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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: Ichos N°. FIVE
Minimal – maximal
Auf einer Linie sein mit allem, was man tut, das ist ein Traum eines jeden. Schön für einen Hersteller und auch für seine Kunden ist es, wenn alle Produkte einer Familie nach demselben Prinzip konzipiert sind: Erwartbare Qualität hat durchaus etwas für sich
Die kryptische Grundsatzrede beschäftigt sich mit dem noch recht jungen Lautsprecherhersteller Ichos aus Österreich. Robert Rothleitner heißt der Kopf hinter der Manufaktur, die inzwischen auf eine beachtliche Palette von immerhin fünf verschiedenen Modellen verweisen kann. Vor ein paar Jahren hatte ich die Gelegenheit, mich mit dem in der genauen Mitte des Sortiments angesiedelten Lautsprechers auseinanderzusetzen – eine Begegnung, an die ich mich gerne erinnere, weil bei der Ichos N° Three doch einige Details deutlich anders gelöst wurden als beim Lautsprecher-Mainstream.
Und nichts macht den Arbeitstag würziger als ein Ausbrechen aus der Routine, oder? Was also ist nun das Besondere an den Schallwandlern von Ichos? Nun, wenn wir einmal nur mit den Augen an die Sache herangehen, dann sehen wir bei den drei größten Modellen vor allem einen aufgesetzten Hochtöner, der eben keine handelsübliche Kalotte ist, sondern sich bei genauerer Betrachtung als kleiner Hornhochtöner herausstellt, der auf dem eigentlichen Gehäuse aufgesetzt wird und in seinem Tiefenversatz gegenüber dem Tiefmitteltöner variabel einsetzbar ist. Zum Zweiten fällt auf, dass alle Ichos-Modelle auf recht hohen Spikes stehen.
Das mag der unbedarfte Betrachter als exzentrisch abtun, der Lautsprechermensch riskiert einen Blick auf die Unterseite der Box. Bingo! – hier sehen wir nicht etwa nur ein in Richtung Boden mündendes Reflexrohr, sondern die Mundöffnung eines Horns, das zum Tiefmitteltöner gehört. Das mein ich mit „auf einer Linie sein“: Alle Lautsprecher aus dem Hause Ichos arbeiten als Hornkonstruktion, sogar die kleine „N° Five“, die sich unserem Test in dieser Ausgabe stellt. Natürlich sieht die fast schon winzige Standbox nicht so beeindruckend aus wie die ganz großen „Trümmer“, aber sie folgt denselben Prinzipien wie eben diese großen Hörner. Das bedeutet: Der Tiefmitteltöner arbeitet auf ein kurzes backloaded Horn, das in Richtung Boden abstrahlt und so die bestmögliche Ankopplung des Horns an den Raum ermöglicht. In vielen Fällen muss man diesen Effekt noch durch eine Aufstellung etwas näher an der Rückwand des Hörraums verstärken – nicht so bei der Ichos, die trotz ihrer winzigen Abmessungen auch in einem größeren Hörraum ihren Mann steht.
Der Konustreiber selbst ist dabei durchaus nicht von der Stange, denn er muss bei Robert Rothleitner ein paar spezielle Kriterien erfüllen, die heutzutage kaum noch ein Chassis von Haus aus bieten kann. Wir wagen einen kurzen Rückblick in die „gute alte Zeit“, als es noch bitter nötig war, jedes Quäntchen Wirkungsgrad aus einem Schallwandler zu pressen, das man irgendwie bekommen konnte. Damals gab es – vor allem in Röhrenradios - Breitbänder mit einem extrem guten Wirkungsgrad, die aber durch ihre Größe im Hochtonbereich etwas schwächelten und nach oben hinaus ergänzt werden mussten. Diesen Job erledigten spezielle Konushochtöner, die in fast allen Fällen nur mit einem Kondensator abgekoppelt wurden und ausschließlich den Superhochtonbereich bearbeiteten. Und eine solche 1,5-Wege-Konstruktion realisiert Rothleitner in allen seinen Boxen. Klar: Bei den großen Lautsprechern mit den großen Tiefmitteltonmembranen muss der Hochtöner schon etwas tiefer ran, während unsere N° Five einen Übergang erst bei etwa 5 Kilohertz aufweist. Und es sollte auch klar sein, dass – Horn hin oder her – ein 13-Zentimeter-Tieftmitteltöner keine gewaltigen Pegel erzeugt. Aber das sehe ich hier auch durchaus im Dienst der Kunden, denn bei Pegeln von um die 90 Dezibel kann den Hochtonpart durchaus eine normale Kalotte übernehmen, gerade, wenn sie erst so weit oben eingesetzt wird. Mancher wird sich bestimmt fragen: Warum dann nicht gleich ein richtiger Breitbänder?
Nun, nicht jeder kommt mit dem extremen Bündelungsverhalten eines Breitbandlautsprechers klar – je nach Raum kann das dann auch recht anspruchsvoll bis schwierig mit der Ausrichtung werden. Außerdem haben so gut wie alle großen Fullrange-Chassis einen zusätzlichen Schwirrkonus für den obersten Hochtonbereich – und der trägt seinen Namen durchaus zu Recht, führt er doch ein recht munteres Eigenleben, das mit Linearität nicht viel zu tun hat. Diese beiden Probleme fängt Rothleitner ab, indem er dem Konuschassis einen Quasi-Breitbänder zuweist und lediglich ganz nach oben hinaus ein weiteres Chassis einsetzt, das sich auch nicht abrupt, sondern ganz sanft mit einem Filter erster Ordnung einkoppelt. Die Gewebekalotte hat auch in der N° Five eine ganz kurze Schallführung, die man wohlwollend als Hörnchen bezeichnen kann – der korrekte Terminus ist hier Waveguide. Einziger Unterschied zu den aufgesetzten Hochtönern der großen Ichos-Modelle: Die Kalotte sitzt mit im Gehäuse und kann daher nicht auch noch rückseitigen Schall abstrahlen, wie die Dipol-Hochtöner der N° One bis N° Three. Bei einem Wirkungsgrad von echten 90 dB/W/m erscheinen Röhrenverstärker passende Spielpartner. Dennoch sollen natürlich auch die Transistorkollegen zu ihrem Recht kommen, gerade, wenn wir so ein fantastisches Gerät wie die Accuphase A-48 zur Verfügung haben. Tatsächlich glänzt die kleine Ichos auch in diesem „artfremden“ Betrieb schon mit einer fulminanten Dynamik, die sich vor allem als eine leichtfüßige Art und Weise manifestiert, mit Impulsen umzugehen.
Das gilt sowohl für grobdynamische Sprünge, also abrupte Änderungen der Gesamtlautstärke, auch im Tiefbassbereich, als auch für feindynamische Nuancen, beispielsweise bei der Phrasierung eines Soloviolinisten oder eines Sängers. Die N° Five kann in beiden Disziplinen jede Menge Pluspunkte für sich verbuchen. Dabei schafft sie den Spagat zwischen dem Wirkungsgradgewinn durch Hornladung und einer neutralen Wiedergabe ganz vorzüglich – gerade Naturinstrumente wirken extrem authentisch und die Balance zwischen Kehle und Brust bei einer Gesangsstimme passt genau. Die Absenkung des Pegels zwischen 2 und 4 Kilohertz sorgt für eine extrem ermüdungsfreie und angenehme Wiedergabe, die aber trotzdem nicht einlullt, sondern stets den Blick aufs Detail wahrt, ohne den musikalischen Fluss zu vernachlässigen. Immer wieder überraschend finde ich die fulminante Bassabstimmung, die tatsächlich den untersten Rand des übertragenen Frequenzbereichs favorisiert und für eine feste und zupackende Spielweise sorgt. Wirklich ganz echten Tiefbass wie in „16-Hertz- Pfeife der Orgel im Passauer Dom“ gibt es nicht, aber es ist eben auch kein hingetrickster Pseudobass durch eine Betonung des Grundtonbereichs, sondern echte 50 Hertz, die hier mit 90 Dezibel anliegen! In Maßen kann man den Bassbereich über den Abstand zum Boden variieren, daher die verstellbaren Spikes. Der Auftritt mit einem Röhrenverstärker, namentlich dem Ayon Spitfire, erweist sich als vorzüglicher Spielpartner der Ichos: Einzeln heraushörbare Klangkriterien spielen nun einfach keine Rolle mehr – es geht jetzt nur noch um den Fluss und den Charme der aufgelegten Musik. Angesichts der Geräteherkunft haben wir natürlich auch ein bisschen Wiener Klassik und dann im fortgeschrittenen Stadium der Geigenseligkeit auch ein bisschen Strauß – Vater und Sohn. Und das geht süffig, vollmundig und mit einem Schmelz, dass man wenig von einem Livekonzert vermisst. Denn auch die Raumabbildung gerät der Ichos N° Five ganz vorzüglich – Präzision und eine weite Bühne gehen hier Hand in Hand.
Fazit
Die Ichos N° FIVE bietet das Beste aus zwei Welten: Unprätentiös, was angeschlossene Elektronik und Aufstellung angeht, zeigt sie die Faszination und Dynamik eines echten Hornlautsprechers.Kategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Ichos N°. FIVE
Preis: um 3590 Euro
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