magic Numbers“ spielen. Und es klingt wirklich magisch. „Forever Lost“ kann man auch als programmatischen Song verstehen, denn was bei der Wiedergabe verloren geht, bleibt für immer weg. Und das Stück ist eine der lässigsten Nummern der Popgeschichte. Mit dem One.2 klingt es frisch und geschmeidig und wie gerade vor meinen Ohren komponiert. Mein lieber Mann, das hat Suchtcharakter und sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Denn dieser Verstärker ist nicht nur eine ästhetische Macht. Wer ihn mit dem passenden Lautsprecher hört, wird sich seinem Klang kaum mehr entziehen können.

Fazit

Ein außergewöhnlicher Vollverstärker. Klanglich ein absolutes Schwergewicht und mit seinem fantastischen Design ein Anwärter auf einen Platz im Museum of Modern Art.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: PureAudio ONE.2

Preis: um 9950 Euro

6/2020
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Ibex Audio, Heidenheim 
Telefon 07321 25490 
Internet ibex-audio.eu 
Garantie 2 Jahre 
Abmessungen (B x H x T) 480/155/410 
Gewicht 26 Kg 
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Autor Christian Bayer
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Datum 20.06.2020, 10:00 Uhr
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