Da ist er wieder, der rote Backsteinbau an der 7th Avenue im New Yorker Stadteil Brooklyn. Ein Ort, an dem HiFi-Traditionen so gepflegt werden wie kaum irgendwo anders
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob / SME 3500
Clearaudio Master Reference / Graham Phantom
Phonovorstufen:
Burmester 100
Pass XP-15
Vorverstärker:
MalValve preamp three line
Accustic Arts Tube Preamp II
Endverstärker:
Accustic Arts Amp II
SymAsym
Vollverstärker:
Quad II Classic Integrated
Lautsprecher:
Isophon Cassiano
„Mini HB“ nach Klang + Ton
Progressive Audio Diablo
Gegenspieler
Tonabnehmer:
MFSL C3.5
Benz LP-S
Clearaudio Goldfinger
Seit über 50 Jahren arbeitet das Familienunternehmen nun im Dienste des Wohlklangs und hat sich dabei überall auf der Welt einen exzellenten Ruf erworben – wen wundert’s mit so viel Erfahrung im Rücken, die sich unter anderem in 48 Patenten niederschlägt. Firmengründer Joseph Grado gilt übrigens als Erfinder des Moving -Coil-Tonabnehmers, berühmt geworden ist Grado aber mit einem anderen Prinzip – dem Moving-Iron-Abtaster.
Zu dieser Spezies gehört auch das Statement 1 in seiner jüngsten Inkarnation, mit dem wir uns an dieser Stelle beschäftigen wollen. Es ist das Flaggschiff des Unternehmens und kostet bei uns 2.950 Euro, was im Vergleich zu dem, was so mancher Mitbewerber für seine Top-Abtaster einfordert, schon fast wieder ein Schnäppchen ist. Ich gehe davon aus, dass den meisten LP-Lesern der Unterschied zwischen MM- und MC-Abtatstern geläufig ist, MIs aber sind eine relativ rare Spezies, deshalb sicherheitshalber ein paar Worte zum Funktionsprinzip: In jedem Tonabnehmer wird eine elektrische Wechselspannung dadurch erzeugt, dass die Bewegung des Abtastdiamanten in die Änderung eines Magnetfeldes überführt wird. Beim MM bewegt die Nadel dazu den Magneten in unmittelbarer Nähe einer feststehenden Spule, beim MC ist’s genau umgekehrt: Das Resultat ist in jedem Fall eine Feldänderung, und die induziert eine Spannung in der Spule. Nun besteht der Magnetkreis aber nicht nur aus Spule und Magnet, es gibt dazu auch noch Eisenteile, die die Feldenergie konzentrieren und umlenken. Dadurch vergrößert man den Wirkungsgrad der Angelegenheit ganz enorm. Beim Movin-Iron-Tonabnehmer nun bewegt die Nadel einen kleinen Teil dieses Magnetkreises. Und der sich ändernde Abstand dieses Teils zum Rest bewirkt wiederum eine Feldänderung. Die Idee ist prima: MMs leiden darunter, dass sie einen schweren Magneten furchtbar schnell bewegen müssen, bei MCs hingegen kann man die zu bewegenden Spulen zwar sehr klein und leicht machen, dafür jedoch kommt aus den Dingern auch kaum noch was raus: Im Schnitt liegt die Ausgangsspannung eines MCs um den Faktor 10–20 unter dem eines MMs – zugunsten einer deutlich geringeren bewegten Masse. Beim MI nun kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Da Magnet und Spule beide ortsfest sind, kann man sie größer und damit potenter machen. Das ist soweit richtig: MIs benehmen sich elektrisch ähnlich unkritisch wie MM-Tonabnehmer und werden in aller Regel auch an einen MM-Eingang angeschlossen. Nun ist es aber so, dass die richtig aufwendigen Phonovorstufen meist für MCs gebaut werden, weil es auf diesem Sektor immer noch die teuersten und aufwendigsten Tonabnehmer gibt. Das weiß auch John Grado, derzeitiger Chef des New Yorker MI-Statthalters, und deshalb tut man bei einigen Grado-Modellen etwas eigentlich Blödes: Man macht sie künstlich leise. So auch beim Statement 1, denn das soll es allemal verdient haben, an die besten erhältlichen Phonovorstufen angeschlossen zu werden. Leiser heißt: Man reduziert die Anzahl der Spulenwindungen, so dass ein Abtaster mit einer mittleren Ausgangsspannung von 0,5 Millivolt entsteht – das läuft an jedem MC-Eingang. Durch diesen Kniff ergeben sich noch ein paar Vorteile, die sinngemäß auch für klassische Moving Coils gelten: Weniger Draht bedeutet auch weniger Widerstand. Und niederohmige Generatoren – im Falle des Statement 1 sind’s zwei Ohm – werden auch niederohmig abgeschlossen, wodurch sich mechanisch bedingte Resonanzen elektrisch bedämpfen lassen. Grado empfiehlt zwar, auch diesen Abtatster mit den üblichen 47 Kiloohm zu betreiben, aber die Praxis zeigt recht schnell, dass das keine so gute Idee ist: Das Statement 1 quittiert derlei Tun mit einem dünnen, fahrigen Klangbild, bei dem nicht recht Freude aufkommen will. Welcher Abschluss letztlich der richtige ist, kommt wie üblich auf den persönlichen Geschmack an und auch auf die Phonovorstufe. Die zwei Ohm Innenwiderstand sind übrigens extrem wenig; sie kommen dadurch zustande, dass man es sich erlauben konnte, einen sehr dicken Draht zu verwenden. Beim Topmodell durfte das sogar 24-karätiges Gold sein. Das Statement 1 wird in einem schmucken Holzkästchen geliefert, das so eine richtig schöne Al-Capone-Anmutung hat. Nach dem Öffnen lugt der Abtaster durch eine grüne Filzoberfläche – das hat schon was; Grado versteht es meisterhaft, mit Klischees zu spielen und dem Produkt ein bestimmtes Flair mit auf den Weg zu geben. Der Tonabnehmer steckt in einem Holzgehäuse aus Jarrah, bei dem es sich um eine bestimmte Eukalyptusart handelt. Das Gehäuse soll nicht nur gut aussehen, sondern ganz bewusst den Klang beeinflussen. Deshalb wird hier auch nicht der Generator selbst mit dem Headshell verschraubt, sondern nur das Holzgehäuse: Die Gewinde oben auf dem Korpus sind direkt ins Holz geschnitten. Dem Vernehmen nach müssen’s auch die mitgelieferten Schrauben sein; ich bin zwar kein Freund der etwas anachronistisch anmutenden Schlitzschrauben, passen tun sie indes perfekt, und so habe ich er Empfehlung entsprochen. Beim Statement 1 sitzt der Abtastdiamant am Ende eines Bornadelträgers, sonst sind hier eher mehrteilige Metallröhrchen das Mittel der Wahl. Um den Diamanten selbst macht der Hersteller ein kleines Geheimnis: Angeblich wird er eigens für die Amerikaner geschliffen und kommt von keinem der üblichen Zulieferer. Solcherlei Geheimniskrämerei hört ganz schnell auf störend zu wirken, wenn man mit dem Abtaster anfängt, Musik zu hören. Eine gewisse Sprödigkeit legt er im Lauf der ersten paar Betriebsstunden ab, offenbart aber bereits dann schon ein exzellentes Impulsverhalten. Interessanterweise gibt’s danach eine Phase, in der das Klangbild eher ins Verhangene kippt. Erst danach macht das Statement so richtig auf. Abschlussimpedanz? An der Pass XP-15 und beim Burmester 100 bin ich letztlich bei etwa einem Kiloohm gelandet. Darüber spielt’s mir zu unkontrolliert, deutlich darunter wirkt’s etwas eingeschnürt. Im Bereich von etwa 400 bis 1000 Ohm passiert nicht viel, irgendwo hier sollte das Optimum liegen. Gönnen Sie dem Grado auf alle Fälle den stabilsten und klanglich opulentesten Tonarm, dessen Sie habhaft werden können. Bei mir war er in Gestalt des Graham Phantom schnell gefunden, und diese Kombi rastet hörbar ein. Tonal begeistert das Statement mit absoluter Präzision, es gönnt sich in keinem Frquenzbereich eine diesbezügliche Meinung. Obwohl es sich in dieser Hinsicht perfekt unterordnet, schafft es ein wunderbares Kunststück: Ganz gleich, was auf dem Plattenteller liegt, es klingt versöhnlich, freundlich und von oben bis unten stimmig. Ich kenne einige Systeme, die in Einzeldisziplinen erheblich spektakulärer wirken; die Selbstverständlichkeit und Ausgewogenheit des großen Grados zu toppen, schaffen sie indes nicht. Das Statement 1 tönt auf eine erstaunliche Art und Weise richtig. Es macht aus der guten alten Schallplatte nicht die Rettung der Musikreproduktion an sich, aber es veranlasst auch Leute, die sonst nichts mit Vinyl zu tun haben, sehr nachdenklich zu werden. Der warme, sonore Tieftonberiech hat genau das richtige Maß an Kraft, in den Höhen tönt’s wunderbar natürlich, weder unterbelichtet noch überzeichnet. Eine gehörige Portion grobdynamischen Potenzials sorgt dafür, dass es nicht zu schön tönt – hier waren zweifellos Leute am Werk, die ganz genau wussten, was sie taten und das große Ganze im Blick hatten.
Fazit
Das große Grado kann nichts, was andere Abtaster im Detail nicht auch schaffen würden. Allerdings: Einen zu finden, der in jeder erdenklichen Hinsicht auf so hohem Niveau spielt und ein so stimmiges Gesamtergebnis schafft, dürfte kaum gelingen.