Bei Christian Feickert treffen zwei glückliche Umstände zusammen: Der Mann hat einen Doktortitel in physikalischer Chemie, er weiß also, was er tut. Außerdem ist er schlicht und ergreifend ein Analogverrückter - alles, was er tut, hat mit Plattenspielern zu tun
Mitspieler
Tonabnehmer:Â
Transfiguration PhoenixÂ
Miyabi StandardÂ
Goldring 2200Â
Benz ACE LPhonoverstärker:Â
Leema AgenaÂ
MalValve Preamp Three PhonoÂ
PS Audio GCPH modifi ziertVerstärker:Â
Malvalve Preamp Three Line undPower Amp ThreeÂ
Audio Research LS17 und VS60Lautsprecher:Â
Lumenwhite AquilaÂ
Harbeth P3ESR
Gegenspieler
Plattenspieler:Â
Scheu Premier III mit SME 309Â
Transrotor Dark Star ReferenceDen Beginn seiner eigenen Spielerfertigung markieren zwei gewaltige Laufwerke mit den Namen „Twin“ (LP 05/2007) und „Triple“ - gewaltige Materialschlachten, bei denen es dem Konstrukteur darum ging, Grenzen auszuloten. Umso überraschter waren wir, als wir erste Bilder seines neuen Laufwerks sahen.
Der mit dem niedlichen Namen „Woodpecker“versehene Dreher ist ein richtig einfaches, aufs Wesentliche reduziertes Laufwerk geworden und vor allem ist er eines: richtig schön. Da wir Christian Feickert schon eine Weile kennen, überrascht uns bei allen Designaspekten nicht, dass in der schlichten Form eine Menge feiner Detaillösungen stecken. Der Woodpecker steht auf massiven Alufüßen mit einer leicht dämpfenden Schicht, die höhenverstellbar auf Gewindestangen aufgeschraubt werden. Die Zarge selbst verbirgt hinter ihren klar geformten Linien eine aufwendige Schichtbauweise, die sich bei einem Blick auf die Unterseite zumindest erahnen lässt: Die Aluminium- und getemperte MDF-Platten sind mit Maschinenschrauben bombenfest miteinander verbunden. Das invertierte Lager besitzt seine eigene Stahl-Basisplatte, die in einer großen Aussparung auf der Deckplatte sitzt und ebenfalls mit der inneren MDFPlatte verschraubt ist. Der Lagerdorn besteht aus soliden 16 Millimetern Edelstahl mit einer recht flachen konischen „Spitze“- die Lagerbuchse besteht ebenfalls aus gehärtetem Edelstahl. Dreht man einmal am betriebsfertigen Lager, dann merkt man sofort, dass man Spielchen à la „Wie viele Minuten dreht sich mein einmal angeschubster Teller nach“ vergessen kann -hier wird ganz massiv auf Reibung gesetzt. Das sehr eng tolerierte Lager ist mit einem Spezialfett mit einem hohen Molybdänsulfid versehen, so dass die Antriebseinheit auf einen defi nierten Reibungswiderstand arbeiten muss - ein probates Mittel zum Erzielen sehr guter Gleichlaufwerte. Den Pabst-Gleichstrommotor speist ein einfaches Netzteil - hier gibt es mit Sicherheit Ansatzpunkte für spätere Upgrades. Die komplette Antriebseinheit sitzt verborgen im Zargeninneren - zieht man einmal beherzt am präzise gedrehten Pulley, spürt man die stark dämpfende Aufhängung, die den Motor vom Rest des Drehers entkoppelt. Langer Rede kurzer Sinn: Der Motor arbeitet sowohl geräusch- als auch vibrationsfrei - ich selbst habe in unserem Hörraum erst bemerkt, dass der Woodpecker bereits seit Tagen lief, als ich eine Platte auflegen wollte, und war überrascht, wie es mir die Scheibe beim Auflegen aus der Hand riss. Zwei Geschwindigkeiten lassen sich per Taster ein- und ausschalten. Eine dritte Taste ist momentan noch ohne Funktion - sie kann beispielsweise mit einer dritten Geschwindigkeit belegt werden. Die Antriebskraft wird per Flachriemen auf den Teller übertragen - wer sich jetzt Sorgen wegen der Lebensdauer des Riemens macht, dem sei versichert: Nur alle ein bis zwei Jahre ist ein neuer Riemen fällig, dessen Kosten sich auf 29 Euro belaufen - allemal eine überschaubare Investition. Der schwarze Teller aus dem für diese Zwecke idealen Material ist sehr sauber gefertigt und ideal proportioniert, das heißt: dick genug, um ordentlich Masse zu machen, dünn genug, um dem eleganten Woodpecker ästhetisch gerecht zu werden. Auch Christian Feickert setzt auf das neue Lieblingsmaterial der Plattenspielerbauer: Polyoxymethylen, kurz POM oder PO - ein Kunststoff mit hoher Formbeständigkeit und Zähigkeit, der zudem kaum resoniert. Die Aussparung mit dem Durchmesser eines Plattenlabels samt aufschraubbaren Puck lässt fast jede verwellte Platte plan aufliegen. Ein technisches Schmankerl, das Ihnen natürlich sofort aufgefallen ist, habe ich in dieser Beschreibung noch verschwiegen, ganz einfach, weil es für mich als Tester und Tonarmsammler überhaupt das Wichtigste ist: Der Woodpecker hat trotz massiver Zarge eine frei verstellbare Tonarmbasis - und das sogar mit Skala! Das Prinzip ist einfach: Die Basis (ebenfalls aus POM) wird mit zwei Maschinenschrauben auf der Deckplatte des Drehers befestigt. Dies erfolgt aber nicht mit fest eingelassenen Gewinden, sondern durch zwei Langlöcher in Kontermuttern, die beim Verschieben der Basis mitlaufen. Auf diese Weise lassen sich blitzschnell Tonarme mit einem Montageabstand von etwa 200 bis 305 Millimetern perfekt einstellen - einfach genial. Ich habe zumindest noch nie so schnell von einem vormontierten Tonarm auf meinen SME 309 wechseln können wie beim Woodpecker - so macht der Tonarmwechsel Spaß! Apropos SME: Christian Feickert hat die wichtigsten Tonarmbohrungen fest im Sortiment, für exotischere Modelle können alle Arten von Basen auf Bestellung angefertigt werden. Die Passgenauigkeit bei der Konstruktion ist genauso perfekt wie der absolut stabile Sitz - vor allem aber ist der Schlitten so unauffällig integriert, dass die Proportionen und die Optik nicht leiden, selbst wenn ein langer Arm montiert ist. Die Mitte der Skala gehört dem vormontierten hauseigenen Tonarm DFA-105 -wie der Name schon sagt, ein 10,5-Zöller mit einem Montageabstand von 250 Millimetern. Der Tonarm stammt aus dem Hause Jelco und ist hinreichend bekannt - nicht zuletzt durch unseren Test in Ausgabe 03/2007. Da die Produkte aus dem Hause DCF inzwischen vom BT-Vertrieb unter die Fittiche genommen wurden, hat uns der Konstrukteur höchstpersönlich ein Transfiguration Phoenix (Test in LP 01/2009) unters Headshell montiert und mit seiner hauseigenen Software Adjust+ penibel genau justiert. Nachdem sich der Woodpecker ein paar Tage lang eindrehen durfte - durch die engen Toleranzen muss sich das Lager ein bisschen „freispielen“ - durfte er endlich ran an die Rille. Und das tat er wie ein Großer: Der kleine DCF kann in puncto Basstiefe und -wucht durchaus mit deutlich größeren Laufwerken mithalten. Das ist im besten Sinne neutral - man kann dies gut feststellen bei Aufnahmen mit einer gut freigestellten Bassdrum: Oft fehlt der Körper der großen Trommel oder es wummert gewaltig, der Anschlag ist aber völlig weg. Der Woodpecker kann beides: Heftiger Kick im Antritt, dazu richtig Volumen im Ausschwingen - so soll es sein. In den höheren Frequenzbereichen setzt sich dieser Eindruck perfekter Ausgewogenheit fort - der Woodpecker setzt sein äußerlich schlichtes Erscheinungsbild quasi musikalisch fort. Auf jeder einigermaßen ruhigen Basis spielt er mit einer Sauberkeit und Präzision, die ihresgleichen suchen. Da wird in keinem Bereich des tonalen Spektrums etwas weggelassen oder dazuerfunden - da stört keinerlei Phasenfehler die Ortungsschärfe oder erfindet gar noch Raum dazu. Im direkten Vergleich zum äußerlich so unterschiedlichen Transrotor Dark Star Reference sind ganz klar die konzeptionellen Verwandtschaften der beiden Spieler zu erhören: Die Tonarme stammen aus demselben Stall, die entscheidenden Laufwerksbestandteile sind aus sehr ähnlichem Material. Und so ist es denn auch schwer, sich zu entscheiden - ich muss es dankenswerterweise nicht tun: War beim einen Musikstück die runde Spielweise des Transrotor passender, so überzeugte uns beim nächsten die enorme Klarheit des Feickert. Wenn der seine Präzision in die Waagschale warf, konterte der andere mit Opulenz -zwei hervorragende Dreher und ein Unentschieden auf allerhöchstem Niveau. Was den Woodpecker einzigartig macht, ist seine enorme Neutralität, die er der montierten Tonarm-System-Kombination zur Verfügung stellt. Vom langen Holz-Zwölfzöller über Einpunkter bis hin zum Hightech- Tonarm - vom einfachen MM bis zu edlen Preziosen wie dem Transfiguration -sie alle können ihre Eigenschaften auf der Basis des Woodpecker frei entfalten. Durch die komfortabel verstellbare Basis sind allen Experimenten in dieser Richtung Tür und Tor geöffnet - quasi das perfekte Arbeitsgerät des Analogfreunds. Und wenn man seine Traumkombination gefunden hat, dann verstellt man einfach nichts mehr und erfreut sich jeden Tag eines bildhübschen und hervorragend klingenden Plattenspielers.
Fazit
Technisch ausgereift, elegant und tonal perfekt ausbalanciert: So muss ein moderner Plattenspieler aussehen.