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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: Pre-audio GL-1102AN
Topmodell mit Tangentialarm und Luftlager
Mit dem GL-1102AN findet der dritte Plattenspieler des polnischen Herstellers Pre Audio seinen Weg zur Begutachtung bei uns. Und dieses Mal hat der Hersteller ein paar Dinge wirklich auf die Spitze getrieben
Gewiss, ich könnte das lassen, weil’s ja vermutlicheh auch nicht Ihr Problem wird, sondern das Ihres Händlers. Weil: Der große Pre Audio ist ein veritables Tranportproblem. Zumindest dann, wenn er nicht in seiner Verpackung steckt. Weil: Das ist ein Grabstein mit Spikes. Jene müssen unbedingt beim Transport herausgeschraubt werden, sonst bohrt sich die Laufwerksbasis in alles, was nicht schnell genug mit einem Untersetzer gesichert werden kann. Das mit dem Grabstein, das meine ich genau so: Die Basis des Laufwerks bildet nichts anderes als eine dicke Granitplatte, die die Hauptschuld an den 60 Kilogramm Gesamtgewicht des Gerätes trägt. Angeblich soll es auch eine Version mit Holzbasisplatte geben, bei der sich das Problem auf nahezu lächerliche 25 Kilogramm reduziert.
Wir machen hier aber Spitzenmodell – so richtig. Was bei Pre Audio bedeutet: Es gibt einen luftgelagerten Tonarm und ein magnetisch unterstütztes Tellerlager. Das gibt’s prinzipiell zwar auch schon bei den günstigeren Modellen, aber nicht so wie hier. Im Vergleich zu dem, was sich sonst so mit dem Begriff „Flaggschiff“ schmückt, ist der GL-1102AN immer noch ausgesprochen günstig, er kostet nämlich komplett 6.700 Euro.Die Anzahl der auffälligen Merkmale an dem Gerät ist nicht klein, das wohl einprägsamste gibt’s beim Einschalten. Er leuchtet nämlich. Was daran liegt, dass der mehrstöckige Acrylplattenteller von einer Reihe Leuchtdioden angestrahlt wird. Und, weil man das heutzutage so hat, sind das zur Wiedergabe aller Regenbogenfarben fähige RGB-Leuchtdioden. Der Benutzer bekommt eine Fernbedienung dazu, die ein wenig an eine Computermaus erinnert und kann sich damit nach Herzenslust durchs Farbspektrum und alle möglichen Helligkeitseinstellungen spielen. Und, was ich persönlich sehr begrüßenswert finde, man kann den ganzen Zinnober damit ausschalten.
Wo wir das Stichwort „Plattenteller“ schon hatten: Der des GL-1102AN ist eine vierlagige Konstruktion. Die unteren drei Etagen bilden solide miteinander verschraubte 20 Millimeter starke Acrylscheiben. Die oberste Abteilung ist prinzipiell das Gleiche, darf sich aber eines besonderen Aufwandes bei der Entkopplung vom Rest des Stapels erfreuen: Sie ruht nämlich auf drei vier Millimeter durchmessenden Stahlkugeln, die von Vertiefungen in den Acrylplatten am Wegrollen gehindert werden. Die fest mit dem Lagergehäuse verbundene Achse reicht nur bis zum Beginn der dritten Platte, die „kugelgelagerte“ Platte hat einen eigenen Messingeinsatz, der die eigentliche Tellerachse bildet. Ein unten herausstehender dünner Zapfen sorgt dafür, dass der obere Teller im Falle eines zu schwungvollen Schubsers nicht durchs Wohnzimmer segelt. Die drei Lagerkugeln bilden somit die einzige Verbindung zwischen dem oberen Teller und seiner Umwelt – das ist erfreulich konsequent realisiert. Der Einsatz einer Tellermatte auf dem matt geschliffenen Acryl ist nicht vorgesehen, aber natürlich möglich. Experimenten sind hier Tür und Tor geöffnet.
Der Teller wird „abschnittweise“ auf die Lagerachse gestülpt, alle vier Lagen auf einmal passen nicht unter der Tonarmbrücke durch. Das Lager selbst ist eine geschlossene Angelegenheit, was in Anbetracht der dort wirkenden magnetischen Abstoßungskräfte vermutlich eine gute Idee ist. Tatsächlich ist es so, dass das Lager erst mit dem Aufsetzen der obersten Plattentellerlage völlig freigängig funktioniert und erst dann in der Vertikalen ausschließlich das Magnetfeld agiert. Wir dürfen vermuten, dass im Inneren zwei kräftige Neodym-Ringmagnete die entsprechenden Kräfte erzeugen.
Den Antrieb des „Tellerstapels“ besorgt ein vorne links auf der Zarge untergebrachter Motor. Der Hersteller spezifiziert ihn als mit 12 Volt betriebenen Gleichspannungstypen. Eine Möglichkeit zur Geschwindigkeitsfeineinstellung finde ich nicht.
Der Motor ist von der ziemlich schnell drehenden Sorte, deshalb ist das Motorpulley sehr klein geraten. Akustisch macht der Motor nur beim Hochbeschleunigen des Tellers auf sich aufmerksam, im Betrieb ist der Antrieb angenehm ruhig. Als Bindeglied zwischen Motor und Teller fungieren drei dünne und sehr weiche Silikonriemen, von denen man besser den einen oder anderen in Reserve halten sollte – sie glänzen nicht mit beeindruckender Reißfestigkeit.
Bedient wird mit zwei Tastern am Motorgehäuse. Einer schaltet die beiden Nenndrehzahlen um, einer nimmt das Gerät in Betrieb. Tellerantrieb und Luftversorgung des Tonarms lassen sich nicht unabhängig voneinander in Betrieb nehmen. Beim Einbau des Tonabnehmers sollte man deshalb die Antriebsriemen abnehmen, denn die etwas heikle Operation will man nicht bei drehendem Plattenteller vornehmen, wohl aber mit aktiver Luftversorgung. Sowohl die Strom- als auch die Luftversorgung übernimmt ein unspektakuläres Kunststoffkästchen, das im Betrieb hinter dem HiFi-Rack verschwinden darf. Während bei anderen Pre Audio-Tonarmen der Kompressor für die Drucklufterzeugung noch mit im Armschaft untergebracht war, wanderte er hier mit in den Versorgungsteil. Schön wäre es gewesen, wenn der Hersteller die Verbindung zwischen Spieler und Versorgungsteil trennbar ausgelegt hätte, in der Praxis sind beide jedoch fest miteinander verbunden. Kein Beinbruch, aber gerade beim Transport eher unpraktisch. Zweifellos hat Pre Audio mittlerweile ordentlich Erfahrungen mit luftgelagerten Tangentialtonarmen gesammelt.
Der des GA-1102AN unterscheidet sich in einer ganzen Reihe von Merkmalen von zum Beispiel dem ASP-15, der bei mir seit geraumer Zeit seinen Job macht. Jenen Arm nämlich war ich der Meinung kaufen zu müssen, weil er mich beim Test des Plattenspielers ASP-1501 ziemlich überzeugt hatte (LP 6/2019). Er zeichnet sich dadurch aus, dass die „Lagerluft“ über die Hülse, an dem der Tonarm befestigt ist, eingeblasen wird. Beim ungleich wuchtigeren Arm unseres heutigen Probanden geht der Hersteller den umgekehrten Weg und leitet die Luft in das Rohr, das dem Tonarm als Widerlager dient. Dazu ist es über die gesamte Länge mit Bohrungen an der Oberseite versehen. Zum Luftpolster tragen immer nur die Bohrungen bei, die die Lagerhülse gerade verdeckt. Bei dieser konstruktiven Variante ist der Luftverbrauch deutlich höher, weil viel mehr Druckluft ungenutzt verpufft. Wenn man die Hand in der Nähe über das Rohr hält ist dieser Umstand auch zu spüren. Der extrem geräuscharme Kompressor im Speiseteil ist jedoch in der Lage, die benötigten Luftmengen ohne Probleme bereitzustellen. Der Vorteil der Anordnung besteht darin, dass man sich den Schlauch zur Luftführung über die Hülse sparen kann, der potenziell bewegungshemmend wirkt. Meines Wissens nach ist Pre Audio der einzige Hersteller am Markt, der Tangentialtonarme mit beiden Luftzufuhrvarianten anbietet.
In aller Regel sind die Ausleger solcher Tonarme nur an einer Seite gelagert. Das kommt der Stabilität der Angelegenheit nicht unbedingt zu gute, hat ab den Vorteil, dass man die Konstruktion klapp- oder schwenkbar gestalten kann, was den ungehinderten Zugang zum Plattenteller erleichtert. Der Arm unseres heutigen Probanden hingegen verfährt auf einer überaus soliden, an beiden Seiten des Plattenteller verankerten Brücke, die sich nicht bewegen lässt. Bewegt man den Tonarm in seine rechte Ruheposition, ist der Zugang zum Wechseln oder Umdrehen der Schallplatte jedoch trotzdem ohne Probleme möglich. Die Hülse, unter der das Luftpolster erzeugt wird, ist ein knapp zehn Zentimeter langes Teil, das offenbar aus dem 3D- Drucker stammt. Das eigentliche Tonarmrohr ist auf der rechten Seite der Hülse von unten angeflanscht. Dabei handelt es sich um ein recht dünnes Kohlefaserrohr mit einer effektiven Länge von rund neun Zentimetern. Der Gegengewichtsausleger ist auf der entgegengesetzten Seite an der Hülse befestigt und ist ein Stück Gewindestange. Das eigentliche Gegengewicht bilden zwei Muttern und ein zylindrisches Gewicht, das per Klemmschraube arretiert wird.
Das Headshell ist ein rundes Aluminiumplättchen mit Bohrungen im Halbzoll- Abstand. Es ist genauso verdrehbar wie auch der Lagerpunkt des Tonarms unter der Lufthülse. Hier ergeben sich eine ziemlich große Anzahl von Freiheitsgraden bei der Tonabnehmerjustage; wichtig dabei ist jedoch nur, dass der Abtaster exakt tangential zur Rille geführt wird und gerade unter dem Headshell hängt.
Eine Höhenverstellung des Arms ist nach dem Lösen der beiden unteren Klemmschrauben der Stützen möglich. Das ist mehr Arbeit als bei einem Drehtonarm, aber definitiv machbar.
Dank mehrerer verschiedener Gegengewichte lässt sich an dem Arm eine große Anzahl von Tonabnehmern ausbalancieren. Ich hatte wenig Probleme, das Skyanalog G-1 unter das Headshell zu bemühen und genau an die richtige Position zu bringen. Wichtig ist die exakt waagerechte Ausrichtung des Plattentellers, was dank der einfach und feinfühlig verstellbaren Spikes kein Problem darstellt. Die exakt waagerechte Ausrichtung des Tonarms findet sich dann fast von alleine, weil er bei nicht korrekter Einstellung Bewegungsdrang zu einer Seite vermeldet. Das merkt man beim Betätigen des Tonarmlifts, was durch verdrehen des Ringes an der rechten Seite geschieht, An ihm ist ein Rohr befestigt, das den Arm bei Bedarf noch oben drückt und ihm einen gewissen Halt verleiht, was beim „Manövrieren“ über der Platte sehr hilfreich ist.
Und wie klingt es nun, das dicke Ding von Pre Audio? Auffällig ruhig, mit minimalen Hintergrundgeräuschen. Genau so, wie das ein Plattenspieler der Spitzenklasse machen sollte. Er lässt dem Geschehen auf der Platte den Vortritt und bildet extrem plastisch und detailliert ab.
Extrem gut ist das bei den zwar reichlich strapazierten, aber herausragend gut produzierten MFSL-Wiederveröffentlichungen der frühen Dire Straits-Alben nachzuvollziehen: Pre Audio und Skyanalog drücken die Klassiker wunderbar farbig, entspannt und schwerelos in den Raum. Etwas schlanker, als es der Jubiläums-VPI tut, aber mit bemerkenswerter Übersicht in allen Lagen. Mir fällt das hier besonders an John Illsleys präzisem und perfekt eingepassten Bassspiel auf, oder auch an den schön frei im Raum stehenden Chorpassagen bei „Once Upon A Time In The West“. Das funktioniert auch bei John Coltranes „Schmuse-Sampler“ „Ballads“, bei dem in den leisen Passagen wirklich nur ganz friedliches Bandrauschen zu hören ist und erstaunlich wenig Störungen aus der Rille. Präzision ist das Gebot der Stunde, und an der Stelle geht bei entsprechender Tonabnehmerwahl noch mehr: Ein van den Hul Colibri XGP erwies sich als noch merklich akribischer und profitierte vielleicht noch mehr von dem tiefschwarzen Hintergrund, den der Pre Audio bildet. Für die hier eindrucksvoll demonstrierte Genauigkeit dürfte der komplett reibungsfreie Transport des Abtasters über die Plattenoberfläche sicherlich mit verantwortlich sein, das sehr überaus solide Laufwerk tut bestimmt ein Übriges dazu. Interpretatorisch hält sich die Pre Audio-Kombi auf alle Fälle fein zurück – genau das, was man von einem Spitzenplattenspieler erwartet.
Fazit
High Tech hilft eben doch: Dank luftgelagertem Tangentialtonarm und hochklassiger Laufwerkskonzeption klingt der groß Pre Audio extrem frei, neutral und auffällig störgeräuscharm. Ein echter Top- Plattenspieler!Kategorie: Plattenspieler
Produkt: Pre-audio GL-1102AN
Preis: um 6700 Euro
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