Kategorie: Lautsprecher Stereo

Einzeltest: Living Voice Auditorium R25 Anniversary


Der menschliche Faktor

Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 1
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Das Credo des Living-Voice-Chefs Kevin Scott lautet: „Nicht alles, was zählt, kann man zählen und nicht alles, was man zählen kann, zählt.“ Hört man das auch?

Kevin Scott umreißt damit seinen ganzheitlichen Ansatz, der sich deutlich von der eher technischen Herangehensweise vieler Mitbewerber unterscheidet. Messen ja, daran führt natürlich kein Weg vorbei. Doch ihm geht es vor allem ums Hören unterschiedlicher komplexer Musik. Dabei greift er auf einen 30-jährigen Erfahrungsschatz beim Bewerten und Kombinieren von Bauteilen zurück und beschreibt sein Entwicklungsziel als bruchlose Integration sämtlicher Komponenten zu einem Ganzen, das sich am Ende aus dem akustischen Bild herausnimmt. 1990 gründete Scott, bekennender Röhren- und Hornlautsprecher-Liebhaber, seine Firma Living Voice und brachte im Jahr darauf mit dem „Air Partner“ seinen ersten DreiWege-Vollbereichs-Hornlautsprecher auf den Markt.

Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 2Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 3Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 4Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 5Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 6Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 7Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 8Lautsprecher Stereo Living Voice Auditorium R25 Anniversary im Test, Bild 9
Weil ihm aber klar war, dass er mit großen Hörnern alleine seine Brötchen nicht würde verdienen können, stellte er ein Jahr später mit der AuditoriumSerie seine Brot-und-Butter-Linie vor. Als englischer Vertrieb von Kondo-Elektronik hatte er ideale Verstärker zur Hand, die Artefakte verstärkerseitig praktisch ausschlossen.

25 Jahre später brachte er dann mit der Auditorium R25 Anniversary einen Lautsprecher auf den Markt, der mit dem Urmodell praktisch nur noch die Grundkonzeption gemein hat. Das klingt trotz der Evolution über zweieinhalb Jahrzehnte fast schon nach einer Revolution. Aber schauen wir uns das Ganze einmal genauer an. Vor mir steht ein schlanker Zweiwege-Standlautsprecher mit unbedämpfter Bassreflexabstimmung und D‘Appolito-Anordnung der Treiber. D‘Appolito bedeutet, dass der Hochtöner von zwei Tiefmitteltönern oben und unten ergänzt wird, was die vertikale Abstrahlung einschränkt, Boden- und Deckenreflexionen minimiert, dabei aber eine maximal breite Abstrahlung gewährleistet. Diese Konstellation gilt für alle fünf Modelle der Auditorium-Serie, die sich ansonsten durch Auswahl und Selektionsgrad der Chassis, Bauteilequalität der Weiche und ihren Montageort und durch Material und Querschnitt der Verkabelung unterscheiden. Nichts, was wir an diesem Lautsprecher finden, ist Feinstaub oder sonst wie rar. Es ist die Mischung, die zählt, letztlich das feine Händchen und die geschulten Ohren des Kevin Scott.

Auch wenn die R25A schon 2018 vorgestellt wurde, feierte sie ihre eigentliche Premiere auf der HighEnd 2019 in München,  im selben Raum wie die  großen LivingVoice-Hörner. Und nicht wenige Hörer, ich eingeschlossen, staunten über diesen erwachsenen, großen, hyperbalancierten Klang, der sich auf eine äußerst sympathische Weise von den x-fach teureren Flaggschiffen ableiten ließ. Die ursprünglichen verbauten Vifa-Tiefmitteltöner gibt es inzwischen nicht mehr. Stattdessen baut nunmehr Scan-Speak die Chassis nach Kevin Scotts Spezifikation. Es handelt sich nach wie vor um 17-cm-Tiefmitteltöner mit beschichteter Papiermembran, flacher Membrangeometrie, kurzer Schwingspule aus Kupfer mit Aluträger, einem gepressten Stahlkorb und Schaumstoffsicke. Der Hochtöner hingegen stammt aus dem normalen Sortiment von Scan-Speak, es ist eine 26-mm-Seidenkalotte mit Alufront, Doppelferritmagnet und Kupferschwingspule. Er hat sich mit seinem frischen, offenen Klang als ideale Ergänzung zu den parallel betriebenen Tiefmitteltönern erwiesen, was den Lautsprecher zu einer echten Zwei-Wege-Konstruktion macht. Den bis dato verbauten Hochtöner hatte Scott übrigens ersetzt, weil er ihm nach kleinen Veränderungen nicht mehr ins akustische Konzept passte.

Die Gehäuse lässt Scott nach der Pleite von Zulieferer Hornslet in Dänemark aus seinem favorisierten Material Pressspan mit spezifischer Dichte in Estland produzieren. Um Resonanzen besser kontrollieren zu können, werden sie nun innen mit einem Premium-Ahorn-Furnier beschichtet – auch das ist alles andere als Standard. Gerade der spezielle Pressspan hat sich in langen Versuchen als besonders klangfördernd erwiesen, auch weil das Gehäuse dadurch nicht zu steif wird. Nur die Rückwand besteht aus MDF. Als Dämpfungsmaterial benutzt er eine genau bestimmte Menge Polyesterwatte, die er innen auf die Außenwände, die Rückwand und im Bereich der Tiefmitteltöner auf die Schallwand klebt. Der Sockel, von dem die Lautsprecher mit kleinen Blu-Tack-Kügelchen abgekoppelt werde, besteht aus demselben Pressspan wie das Gehäuse und nimmt Spikes zum Ankoppeln an den Untergrund auf.

Die Weiche wurde gegenüber dem Vorgängermodell stark überarbeitet, die Übernahmefrequenz gesenkt und die Filterkurven gehörtechnisch angepasst. Zusätzlich wurde ein Sperrkreis in Serie zum Hochtöner geschaltet, um dessen Resonanz bei 700 Hertz zu kontrollieren. 700 Hertz? Da hat der Hochtöner eigentlich nichts mehr zu suchen? Dazu habe ich Holger Barske befragt, weil sich Scott zu dem Thema nicht weiter geäußert hat: „Je nachdem, wie der Treiber gefiltert wurde, ist es absolut möglich, dass der Hochtöner trotz vorgeschalteter Frequenzweiche im Gesamt-Impedanzverlauf der Box  bei 700 Hertz noch eine Rolle spielt. Deshalb hat man diese Impedanzspitze vorsichtshalber entzerrt. Ist ein bisschen schräg, aber nicht völlig undenkbar.“

Die Weiche hat augenscheinlich an Bauteilen zugelegt, es sind zehn pro Seite: zwei im Hochpass-, fünf im Tiefpass und drei im Sperrkreis. Zwei davon werden eigens für Living Voice hergestellt, der dritte ist alte, unbenutzte Militärware. Dazu kommen hauseigene Drahtwiderstände und handgewickelte Luftspulen. Die R25A ist wie alle Living-Voice-Lautsprecher für BiWiring-Betrieb ausgelegt. Da ich kein BiWiring-Kabel zur Hand hatte, kam mein kryogenisiertes Solid-Core-Kupferkabel von Jupiter genau richtig, denn mit einem sehr ähnlichen Material ist die R25A intern verkabelt. Ich hätte sie gerne mit der IBX-R2  verglichen, die ich vor Jahren gut kennengelernt habe. Ich könnte aber auch so schwören, dass die R25A freier, unverzerrter, agiler als ihre größere Schwester spielt. John Coltranes „Blue Trane“ klingt offen und so dynamisch wie eine Blue- Note-Aufnahme im Idealfall nur klingen kann. Wenn sich die Orgel auf Kenny Burrells Duke-Ellington-Hommage „C-Jam Blues“ lässig über die Musik in den Raum stellt oder Shirley Horn, die mit Ellington dieses unfassbare Klaviertiming teilt, mit ihrer extrem gut ausgeleuchteten Stimme direkt an mich wendet, wünschte ich mir, Sie könnten neben mir sitzen. Denn wenn alles einrastet, entsteht eine Form von Magie, die Living-Voice-Lautsprecher meiner Erfahrung nach auszeichnet. Es ist die scheinbare und doch gefühlte Anwesenheit von Musikern und ihrer Musik. Es ist eine Präsenz, die man nicht einmal bei Livekonzerten mit ihrer häufig fragwürdigen Beschallungsanlage, einem suboptimalen Sitzplatz oder dürftiger Akustik allzu oft erlebt. Es ist das, was HiFi sein kann und doch so häufig trotz aller technischen Möglichkeiten nicht ist. Es ist das, was Kevin Scott mit seinem ganzheitlichen  Ansatz einlöst. Karl-Heinz Wehrheim, ein grandioser Winzer aus der Südpfalz, hat mich immer wieder mit seinen „kleinsten“, sprich: günstigsten Weinen positiv überrascht. Als ich ihn einmal dazu befragt habe, meinte er: „Wenn der Wein nicht diese Qualität hat, dann verkaufe ich ihn nicht unter meinem Namen.“ Nun ist die RA25 nicht günstig, aber sie ist allemal preiswert, denn sie bietet einen Wert, der weit über ihr Preisschild hinausgeht. Eine kulturelle Substanz, die man nicht so leicht konservieren kann.

Fazit

Die Neuinterpretation eines bewährten Rezepts ergibt einen Lautsprecher, der dank seiner ganz besonderen Klangfähigkeiten wenig Konkurrenz hat.

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Kategorie: Lautsprecher Stereo

Produkt: Living Voice Auditorium R25 Anniversary

Preis: um 5995 Euro

4/2020
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Bemax Audio UG, Obernkirchen 
Telefon 05724 96570 
Internet www.bemax-audio.de 
Gewicht 19 kg 
Garantie 5 Jahre 
B x H x T 21,5 x 103 x 27 cm 
Fazit » Die Neuinterpretation eines bewährten Rezepts ergibt einen Lautsprecher, der dank seiner ganz besonderen Klangfähigkeiten wenig Konkurrenz hat. 
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