Der US-Hersteller Krell ist einer, an den man nicht unmittelbar denkt, wenn’s um Lautsprecher geht. Dabei ist das hier beileibe nicht der erste Ausflug der Amerikaner ins Schallwandlermetier
Anlage
Plattenspieler: Transrotor Zet1 TMD / SME 5012 / Transrotor Merlo Reference
Vollverstärker: darTZeel CHT 8550
Phonoverstärker: Malvalve preamp three phono
Vorverstärker: D’Agostino Momentum Pre
Endverstärker: D’Agostino Momentum Mono
Holz? Bei Krell? Das glaubste doch wohl selbst nicht. Und selbstverständlich waren Krell-Lautsprecher immer eine Angelegenheit, bei dem das im Boxenbau übliche Material keine Chance hatte.
Krell, das ist die absolute Autorität in Sachen Schwergewichts-HiFi, die Erfinder der „begehbaren Endstufe“: Diesen Beinamen haben sich die Monos vom Typ „MRA“ seinerzeit redlich verdient, denn die hünenhaften 340-Kilogramm-Monos mit einer Ausgangsleistung im zweistelligen Kilowattbereich verdrängten mehr Wohnzimmerluft als jeder andere Verstärker vor oder nach ihnen. Das ist der Stoff, aus dem die hitzigen High-End-Träume aus dem Hause Krell gemacht sind. Da darf der passende Lautsprecher nicht zurückstehen. Tut er auch nicht, was den Materialeinsatz angeht: 156,5 Kilogramm pro Kanal sind ein Wort, in Sachen Volumenbedarf jedoch ist der Zweiteiler namens „Modulari Duo“ erstaunlich sittsam geraten: Die Box ist nicht wirklich groß, mit knapp 120 Zentimeter Höhe und unter 30 Zentimetern Breite trägt das Ganze nicht übertrieben dick auf. Beim Preis relativiert sich die Angelegenheit dann wieder: Fürs Paar sind ziemlich unerfreuliche 60.000 Euro fällig. Die Lautsprecher entstammen konstruktiv noch noch aus einer Zeit, mit der man bei Krell eigentlich abgeschlossen hat: Sie sind die letzte noch in Produktion befindliche Entwicklung des Firmengründers Dan D’Agostino, der seit geraumer Zeit unter eigenem Namen tätig ist und die Verstärker anbietet, die Krell groß gemacht haben: leistungsfähige Macho-Maschinen im brachialen Heavy-Metal-Outfit. Und weil die eigentlich viel besser zu diesen Lautsprechern passen als die aktuellen, deutlich stromlinienförmigeren Krells, haben wir vom Vertrieb gleich eine D’Agostino- Kombi für den artgerechten Betrieb der Modulari Duo bekommen. Die Box ist dreiwegig konzipiert. Im unteren Abteil stecken drei Achtzoll-Tieftöner fürs Fundament, in der kompakten Zweiwegebox (knapp 40 Kilo schwer!) ein Siebzehner und eine Kalotte für den Rest des Spektrums. Das Topteil lässt sich auch separat erwerben, hört dann auf den Namen „Modulari Primo“ und macht auch alleine eine gute Figur. Alle Treiber sind mehr oder weniger sonderangefertigte Konstruktionen vom dänischen Zulieferer Scan-Speak, definitiv eine der besten Adressen für Lautsprecherchassis auf Topniveau. Im Bass schaltete D’Agostino gleich drei Achtzöller mit schwerer und stabiler Alumembran und langhubiger Gummisicke parallel. Diese Spezialisten begnügen sich mit recht wenig Gehäusevolumen, können aber trotzdem ernsthaft tiefe Töne reproduzieren. Die versprochene untere Grenzfrequenz von 27 Hertz sind dann doch etwas optimistisch, die Realität liegt eher bei 40 Hertz, was vollkommen ausreichend ist. Die drei Bässe atmen durch eine Reflexöffnung an der Gehäuserückseite. Die 118 Kilo schwere, aus bis zu einem Zoll dicken Aluplatten zusammengeschraubte Abteilung steht auf drei überaus soliden Edelstahl- Spikes; hier kippelt und wackelt gar nichts, auch die Gefahr des Umkippens ist wohl eher theoretischer Natur. In drei Vertiefungen auf der Oberseite finden die drei nicht viel kleineren Spikes des Mittelhochtonteils ihr Zuhause. Die mittleren Lagen übernimmt ein Siebzehner, ebenfalls mit Metallmembran und nicht im Standard- Lieferprogramm von Scan-Speak gelistet. Er arbeitet auf ein geschlossenes Gehäuse und ist über eine zusätzliche Platte (Alu, massiv, versteht sich) rund zwei Zentimeter nach vorn versetzt. Das schafft den für ein sauberes Phasenverhalten wichtigen Zeitversatz zum Hochtöner. Jener ist der berühmte Scan-Speak-Ringradiator, der eine ganz besondere Variante des Themas „Kalotte“ darstellt: Die 25 Millimeter durchmessende Membran stellt einen Ringwulst dar, der am inneren Rand fixiert ist; dort sorgt ein spitzer Phase Plug für ein geregeltes Abstrahlverhalten. Die Trennfrequenzen liegen bei 200 und 2500 Hertz; es kommen Zwölf-Dezibel- Filter zum Einsatz. Der Hochpass für die „Primo“ und der Tiefpass für die Bässe stecken im unteren Gehäuse, die restliche Filterung in den kleineren Gehäusen, Die Verbindung von oben nach unten besorgen fette vergoldete Schraubklemmen, die mit massiven Winkeln verbunden werden. Wären sie nicht vergoldet, könnte man damit auch prima Regalböden an die Wand schrauben. Die gleichen Terminals gibt’s auch unten am Bassgehäuse, hier kann man nach Belieben Bi-Wiren, -Ampen oder ein ganz normales Lautsprecherkabel anschließen. Zumindest dann, wenn es über Kabelschuhe verfügt, Bananenstecker müssen hier nämlich draußen bleiben. Technisch ist das alles sehr geradlinig und konsequent gemacht und hat genau das Maß von Dan -D’Agostino-Ästhetik, das man bei so einem Produkt erwartet. Unser Testmuster ist übrigens eines von ganz wenigen noch lieferbaren Exemplaren einer auf 20 Paar limitierten Sonderedition, die es nur in schwarzem Hochglanzlack gibt und die die Signatur ihres Schöpfers auf dem Typenschild trägt. Die „normalen“ Versionen gibt’s nur mit silberner oder schwarzer Eloxaloberfläche. An diesem Lautsprecher ist alles „Heavy Metal“, also kann man doch gar nicht anders als erst mal was aufzulegen, das für nennenswerte Erhöhung des Adrenalinspiegels gedacht ist. Mir fiel das neue Album von Kadavar in die Hände, und das föhnte auch gleich richtig. Also so ziemlich. Bei genauerem Hinhören waren die Krells eigentlich gar nicht so brachial, wie es die Anschauung vielleicht eingefordert hätte. Überaus sauber, aufgeräumt und diszipliniert, aber nicht brutal. Mit einem sehr schön ausdrucksstarken Hochtonbereich, tonal klar auf der ausgewogenen Seite, aber es zündete noch nicht so richtig. Vielleicht doch ein Job für etwas mehr als einen Vollverstärker? Also flugs die von Dan D’Agostino unter eigenem Namen veröffentlichte Elektronik angeleint und noch mal ab Titel eins gespielt. Ja danke, das war’s. Was der Krell vorher an Markerschütterung noch ein bisschen abgegangen war, damit ist es da. Okay, die Kombi kostet rund 140.000 Euro, da wäre alles andere auch eine Enttäuschung gewesen. Manche Titel sind so „durch“, die traut man sich nur noch höchst selten aufzulegen. Natürlich tut man der Musik damit in vielen Fällen bitter Unrecht. „Dat Dere“ von Rick Lee Jones‘ 1991er-Album „Pop Pop“ ist so einer. Die wunderschön lockere Nummer aus dem Grenzbereich zwischen Pop und Jazz swingt eigentlich großartig. Stelle ich jetzt mal wieder so fest. Außerdem tut die Krell-Box ein paar Dinge, die absolut außergewöhnlich sind: Der von John Leftwich meisterlich gezupfte E-Bass kommt großartig tief, selbstverständlich und bis in die letzte Schwingung bestens sortiert, dass es auffällt. Ein bisschen Quercheck über andere Titel auf dem Album beweist: Das macht der ja fast überall. Erstaunlich. Die Krell ist ein Meister in Sachen Disziplin. Die Box klingt kein bisschen spektakulär, sie glänzt mehr mit dem, was sie weglässt, als mit dem, was sie in den Vordergrund stellt. Einmal in dieses großartig selbstverständliche Klangbild eingetaucht, ist der Weg zurück ein äußerst schwieriger. Die Krell brilliert durch das Fehlen von Verdeckungseffekten. Sie hilft dem Zuhörer beim Entdecken dessen, was wirklich drauf ist auf der Aufnahme. Ganz klar ein Indiz für den Segen eines stabilen Gehäuses, aber da gibt’s noch ein anderes: schnöder Maximalpegel. Dieser Lautsprecher wird immer erstaunlicher, je mehr Pegel man ihm abverlangt. Hinreichend viel Antrieb vorausgesetzt, geht das so bestialisch laut und vollkommen locker, dass man unweigerlich einen Beschallungsgeräteverleih mit einem Paar davon aufmachen möchte. Für einen so kompakten Lautsprecher absolut erstaunlich. Klar, der normale Anwendungsfall für so ein System dürfte etwas anders aussehen als damit Witchcrafts „Deconstruction“ bis zum Festfrieren des Grinsens im Gesicht zu hören – aber das geht mit diesem „Vollmantelgeschoss“ hervorragend.
Fazit
Bestens kontrollierte Urgewalten – das trifft’s wohl am ehesten. Die Krells verfügen über ein Höchstmaß an tonaler Präzision, einen herausragend definierten Bassbereich und sind mit den richtigen Verstärkern einfach nicht in die Knie zu zwingen.