„Bigger speakers are better speakers“, lautet das Motto bei Dali in Dänemark. Die riesige Megaline beabsichtigen die Dänen erstmal wohl nicht zu toppen, allerdings ist auch die Mentor 8 nicht von schlechten Eltern
Mitspieler
Plattenspieler:
Acoustic Solid Machine mit SME M2-12 und Clearaudio Goldfinger
Phonovorverstärker:
Malvalve preamp three phono
Vorverstärker:
Pass XP-10
Endverstärker:
First Watt Aleph-J
SymAsym
Gegenspieler
Lumen White Silver Flame
B&W Nautilus 803D
Ich gebs ja zu: ich liebe große Lautsprecher! Ich kann die Reize und die Praktikabilität von Kleinboxen nachvollziehen und höre damit immer wieder sehr gut Musik. Wenn ich mich dann aber doch mal wieder vor einem ausgewachsenen Schallwandler wiederfinde, ist das Erlebnis eben doch ein ganz anderes. Da macht auch die Mentor 8 von Dali keine Ausnahme. Sie ist zwar deutlich unterhalb der gigantischen Megaline (LP 3/2007) angesiedelt, ist aber nichtsdestotrotz eine ausgewachsene Standbox und das Zugpferd im Stall der edlen Mentor-Reihe. Vier Wege tummeln sich in der pro Seite knapp 2.300 Euro teuren Box, verteilt auf fünf Chassis.
Zwei Achtzoll-Bässe laufen parallel und greifen zwecks Tiefbasswiedergabe auf ein respektables Innenvolumen zurück. Sie entstammen wie das gesamte Chassismaterial skandinavischer Fertigung. Hohe Verarbeitungsqualität, durchdachte Konstruktion und exzellente Serienkonstanz sind da nur noch am Rande zu erwähnen. Die dunkelrot gefärbten Papiermembranen sind von stabilisierenden Holzfasern durchzogen, die Beschichtung per Hand perfektioniert die Eigenschaften des Konus. Dieselbe Membran, nur eine Nummer kleiner, besitzt auch der Mitteltöner. Er benötigt dank Trennung zum Tieftonduo bei 750 Hz lediglich eine kleine geschlossene Kammer, welche er sich mit dem Hochtonpart der Mentor 8 teilt. Der besteht ungewöhnlicherweise aus zwei Teilen. Den Spagat zwischen dem Anschluss an den Mitteltöner und der Wiedergabe bis an die Hörgrenze wollten die Dänen der 28-mm-Gewebekalotte ersparen. Also senkten sie ihre Resonanzfrequenz über ein rückseitiges Volumen und stellten ihr dafür einen Magnetostaten zur Seite, der ab 12 kHz das Ruder übernimmt. Und da sie ja sowieso zusammengehören, sitzen sie direkt in einer gemeinsamen Metallfrontplatte. Wo wir gerade dabei sind, noch ein wichtiger Hinweis in eigener Sache. Mir rollen nämlich regelmäßig die Fußnägel hoch, wenn ich von Bändchen lese, die gar keine sind. Dabei ist die Sache eigentlich ganz simpel. Wird ein hauchzartes, nahezu widerstandsloses Bändchen (!) von einem Übertrager gespeist und mittels seitlicher Magnete zur Bewegung animiert, dann – und nur dann – redet man von einem Bändchen. Die auf eine Folie aufgebrachte Leiterbahn mit normalem ohmschen Widerstand (also ohne Übertrager), die sich mittels hinter und vor der Membran liegender Magneten fortbewegt, identifiziert den Magnetostaten. Folienwandler sind natürlich beide, aber der Magnetostat ist eben kein Bändchen! Aber zurück zum Thema. Das Treiberpaket der Mentor 8 wohnraumtauglich zu verpacken, ist keine ganz leichte Aufgabe. Schnell werden solche Lautsprecher ausladend groß, und die allgemeine Akzeptanz der Mitbewohner verhält sich nun mal umgekehrt proportional zur Boxengröße. Wenn also schon mit Platzbedarf, dann wenigstens schön. Das dachten sich auch die Dali-Ingenieure und entwarfen ein wohlproportioniertes, elegantes Gehäusedesign, optisch angelehnt an die Spitzenserien Euphonia und Helicon. Es besteht vollständig aus mitteldichter Faserplatte, davon allerdings reichlich. Von außen bekommt man nicht viel davon mit, denn die Mentor 8 kleidet sich in edle Echtholzfurniere. Rotbraune Kirsche und das dunkle „Black Ash“ stehen zur Auswahl. Die passend zu Chassiskörben und Hochtonmodul hellgrau lackierte Schallwand ist mittels zähelastischem Spezialkleber separat aufgesetzt. Keine leichte Aufgabe, denn Front wie Rückseite des Gehäuses besitzen attraktive Rundungen. Aber eine lohnende, denn die satte Materialstärke macht die Schallwand extrem stabil. Cleveres Detail am Rande: Um sich dadurch keine Nachteile einzuhandeln, sind die Öffnungen der drei Konustreiber ströumgsgünstig ausgefräst. Die Box scheint übrigens mehr über dem Boden zu schweben als auf ihm zu stehen, der trapezförmige Fuß und die unauffällige Zwischenplatte sorgen für luftige Optik. Auf der Rückseite der Box sitzen ein riesiges Bi-Wiring-Terminal mit isolierten Brücken, das am liebsten mit Kabelschuhen versorgt wird, und zwei große Bassreflexrohre. Sie ventilieren den von den Zwanzigern befeuerten Innenraum, der stark gerundete Flansch vereitelt lästige Luftströmungsgeräusche. Von denen war im Hörraum dann auch nichts zu vernehmen. Und – Hand aufs Herz – ich habe alles dafür getan, sie zum Vorschein zu bringen. Wie die Klirrmessungen schon andeuteten, spielt die Mentor 8 nämlich nicht nur leise, sondern auch sehr laut absolut stressfrei. Ersteres überraschte mich besonders, denn normalerweise ist die Standbox nicht das Standardgerät des feingeistigen Leisehörers. Der kann sich auch mit den eingangs erwähnten Miniboxen vergnügen, ich bin für andere Dinge hergekommen. Daher begab ich mich umgehend ans spaßige Ende der Lautstärkeskala. Auch hier behält der Tiefton der Mentor seine trockene Substanz, spielt druckvoll und mischt Tiefbass genau im richtigen Verhältnis unter die Musik: eher unterschwellig als direkt, aber sehr überzeugend. Die leichte Zurückhaltung im Grundton unterstützt das Fundament in seiner Trockenheit und ebnet den Weg für den hervorragend sauber und prägnant zwischen den Boxen stehenden Stimmenbereich. Hier erinnert die Dali durchaus wieder an die klangliche Geschlossenheit von Kleinlautsprechern. Das darauffolgende Tutti holt mich dann aber doch ganz schnell von süßen Träumen zurück in die Welt der Großlautsprecher. Die Box zieht selbst bei Monsterpegeln so gnadenlos durch, dass ich schon um die Bausubstanz fürchten muss. Das macht insbesondere mit klassischer Musik einen Heidenspaß (mein Favorit: Wagners „Walkürenritt“), denn die Verbindung von feinster Auflösung über das gesamte Spektrum vereint mit souveräner Pegelfestigkeit trifft man (viel zu) selten. Und das spricht umso mehr für Klassik, auch wenn sich die Dali vor keinem Musikstil fürchtet. Tipp: Für die optimale Darstellung der tiefen Räumlichkeit empfehle ich die parallele Ausrichtung der Boxen. Damit kann man gleichzeitig an den Höhen drehen, die natürliche Bündelung des Hochtonduos lässt den Anstieg ab 6 kHz per Winkel verschwinden. Auch parallel geben die Spielpartner allerdings feinst sortierte Hochtonsignale zum Besten. Das tritt insbesonders bei Schlagzeugbecken hervor, die lupenreine Auflösung des schwingenden Metalls erinnert an einen Elektrostaten. Optimal entfaltet sich die Box übrigens an kräftigen, knackigen Verstärkern. Röhren liegen, zumindest was die Messwerte angeht, zwar durchaus in machbaren Regionen, um ihren Möglichkeiten entsprechend auszuteilen, sollte man vorne aber die passende Leistung mit viel Kontrolle hereinschieben. Dann überzeugt die Mentor 8 ausnahmslos als eine ausgewachsene Standbox, die diese Bezeichnung auch verdient.
Fazit
Die Dali Mentor 8 ist ein sehr wohlproportinierter Standlautsprecher, der seine konzeptionellen Vorteile konsequent umsetzt und dem Hörer eine universelle Plattform für alle Musikstile zur Verfügung stellt. Er reagiert grundsätzlich gutmütig auf Raum und Elektronik, honoriert entsprechende Sorgfalt bei deren Auswahl aber durch ein noch eindrucksvolleres Erlebnis. Eine abgeklärte, erwachsene Box zum sehr attraktiven Preis.