Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Hegel Röst


Das Prinzip Vernunft

Vollverstärker Hegel Röst im Test, Bild 1
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Musik als Ausdruck der Emotion einerseits und Philosophie als Vertreter der gedanklichen Ebene andererseits. Kann das zusammenpassen? In Norwegen sagt man ja.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, eine jener Personen, die den Deutschen einst den Ruf eines Volkes von Dichtern und Denkern verliehen. Eine prägende Figur des deutschen Idealismus, der alle philosophischen Strömungen wissenschaftlich empirisch zu vereinen versuchte. Rationalität als Credo, sozusagen. Das mag zunächst trotz aller Wichtigkeit von Philosophie, Geschichte und Gesellschaft ein wenig dröge, ja beinahe verkopft und kalt erscheinen. Das genaue Gegenteil also zu dem, was man für gewöhnlich mit Musik in Verbindung bringt. Dieser Kunstform, die Geschichten erzählen und Emotionen wecken möchte. Weg vom real Greifbaren, hin zum Abstrakten. Gesteuert durch Erfahrung und Herz, nicht durch Berechnung und Kopf.

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So scheint es schon ein wenig speziell, wenn sich ausgerechnet ein Hersteller von Audioelektronik nach ebenjenem Hegel benennt. Anders als die Hersteller, die sich Opernhäuser, Komponisten oder Figuren aus Sagen und Götterkreisen zum Vorbild nehmen, bleibt man hier deutlich sachlicher und pragmatischer. Genau dies ist es, was sich die Firma Hegel, beheimatet in der norwegischen Hauptstadt Oslo, zum Ziel gesetzt hat. Dabei sollte man jedoch nicht denken, dass man dort nur mürrische Sturköpfe vorfindet, denn trotz des eher nüchtern klingenden Ansatzes von Pragmatismus und Simplizität handelt es sich um eine der wenigen Firmen in der Audiobranche, bei denen man nicht alles immer ernst zu nehmen hat. Mehrere Beispiele dafür finden sich zum Beispiel in den Händlerinfos des Herstellers zu den eigenen Produkten, bei denen anstelle dröger Fakten auch gerne einfach mal gesagt wird, dass das Gerät eben gut aussieht, mit dem anschließenden Vermerk, dass es dazu auch gut klingt. Ebenjene Aussage bezieht sich auf den Hegel Röst, den wir zum Test bekommen haben. Und tatsächlich, er kann sich sehen lassen, wäre da nicht ein winziges Manko: Die Farbe. Zurzeit ist der Röst nämlich einzig in einem Weiß zu haben, das irgendwo in der Mitte zwischen Schneeweiß und Off-White liegt. Für sich allein steht ihm die Farbe ausgezeichnet, doch hier ergibt sich immer das Problem, dass bei weißen Systemen kombiniert mit weißen Möbeln eines von beiden immer gelblich wirken wird. Aber schließlich ist Weiß im Trend und vielleicht wird das pragmatische Denken bei Hegel ja demnächst auch zu eher konservativen Farben führen. Aber genug davon, denn Weißton hin oder her, der Röst ist alles in allem durchaus hübsch gestaltet. Die in der Mitte stark nach außen gewölbte Frontplatte verhindert ein zu kantiges Aussehen, und die beiden Drehregler links und rechts verleihen dem Verstärker ein wenig klassisches HiFi-Feeling, das bei vielen modernen Systemen heute verloren geht. Auf weitere optische Spielereien oder Bedienfelder verzichtete man bewusst, während als Anzeige ein kontrastreiches OLED-Display alle nötigen Informationen Weiß auf Schwarz für den Nutzer breitstellt. Nötige Informationen bedeutet bei einem Verstärker natürlich in erster Linie, welcher Eingang ausgewählt ist und auf welcher Lautstärke man gerade hört. Beides wird mit den beiden Drehreglern links und rechts des Displays eingestellt oder wahlweise mit der haptisch sehr ansprechenden Vollmetallfernbedienung. Bei der Anschlussauswahl schickt sich der Röst dann an, sich zur Schaltzentrale der gesamten Wohnzimmerunterhaltung zu machen, denn an passenden Eingängen mangelt es dem norwegischen Schwergewicht nicht. Gleich drei verschiedene analoge Eingänge für CD-Player oder Tuner stehen zur Verfügung, wobei sogar einer in Form zweier XLR-Buchsen vorhanden ist. Auch für die Tonausgabe von Fernseher, Satreceiver oder Gaming-Konsolen ist der Röst gut ausgestattet und bietet gleich drei optische und einen koaxialen S/PDIF-Anschluss, zusätzlich zur USB-B-Buchse für moderne HiFi-Quellen oder Computer. Somit scheint die Firmenphilosophie, so wenig hinzuzufügen wie möglich, ein wenig vergessen. Dies mag man den Norwegern aber durchaus nachsehen, denn Anschlussvielfalt ist nun wirklich kein Nachteil. Dem Credo der Simplizität folgte man hingegen an anderen Stellen. So funktioniert der Röst vollkommen nach dem Plug-and-Play-Prinzip, bei dem jegliches Initialisieren oder Durcharbeiten von Menüpunkten vollständig entfällt. Keine versteckten Häkchen sind zu setzen, keine Suchläufe sind zu machen und keine Daten sind einzugeben. Dies gilt auch für die digitalen Anschlüsse inklusive des USB-Ports, dessen Nutzung weder bei Mac noch bei Windows die Installation eines Treibers voraussetzt. So verarbeitet der AK4396-DAC-Chip von AKM PCM-Signale mit 24 Bit, bei bis zu 96 kHz Samplingrate. Wessen HiRes-Ambitionen damit noch nicht ausgeschöpft sind, der kann den D/A-Wandler seiner Wahl mit einem der zahlreichen Eingänge verbinden und so trotzdem in den Genuss des Verstärkers kommen. Auch die Netzwerkeinbindung des Röst ist denkbar einfach. Ein Ethernetkabel mit dem Router auf der einen und dem Netzwerkanschluss des Verstärkers auf der anderen Seite verbinden, fertig. Ist dieser Schritt getan, verwandelt sich der Röst von einem Verstärker mit DAC in ein ausgewachsenes All-in-one System, das auch das Streamen von Musik über das Netzwerk ermöglicht. Auch hier benötigt man keine Initialisierung oder die Eingabe von Accountinformationen. Stattdessen nutzt man eine UPnP-fähige App seiner Wahl auf Smartphone oder Tablet, schon kann es losgehen. Hegel selbst bietet keine spezielle App für seinen Allrounder an, sondern empfiehlt Nutzern von Android-Systemen das kostenlose Bubble-UPnP, während Apple-Geräte die ebenfalls kostenfrei erhältliche Linn-Kinky-App zur Kontrolle des Streamers nutzen können. Egal welche App man verwendet, der Röst ist schnell gefunden und sofort bereit, Musik von allen angeschlossenen Netzwerkspeichern wiederzugeben. Egal ob FLAC, WAV oder AIFF, ebenso wie MP3 und OGG Dateien, wenige Momente nach der Auswahl des Songs beginnt der Streamer mit der Arbeit. Leute, die ihre CDs mit Hilfe von iTunes gerippt haben, sollten jedoch darauf achten, dass Röst zurzeit nicht Apples verlustfreies ALAC-Format unterstützt. Hier müssen Dateien also zur Not kurz formatiert werden. Alternativ bietet sich jedoch die Nutzung der AirPlay-Funktion des Verstärkers an, mit der Apple-Geräte ihre Signale kabellos an den Röst übertragen können, was sich besonders für die Nutzung von Streamingdiensten anbietet. Auch hier reicht die einfache Auswahl des Röst als Ausgabepunkt, schon spielt er los. Trotz der großen Nutzerfreundlichkeit beim Spielen von Musik bedeutet das nicht, dass Hegel hier nicht ein komplexes Stück Technik entwickelt hat. So lässt sich der Verstärker auch in voll vernetzte Haussteuerungssysteme integrieren und dann über die jeweils genutzte Kontrollsoftware bedienen. Dabei erlaubt Hegel sogar den Zugriff auf die Kontrollroutinen des Gerätes, so dass versierte Nutzer ihre eigenen gecodeten Routinen integrieren können. Eine gute Lösung also auch im zunehmend wachsenden Installerbereich. Der klassische Nutzer mit der Anlage im Wohnzimmer braucht sich mit so etwas jedoch nicht unbedingt auseinanderzusetzen, denn schließlich wird der Röst von Hegel immer noch als typischer Vollverstärker klassii ziert. Dementsprechend zählen hier natürlich nicht nur Funktionen und Bedienung, sondern auch, wie sich der Röst im Labor und im Alltag schlägt. Im ersten Fall gibt es schon einmal nichts zu beklagen, denn am Messplatz zeigte sich der weiße Riese von seiner Schokoladenseite. Durch die Bank weg wies der Verstärker erfreulich konstante Klirrwerte auf, die stets auf recht niedrigem Niveau lagen. Dank der verwendeten Class-AB-Schaltung blieben zwischenzeitliche Peaks aus. Stattdessen entfaltete der Verstärker seine Leistung sehr geradlinig und konstant. Auch der Leistungswert an sich kann sich durchaus sehen lassen, denn mit den gemessenen 81 Watt an acht Ohm Impedanz lag unser Testmuster sogar noch über dem angegebenen Wert von 75 Watt pro Kanal. Bei nur vier Ohm Widerstand reichte die Kurve sogar bis hoch zu 120 Watt, womit der Verstärker nicht nur in der Lage ist, eine Vielzahl von Lautsprechern in Bewegung zu versetzen, sondern auch ausreichend Lautstärke aus den Chassis zu kitzeln. Sogar bei nur zwei Ohm Impedanz soll der Verstärker noch laststabil bleiben. Beim Hörtest ergab sich genau das Bild, das sich bereits im Messlabor abzeichnete. Gleichmäßig gibt der Verstärker seine Leistung an die angeschlossenen Boxen weiter, die einen wunderbar natürlichen Klang entwickeln. Dies liegt unter anderem an der von Hegel eingesetzten Stromversorgung, bei der hochfrequente Störungen nicht auf das eigentliche Tonsignal einwirken können, wodurch sich der Hintergrund deutlich dunkler gestaltet und die Musik sich so besser und plastischer im Raum abbilden kann. Genau diese Natürlichkeit und Dynamik ist das Ziel von Hegel und Grund für die Namensgebung. Nichts soll hinzugefügt werden. Stattdessen soll die Musik so ausgegeben werden, wie sie am Gerät angekommen ist. Inwieweit so etwas überhaupt möglich ist, wenn man aufgenommene Musik wiedergibt, ist des Öfteren Bestandteil von Diskussionen unter HiFi-Freunden. Und während man sich vom Röst in die Musik einhüllen lässt, kommt man beinahe selbst ein wenig ins Philosophieren, denn die Argumente, die Hegel mit dem Röst vorbringt, scheinen äußerst schlüssig. So findet letztlich doch wieder beides zusammen: ein emotionales Musikerlebnis und die Wissenschaft, die es möglich macht.

Fazit

Ein wenig eigen mag er schon sein, doch Hegel schafft mit dem Röst einen tollen Verstärker. Egal ob als zentrales System im Wohnzimmer oder für die Nutzung mit anderen Quellen, die Flexibilität, Nutzerfreundlichkeit und der Klang können überzeugen

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Hegel Röst

Preis: um 2600 Euro

10/2017
Ausstattung & technische Daten 
Preis: um 2.600 Euro 
Vertrieb: GP Acoustics, Essen 
Telefon: 0201 170390 
Internet: www.gpa-eu.com 
Abmessungen (B x H x T in mm) 430/120/313 
Leistung 4 Ohm (in Watt): etwa 120 Watt an 4 Ohm 
Leistung 8 Ohm (in Watt): etwa 81 Watt an 8 Ohm 
Eingänge: 1 x Ethernet, 1 x USB-B, 
Ausgänge: 1 x Lautsprecher Stereo, 1 x RCA Stereo (Pre-Out), 
Unterstützte Formate: MP3, OGG, FLAC, AIFF, WAV 
Unterstützte Abtastraten: PCM bis 96 kHz, 24 Bit 
checksum Ein wenig eigen mag er schon sein, doch Hegel schafft mit dem Röst einen tollen Verstärker. Egal ob als zentrales System im Wohnzimmer oder für die Nutzung mit anderen Quellen, die Flexibilität, Nutzerfreundlichkeit und der Klang können überzeugen 
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Datum 17.10.2017, 10:00 Uhr
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