Kategorie: Lautsprecherbausätze

Einzeltest: Mivoc Petite


Weniger ist mehr

Lautsprecherbausätze Mivoc Petite im Test, Bild 1
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Der Mann hat natürlich viele andere Dinge zu tun, in einem großen Vertrieb wie Speaker Trade müssen die Dinge schließlich am Laufen gehalten werden. Umso erfreulicher ist es, wenn Michael Kapp einmal die Zeit findet und mit seiner ganzen Erfahrung im Lautsprecher- Selbstbau mal wieder „einen raushaut“

Abseits der zahlreichen kommerzielleren Produkte für die Firma kommen dabei auch immer wieder Liebhaberprojekte heraus, wie der große Reflex-Horn-Subwoofer mit dem Mivoc AWX 184, das wir in unserem Hochwirkungsgrad- Spezial K+T 5/2009 im Bauvorschlag „Das Tier“ verwendet haben. Bei so etwas zeigt sich auch das Herzblut, das der Entwickler in seine Arbeit steckt – ebenso wie in der neuen „Petite“, einer Box, die nicht weiter entfernt vom großen Subwoofer sein könnte. Die Petite ist gerade mal 90 Zentimeter hoch und auch ein ausgesprochen schmales Hemd.

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Dass hinter der niedlichen Erscheinung ein ausgewachsener und kompletter Lautsprecher steckt, haben wir aber schnell gemerkt

Technik


Als „richtige“ Standbox hat man natürlich drei Wege, so auch die Petite: Die neue Mittel-Hochton-Einheit MHE 380 kümmert sich um alle Frequenzen ab dem unteren Mitteltonbereich, darunter werkeln zwei XAW 110 HC, die wir schon in unserem Cheap Trick 240 „Schneewittchen“ und der „Fab Four“ aus der Ausgabe 1/2010 gewinnbringend eingesetzt haben. Die beiden parallel geschalteten Mitteltöner in der MHE 380 können zur Not auch in einem kompakten Bassreflexgehäuse arbeiten – entlastet vom Tiefbass spielen sie aber deutlich befreiter auf – oberhalb von 150 Hertz können sie mit ihren extrem leichten Membranen sogar richtig glänzen. Der Hochtöner besitzt eine Aluminiumkalotte und ist sehr gut verarbeitet. Bei der Beschaltung ist lediglich darauf zu achten, dass ein kleiner Buckel im Frequenzgang linearisiert wird. Der XAW 110 HC ist ein richtig kleines Hightech-Chassis: Er besitzt eine Kapton-Schwingspule, geschirmtes Magnetsystem für den Einsatz in der Nähe von Bildschirmen und eine stabile weiße Membran mit dreischichtiger Wabenstruktur. Der aus dem Vollen gedrehte Aluminiumring wird auf den Stahlblechkorb aufgesetzt und sorgt für zusätzlichen Anpressdruck. Zudem muss das Chassis ebenfalls nicht eingefräst werden. Seine sehr breitbandigen Qualitäten muss der kleine Tiefmitteltöner in der Petite gar nicht ausspielen, agiert er hier doch nur als reiner Tieftöner.

Frequenzweiche


Bei der Beschaltung der Chassis hat Michael Kapp einiges an Aufwand getrieben: Die beiden parallel geschalteten Tieftöner werden mit einer großen Spule und einem ebensolchen Kondensator mit 12 dB/Oktave getrennt. Ein korrekter Übergang zu den Mitteltönern erfordert eine Materialschlacht bei der Impedanzlinearisierung der Tieftöner, da ansonsten die Nähe der oberen Impedanzspitze der Reflexabstimmung zur niedrigen Trennfrequenz eine saubere Filterung vereitelt hätte. Die parallel laufenden Mitteltöner werden mit einem kleinen Vorwiderstand auf den Pegel der Tieftöner abgesenkt und nach oben wie unten mit einem Filter zweiter Ordnung getrennt. Die Besonderheit dieses Bandpassfilters ist, dass beide in Serie geschaltete Bauteile vor die Parallelglieder gezogen wurden. Dies hat diverse Vorteile: Die Parallelspule kann deutlich kleiner ausfallen, Impedanz und Frequenzgangverlauf werden linearer und den Geldbeutel schont es auch noch. Diese Reihenfolge der Beschaltung entzieht sich allerdings den gängigen Methoden zur Berechnung von Weichen und muss per Try-and-Error ermittelt werden. Mit der Größe der seriellen Spule kann der Pegel des Mitteltonbereichs zwischen 600 und 2000 Hertz reguliert werden. Der Hochtöner wird mit 12 dB/Oktave eingeblendet und per Vorwiderstand im Pegel angepasst – auch hier kann man je nach Geschmack etwas variieren. Ein kleiner Saugkreis eliminert den erwähnten Buckel im Frequenzgang – der hier verwendete Kondensator sollte ein Folientyp sein, dessen Parameter keinem Alterungsprozess unterliegen.

Gehäuse


Nicht ganz trivial und von daher trotz günstiger Chassis kein Einsteigerprojekt ist das Gehäuse der Petit. Ziel war eine möglichst geringe Schallwandbreite, die im oberen Drittel der Box gerade einmal den Abmessungen der MHE 380 entspricht – unten wird die Petite für die Tieftonkörbe und das benötigte Volumen dann etwas breiter. Diese Verbreiterung wurde mit den angeschrägten Seitenbrettern optisch sehr hübsch gelöst. 13 Liter stehen den beiden Tieftönern somit zur Verfügung – die Schallwand wird zur Stabilisierung teilweise aufgedoppelt, einige Versteifungen beruhigen das Gehäuse zusätzlich. Der Reflexkanal mündet hinten knapp über dem Boden. Wer möchte, kann der Petite einen Sockel spendieren – in Sachen Standfestigkeit sicher keine schlechte Idee.

Messwerte


Die schlechte Nachricht vorneweg: Kleine Chassis produzieren bei erhöhten Lautstärken Klirr. Nichts wirklich Neues, so auch bei der Petite, die bei 95 Dezibel einen K2 von über einem Prozent aufweist. Der Anstieg ist dafür nicht dramatisch, K3 bleibt immer unkritisch – so gesehen schlägt sich die kleine Mivoc bravourös. Den Bass haben wir mit Bodenunterstützung gemessen – so ist ja auch der Kanal positioniert – der Pegel sinkt hier leicht, der Tiefgang ist aber enorm. Bis auf ein paar leichte Nachschwinger im unteren Mittelton zeigt auch das Wasserfalldiagramm nur eitel Sonnenschein – Phasen- und Impedanzverlauf sind nicht superlinear, aber recht geringen Schwankungen unterworfen. Beeindruckend ist der Frequenzgangverlauf, der zwischen dem Bass und immerhin 7 Kilohertz eine maximale Abweichung von 3 Dezibel vom Ideal einer Gerade unter allen gemessenen Winkeln aufweist – kein Baffle Step, keine Reflexionen. Über das Einwinkeln der Box auf den Hörplatz lässt sich der gewünschte Hochtonanteil einstellen – in der Regel sitzt man jedoch so hoch, dass sich automatisch ein Frequenzgang einstellt, der unserer 15-Grad-Messung entspricht.

Hörtest


Relativ nah am Hörplatz (mit etwa 2 Metern Abstand zur Couch und zueinander) haben wir die Petites aufgestellt und mit einem leisen Lächeln auf die ersten Töne gewartet – und es ist auf den ersten Eindruck sehr charmant, sehr gediegen, was die kleinen Säulen da von sich geben. Der Höreindruck ist ungewohnt direkt und unmittelbar, fast wie bei einem guten Horn – der übliche, etwas beschönigende Schleier aus Reflexionen ist wie weggezogen, es bleibt das, was an den Klemmen anliegt. Das heißt: Bekommt die Petite schlechte Kost vorgesetzt, spuckt sie diese auch wieder aus – dann kann sie auch einmal richtig giftig werden, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, etwas zu beschönigen. Mit dem richtigen Material passt dagegen alles, dann spielt die Petite fast nach Monitorart auf, trocken und unbestechlich, mit einem beeindruckenden Tiefgang, einer absolut perfekten räumlichen Abbildung und Ausgewogenheit, wie sie auch größeren Boxen gut zu Gesicht stehen würden. Und das Beste ist: Das funktioniert hervorragend auch in kleineren Räumen und kostet nicht die Welt!

Aufbauanleitung


Nicht ganz trivial ist der Zusammenbau der Petite. Die großen Seitenteile werden vor dem Zusammenbau zugeschnitten, gefräst und oberflächenbehandelt. Die aufgedoppelten Schallwände und die Rückwand sollten vor dem Zusammenleimen auch schon gefräst sein. Auf einer möglichst glatten Fläche wird das komplette „Innenleben“ der Petite aufgebaut, das heißt, das Gehäuse der Mittelhochtoneinheit samt Seitenwänden und Schallwand samt Aufdoppelungen und Versteifungen. Die Einheit Deckel-Rückwand-Reflexkanal mit den jeweiligen Versteifungen wird separat aufgebaut. Danach können diese Teile ebenfalls lackiert werden. Auf einer der beiden vorgefertigten Seitenwände wird jetzt die komplette Box aufgebaut – dabei die inneren Streben nicht vergessen! Zum Schluss verschließt die zweite Seitenwand die fertige Box. Bitte nicht vergessen, dass die sehr kleinen Löcher für Chassis und Terminal an der fertigen Box keine größeren Arbeiten mehr zulassen, also alle Kabeldurchführungen oder Ähnliches vorher planen! Die Weiche kann aufgeteilt und dann im MHE-Abteil und oberhalb des Reflexkanalbretts montiert werden. Die Bedämpfung kann dem Plan entnommen werden.

Holzliste pro Box


10-mm-MDF:

 1 x 100 x 788 mm Schallwand 1
 1 x 100 x 254 mm Schallwand 2
 1 x 100 x 50 mm Schallwand 2


12-mm-MDF:

 2 x 203 x 252 mm Seiten
 1 x 100 x 756 mm Rückseite
 1 x 100 x 225 mm Deckel
 1 x 100 x 215 mm Boden
 1 x 100 x 147 mm BR-Kanal
 6 x 100 x 30 mm Versteifung
 2 x 193 x 30 mm Versteifung
 1 x 50 x 90 mm Versteifung
 1 x 76 x 240 mm MHE-Kammer
 1 x 76 x 113 mm MHE-Kammer


18-mm-Buche Leimholz

 2 x 225 x 800 mm Seite


Schrauben 1 Box

 8 Stk. 3,5 x 12 mm MHE
 4 Stk. 3,5 x 12 mm Terminal
 8 Stk. 3.5 x 20 mm XAW 110 HC
 1 Matte Polyesterwatte 40 x 60 cm


Zubehör pro Box


 Dämmmatte
 Schrauben
 Terminal

Lieferant: Mivoc

Fazit

Weniger ist manchmal eben doch mehr: Weniger Größe, weniger Schallwand und weniger Membranmasse ergeben eine Box, wie sie unverfälschter kaum aufspielen könnte. Der etwas erhöhte Bauaufwand zahlt sich in jedem Fall aus.

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Kategorie: Lautsprecherbausätze

Produkt: Mivoc Petite

9/2010
 
Ausstattung & technische Daten 
Technische Daten
Chassishersteller : Mivoc, Solingen 
Vertrieb: Speaker Trade 
Konstruktion: Michael Kapp 
Funktionsprinzip: Bassreflex 
Bestückung: 2 x Mivoc XAW 110 HC, 1 x Mivoc MHE 380 
Nennimpedanz (in Ohm):
Kennschalldruckpegel 2,83 V/1m: 86 Dezibel 
B x H x T (in cm) 13.6/80/22.5 
Kosten pro Stück: 99 Euro + Gehäuse + Weiche + Zubehör 
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Thomas Schmidt
Autor Thomas Schmidt
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Datum 13.09.2010, 12:36 Uhr
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Interessante Links:
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