Kategorie: Plattenspieler

Plattenspieler EMT 928 II


Königsfamilie

Plattenspieler EMT 928 MKII im Test, Bild 1
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Die Älteren unter uns erinnern sich: EMT, das waren die Studiosachen aus unserer hifidelen Sozialisierungsphase. Wer etwas auf sich hielt, hatte einen EMT 930, die ganz Ausgefuchsten einen 927 und die Raffinierten einen EMT 950. Einen EMT 928 hatte niemand und an den erinnert sich auch keiner. Außer Micha Huber.

Etwas Geschichte


EMT wurde als Elektromesstechnik AG 1940 von Wilhelm Franz in Berlin gegründet. Anfangs wurden Messgeräte für den Rundfunk entwickelt und produziert. Durch den Krieg bedingt zog man in den Süden, Lahr am Rande des Schwarzwalds wurde ab 1945 fester Standort. Anfang der 50er Jahre wurden auch Plattenspieler gebaut (927 und 930), die zu Beginn mit Ortofon-Tondosen ausgestattet wurden. Da Ortofon aber keine Stückzahlen liefern konnte, begann EMT ab 1959 mit einer eigenen Tonabnehmer-Fertigung in Mahlberg, keine 10km von Lahr entfernt. Ab 1966 produzierte EMT dann sogar Thorens Plattenspieler.

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Sprung nach vorne: 2005 stieg der Schweizer Jules Limon bei EMT ein und übernahm die Firma 2007 ganz. Er stellte wichtige Weichen für die Zukunft. 2008 lernte Limon Micha Huber kennen, der ihn bei Entwicklungen unterstützte und ab 2014 sukzessive die Tonabnehmerfertigung übernahm. Huber ist ein extrem spannender Mensch, den sein Geist schon immer in diese Richtung getrieben hat. Er ist gelernter Mechaniker, studierter Maschinenbauingenieur, Quereinsteiger in der Uhrwerksentwicklung und wäre beinahe Panflötenlehrer geworden, musste das Studium aber nach der letzten Zwischenprüfung abbrechen, weil seine Firma HiFiction AG bereits zu groß geworden war. 2018 übernahm er das EMT-Tonabnehmer- Geschäft inklusive Entwicklung, Produktion, Reparaturservice und internationalem Verkauf komplett. Da der Platz für die Produktion der neuen EMT- , THALES- und X-quisite Produkte nicht mehr reichte, zog die Firma von Winterthur nach Turbenthal in eine aufwändig restaurierte, ehemalige Spinnerei aus dem Jahre 1833.  


Armdrücken


Micha Huber ist in erster Linie Tonarmbauer und genau das war sein gedanklicher Haken für das Projekt 928 II. Der Mann hat ja mit seiner Dachfirma HiFiction vor knapp 20 Jahren die Marke Thales ins Leben gerufen und mit seinem mechanisch spurfehlkorrigierenden Tonarm Furore gemacht. Für den hatte er bereits 2004 ein Patent angemeldet und ihn 2005 auf den Markt gebracht – mit gerade einmal 25 Jahren. Mir sind nur zwei weitere Tonarme bekannt, die das mechanisch leisten: zum einen der geniale LT-Tonarm von Frank Schröder und zum anderen der Reed 5A, sein großer Bruder 5T setzt eine Regelung per Laser und Sensoren ein. 2022 war ein spannendes Jahr für die neugestartete Firma EMT, denn Huber stellte die Tonarme 909 und 912 sowie den batteriebetriebenen Plattenspieler 928 II vor, nachdem er ein Jahr zuvor bereits die auch optisch perfekt dazu passende Phonostufe 128 auf den Markt gebracht hat. Der Vertriebswechsel zu Thorens ab März 2024 ermöglicht uns nun wieder den Zugang zu den EMT-Produkten.   

Die Neuen


Ich muss zumindest kurz auf die Tonarme eingehen, bevor ich zum Kernthema meines Berichts komme, dem 928 II.

Plattenspieler EMT 928 MKII im Test, Bild 4
Die Qualität der neuen EMT-Arme ist nun endlich auf dem Niveau, auf dem sie immer sein sollten – Micha Huber sei Dank
Der kürzere Arm ist der 909, in unserer Ausführung 909-HI genannt, da er eine fest verbaute Headshell hat. Hier zitiere ich gerne die EMT-Website: “Jeder EMT-Tonarm besteht aus über 150 Einzelteilen. Die tragenden Teile sind in hoher Präzision aus Vollmaterial gearbeitet. Wir verwenden Edelstahl für die Basis und eine Aluminiumlegierung für die beweglichen Elemente.“ Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich erwähne, dass die alten EMT-Arme der Schwachpunkt auf den tollen Laufwerken waren. Das liegt daran, dass Ortofon nicht genügend Arme liefern konnte und der als Kompromiss eher schnell als „Blechkonstruktion“ entwickelte 929 nie wirklich zu Ende gedacht war. Die später auf den Markt gebrachte EMT-„Banane“, ein langer Arm mit spezieller Geometrie war besser, aber gegen die geballte Kompetenz Hubers sieht keiner von ihnen Land. Die massive Bauweise aus Edelstahl und Aluminium, die neuen spannungsfreien Speziallager, das Endstück aus Neusilber und nicht mehr aus Plastik oder ein magnetisches Antiskating dienen als Indizien für eine ganz neue Qualitätsstufe. Natürlich können alle alten Arme 1:1 ersetzt werden. Versionen für die Tondose, mit fester oder mit Wechselheadshell machen das Angebot noch attraktiver. Der zweite Arm auf dem optionalen hinteren Ausleger ist ein langer 912 (für 12 Zoll) in der X-Ausführung für Wechselheadshells nach SME-Standard. Hier war mit dem JSD Novel Gold das edelste EMT-System montiert. Die Idee war eigentlich, das mit dem JSD Pure Black auf dem kurzen Arm zu vergleichen. Doch dem stand die High-End im Weg, denn das System verlor auf dem Weg von dort zu uns, wo es als Anschauungsobjekt gegen den Zuschauerstrom kämpfte, seine Abtastnadel. Das edle JSD Novel Gold musste den Job also alleine machen und ich habe jede Sekunde des Hörens mit ihm genossen. Der neue Mehrschichtwandler des Systems kommt aus der Xoro-Forschung von Hubers anderer Firma. Der Spulenkern ist zweiteilig ausgeführt und um einen Träger aus hochfestem Titan angeordnet, der den Saphirnadelträger umschliesst. Diese Technologie verbindet geringste Masse und höchste Steifigkeit mit minimalsten Verzerrungen und das hört man auch.   

Der 928 II


Ich gebe zu, als ich den 928 zum ersten Mal sah, dachte ich:“Sieht ja süß aus.

Plattenspieler EMT 928 MKII im Test, Bild 3
Vollausstattung: der kurze EMT 909 Arm vorne und der lange 912 hinten auf dem optionalen Ausleger montiert. Damit kann man das Thema Plattenspieler ad acta legen
Aber wie langweilig, schon wieder nur Aluminium.“ Denkste, aber der Reihe nach. Das Grundchassis besteht tatsächlich aus Vollaluminium, doch dann wird es interessant. Der Subteller ist aus Hartpapier und wird über einen kurzen Riemen von einem für EMT gebauten 20 Watt Gleichstrommotor des deutschen Spezialisten Faulhaber angetrieben, der in einer Graugusseinheit montiert ist. Der starke Antrieb, die kurze Übersetzung und das schnelle Hochlaufen auf Drehzahl sind ein Schritt in Richtung Reibradantrieb wie in den klassischen EMT 930 und 927 Plattenspielern und glauben Sie mir, das funktioniert, der Drive ist definitiv da. Micha Huber sagte mir auch, dass er bei allen EMT-Produkten darauf achte, ihren Genen gerecht zu werden und das Kerngen von EMT war immer Dynamik. Die Tellerlagerbuchse ist wie beim EMT 930 aus Grauguss, die Welle aus feinstem Werkzeugstahl und läuft klassisch in ölgefüllten Sinterbuchsen. Wie bei seinen Thales Plattenspielern setzt Huber auch beim EMT auf Akkubetrieb, weil das Sinn macht und sich bewährt hat. Nach Vollladung kann der 928 II mindestens 40 Stunden am Stück mit 10 Stunden Reserve Schallplatten abspielen. Ein Wort noch zur Form des Plattenspielers. Huber knüpft mit der zierlichen Konzeption des 928 II an seine Thales-Plattenspieler an: keine unnötige Masse um der Masse willen, alles, was es braucht und kein Gramm mehr. Das ist der Gegenentwurf zu den Trutzburgen sonstiger Materialschlachten und eine Wohltat fürs Auge. Zur Idee der abgeschrägten rechten Kante lasse ich ihn selbst zu Wort kommen: “Das wäre ein einfacher, sphärischer Nadelschliff. Neben dieser «ersten» Assoziation gibt es noch einen weiteren Hintergrund für die raketenförmige Gestaltung der Front: die Mikro-Röhren stammen aus der Rüstungsindustrie, und versehen nun ihren Dienst in weit friedlicherem, musikalischem Umfeld – ganz nach dem Bibelwort: Schwerter zu Pflugscharen.“  

Die Praxis


Sie kennen diese idiotische Fummelei mit den Inbusschräubchen am Tonarmschaft, um den grob höher oder tiefer setzen zu können. Nicht doch bei Micha Huber. Ich habe mit höchstem Genuss die Höhenverstellung per Drehgewinde benutzt – hier muss man nur eine Inbusschraube lösen, um das Gewinde nutzen zu können. Das gehört eigentlich an jeden richtig guten Tonarm. Den Plattenspieler selbst kann man mit leicht höhenverstellbaren Isolationsfüßen schnell ins Wasser stellen. Mit einem Kippschalter vorne lassen sich drei verschiedene Modi einstellen. 1. Links ist der Ruhezustand, in dem die Akkus laden. 2. Die Mittenstellung ist der pure Hörmodus im Akkubetrieb. Wenn man hört sollte man den Netzschalter hinten, der in Wirklichkeit ein Ladeschalter ist, ausschalten. 3. Rechts dreht der Teller und die Akkus laden. Sollte man also auf Akkureserve sein und unbedingt weiter hören wollen, nimmt man diesen Modus. Das Manual empfiehlt, den Lademodus beizubehalten, wenn man keine Musik hört, damit sich die Akkus nicht selbst entladen. Und natürlich gibt es, wie es sich für einen EMT-Plattenspieler gehört, drei Geschwindigkeiten – 78 Umdrehungen für Schellack wurde auch nicht vergessen. Apropos Umdrehungen: die Drehzahlen sind exakt voreingestellt und wenn Micha Huber exakt sagt, dann meint er das auch. Man kann sie zwar über Feingewinde auf der Unterseite nachjustieren, ich würde aber die Finger davon lassen. Noch so ein schönes Detail ist die Transportsicherung. Zwei Polymerzylinder fixieren den Subteller. Man schraubt sie heraus, dreht sie um 180 Grad und schraubt sie wieder ein – fertig. So kann man sie nie wieder verlieren – einfach clever mitgedacht.  

Klang


Der klassische EMT-Klang ist hochdynamisch, mit einem kräftigen Bassbereich und fleischigen Mitten. Finesse hingegen musste man früher anderswo suchen. Das ist nun vorbei, denn Micha Hubers neuer EMT-Klang bewahrt viel vom Alten und addiert Geschmeidigigkeit, Eleganz, Feinauflösung und ein nahezu kristallines  Farbenspektrum hinzu. Stellen Sie sich vor, Sie sähen die Welt mit den Augen eines Insekts oder röchen sie mit der Nase eines Hundes – so in etwa stellt sich das dar. Und der Klang erinnert zum Glück nicht an den Ur-928, sondern an den größten Klassiker der Firma, den EMT 927, salopp gesagt mit Auflösung und das obwohl der 928 II so zierlich ist: Das nenne ich mal Maschinenbau mit Köpfchen. Huber sagte mir, dass man ein EMT und ein Thales-Setup nebeneinander klanglich immer unterscheiden könne: Dynamik versus Finesse. Allerdings darf man das nicht absolut betrachten, denn Finesse kann der 928 II eben auch und zwar nicht wenig. So habe ich zum Beispiel Steely Dan so noch nie gehört. Manchmal ist es gar nicht so leicht, seinem Erstaunen Ausdruck zu verleihen, zu fassen, was man da gerade hört. Denn dieser neue EMT-Klang scheint viel von dem zu haben, was ich immer über die Thales-Produkte gehört habe: er ist artefaktfrei. Es ist wie mit der Stille. Ist man den Dauerlärmpegel der Stadt gewohnt, kommt einem die Stille in einer Berghütte surreal vor und das ist sie ja dann auch. Hat man sich aber daran gewöhnt, wird es schwer, zurück zu gehen. So höre ich die Note vor der Note, den Ansatz zu einem Auftakt ebenso wie das Ausschwingen von Noten mit großem Erstaunen und höchstem Genuss. Extrem auffällig wird das zum Beispiel bei Klaviermusik. Das lässt sich besonders an Glenn Goulds später Einspielung der Goldberg Variationen von Bach erleben. Ich habe den Eindruck, ich halte die Luft an und höre Gould beim Ein- und Ausatmen zu, bevor er die erste Note setzt. Und dann werde ich diesen fließenden, überirdisch schönen, eleganten und manchmal explosiven Klangzauber hineingezogen, aus dem ich erst wieder erwache, als die Nadel am Ende der Seite ist. Hier wird ein Abspielgerät mit höchster Wiedergabetreue dem Genie eines Interpreten zu hundert Prozent gerecht. Mehr geht nur schwer. 

Fazit

Der EMT 928 MKII ist ein fantastischer Plattenspieler, der jedem Digitalformat zeigt, wo der Hammer hängt. Micha Huber bekommt einen weiteren Stein für seine Analogkrone und wir verbeugen uns.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: EMT 928 MKII

Preis: um 9370 Euro (Laufwerk)

8/2024

Der EMT 928 MKII ist ein fantastischer Plattenspieler, der jedem Digitalformat zeigt, wo der Hammer hängt

EMT 928 MKII

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Vertrieb Thorens / Bergisch Gladbach 
Telefon 02204 8677720 
Internet www.thorens.com/de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
B x H x T: 480 x 110 x 340 mm 
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