Eigentlich sind es zwei Themen, die nicht so recht miteinander zu tun haben wollen. Sieht man aber genauer hin, wird klar, dass diese Geschichte eigentlich unvermeidlich ist
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Zet 1 / 5009 / Merlo Reference
Commonwealth 12D3 / Schick 9” / Lyra Atlas
Zubehör:
Netzsynthesizer PS Audio P10
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Vorstufen:
MalValve preamp four line
Rogue Audio Ninety-Nine
Endstufen:
Rogue Audio Stereo 90
Lautsprecher:
Audio Physic Avantera
Sie nennen ihn „Dan the Man“: Kaum ein Konstrukteur in der Verstärkerwelt hat über die Jahre so kontroverse Reaktionen ausgelöst wie Dan D’Agostino. Der Gründer von Krell verblüfft die Welt seit 1980 immer wieder mit Schöpfungen, wie sie die High-End-Gemeinde noch nicht gesehen hat.
Seine aktuellen Kreationen, die mittlerweile unter seinem eigenen Namen laufen, sind ein Teil dessen, um das es hier gehen soll. Der andere ist ein Lautsprecher, den das Krell-Signet ziert und der auch heute noch im Krell-Programm zu finden ist. Es ist das letzte Produkt aus der D’Agostino-Ära bei Krell. Auch wenn Krell und Dan D’Agostino nicht mehr unbedingt die besten Freunde sind, mussten wir beide Produktlinien einfach miteinander kombinieren: Beides ist so typisch D’Agostino, dass es fast unweigerlich zusammen betrieben werden will. Auch wenn D’Agostino in erster Linie für seine überbordenden Verstärker bekannt geworden ist, hat er’s nicht dabei bewenden lassen: Es gibt eine Vielzahl von CD- und DVD-Spielern, die unter seiner Ägide entstanden sind, genauso wie Surround- Prozessoren und eben Lautsprecher. D’Agostino hat sich technologisch immer an vorderster Front getummelt, und so gab’s ein Thema, was nie so ganz in seinem Fokus stand: die Schallplatte und die dazugehörigen Entzerrervorverstärker. Hat’s gegeben, klar, spielte aber nie die große Rolle. Dans unter seinem eigenen Namen veröffentlichte Produktlinie besteht derzeit aus drei Geräten: Einer (Hochpegel-) Vorstufe, einer Stereo- und einer Monoendstufe. Wobei sich Letztere sehr ähneln und sich eine „Momentum Stereo“ einfach zu einer „Momentum Mono“ umrüsten lässt. Das spiegelt auch die Preisgestaltung wider: Stereo kostet dasselbe wie eine Mono. Den Lautsprecher, der unter Krell firmiert, gibt es seit 2006. Er hört auf die Typenbezeichnung „Modulari Duo“. D’Agostinos Entwicklungen waren noch nie günstig. Diese hier auch nicht. Die Vorstufe kostet knapp 39.000 Euro, die Endstufe 31.000, das Paar Lautsprecher 60.000. In Schwarz. Wer silber will, der kann noch ein bisschen was einsparen. Das Besondere an unserem Lautsprecher- Testmuster besteht in der schwarzen Hochglanzlackierung und dem vom Meister höchstselbst signierten Typenschild: Diese „Signature“-Edition gibt’s nur noch beim Deutschland-Vertrieb, der Rest der Welt muss mit Eloxal vorliebnehmen und ohne Unterschrift auskommen. 130.000 Euro – das ist ein Wort. Das Erstaunliche dabei ist, dass die Gerätschaften alle zusammen einen verhältnismäßig überschaubaren Eindruck machen; man könnte die Kombi problemlos in einem 25-Quadratmeter-Wohnzimmer unterbringen. Ob’s die Statik mitmacht, steht allerdings auf einem anderen Blatt: Hier wurden nämlich ernsthafte Mengen von Aluminium verbaut, und knapp 160 Kilogramm Gewicht für eine der Standboxen sind schon ein Wort. Überhaupt steckt hier einer der Gründe dafür, warum man beide Produkte miteinander verheiraten kann: Die Proportionen passen einfach zusammen. Früher, da hat der gute Dan ganz andere Dinge gebaut: Der eine oder andere wird sich an die verstärkenden Unglaublichkeiten vom Typ Krell MRA erinnern, die pro Stück einen knappen Quadratmeter Wohnzimmerfläche beanspruchten, zusammen rund eine halbe Tonne wogen und per Kraftstromanschluss versorgt werden wollten. Oder noch früher, als D’Agostino seiner Leidenschaft für Hochleistungs-Class-A-Verstärker ungeniert frönte und seine Endstufen eher nach Heizkörpern als nach Verstärkern aussahen. Neulich hatte ich wieder einmal das Vergnügen, mit so einem Tier (einer KSA250 EUR) Musik hören zu dürfen; das ging hervorragend, aber nach anderthalb Stunden war’s vor Ort abwärmebedingt praktisch nicht mehr auszuhalten. Derlei Extremen hat D’Agostino abgeschworen. Seine aktuelle Endstufe verbraucht im Leerlauf gerade mal 60 Watt und ist außerdem nur knapp 32 Zentimeter breit. Man merkt: Der Mann wird auch ruhiger und reifer. Ein weiterer Grund für die kompakte Bauweise der Endstufe ist die Wahl des Materials für die Kühlkörper: Kupfer. Ungleich schwerer (und teurer) als das übliche Aluminium, aber auch mit einem erheblich besseren Wärmeleitwert gesegnet. So reichen den zwölf Leistungstransistoren pro Seite denn auch relativ bescheiden dimensionierte Kupferblöcke zur Wärmeabfuhr. Senkrechte Bohrungen vergrößern die wirksame Oberfläche und erzeugen einen gewissen Kamineffekt, auch der hilft beim Kühlen. Praktisch funktioniert das ausgezeichnet, die Endstufe wird auch bei härterer Gangart kaum mehr als handwarm. Dominierendes optisches Element der Endstufenfront ist das opulente Aussteuerungsinstrument, das frisch aus dem Maschinenraum der Nautilus ausgebaut scheint. Herrlich archaisch und ganz typisch Dan D’Agostino. Die weiß und grün beleuchteten Zeiger sollen so etwas wie die momentane Ausgangsleistung anzeigen, aber eigentlich ist das pure HiFi-Pornografie. Völlig in Ordnung und abschaltbar. Ein ähnliches Instrument ziert auch das Gesicht der Vorstufe. Hier gibt’s nur einen Zeiger, und der zeigt die Stellung des Pegelstellers an. Jener ist nämlich als Ring außen um den Tubus des Zeigerinstrumentes ausgeführt, läuft superleicht und sorgt bei jeder Betätigung für das Klicken einer Vielzahl eingebauter Relais, die vollsymmetrisch Festwiderstände umschalten. Und dann gibt’s da noch, man höre und staune, Klangregler. Bass und Höhen. Ebenfalls mit geschalteten Widerständen realisiert. Und natürlich überbrückbar. Der Purist mag gequält aufschreien, in der Praxis mag das aber durchaus mehr klangliche Probleme lösen als es verursacht. Die Momentum-Vorstufe ist, man sieht‘s erst auf den zweiten Blick, zweiteilig aufgebaut. Im leicht mit einem schlichten Sockel zu verwechselnden Unterbau steckt die Stromversorgung. Die Netzteilbehausung ist schlicht aus einem dicken Alublock herausgefräst, während das Verstärkergehäuse aus dicken Blechen zusammengefügt ist. Bei den Anschlüssen gibt sich D’Agostino wenig kompromissbereit: Wenn du keine symmetrischen Quellen hast, dann musst du dir halt Adapter besorgen. An Vor- und Endstufe jedenfalls kann man nur mit XLR-Verbindern etwas ausrichten. Die Vorstufe verfügt übrigens über sechs Eingänge, und auch wenn einer davon mit „Phono“ beschriftet ist, verbirgt sich dahinter ein normaler Hochpegelanschluss. Ausgänge gibt’s zwei, außerdem Anschlüsse für Home-Thater-Spielereien. Details zur Schaltungstechnik und zum Aufbau? Erspare ich Ihnen ausnahmsweise. Sie dürfen sicher sein: Es stecken Grips und Aufwand drin. Die Krell-Lautsprecher sind ebenfalls zweiteilig ausgeführt: Im so gerade noch alleine transportablen Mittelhochtonteil stecken ein Siebzehner von Scan-Speak und ein Hochtöner nach dem Ringradiatorprinzip vom gleichen Hersteller. Die knapp 40 Kilogramm Gewicht stecken zum Beispiel in der gestuften Front, die dem Tiefmitteltöner zu einem definierten Phasenversatz zum Hochtöner verhilft. Die Box funktioniert auch ohne Bassergänzung – und zwar ziemlich gut, wie diesbezügliche Experimente zeigten. Aber so richtig spannend wird’s erst, wenn die beiden Kleinen ihre Spikes in die entsprechenden Vertiefungen der beiden Woofer-Abteile bohren dürfen. In jedem stecken drei in Sachen Volumenbedarf genügsame Achtzöller. Die Treiber arbeiten parallel, deshalb sind hier auch stabile Verstärker gefragt – in Sachen Impedanz bleibt’s aber immer bei rund vier Ohm. Die Bässe werden durch eine rückseitige Reflexöffnung bearbeitet und schaffen saubere 40 Hertz mit sehr geringen Verzerrungen; das ist eine absolut praxisgerechte Auslegung. Um die Stabilität der Gehäuse braucht man sich jedenfalls nicht zu sorgen: Hier wurden bis zu zweieinhalb Zentimeter starke Aluplatten verbolzt, da schwingt nichts nennenswert. Das korrekte Positionieren der 160-Kilo-Schätzchen ist verständlicherweise eine eher zeitraubende und schweißtreibende Angelegenheit – aber das gehört halt dazu. So einen Hörtest fängt man nicht mit einer hübschen weiblichen Gesangsstimme an. Hier stehen ein paar Hundert Kilo Schwermetall, hier gibt’s Leistung und Membranfläche. Das großartige Monkey3-Album „The 5fth Sun“ ist genau das Richtige, um den ersten Übermut abzureagieren. Was haben Sie erwartet? Dass es bumst und rumst? Tut es nicht. Aber es hämmert. Staubtrocken, abartig sauber und diszipliniert. Schon mal gehört, was ein Drumstick auf dem Rand einer Snaredrum tut? Hier können Sie’s mit glaubhafter Live- Dynamik erleben. Leise hören? Bitte nicht. Noch nicht. Da geht noch was. Und irgendwann sitze ich auf dem Sofa und werde mir darüber klar, dass ich gerade aktiv die Gesundheit meines Gehörs gefährde. Man muss sich hier disziplinieren, denn weh tut’s nicht. Es spielt einfach nur vollkommen entspannt unglaublich laut. Wir bleiben im Genre und hören „Twilight in the Crystal Cabinet“ der schwedischen Band „My Brother the Wind“. Boxen? Haben wir nicht. Oder zumindest wissen wir nicht genau, wo. Die dezent verzerrten Gitarrenlicks flirren völlig losgelöst durch den Raum, einzig das zwischen den Lautsprechern angedübelte Schlagzeug rettet die Orientierung. Und bereits jetzt ist klar: Das ist nicht der opulente Bombast-Sound, den ich irgendwie erwartet hatte. Das hier, das ist ein extrem gut organisiertes, immens straffes Klangbild, dem jeglicher Hang zur Übertreibung völlig fern ist. Wenn ich mal den Vergleich zu anderer amerikanischer Spitzenelektronik in dieser Liga wagen darf: Die großen Audio-Research-Geräte klingen ähnlich gut organisiert, aber ein bisschen blumiger und opulenter. Hier über besser oder schlechter zu schwadronieren ist müßig, das ist reine Geschmackssache. Auf dem Teller liegt „Gold“ vom ewigen Singer-/Songwriter-Geheimtipp Ryan Adams. Da ist er wieder, dieser ungeheure Durchgriff, den die Amerikaner bei Perkussivem zu liefern in der Lage sind. Alles, was hier im weitesten Sinne schlägt, bimmelt und klopft, fällt durch Energiereichtum auf. Die wunderschöne Nummer „Harder Now That It’s Over“ ist genau das – nämlich wunderschön. Dieses Dream Team schält das Wesen des Titels heraus, es bläht ihn nicht auf, er besticht durch eine erstaunliche Schlichtheit. Das klingt überhaupt nicht technisch, sondern auf eine sehr weise Art reduziert. Tja. Blöde Sache. Wenn Sie sich diese Anlage zulegen wollen, um mal so richtig auf dicke Hose zu machen, dann kann der Schuss nach hinten losgehen. Wenn Sie Ihren Besuch nämlich nicht mit Pegelorgien durch die Wand werfen wollen, dann tönt das hier hochgradig diszipliniert, und es braucht ein wenig, bis einen der Zauber dieses Klangbildes gefangen nimmt. Wenn’s allerdings durchgesickert ist, dann ist der Weg zurück in die hifidele Normalität ein steiniger.
Fazit
D’Agostinos aktuelle Kreationen, ob nun Verstärker unter eigenem Namen oder Krell- Lautsprecher, bieten klangliche Magie reinsten Wassers. Das Klangbild lebt vom Nichtvorhandensein von Artefakten aller Art und schält das Wesentliche in der Musik wunderbar heraus