Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Icon Audio Stereo 60 MK IIIm


Insellösung

Vollverstärker Icon Audio Stereo 60 MK IIIm im Test, Bild 1
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Doch, ganz bestimmt: Der kommt aus England. Ich garantiere  nicht für jedes Bauteil, aber gebaut wird er auf der Insel. Und nicht auf „der Werkbank der Welt“

Wobei, um zwischendurch mal eine Lanze für Produkte aus China zu brechen, das ja nichts Schlechtes sein muss:  Letztendlich bekommt man überall auf der Welt das, wofür  man  bezahlt.  Und  wenn  man einem chinesischen Hersteller einen gewissen finanziellen Spielraum lässt, dann kann er auch Produkte bauen, die sich am Markt mit solchen etablierter westlicher Hersteller messen können. Oder aber man  macht‘s von vornherein selbst.  Wie die kleine, im britischen Leicester beheimatete Firma Icon Audio, die unter Leitung eines Mannes namens David Shaw versucht,  Röhrenverstärker im Stile der Klassiker von  Leak, McIntosh, Quad und Dynaco zu bauen.

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Allerdings zu Preisen, für die es „Origi- nale“ nur gebraucht und in zweifelhaftem Zustand gibt. Ein interessantes Statement  vom Chef auf der hauseigenen Webseite:  „Weil es bei uns keine Shareholder gibt,  mit denen wir unsere Gewinne teilen  müssen, sind unsere Kosten niedrig und  die Produktlaufzeiten lang; beides schlägt  sich in unseren  Verkaufspreisen nieder.“  Das bedeutet im Falle des hier vorzustellenden  Prachtbaus  eines  Vollverstärkers:  4.500 Euro. Nichts für die Portokasse, aber  beim bestens beleumdeten  Amerikaner  kann man auch gerne das Fünffache dafür  ausgeben. Der Brite hingegen heißt schön sperrig „Stereo 60 MK IIIm“ und stellt einen lautstärkefernbedienbaren Vollverstärker mit zweimal KT150 pro Kanal dar. Damit ist er der leistungsfähigste Vertreter dieser Zunft im Icon-Programm und wird in der Produkthierarchie nur noch von einem Monster mit zwei im Gegentakt betriebenen Riesentrioden vom Typ 845 getoppt – der kostet aber deutlich mehr und leistet weniger. Unseren hier, den gibt’s auch als reine Endstufe, auch der Vollverstärker lässt sich als solche betreiben: Dafür hat‘s einen Kippschalter, der die Empfindlichkeit zur Vollaussteuerung von 350 Millivolt auf 1,2 Volt ändert. Bleiben wir zunächst bei den Basics: Der Stereo 60 MK IIIm folgt dem klassischen Layout für Röhrenvollverstärker. Sprich: Hinten auf dem Chassis gibt’s eine Reihe mit drei Trafos. Der mittlere ist der Netztrafo, links und rechts davon residieren die Ausgangsübertrager. Mittig davor gibt’s noch eine vierte Induktivität in Gestalt einer Siebspule. Das in Verbindung mit dem soliden Metallgehäuse sorgt für ein Gesamtgewicht von imposanten 35 Kilogramm. Insgesamt gibt’s neun Röhren zu bestaunen: Die Eingangsverstärkung besorgt eine 6SL7, die Aufteilung des Signals in die beiden Hälften zur Ansteuerung je einer Endröhre eine 6SN7. Bei uns waren russische und chinesische Typen gesteckt, die offensichtlich einen sehr ordentlichen Job machen. Eine Besonderheit ist Röhre Nummer neun: Das ist ein Spannungsregler vom Typ 0D3, der die Betriebsspannung für die Eingangssufe stabilisiert. Und dann wären da noch die „dicken Pötte“, die für die Leistung zuständig sind. KT150 sind die angesagten Pentoden für solcherlei Jobs, und die neuen Typen von Electro Harmonix machen sich auch auf dem verkupferten Chassis des Briten außerordentlich gut. Die KT150 ist die neue „Geht-immer-Röhre“: Eine entsprechende Versorgung vorausgesetzt, sind mit ihr 80 Watt im Ultralinear- und rund 50 im Triodenbetrieb drin. Genau in diesem Rahmen  bewegt sich der Insel-Amp, beide Betriebs-arten sind möglich und per Kippschalter  anwählbar. Achtung: Vor dem Wechsel der  Betriebsart  auf  Standby  schalten,  sonst  wird’s  für  die  Ausgangstrafos  gefährlich.  Die Endröhren laufen im  „Fixed-Bias“- Modus, weshalb man von Zeit zu Zeit auf  die Ruhestromeinstellung achten und gegebenenfalls nachregeln muss. Das geht  beim Stereo 60 MK IIIm ziemlich einfach,  der Hersteller hat ein  Anzeigeinstrument  spendiert. Das geht so: Man schaltet den  betriebswarmen Verstärker in den Ultrali-nearbetrieb,  dreht  die  Lautstärke  zurück  und wählt mit dem Drehschalter links  der Reihe nach alle vier Röhren an. Das  Messgerät zeigt an, ob der Ruhestrom im  grünen  (respektive  schwarzen)  Bereich  ist, eventuell muss man per Poti an der jeweiligen Röhre nachstellen. Wenn‘s nicht  mehr geht, ist die Röhre verbraucht. Das  sollte bei diesen Kalibern allerdings ein beruhigendes Weilchen dauern. Das Gerät verfügt über vier Eingänge. Drei  lassen sich mit dem Drehschalter rechts  anwählen, der vierte – eine komplette Tape-Schleife – über den „Tap /Source“- Kippschalter. So wie damals. Lautsprecher  können an Acht- oder Vier-Ohm-Abgriffe  der Ausgangsübertrager angeleint werden  und wie üblich ist der Acht-Ohm-Ausgang  in aller Regel das Mittel der  Wahl. Die  Polklemmen sind die üblichen Standard- modelle,  die  mit  losen  Drähten,  Bananensteckern oder Kabelschuhen zurechtkommen. Zwischen den Cinchbuchsen lugt eine Erdungsklemme hervor, was in Anbetracht des Nichtvorhandenseins eines  Phonoeingangs etwas verwundert, aber  sicher auch kein Fehler ist.  Während ich  diese Zeilen tippe, sitze ich auf dem Rack  neben dem Verstärker und stellte wieder  einmal fest, dass Röhrenverstärker etwas  für den Winter sind: Die vier KT 150 hei- zen nämlich ganz ordentlich, was sich in  der Stromrechnung durchaus bemerkbar  macht: Gute 200 Watt genehmigt sich das  gute Stück im Leerlauf. Im Standby-Modus  (der den Namen deshalb nicht wirklich  verdient) sind‘s immerhin noch 70. Na klar habe ich erst einmal die großartige Trenner & Friedl Isis angeschlossen. Sie stand ohnenhin noch da, verfügt über ordentlich Wirkungsgrad und bettelt geradezu darum, von so einem Verstärker angetrieben zu werden. Bei allem Respekt für den kleinen Heed Elixier: Da kann er nicht mithalten. Das, was der Icon hier an die Cardas-Terminals liefert, ist ein anderes Kaliber: Nachhall, Rauminformationen, Farbe, Nachdrücklichkeit – das schütteln die neun Glaskolben mit traumhafter Lockerheit aus dem Ärmel. Und vor allem: mit Druck. Erstaunlicherweise tönt die Isis an der Röhre noch etwas schlanker im Grundton als an dem ungarischen Transistor. Ach Moment – wir sind ja noch im Ultralinearbetrieb, der erfahrungsgemäß etwas strenger klingt als der Triodenmodus. Nö. So würde ich das hier nicht nennen. Im Bass finde ich kaum Unterschiede zwischen beiden Modi, wohl aber in der Stimmenwiedergabe. Ryan Adams wunderbares „Carolina“ bekommt noch etwas mehr Atem, die Stimme tönt noch besser umrissen und bekommt einen schon fast unheimlichen Realismus. Zischlaute werden das letzte bisschen Künstlichkeit los, die Mundharmonika hat noch mehr Kraft, klingt  aber auch weicher. So lassen. Zumindest  an diesem Lautsprecher. Bei unserer Nada  sind die  Verhältnisse allerdings praktisch  die gleichen. Der Icon hat die Geschwindigkeit und den Detailreichtum, die man  Röhren gemeinhin nachsagt, aber nicht die  Nachteile: Hier gibt’s keine Spur von weich  oder gar aufgedunsen an irgendeiner Stelle  im Klangbild. Auch wenn das Geschehen  mal  komplexer  wird,  wenn  zum  Beispiel  tosender  Applaus einsetzt: Die Musik ist  noch da, Unverändert, stabil, bestens ort- und durchhörbar. Das ist ein untrügliches  Indiz für Qualität. Miles Davis und seine Mannnen vermelden: „So What“. Die neue 45er-MFSL-Ausgabe von „Kind of Blue“ verdeutlicht nachhaltig, wie weit man mit diesem extrem  gelungenen Verstärker kommen kann: Die  Trompete  schwebt  unnachahmlich  über  den Dingen, Paul Chambers‘ Bass tönt  überaus voluminös, aber bestens sortiert und feingliedrig, das Klavier fügt sich unauffällig, aber deutlich hörbar ins Geschehen. Es swingt, der Fuß wippt, man ist verdammt nahe dran am Geschehen. Was will man mehr von einer Reproduktion?

Fazit

Dieser britische Vollverstärker macht das Beste aus zwei KT150 pro Kanal: Er klingt kräftig, aber diszipliniert, er verbreitet Flair, ist aber  kein Schönfärber. An irgendwie  „normalen“ Lautsprechern funktioniert er perfekt und kann das Verstärkerthema auf unabsehbare Zeit zu den Akten befördern.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Icon Audio Stereo 60 MK IIIm

Preis: um 4500 Euro

2/2016
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb TCG, Nordhorn 
Telefon 05921 7884927 
Internet www.iconaudio.com 
Garantie (in Jahre)
B x H x T (in mm) 430/230/380 
Gewicht (in Kg) 35 
Unterm Strich... Dieser britische Vollverstärker macht das Beste aus zwei KT150 pro Kanal: Er klingt kräftig, aber diszipliniert, er verbreitet Flair, ist aber kein Schönfärber. An irgendwie „normalen“ Lautsprechern funktioniert er perfekt und kann das Verstärkerthema auf unabsehbare Zeit zu den Akten befördern. 
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Autor Holger Barske
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