Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Bergmann Audio Sindre


Luftikus

Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 1
911

Nein, Bergmann Audio ist kein neuer Hersteller aus dem Ruhrgebiet, der mit Schwermaschinenbau und Montantechnologie versucht, den Plattenspieler zu revolutionieren. Der bildschöne Dreher „Sindre“stammt vielmehr aus unserem nördlichen Nachbarland und verzaubert mit einem wahrlich luftigen Auftritt

Mitspieler

TonabnehmerÂ

Benz LP-SÂ
Clearaudio GoldfingerÂ
Jan Allaerts MC1BÂ
MFSL C3.5Â
Denon DL103RPhonovorstufenÂ
Pass XP-15Â
Leema AgenaÂ
MalValve preamp three phonoVorverstärkerÂ
MalValve preamp three lineÂ
Vacuumstate RTP3EndverstärkerÂ
Pass XA30.5Â
SymAsymÂ
Audio Research VS60LautsprecherÂ
Lumen White ArtisanÂ
K+T Prototyp

Gegenspieler

Plattenspieler/TonarmeÂ

Transrotor Fat Bob / GrahamPhantomÂ
Clearaudio Innovation / UniversalÂ
Acoustic Solid Machine / SME M2-12Seien wir doch mal ehrlich. Eigentlich ist es doch schon fast egal, wie dieses Ding klingt, es gewinnt schon beim ersten Hinsehen.

Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 2Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 3Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 4Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 5Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 6Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 7Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 8Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 9Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 10Plattenspieler Bergmann Audio Sindre im Test, Bild 11
Jenseits aller geschmacklichen Fragen muss man dem Bergmann Sindre einfach attestieren, mit gelungenen Proportionen, klarer Linienführung und schlichter Eleganz wie selbstverständlich auf der Gewinnerspur zu fahren, praktisch unabhängig von dem, was hinten rauskommt. Derart hübsche Dinge haben üblicherweise ihren Preis, und das ist hier nicht anders: Der Sindre samt Tonarm will mit 14.000 Euro honoriert werden. Da tröstet es auch wenig, dass Sindre eigentlich ein Zwerg aus der nordischen Mythologie ist, der zum Beispiel dadurch auffiel, dass er Thors Hammer schmiedete. Ganz und gar nicht nach grober Schmiedekunst sieht das aus, was Entwickler Johnnie Bergmann aus dem Namen gemacht hat, nämlich klares skandinavisches Design der allerfeinsten Sorte. Schön, aber natürlich nicht genug, um ein solches Preisgefüge zu rechtfertigen, dafür braucht es auch in technischer Hinsicht das eine oder andere Highlight. Das hat er und rekrutiert sich aus dem Einsatz von komprimierter Luft. Die besorgt ein zum Lieferumfang gehörender Kompressor; per transparentem Kunststoffschlauch geht‘s zum Laufwerk, wo das unsicht- und fast unhörbare Gas entscheidende Dinge tut: für Plattenteller und Tonarm ein praktisch perfektes Lager bereitstellen. Das Tellerlager ist eine Schlüsselkomponente bei jedem Plattenspieler; seine Qualität bestimmt das klangliche Leistungsvermögen des Gerätes entscheidend mit, und deshalb steckt jeder ambitionierte Hersteller mehr oder weniger großen Aufwand in dieses Bauteil. Letztlich läuft das in fast allen Fällen auf das Zusammenspiel zwischen einer Lagerachse und einer Büchse hinaus, die meist unter der Zuhilfenahme eines Schmiermittels die horizontalen Kräfte abfangen und dabei möglichst wenig Reibung verursachen sollen: Reibung verursacht Unregelmäßigkeiten und Geräusche - will man beides nicht haben. Hinzu gesellt sich meist eine Kugel, die gegen einen Lagerspiegel läuft und die senkrecht auftretenden Kräfte abfängt; mit anderen Worten: das Tellergewicht trägt. Es gibt eine schier unendliche Zahl von Bauformen davon, letztlich arbeiten jedoch alle nach dem gleichen Prinzip. Ein berührungs- und damit reibungsfreies Lager ist der Traum eines jeden Plattenspielerkonstrukteurs; eine der ganz wenigen Möglichkeiten zur Realisation besteht darin, den Teller auf einem Luftpolster schweben zu lassen - so ähnlich wie beim Luftkissenboot. Über die Jahre sind immer wieder mal Realisationen solcher Konstruktionen aufgetaucht, die mehr oder weniger gut funktioniert haben; auch dieser Tage hält der Markt vielleicht eine Handvoll Geräte bereit, die diesem Prinzip huldigen. Der Sindre ist, wenn mich nicht alles täuscht, sogar mit ziemlichem Abstand der günstigste seiner Art - man höre und staune.Was ihn mit einigen seiner Artgenossen verbindet, ist das Ergebnis einer logischen Überlegung: Wenn man ohnehin schon Druckluft für das Tellerlager erzeugen muss, dann kann man doch auch gleich einen Tonarm damit versorgen -richtig, Luftlagerung ist eine der wenigen Möglichkeiten, einen „passiven“Tangentialtonarm so reibungsarm zu realisieren, dass er gut funktioniert. Auch das hat Johnnie Bergmann getan, das Ergebnis gehört zum Lieferumfang des Laufwerks. Der Sindre besteht aus drei Geräten: dem Plattenspieler selbst, dem Kompressor für die Luftversorgung von Tonarm und Tellerlager und dem Speiseteil für den Motor. Die größte Überraschung dabei bildet für mich der Kompressor: Im Gegensatz zu allen anderen Vertretern seiner Art, die mir im Laufe der Zeit untergekommen sind, verrichtet er sein Werk nämlich praktisch geräuschlos. Auch wenn genügend Schlauch beigelegt ist: Der Verdichter muss keinesfalls in einen Nebenraum abgeschoben werden, er darf gerne bei der Anlage stehen. Während des Testzeitraums stand er sogar unter dem Plattenspielerrack auf dem Boden und fi el aber auch gar nicht unangenehm auf. Das Lästigste daran ist noch der Umstand, dass der Netzschalter auf der Rückseite angebracht ist (was meiner bescheidenen Meinung nach dringend einer Änderung bedarf). Das solide Metallgehäuse der Luftaufbereitung ist ziemlich voluminös (21 cm breit, 22 cm hoch, 42 cm tief) und beherbergt im Wesentlichen Maßnahmen zur Geräuschdämmung. Die erstaunlich kompakte Pumpe steckt in einem massiven Aluzylinder, der mit Mengen von Dämmmaterial ausgekleidet und mit einem soliden Deckel verschraubt wird. Zwei weitere Metallzylinder sind so was wie „Elkos für Luft“, sprich: Zwischenspeicher, die den intermittierenden Luftstrom des Kompressors „glätten“. Dann gibt’s noch einen Wasserabscheider, der der Druckluft das Kondenswasser entzieht -das täte den Luftlagern nicht gut - und im Gehäusedeckel nochmals reichlich Dämmstoff. Die Rechnung geht auf, das Ding ist, wie gesagt, flüsterleise. Die Laufwerksbasis besteht aus einem dicken MDF-Sandwich. Eine umlaufende Fräsung verleiht dem Klotz eine gewisse optische Leichtigkeit, die perfekt ausgeführte mattschwarze Lackierung kaschiert das Rohmaterial perfekt. Sie steht auf drei in der Höhe verstellbaren Spikes, die per Kontermutter festgezogen werden können. Nix von der Stange, selbst gefertigte Bauteile mit handschmeichlerischer Gummiauflage auf dem Einstellring. Der Teller ist ein relativ normaler 60er- Acrylteller - zumindest auf den ersten Blick. Tatsächlich nämlich bildet er quasi nur die Spitze des Eisbergs; wenn man ihm entfernt, kommt ein „Subteller“ gleichen Durchmessers in Gestalt einer 3,2 Kilo schweren Aluminiumscheibe zum Vorschein. Diese schließt bündig mit der Zargenoberkante ab und tritt optisch deshalb nicht in Erscheinung. Auf dem Rand des Subtellers läuft der Antriebsriemen (flacher Gummiriemen), und der ist einsichtigerweise nicht ganz leicht zu montieren. Der Motor - ein relativ hoch drehender geregelter Gleichstrommotor - werkelt ebenfalls im Verborgenen, und deshalb ist bei der Montage des Riemens etwas Übung vonnöten; ein zweites Paar Hände hilft ungemein. Zum Motor kann ich nichts Genaueres sagen; er ist so gut eingebaut, dass ich wenig Lust verspürte, den Dreher so weit zu zerlegen, dass man da herankommt. Die Aluminiumscheibe trägt an ihrer Unterseite die Lagerachse - oder besser gesagt das, was von ihr übrig geblieben ist: Der Sindre verfügt zwar über ein Luftlager, der Teller braucht aber noch eine Führung in der Horizontalen. Das besorgt der kaum einen Zentimeter lange „Achsstummel“, der in einer Kunststoffhülse läuft. Angesichts der sehr geringen reibenden Flächen muss man sich kaum Sorgen machen, dass sich auf diesem Weg Rumpeln einschleicht. Wer ein Luftlager haben will, bei dem auch die horizontale Ebene per Luftpolster entkoppelt ist, der sei auf das große Laufwerksmodell „Sleipner“ verwiesen. Unter dem Subteller kommt es dann zum Vorschein, das Luftlager, und wie alle wirklich guten Problemlösungen funktioniert das gute Stück eigentlich ganz einfach: Eine runde Aluminiumplatte mit (Sub-)Tellerdurchmesser wird innen ausgedreht, so dass sich eine Art „Wanne“ ergibt, außen bleibt ein einige Zentimeter breiter Steg stehen. Im Boden der Wanne gibt es eine Bohrung, durch die Druckluft einströmt. Auf besagtem Steg liegt der Subteller auf - so lange, bis der Luftdruck so groß geworden ist, dass er den Teller anhebt. Der Luftdruck bestimmt dabei die Dicke des Luftspaltes: je mehr Druck, desto breiter der Spalt. Der Luftfluss ist an der Geräterückseite per Einstellschraube variierbar, normalerweise muss man hier aber nichts ändern. Das System funktioniert, obwohl es so simpel ist, absolut perfekt - und außerdem ist es leise. Wenn man sich Mühe gibt und das Ohr nahe an den Ort des Geschehens hält, ist zwar ein minimales Zischen zu vernehmen, in normaler Bedienentfernung ist das aber praktisch nicht mehr wahrzunehmen. Seinen Job, dem Teller eine praktisch reibungsfreie Unterlage zu liefern, macht das Lager perfekt: Als ich den Teller mal bei abgenommenem Antriebsriemen mit der Hand anschubste um festzustellen, wann er denn wieder zum Stillstand kommt, passierte - gar nichts: Mir dauerte das nämlich zu lange, und ich habe das Experiment irgendwann abgebrochen. Werfen wir einen Blick auf den wunderschön reduzierten Tonarm. Natürlich von tangentialem Typ, will sagen: Er tastet die Platte so ab, wie sie geschnitten wurde - präzise auf einer Gerade Richtung Tellerachse, ohne Spurfehlwinkel. Drehlager jeglicher Art gibt’s deshalb nicht, und deshalb ist die Lagerung eines solchen Arms eine höchst schwierige Angelegenheit: Als Antrieb für den kompletten Tonarm steht nämlich nichts anderes zur Verfügung als die Kraft, die die Rillenflanke auf den Abtastdiamanten ausübt. Das hört sich schlimmer an, als es ist - vorausgesetzt, man schafft es, den Arm praktisch reibungsfrei zu lagern. Johnnie Bergmann löst das Problem, indem er auf dem Laufwerk ein rundes Metallrohr horizontal montiert und mit einer Vielzahl kleiner Löcher versieht. Über dieses Rohr wird eine Hülse mit passendem Innendurchmesser geschoben, an der der eigentliche Tonarm montiert wird. Strömt Luft durch die erwähnten Löcher, bildet sich zwischen Rohr und Hülse ein Luftpolster - voilà, die Hülse, und damit der Arm, schwebt. Da Rohr und Hülse rund sind, ist das Ganze frei drehbar, ein Lager für die Vertikale braucht man also auch nicht mehr. Der schön schlichte Tonarm selbst ist eine Sandwichkonstruktion aus Kohlefaser und Aluminium; an der Vorderseite trägt er einen schmalen Stift zur Tonabnehmerbefestigung. Der Abtaster wird mit einem passend profilierten Bügel dagegengeklemmt. Das ist simpel und elegant, aber ein bisschen fummelig; bis man den richtigen Abstand hinbekommt und außerdem den Nadelazimut (über die beiden Befestigungsschrauben ist eine Korrektur in Grenzen möglich) senkrecht eingestellt hat, muss man zwischendurch schon ein paarmal tief durchatmen. Die Einstellung der Auflagekraft erfolgt - etwas fummelig, da nicht sehr feinfühlig - über das Verschieben des mit eingelegten Gummis entkoppelten Gegengewichtes. Das exzentrisch gebohrte Teil ist auch verdrehbar, was hier aber eher stört als nützt, man sollte sich bemühen, es immer senkrecht zu stellen. Von solchen weitgehend unwichtigen Kleinigkeiten abgesehen, funktioniert das Ensemble hervorragend, weder Arm noch Laufwerk zeigten während des Testzeitraumes irgendwelche Auffälligkeiten. Das ist im Wesentlichen ein absolut ausgereiftes System - Kompliment an den Konstrukteur. Davon kann er gerne noch ein paar mehr haben, denn der Sindre sieht nicht nur gut aus und funktioniert problemlos, er spielt absolut fantastisch; ich zähle ihn definitiv zu der Handvoll bester Plattenspieler, die mir bis heute untergekommen sind. Dass die aufwendige Tellerlagerung Sinn ergibt, erschließt sich unmittelbar: Ich habe noch keinen derart störgeräuscharmen Plattenspieler gehört. Viel von dem, was ich bislang für Rillenrauschen gehalten habe, scheint definitiv vom Lager gekommen zu sein. Je geringer die auf einer Platte aufgezeichneten Pegel, desto beeindruckender das Ergebnis - die neue 200-g-Ausgabe des fantastischen Cowboy-Junkies-Albums „The Trinity Session“ ist so ein Beispiel: Hier treten Feinheiten zutage, die sonst einfach untergehen; Hier gibt’s eine so überzeugende Raumdarstellung, dass die Kirchenakustik eine ganz neue Dimension bekommt. Dynamisch ist der Sindre ein Meister der Differenzierung; im Bass könnte man ihn, oberfl ächlich betrachtet, für zu dünn befinden - ist er aber nicht: Er zeichnet lediglich extrem präzise, leichtfüßig und dickt kein bisschen auf. Er bringt nicht ganz die schraubstockmäßige Kraft meines Transrotor Fat Bob - muss er aber auch nicht. Mit dem wunderbar ausgedehnten und frei atmenden Hochtonbereich ergibt sich ein perfekt stimmiges Gesamtergebnis, das durch die Tonabnehmerwahl in Grenzen steuerbar ist: Wer’s etwas robuster unten herum mag, dem empfehle ich zum Bespiel das Jan Allaerts MC1B, wer’s zarter und ein wenig neutraler mag, dem würde ich ein das neue Benz LP-S ans Herz legen. Das Clearaudio Goldfinger ist leider zu schwer für den Tonarm, ein Denon DL-103R unterfordert diese fantastische Maschine hörbar. Erstaunlich, was man mit ein bisschen Druckluft und solidem Engineering so alles anstellen kann - der Sindre ist völlig ohne Zweifel ein echtes Highlight der Plattenspielerzunft.

Fazit

Tolle Optik, stimmiges Konzept, brillant umgesetzt: Dänemark hat in Sachen Spitzenplattenspieler ab sofort ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Bergmann Audio Sindre

Preis: um 14000 Euro

12/2009
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Autor Holger Barske
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Datum 07.12.2009, 09:53 Uhr
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