„Downsizing“ eines erfolgreichen Konzeptes ist eine übliche Vorgehensweise zum Erschließen neuer Käuferschichten. Das weiß man auch bei Cleraudio. Na – wenn sich Familie Suchy dabei in diesem Fall mal nicht ins eigene Fleisch geschnitten hat
Mitspieler
Phonovorstufen:
Pass XP-15
Restek MRIA+
Clearaudio Balanced reference Phono
Vorverstärker:
MalValve preamp three line
Endverstärker:
SymAsym
Lautsprecher:
Lumen White Artisan,
Teufel Ultima 800
Zubehör:
Netzversorung von Silent Wire
NF-Kabel von Van den Hul
Phonokabel von Van den Hul
Lautsprecherkabel von Intertechnik
Rack von Creaktiv
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Plattenspieler:
Clearaudio Innovation / Universal
Acoustic Solid Machine / SME M2-12
Seit gut einem halben Jahr dreht er fleißig seine Runden in unserem Hörraum und qualifiziert sich als unbestechlicher Signallieferant: Clearaudios Hightech- Plattenspieler „Innovation“. Der Bolide mit dem unerschütterlichen geregelten Direktantrieb dürfte der Traum vieler Plattenspielerfans sein – wenn da doch nur das Preisschild nicht wäre, das dazu angetan ist, dem Normalverdiener gründlich den Tag zu versauen: Knapp 13.000 Euro kostet das gute Stück mit dem Spitzenmodell aus Clearaudios Drehtonarmpalette, dem „Universal“, und einem standesgemäßen MC-Abtaster, dem „DaVinci“.
Gewiss, eine echte State-of- The-Art-Kombi, aber leider zu einem ebensolchen Preis. Das, worüber es heute zu berichten gilt, ist der Versuch, das finanzielle Problem auf etwas mehr als ein Drittel zu reduzieren, will sagen: auf 5.000 Euro. Immer noch verdammt viel Geld, aber zumindest theoretisch in der Reichweite einer deutlich größeren Klientel. Um so etwas möglich zu machen, bedurfte es eines neuen Laufwerks, das möglichst viele der Meriten des Innovation mitnimmt, aber deutlich günstiger zu fertigen ist, und das gibt’s jetzt und heißt „Innovation Compact“. Auch beim Tonarm musste eine Alternative her, mit dem Universal ist eine zivile Preisgestaltung nicht zu machen. Glücklicherweise hat Clearaudio seit Langem eine sehr brauchbare Alternative im Programm: den einpunktgelagerten „Unify“, ein meiner bescheidenen Meinung nach etwas unterschätzter Klassiker. Wir montierten ihn hier in der Zehn-Zoll-Variante, der derzeit angesagten Bauweise bei Drehtonarmen. Bliebe noch der Tonabnehmer, und da haben die Erlangener ein besonderes Bonbon parat, das sicherlich noch eine Würdigung abseits dieses Pakettests erfahren wird: Es heißt Talisman V2 und hat mit seinem Vorgänger nicht mehr viel gemein, wie wir noch sehen werden. Nach der üblichen Clearaudio- Staffelung addieren sich die Preise der Einzelkomponenten zu einer Summe von 5.090 Euro und ich bin mir ganz sicher, dass man eine runde Summe an diese Zusammenstellung schreiben wird. Der Innovation Compact unterscheidet sich zunächst erst einmal in der Bauhöhe von seinem „nicht kompakten“ Bruder, und dafür gibt’s genau zwei Gründe: Die beim Urmodell zweistöckige Laufwerksbasis wurde einer Etage beraubt, was in der Theorie etwas schlechtere Trittschall- Isolationswerte liefert. In der Praxis wird’s so viel nicht ausmachen, außer dass es weniger schneidig aussieht. Der Teller des großen Innovation ist ein Sandwich aus einer dicken Kunststoffscheibe und einer massiven Edelstahlplatte; hier den Rotstift anzusetzen macht absolut Sinn, denn hier lässt sich eine Menge teures Material und ordentlich Maschinenstunden sparen. Auch wenn Clearaudio auf einem eigenen „Automatenpark“ fertigt – Kosten verursachen die rechnergesteuerten Werkzeugmaschinen trotzdem. Und somit fehlt dem Innovation Compact die 15 Millimeter dicke Edelstahlscheibe, der satte 70 Millimeter dicke Zylinder aus POM (Polyoxymethylen) schafft aber auch so vielversprechende Massenträgheitswerte. Keine Kompromisse gibt’s bei Lager- und Antriebstechnik. Der Teller steckt auch hier auf einer überaus glatten und verschleißfesten Keramikachse, die Lagerhülse steckt im Teller; demnach ist das Lager von invertierter Bauart. Über die senkrechten Kräfte müssen sich die Erlangener schon seit geraumer Zeit keine Sorgen mehr machen, auch nicht beim Innovation Compact: Zwei sich abstoßende Magnetringe nehmen die vertikalen Kräfte auf. Vollkommen berührungslos, versteht sich. In Verbindung mit der durch den hohen Teller bedingten großen Führungslänge ergibt das ein überaus stabiles und ruhiges Lager – genau so sollte das sein. Hinzu gesellt sich das aktuelle Sahnestück in Sachen Clearaudio- Antriebstechnik: der geregelte Gleichstrommotor. Er bezieht die Information, inwieweit er Drehzahlschwankungen auszugleichen hat, von einem extrem hochauflösenden Sensor unterhalb des Plattentellers; jener tastet optisch einen Rink mit 1595 Strichen ab und jede noch so winzige Abweichung vom Pfad der Tugend wird von diesem System sofort ausgemerzt. Im Prinzip keine brandneue Technik, aber heutzutage selten bei Plattenspielern eingesetzt; meist vertraut man auf einen gesteuerten Synchronmotor. Der dreht zwar in sich schön konstant, etwaige Unregelmäßigkeiten, zum Beispiel über Schwingungen des Antriebsriemens, schlagen aber unmittelbar auf die Tellerdrehzahl durch. Den Tonarm „Unify“ gibt‘s schon ein paar Jährchen länger. Er war Clearaudios erster Ausflug ins Drehtonarm-Metier, bis dahin gab’s aus Erlangen ausschließlich tangential abtastende Exemplare. Die gibt’s auch heute noch, mittlerweile aber hat man sich dem allgemeinen Trend unterworfen und bietet Dreharme in jeder Form und Farbe. Der Unify ist eine klassische Einpunktkonstruktion mit allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen. Klassisch heißt, dass das Armrohr quer in eine massive Glocke aus Aluminium geführt wird, in deren Scheitelpunkt eine Edelstein-Lagerpfanne steckt. Jene wird über einen harten Lagerdorn auf der Armaufnahme gestülpt, und das war’s dann schon mit dem Lager. Die Anordnung erlaubt Bewegungen in allen drei Dimensionen, und zumindest bei zweien davon ist das auch erwünscht. Drehungen um die Längsachse des Tonarmrohrs bedämpft der tiefe Schwerpunkt der Glocke und zwei Filzpads im Lagergehäuse, die allzu heftigen Anregungen von vornherein den Garaus machen. Unser Zehnzoll-Unify ist mit einem silberfarbenen Kohlefaserrohr ausgestattet und hat eine effektive Masse von etwa 10 Gramm, zählt also zu den leichten bis mittelschweren Armen. Die Tonarmgeometrie ist dank des extrem variablen Headshells vielfältig einstellbar, den Azimut kann man gleich an zwei Stellen verändern: Einmal durch das Verdrehen des exzentrischen Gegengewichtes, einmal durch Verdrehen des Headshells. Ersteres ist der Normalfall, aber ein bisschen fummelig, weil dabei leicht die Auflagekraft mitverstellt wird. Höhenverstellung? Gibt’s auch. Über zwei Madenschrauben ist der Schaft des Tonarms in einem Flansch fixiert, und wenn man die löst, kann man den VTA nach Belieben ändern. Das ist natürlich nicht so komfortabel wie die Luxus-Verstellung beim „Universal“, aber prinzipiell tut’s das hier natürlich auch. Das Antiskating wird per gewichtsbelastetem Faden eingestellt, die Verkabelung ist Clearaudio-typisch kompromisslos: eine durchgängige Leitung von den Tonabnehmerpins bis zu den Cinchsteckern. Keine Kontaktstellen, keine Probleme. Besonders stolz ist man in Erlangen auf das, was unter dem Headshell des Unify seinen Dienst versieht: Das brandneue MC-System „Talismann V2“. Sein Vorgänger, der vom Korpus her fast gleich aussah, basierte auf einem Generator vom Denon DL103. Das ist jetzt nicht mehr so, im V2 stecken genau die Gene, die auch die großen und sündteuren Clearaudio-MCs bis hinauf zum Goldfinger für 8.000 Euro befeuern. Das Besondere dabei: Das Talismann V2 ist solo für knapp 1.000 Euro zu erstehen und damit die mit Abstand günstigste Eintrittskarte in die Welt dieser reichlich extremen Tonabnehmerkonstruktionen. Am Ende des extrem langen Bornadelträgers sitzt ein winziger Micro-HD-Diamant, bei dem mir immer wieder der Schreck in die Glieder fährt: Das Steinchen ist so klein, dass mich öfter spontan der Verdacht befällt, es sei gar nicht mehr da. Der Generator ist ein ganz besonderes Exemplar: Acht extrem starke Neodymmagnete sind so angeordnet, dass die aus 24-karätigem Golddraht gewickelten Spulen absolut symmetrisch zum Drehpunkt im Magnetfeld stehen, was für ein extrem lineares Ausgangssignal und reichlich Signaldynamik sorgt. Beim Talismann V2 verzichtete man lediglich auf die große, mit resonanzdämpfenden „Fingern“ versehene Grundplatte der größeren Modelle und verbaute den Generator (der bei den großen Modellen wirklich der gleiche ist, allerdings auf höhere Symmetrie selektiert) in einem konventionellen Gehäuse aus Ebenholz. Die Voraussetzungen, dem großen Innovation klanglich relativ nahe zu kommen, sind bei diesem Trio also durchaus gegeben. Dass die Unterschiede aber so gering ausfielen, das hat denn doch ein wenig überrascht und ist wieder einmal ein Beweis für die alte Weisheit, dass das letzte Quäntchen Klang das ist, was richtig Geld kostet. Der Innovation Compact lässt aus dem Stand durch seine rhythmisch pointierte Spielweise aufhorchen. Schlagzeug, Percussion, alles, was das Timing in der Musik ausmacht, wirkt hier außerordentlich natürlich, fließend und passgenau. Auch die diesbezügliche Meisterprüfung nimmt das Gerät mit Bravour: das Ausschwingen eines Klavieranschlags. Wenn irgendwo auch nur die leiseste Drehzahlabweichung auftritt, dann bekommt man sie hier um die Ohren gehauen. Diesbezüglich gibt’s schlicht keine Unterschiede zum großen Modell. Tonal gibt’s ein paar minimale Differenzen: Der Compact zeichnet an beiden Enden des Frequenzbereiches minimal weicher; oben herum kann man das unter Umständen sogar bevorzugen, im Bass allerdings siegt der Edelstahlteller: Dessen ultimative Attacke schafft der Kompakte nicht ganz, bei ihm tönt der Bass etwas runder, mit minimal weniger Substanz. Überhaupt ist der „Compact“ auf der etwas freundlicheren Seite unterwegs, der Innovation eher der präzise Typ; je nach persönlichem Hörgeschmack kann man das Klangbild des günstigeren Gerätes sogar bevorzugen. Tja, liebe Leute bei Clearaudio, für diese Maschine danken wir herzlich: Solch hartnäckige Konkurrenz aus eigenem Hause für deutlich weniger als die Hälfte des ursprünglichen Einstandspreises – das erzählen wir unseren Lesern doch gerne.
Fazit
Diese Kombination sitzt auf den Punkt: Der kleine Innovation hat das fantastische Timing des großen Bruders geerbt, in dieser Zusammstellung klingt’s zudem betont angenehm, stimmungsvoll und rund. Platte pur!