Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Edwards Audio IA8


Let’s talk

Vollverstärker Edwards Audio IA8 im Test, Bild 1
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Stellen Sie sich vor, Smart würde auf einmal in der gehobenen Mittelklasse antreten und es wäre ein richtiger Coup. So oder so ähnlich kann man den Edwards Audio IA8 verstehen

Talk Electronics, die Mutterfirma von Edwards Audio entstand in den 90er- Jahren des letzten Jahrtausends aus der erfolgreichen „Cable-Talk“-Marke. Die Produkte haben seit ihrer Einführung in Deutschland in den vergangenen Jahren sukzessive für Aufsehen und Begeisterung gesorgt, und das vor allem wegen ihres überragenden Preis-Leistungs-Verhältnisses. So hat Kollege Thomas Schmidt diverse Voll- und Phonoverstärker sowie Plattenspieler mit großem Vergnügen besprochen. Mit dem IA8 ist das eine etwas andere Geschichte, er ist die Essenz aus 24 Jahren Verstärkerdesign von Kevin Edwards, dem Talk-Electronics-Chef und Namensgeber der gesamten Linie.

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Sprich, Edwards hat ihn entwickelt, um zu zeigen, was er wirklich draufhat, und zwar ohne die ganz großen Einschränkungen eines günstigen Produkts. Zur High End in München will er dann eine ganze Reihe vorstellen, namentlich die Vorstufe C8, die Stereoendstufe P8 und die Monos M8.

Der IA8 hat genau drei Hochpegeleingänge, einen Tape-Eingang und einen Vorstufenausgang: Das war’s. Eine Phonoplatine kann nachgerüstet werden, einen DAC oder Kopfhörereingang sucht man vergebens. Damit ist er genauso anachronistisch oder, wenn Sie so wollen, puristisch wie mein Lavardin, deren klangliche Signatur sich allerdings deutlich von der des IA8 unterscheidet. Aber das ist ein anderes Thema. Kevin Edwards hat zu seiner puristischen Entscheidung eine dezidierte Meinung: „In diesem Preissegment sollte man eine Schaltung nicht durch einen internen D/A-Wandler „verseuchen“, zumal ich sehr viel Zeit darauf verwendet habe, den Verstärker so störgeräuscharm wie nur irgend möglich zu designen.“ Außerdem, und auch da gebe ich ihm recht, wollte er ein Statement in Sachen Vollverstärker abliefern und nicht ein Produkt, das sich durch mittelmäßige interne Lösungen praktisch selbst abschafft und einen zum Upgrade zwingt. Man kann den IA8 ja bei höherem Leistungsbedarf durch eine zweite Endstufe ergänzen und mit hauseigenen externen Wandlern oder Phonostufen „schmücken“ sowie mit einer Aktivplatine für die bald erscheinenden Lautsprecher SP8 fit machen. Ja, so kann man das sehen, auch wenn sich dadurch der Traum vom Vollverstärker, der alles kann, relativiert.

Entwickelt wurde er komplett von Kevin Edwards, der zwar kein gelernter Ingenieur ist, dafür aber studierter Trompeter mit dem Spezialgebiet Big-Band-Jazz. Und nicht nur das, die meisten seiner Mitarbeiter sind Musiker unterschiedlicher Couleur. Ihr Wahlspruch ist deshalb wenig verwunderlich: „If it doesn’t swing it goes in the bin“: Wenn ein Produkt also keinen musikalischen Fluss zulässt, kommt es in die Tonne. Entwicklung und Fertigung finden unter dem Label „Still made in Britain“ komplett in England statt, was auch alles andere als alltäglich ist. Der IA8 ist eine Weiterentwicklung des erfolgreichen IA7 und geht letztlich sogar auf ihren ersten Amp namens Talk Storm 1 zurück, der eine ähnliche Endstufentopologie hatte. Edwards ist ein Fan von Mos-Fets, ihres Klangs, ihrer Zuverlässigkeit und Temperaturstabilität und weil sie ihm erlauben, auf eine Strombegrenzungsschaltung zu verzichten, die nach seiner Erfahrung dem Klang schadet. Im Eingang setzt er bipolare PNP-Transistoren ein, die von einer Konstantstromquelle gespeist werden. Dadurch kann er auf zusätzliche DC-Servos verzichten, die er leidenschaftlich hasst, weil sie nach seinem Dafürhalten üble Klangverschlechterer sind.

Wie schon erwähnt, standen Verzerrungsund Störgeräuscharmut ganz oben auf seiner Designliste. Die Abstände zwischen dem besten und dem schlechtesten Wert sollen um den Faktor zehn besser liegen als üblich, wofür er einen gehörigen Aufwand betreibt. Zum einen spielt natürlich das Layout inklusive kurzer Übertragungswege für niedrige Induktivitäten eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt, dass sämtliche aktiven Bauteile passiv gefiltert und separat geerdet werden. Er hat auch verstanden, dass fette Kondensatorbänke dem Klang typischerweise nicht helfen, sondern ihn durch die hohen Anstiegszeiten verlangsamen. Deshalb setzt er auf lokale Filterungen und hält die Netzteilsiebung so niedrig wie nötig – wie immer ist das alles eine Frage der Balance. Die Standardplatinen kaufen sie zu – an dieser Stelle ist noch etwas Luft nach oben, wie er mir verriet.
Ich benutze ein Gerät normalerweise direkt nach dem Einschalten. Das wollen nicht alle Geräte, der IA8 sicher nicht. Er wollte auf jeden Fall erst mal gut fünf Stunden am Netz bleiben, bevor er sich zu irgendeiner positiven Klangäußerung bewegen ließ. Das war auch nicht verwunderlich, denn er war etliche Hundert Kilometer gereist, eiskalt und in vollkommen unbekannter Umgebung. Was aber nach seiner Akklimatisation passierte, war doch höchst erstaunlich. Duke Ellington klang schlank, die Raumanmutung wirkte sehr natürlich und nach und nach stellte sich ein eleganter, dunkler, farbiger, weicher Klang ein, der sich dann immer mehr profilierte. So nahm ich Miles Davis Überklassiker „Kind of Blue“ extrem elastisch und präsent mit einer irre guten Bassdefinition wahr. John Coltrane spielte deutlich wahrnehmbar im Raum und nicht neben, hinter, über oder zwischen den Lautsprechern. Da beim Vertrieb leider keine Phonoplatine auf Lager war, musste ich mich behelfen, wobei Kevin Edwards mir verriet, dass er für eine externe Phono plädieren würde, die dem IA8 gerecht wird und nicht wirklich für die aktuell erhältliche 100-Euro-Platine: verständlich.

Charlie Byrd klang dann im Zusammenspiel mit meiner Air Tight ATE 2005 leicht gebremst. Man könnte die Wiedergabe aber auch als extrem entspannt und gleichzeitig super artikuliert, tiefer im Raum verortet als üblich, mit feinsten Nuancen beschreiben. Und doch fehlte mir da etwas innere Spannung. Shirley Horn hingegen klang ausgesprochen lässig und dabei höchst präsent, als spielte sie direkt im Raum. „Lover Man“ bekam eine neue, ungemein betörende Note und entwickelte ein enormes Livegefühl. Auch die Anschlagsdynamik ihres Klaviers ließ so gar nichts zu wünschen übrig. Es wäre sehr spannend gewesen, eine dem IA8 adäquate, hauseigene Phono mit dem IA8 zu hören, um ihn als Gesamtkunstwerk begreifen zu können. Stattdessen höre ich die CD „Lunatico“ vom Gotan Project. Die Aufnahme hat ohnehin etwas Hypnotisches und nun macht mich der IA8 zur Schlange, die nach dem Willen ihres Dompteurs tanzt - wirklich spannend.

Der IA8 macht etwas sehr Seltenes: Er ebnet nicht ein und lässt jede Musik gut oder ähnlich klingen. Nein, er scheint wirklich das wiederzugeben, was auf der Aufnahme gespeichert ist, trennt sozusagen die Spreu vom Weizen. Ich bin mit solchen Aussagen normalerweise sehr zurückhaltend, da ich nicht wissen kann, was wirklich in die Rillen oder auf die CDs gebannt ist. Aber es ist schon auffällig, wie unterschiedlich er eben nicht klingt, sondern abbildet. Das heißt nicht, dass man mit ihm nur gut aufgenommene Musik hören kann. Man scheint mit ihm genauer hören zu können, und das ist gerade im Verbund mit meinen Rogers-Monitoren eine außergewöhnliche Erfahrung, die ich so bisher noch nicht machen durfte. Und ich gebe zu, ich hätte gerne noch mehr Zeit mit dem Edwards Audio IA8 verbracht, um ihn noch besser kennenzulernen, denn er ist ein ganz besonderer, ein großartiger Vollverstärker.

Fazit

Der Edwards Audio IA8 Vollverstärker gehört einer seltenen Spezies an: Er ist gleichzeitig ehrliche Haut und Verführer. Wenn Sie ihn sich anhören, könnte es gut sein, dass Sie nicht mehr von ihm lassen wollen.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Edwards Audio IA8

Preis: um 2490 Euro

3/2020
Ausstattung & technische Daten 
Preis: 2.490 Euro 
Vertrieb: B&T hifi Vertrieb, Erkrath 
Telefon: 02104 175560 
Internet: www.bthifi.com 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 460/90/350 
Gewicht (in kg): 10 kg 
Unterm Strich … Der Edwards Audio IA8 Vollverstärker gehört einer seltenen Spezies an: Er ist gleichzeitig ehrliche Haut und Verführer. Wenn Sie ihn sich anhören, könnte es gut sein, dass Sie nicht mehr von ihm lassen wollen. 
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Autor Christian Bayer
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