Endlich mal wieder eine richtige Männerbox im Heft, so groß und schwer und klobig und wie es sich gehört mit einem Breitbänder vorne und einem Horn hinten. Alles wie vor 50 Jahren? Nicht ganz.
Mitspieler
Plattenspieler:
Linn LP12 mit Ekos SE und Zu Audio Grade 1
The Funk Firm Little Super Deck mit Nagaoka MP-500
Phonoverstärker:
bFly Perla La Musica
Trigon Advance
PS Audio GCPH
Verstärker:
AVM Ovation PA8 und SA8
MalValve Preamp Four und SAC „Igel“
DIY 2A3 SE Endstufe
Zubehör:
Netzleiste, -kabel: PS-Audio, HMS
Phonokabel Furutech, Nordost, Audioquest
NF-Kabel: Van den Hul, Horn Audiophiles
Lautsprecherkabel: Silent Wire
Racks, Basen, Unterstellfüße: SSC, Thixar
Gegenspieler
Lautsprecher:
Audio Physic Avantera
K+T CT230
Ich nehme hier Bezug auf das ein paar Ausgaben zurückliegende Vorwort des Kollegen Barske, in dem er durchaus kritisch hinterfragt, welche Aussichten neue Anbieter auf dem in Deutschland ohnehin sehr gesättigten HiFi-Markt haben – seien es nun Hersteller oder Vertriebe. Da wir selbst in den nur knapp sieben Jahren unseres Bestehens bei der LP schon eine Menge Leute kommen und wieder gehen sahen und einige unserer Leser solche Testberichte zu Recht kritisch hinterfragt haben, können Sie sicher sein, dass wir uns neue Kandidaten ganz genau ansehen.
Und um einen solchen handelt es sich auch bei der Firma JaWil Audio, die sich gleich einmal mit der Höchstschwierigkeit im Lautsprecherbau bei uns vorgestellt haben: einem klassischen Backloaded Horn. In Sachen Vertrauen und gefühlte Marktbeständigkeit sammelt JaWil Pluspunkte durch den Zusatz „A Division of ChipTec Maschinenbau“ – hier handelt es sich um ein solides mittelständisches Unernehmen mit Know-how und Kapital, das zwar jetzt sein Glück im Lautsprecherbau versucht, davon aber in keiner Weise abhängig ist. So entwickelt und produziert es sich doch deutlich entspannter. Jörn Jansen und Gerhard Willerhausen heißen die beiden Geschäftsführer (und Namensgeber) der Audiofirma, die seit einiger Zeit außergewöhnliche Ideen in Sachen Boxenbau entwickelt und umsetzt. Die Bragi 2 – Bragi nach dem germanischen Gott des Gesangs – ist der zweite Hornlautsprecher der Firma und eine echtes „Trumm“: Etwa 60 Kilo Lebendgewicht bringt der Klotz auf die Waage – das verdankt er zum einen seinen respektablen Abmessungen, zum anderen der Tatsache, dass das Gehäuse zu einem nicht unerheblichen Teil aus Schiefer besteht. Man hat einen Prototypen ganz aus Stein gefertigt, der akustisch keinen nennenswerten Vorteile mehr zeigte – die Beruhigung der Druckkammerwände ist das A und O bei einem Horngehäuse. Außerdem stieß das reine Schiefergehäuse auf Probleme bei der Statik und Logistik – sowohl der Transport zum Kunden als auch das Rücken im Hörraum sind bei über 200 Kilo nicht mehr ganz einfach zu stemmen. Und so hat man sich zu einem soliden Holzgehäuse mit aufgesetztem Schieferwürfel entschlossen, der hinter seinen sauber geklebten und gefrästen Platten Druckkammer, Hornhals und Hornmund in sich vereint – der weitere Verlauf des knapp zweieinhalb Meter langen Horns liegt im unteren Teil des Lautsprechers. Eine weitere Besonderheit ist die vorgesetzte Schallwand, die deutlich schlanker ausfällt als das eigentliche Gehäuse. Diese spezielle Bauform bietet ein paar entscheidende Vorteile: Das Chassis wird vom Hauptgehäuse entkoppelt – dies erreicht man durch eine massive Aluminium-Schiefer-Sandwich-Platte, in die der Treiber eingelassen ist, Restresonanzen werden durch eine spezielle Zug-und-Druckanker-Anordnung zwischen den beiden Schallwänden eliminiert. Der rückwärtige Schall des Breitbänders erreicht über einen luftdicht abschließenden Stahlzylinder das Gehäuse. Der siebzehn Zentimeter durchmessende Treiber kommt dadurch ohne jegliche elektrische Korrekturmaßnahme aus – auch das hat absoluten Seltenheitswert und beweist die Brillanz der Konstruktion. Der Treiber selbst stammt aus europäischer Kleinserienfertigung und wird an die Spezifikationen JaWils angepasst. Als Redakteur der LP-Schwesterzeitschrift Klang+Ton kann ich zu der Auswahl nur gratulieren – hat doch ein Chassis vom selben Hersteller in einem Vergleich deutliche namhaftere Konkurrenten mühelos auf die Plätze verwiesen. Unterstützt wird der Breitbänder ab etwa 12 Kilohertz durch einen rückseitig unter dem Hornmund montierten Hochtöner. Bevor jetzt Puristen von wegen Verwässerung des Prinzips lauthals aufschreien: Das muss man sich erst einmal anhören. Und das habe ich getan, lange und ausgiebig – länger und ausgiebiger, als es für einen Test nötig gewesen wäre. Um es kurz zu machen: Die JaWil Bragi 2 ist der ausgewogenste und modernste klassische Hornlautsprecher, den ich jemals gehört habe. Ein Widerspruch in sich? Nein – wir haben es hier mit dem klassischen warmen und druckvollen Hornsound zu tun, der seine Anhänger seit fast einem Jahrhundert so fasziniert und gleichzeitig mit der Eliminierung all seiner Schwächen im Hochton. Irgendwo fängt nämlich jeder Breitbänder an, den Schall zu bündeln und zu verfärben. Und genau dieses Verhalten hat man mit der fein ausgetüftelten Abstimmung und dem Zusatzhochtöner vermieden – ein einfacher Test: Bei jedem Breitbänder brechen die Mittenortung und das Klangbild komplett zusammen, wenn man auch nur zwanzig Zentimeter aus dem Sweet Spot herausrückt. Nicht so bei der JaWil: Ortbarkeit und Tonalität bleiben absolut stabil. Apropos Tonalität: Die Bragi 2 kann sich auch in dieser Disziplin mit den besten Mehrwege-Lautsprechern absolut messen. Kann ich es sonst über einen längeren Zeitraum nur schwer ertragen, klassische Musik über ein backloaded Horn zu hören, habe ich bei dieser Heftproduktion die meisten Klassikrezensionen unter Zuhilfenahme der Bragi 2 verfasst. Und es macht auch wirklich Spaß, wenn sich über dem grollenden, körperlich spürbaren Fundament der Kontrabässe und Pauken eines großen Orchesters die höheren Lagen frei entfalten und sogar nach ganz oben hinaus noch eine Menge Luft und Weite besitzen. Die räumliche Ortung ist ja ohnehin die Paradedisziplin eines Breitbänders – die Bragi 2 macht da keine Ausnahme. Durch den rückwärtigen Schall des Zusatzhochtöners wirkt die Abbildung bei aller Präzision nicht so fordernd wie bei einem Breitbänder alleine, sondern wirkt müheloser und leichter. Man hört einfach gerne zu, ohne Abstriche bei der Genauigkeit machen zu müssen. Auch der Mitteltonbereich zeigt keine Verfärbungen – die Box wirkt von den tiefen und kraftvollen Bässen über bis hin zu den feinen Höhen wie aus einem Guss und verführt zu immer längeren Hörsessions, als man eigentlich geplant hat. Was den angeschlossenen Verstärker angeht, ist die JaWil absolut freundlich und unkritisch. Durch den fast komplett linearen Impedanz- und Phasenverlauf kam mein kleiner, nicht mal 3 Watt pro Kanal starker 2A3-Verstärker genauso gut klar wie ein dicker Endstufenbolide mit ordentlich Dämpfungsfaktor. Dass es dabei klangliche Unterschiede gibt, ist klar – diese fallen aber bei Weitem nicht so dramatisch aus, wie ich das von anderen Konstrukten kenne.
Fazit
Die JaWil Bragi transportiert das klassische Backloaded-Horn-Prinzip in die Moderne. Die Faszination des Horns ist geblieben, die Schwächen zugunsten eines perfekt ausgewogenen Klangs behoben: Spaßfaktor hundert Prozent!