Kategorie: Plattenspieler

Plattenspieler · Soulines tt9


Die richtige Mischung

Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 1
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Soulines baut Plattenspieler wie keine mir bekannte Firma und hat damit großen Erfolg. Gilt das auch für den neuen tt9 und seinen ungewöhnlichen Tonarm?

Das ist eine Premiere: ich habe noch nie über einen Soulines Plattenspieler geschrieben – ist das nicht herrlich? Ich liebe das an unserem Beruf und ich weiß, dass uns darum auch der eine oder andere beneidet. Trotzdem bleibt es Arbeit, aber mit Produkten wie diesem hier, steht der Spaß im Vordergrund. Der Soulines tt9 wurde im Sommer 2024 vorgestellt und steht nun in seiner ganzen Besonderheit vor mir. Als ich den durchaus stattlichen Karton vorsichtig angehoben habe, bin ich fast erschrocken, denn er fühlte sich erstaunlich leicht an. Das hat natürlich meine Neugier geweckt und als ich den TT9 aus seinem sehr stabilen Karton nahm, dachte ich: „Aha, Rega lässt grüßen.

Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 2Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 3Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 4Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 5Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 6Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 7
Und Nottingham.“ Sie verstehen nur Bahnhof? Verstehe ich.

Aufklärung Teil 1 – die Ideen

 
Also gut, meine Assoziationen sind vielleicht nicht so prickelnd, aber die Skelettzarge á la Rega und die Lagerung des Tonarms á la Nottingham mögen zu meiner Ehrenrettung dienen. In Wirklichkeit finden sich bei Soulines viele besondere, ganz klar eigene und sehr durchdachte Lösungen. Ich könnte locker zehn Seiten über alle faszinierenden technischen Details sowohl des Laufwerks als auch des Arms schreiben. Und eines ist mal sicher: ich habe selten so ausführliche und technisch fundierte Anleitungen und Informationen bekommen. Alleine dafür meinen größten Respekt an Firmenchef Igor Gligorov mit der Bitte um Nachsicht, dass ich in diesem Rahmen nur ein Best-of der technischen Lösungen darstellen kann. Gligorov war übrigens Schiffsbauingenieur und zieht da eine überraschend direkte Linie zum Plattenspieler: „Es dreht sich alles um Vibrationskontrolle, einmal im Makro- und einmal im Mikrobereich.“ Auf den ersten Blick mag der Dreher ein wenig wild daher kommen, aber an ihm ist wirklich alles durchdacht.  

Aufklärung Teil 2 – der Tonarm


Ursprünglich hatte Igor Gligorov den KiVi M3 Tonarm für sein deutlich teureres Kubrick DCX Laufwerk als idealen Partner entwickelt.

Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 3
Der KiWi M3 Tonarm und sein Lagerblock werden aus einem Stück gefertigt. Das erhöht Steifigkeit und Stabilität
Augen zwinkernd meinte er, dass der Tonarm die Qualität des Laufwerks deutlich übersteige, die beiden zusammen aber eine Art Killerkombi bildeten. Vergleichbar sei das mit dem klassischen Rega Planar3, dessen RB300 Tonarm auch deutlich besser als das Laufwerk gewesen sei. Er wollte unbedingt, dass ich das so kommuniziere, ich finde aber, er tut seinem Laufwerk da ein wenig unrecht. So oder so heißt der Arm KiVI M3, weil er die dritte Version dieses Tonarms darstellt. Die erste war hervorragend, aber viel zu aufwendig zu produzieren, die zweite ließ sich leichter bauen, klang aber nicht. Soulines hatte bis dato auf Fremdtonarme gesetzt und kann mit dem KiVi M3 nun einen Tonarm anbieten, der auf dem Prinzip der „Massenverteilung“ basiert, wie Gligorov es nennt, was zu einer besonderen Konstruktion des Lagerjochs und des Tonarmrohrs führte, die aus einem Stück bestehen. Diesem Prinzip folgend war auch ein speziell entwickeltes Gegengewicht erforderlich, sowie ein Lager, das er als gestütztes Einpunktlager baut. Es besteht aus drei gehärteten Edelstahlkugeln und einem präzise gearbeiteten Edelstahlzapfen. Der Drehpunkt befindet sich zwischen den Kugeln, die wiederum in einer Delrinschale gehalten werden. So lässt sich das unangenehme Wackeln eines reinen Einpunktlagers verhindern, sprich der Tonarm fühlt sich fast wie ein klassisch kardanisch gelagerter an und lässt sich auch entsprechend gut einstellen. Und doch hat er, und da greife ich gerne ein wenig vor, viel von diesem mit guten Einpunktern erzielbaren luftigen Klang, gepaart mit substantieller Stabilität.   

Noch mehr Tonarm

 
Das konische Armrohr und das Lagerjoch werden aus einem massiven Stück Delrin präzise gefräst. Die so entstehende Form ist sehr steif und da die konische Verjüngung auch die Stärke des Armrohrs betrifft, das nahe seinem Drehpunkt deutlich dicker ist, lassen sich stehende Wellen effektiv reduzieren. Resonanzen werden zudem effektiv vom Tonabnehmer abgeleitet. Da Delrin per se extrem resonanzarm ist, soll es für einen deutlich natürlicheren Klang sorgen, als das bei Tonarmrohren aus Metall der Fall ist und das stimmt auch so. Das Delrin-Armrohr mit dem oberen Lagerjochteil bildet auch den Lagerträger. Der massebelastete untere Teil des Lagerjochs aus Aluminium trägt den Gegengewichtsstumpf und die seitlichen Stabilisatoren aus rostfreiem Stahl und ist starr mit dem Delrinrohr und dem oberen Lagerjochteil verschraubt. Diese Baugruppe balanciert und stabilisiert die Massen um den Arm herum so, dass, wenn der Tonabnehmer versucht, den Arm bei höherer Dynamik quasi zu verdrehen, ihn seine Trägheit stabil hält. Außerdem trägt das zur effizienten Dämpfung der allgegenwärtigen Resonanzen bei, die unweigerlich das Drehlagerende des Armrohrs erreichen. Und das funktioniert hier so, dass sie aus dem Delrin- Armrohr mit dem oberen Lagerjochteil zum massebeladenen unteren Teil des Lagerjochs, den Stabilisatoren aus rostfreiem Stahl und der Gegengewichtsbaugruppe geleitet werden und eben nicht zurück zum Headshell mit dem Tonabnehmer. Zudem ist das Zentrum der beweglichen Tonarmmasse ziemlich genau auf der Höhe des Lagerpunkts des Arms und der Abtastebene, was natürlich wünschenswert ist. Das Headshell aus einer Aluminiumlegierung wird sandgestrahlt und pulverbeschichtet zur perfekten, Sie ahnen es bereits, Resonanzkontrolle. Es wird mit dem Aluminiuminnenrohr des Tonarms verschraubt und dient als Masseableitung und zur Verhinderung elektromagnetischer Störungen. Der Nadelazimuth kann bei Bedarf über ein einzelnes, dem Lager am nächsten befindliches, asymmetrisches Gegengewicht eingestellt werden. Antiskating erfolgt klassisch mit Faden und Gewicht direkt auf der Abtastebene.  


Das Laufwerk

 
Wie bei Soulines üblich kombiniert Gligorov unterschiedliche Materialien mit dem Ziel perfekter Resonanzkontrolle mit Hilfe des goldenen Schnitts.

Plattenspieler Soulines tt9 im Test, Bild 6
Die unterschiedlichen Materialien, ihre Dimension und ihre Verbindung miteinander entspringen einem ausgeklügelten System
Und wie bei Rega löst er das mit einer leichten und doch sehr steifen Konstruktion. Von den Toplaufwerken tt42 und Kubrick DCX herunter skaliert findet sich beim tt9 ein vergleichbarer Mix aus präzise bearbeitetem Acryl, Aluminium und Delrin. Nichts am sehr speziellen und von mir ursprünglich als „wild“ bezeichneten Formfaktor des tt9 ist zufällig, alle Proportionen, Materialien und ihre Kombination sind sehr genau ausgewählt, vermessen und gehörtechnisch verifiziert. Der 30 mm starke und 2,5 kg schwere Teller besteht aus Acrylguss. Das invertierte Lager ist dreiteilig und besteht aus einer Edelstahlhülse, einer Messinghülse und einer Edelstahlspindel, die in einem Delrin- Lagerboden dreht. Das Lager ist fest mit einem Delrin-Subteller verbunden. Das Lager und die Armbasis aus demselben Aluminium wie das Headshell sind auf eine Subbasis aus Aluguss montiert. Die wiederum wird an drei Punkten mit Hilfe von Gummi-Kork-Scheiben unterschiedlicher Größe und Dicke an das Hauptchassis aus Gussacryl und Delrin gekoppelt. Spannenderweise ist die optionale Tellermatte, man kann die Schallplatten auch direkt auf den Teller legen und mit der Klemme im Clearaudio- Stil anpressen, aus demselben Material wie diese Unterlegscheiben. Und die Verbindung ist dadurch elastisch und nicht starr – das ist alles sehr clever gemacht. Ach so, das Ganze ruht auf drei verstellbaren Delrinfüßen, die ebenfalls mit Hilfe von Gummi-Kork-Scheiben unterschiedlicher Größe und Dicke ans Chassis gekoppelt werden. Der elektronisch geregelte Gleichstrommotor ist derselbe wie in den großen Modellen.  


Klangeindrücke

 
Igor Gligorov ist ein cooler Zeitgenosse, denn er bat mich darum, mit ehrlicher Kritik nicht zu zögern, nur so könne er sich weiter entwickeln. Seien Sie versichert, das habe ich in meiner ganzen Karriere noch nicht gehört. Und ich hatte wirklich nicht mit dieser Ruhe und Stille in der Rille gerechnet. Ein Abtaster muss dafür vom Nadelschliff her geeignet sein. Aber die Basis dafür bilden Tonarm und Laufwerk und vielleicht ist gerade das Laufwerk nicht so bescheiden, wie Igor meint. Donny Hathaways Stimme treibt mir die Tränen in die Augen, ich fühle mich sofort bei diesem Plattenspieler zu Hause: selbstbewusst, geschmeidig und involvierend und dabei totenstill. Ich hasse Laufwerksgeräusche und sonstige Schweinereien rund um die so sensible Abtastung einer Schallplattenrille. Und hier höre ich einfach mal gar nichts. Wie glorios Taj Mahal im Hörraum steht, wie gnadenlos knackig, impulsiv und gut strukturiert Talk Talk ihre unvergleichliche Musik in den Raum zimmern, das ist wirklich Extraklasse. Der Kinderchor auf „Happiness is Easy“ von „The Colour of Spring“ ist mit mir im Raum, das kurze Synthiesolo mit nachfolgendem Trompetenlick ist dann sowas von präsent und süffig ... Schön, dass der KiWi M3 auch mit verwellten Platten souverän umgehen kann. Ich muss Igor Gligorov enttäuschen, ich habe an diesem Plattenspieler mal so gar nichts zu kritisieren.

Fazit

Ich hatte Soulines nicht auf dem Schirm, jetzt ist die Marke bei mir fett unterstrichen. Der Soulines tt9 mit seinem KiVi M9 Tonarm ist ein fantastisches Gesamtpaket für Analogkenner zum sehr attraktiven Preis.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Soulines tt9

Preis: um 4490 Euro

Ganze Bewertung anzeigen


3/2025
5.0 von 5 Sternen

Referenzklasse
Soulines tt9

3/2025

Soulines tt9
INGENIEURSKUNST
Bewertung 
Klang 70%

5 von 5 Sternen

Labor 15%

4 von 5 Sternen

Praxis 15%

5 von 5 Sternen

Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb B&T hifi Vertrieb 
Telefon 02104 175560 
Internet www.bt-hifi.com 
Ausstattung
Abmessungen (B x H x T in mm) 425/145/355 
Gewicht (in Kg) etwa 10 kg 
Garantie (in Jahre): 3 Jahre 
+ sehr erwachsener Klang 
+ erstaunliche Abtastruhe 
+/- + cleveres Engineering 
Klasse Referenzklasse 
Preis/Leistung hervorragend 
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Christian Bayer
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