Unser Hobby spiegelt die Welt da draußen wider: immer mehr, immer größer, immer teurer muss es sein. Zum Glück gibt es aber auch Gegenbeispiele. Mit dem dänischkanadischen Traumduo kann man seinen irdischen Musikfrieden finden.
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenSystemtest: Thivan Labs Lion 805, Thivan Labs S-5, Thivan Labs Grand Horn
Der Königsweg
Hier gibt‘s Druckkammertreiber, Hörner, „Pappen“ und Eintakt-Röhrenverstärker. Ob man noch mit etwas Anderem zum Musik hören kann?
Der Lauf ist einer über Spießruten, das will ich nicht verhehlen. Da versuche ich gerade noch, Ihnen einen amerikanischen 70.000-Euro-Lautsprecher schmackhaft zu machen, der erst mit richtig potenter Halbleiterelektronik so richtig zeigt, was er kann - siehe LP 6/20. Und jetzt kommt das exakte Gegenteil: HiFi wie damals. Als jedes Watt noch richtig teuer war und Lautsprecher äußerst sparsam mit der ihnen dargebotenen Kost umgehen mussten. Beides hat Reiz und Lebensberechtigung, so unterschiedlich die klanglichen Ausprägungen auch sein mögen. Wobei es zugegebenermaßen schwerfällt, sich modernem High-Tech-HiFi zuzuwenden, wenn scheinbar Altertümliches so spielt wie das hier.
Dass der Hersteller des hier Vorzustellenden „Thivan Labs“ heißt, kann Sie als Stammleser dieser Publikation kaum überraschen. Die Erfolgsgeschichte der Vietnamesen, die vor Jahren mit einem herrlichen Old-School-Lautsprecher namens „Eros 9“ begann und mit dem aus meiner heimischen Anlage nicht mehr wegzudenkenden Pracht-Röhrenverstärker „811 Anniversary“ seine konsequente Fortsetzung fand, das gibt‘s auch „in richtig“. Was selbstverständlich eine merklich tiefere Portokasse erfordert und sowohl die Bereitschaft als auch die Möglichkeit, deutlich voluminösere Lautsprecher in seine Räumlichkeiten zu stellen.
Also geben wir‘s uns jetzt „in richtig“, und zwar mit dem Röhrenvollverstärker „Lion 805“ für 6.000 Euro, den Lautsprechern „Grand Horn“ für 14.500 Euro und der optionalen Transistor-Bassendstufe „S-5 Woofer Amplifier“, den‘s auf Wunsch für 1.500 Euro Aufpreis zu den Lautsprechern dazu gibt. Damit wir uns richtig verstehen: Die „Grand Hörner“ sind passiv gefilterte Lautsprecher, die sich mit einem einzigen Verstärker pudelwohl fühlen. Wer jedoch mit per Bi-Amping am Basspegel drehen will, für den ist die Option mit dem S-5 gedacht.
Die Lautsprecher sind so ziemlich genau das, was man sich als optimale Spielpartner für eine Single-Ended-Röhre so vorstellt: Mannshohe Wandler mit viel Membranfläche im Bass und Hörnern, die so früh wie möglich das Zepter in die Hand nehmen. Membranfläche bedeutet hier: ein ordentlicher 15-Zöller, das amtliche Gardemaß für PA-Tieftöner. Das Exemplar des Grand Horns steckt in einem geschätzt 150 Liter großen Bassreflexgehäuse, dessen großformatige Öffnung am Gehäuseboden mündet. Und wenn Sie daraus messerscharf folgern, dass diese Lautsprecher zwingend einen bestimmten Abstand zum Boden brauchen, dann tun Sie das zurecht. Der Hersteller hat dafür sehr solide höhenverstellbare Spikes vorgesehen. Ich gestehe, dass ich die nur mal kurz zum Ausprobieren benutzt habe, mein sehr weicher Dielenboden verträgt sich nicht sehr gut mit spitzen Gegenständen. Als besonders kritisch hat sich der Abstand zwischen Box und Boden nicht erwiesen, ab einer gewissen Mindesthöhe passiert da klanglich nicht mehr viel.
Was für eine „Pappe“ dort in dem wunderschön furnierten Gehäuse steckt? Ich kann‘s Ihnen nicht sagen. Der Hersteller lässt sich nicht gerne in die Lautsprecherkarten gucken und hat das zerstörungsfreie Öffnen des Gehäuses durch reichlich Klebereinsatz praktisch unmöglich gemacht. Dem Vernehmen nach soll sich das ab sofort bei den Modellen für den europäischen Markt ändern, weil sonst Service im Fall der Fälle ein echtes Problem darstellt. Was wir wissen: unbeschichtete Papiermembran, Gewebesicke, vermutlich eine Vier-Zoll-Schwingspule. Vor dem Mikrofon tut das genau das, was man von so einer Konstruktion erwarten darf: es spielt bis 40-45 Hertz hinunter und liefert einen Wirkungsgrad irgendwo in der Mitte der Neunziger Dezibelregionen.
Soweit schön, aber nicht unbedingt etwas Besonders. Das ändert sich radikal bei der oberen Etage des 1,58 Meter hohen Konstruktes: Hier grinsen den Hörer 3500 Quadratzentimeter Horn an. Also gut ein Drittel Quadratmeter - das ist kein Spielzeug. Das Furnier auf der oberen und unteren Trichterfläche ist übrigens eine direkte Fortsetzung dessen, was auf der Front des Bassgehäuse verarbeitet wurde. Das Ergebnis ist optisch ein absoluter Hingucker. Das Mitteltonhorn baut ungefähr 40 Zentimeter tief, am Hornhals ist ein Würfel angeflanscht, in dem der Antrieb untergebracht ist. Wiederum hätte ich liebend gerne einen Blick auf das „Antriebsaggregat“ geworfen, der Hersteller lässt mich aber nicht und ich wollte nicht „grob“ werden. Dem Vertrieb nach ist es ein Zehn-Zentimeter-Konustreiber, der das Horn befeuert. Also ein „normales“ Lautsprecherchassis, das auf das Volumen des rückwärtigen Kastens arbeitet. In Anbetracht der niedrigen Trennfrequenz von 300 Hertz wäre ein passender Druckkammertreiber auch eine extrem aufwändige Angelegenheit gewesen. Ein solcher allerdings übernimmt ab 1800 Hertz das Ruder.
Ein Ein-Zoll-Modell mit Titanmembran, das am Ende eines kompakten, seitlich im Mitteltontrichter angeordeten Kugelwellenhorns sitzt. Beim Material würde ich auf Kunststoff tippen, aber nageln Sie mich nicht darauf fest. Jedenfalls geriet das kleine Horn äußerst massiv. Der große Trichter besteht aus gebogenen MDF-Platten, auch das ist ob der guten Dämpfungseigenschaften des Materials eine gute Wahl. Das große Horn ist von der breit strahlenden Sorte: 80 Grad in der Horizontalen, 90 in der Vertikalen. Das macht Sinn, eine enge Charakteristik ergäbe bei Heimanwendungen mit kurzen Hörabständen keinen Sinn. Das Gesamtgewicht des Systems ist mit 65 Kilogramm angegeben, der Löwenanteil davon entfällt auf die Bassmodule, zum Glück ist das Ganze zweiteilig aufgebaut. Die Frequenweichen stecken mit in den jeweiligen Abteilungen, was das Bi-Amping deutlich erleichtert – hier kommt die optionale Bassendstufe ins Spiel.
Sie steckt im gleichen Gehäuse wie die Röhren-Prachtbauten von Thivan Labs auch, allerdings ohne die voluminösen Aufbauten. Im Inneren sind zwei solide PA-Endstufen mit zwölf potenten bipolaren Transistoren pro Kanal untergebracht, die für diverse hundert Watt pro Kanal gut sein sollten, ebenso wie der voluminöse Ringkerntrafo. Die Endstufe verfügt über ein zuschaltbares Tiefpassfilter, das für andere Thivan-Lautsprecher vorgesehen ist, am Grand Horn läuft der Verstärker ohne aktives Filter – da ist die Weiche für den Bass ja auch schon drin. Das ist eine solide Angelegenheit und mit 1500 Euro äußerst fair kalkuliert, zweifellos aber der weniger spektakuläre Elektronikaspekt dieser Geschichte: Jener nämlich ist der satte 54 Kilogramm schwere „Lion 805“, eine in wahrsten Sinne des Wortes eiserne Trutzburg in der Verstärkerwelt. Der Hersteller gibt 40 Watt pro Kanal an, wir messen eher 25, aber das sind richtige Single-Ended-Triodenwatt. Der ganz harte Stoff, mit jeder Menge Gitterstrom aus einer waschechten Senderöhre vom Typ 805A gezaubert.
Der Preis für solcherlei Class-A-Purismus: fast 500 Watt Leistungsaufnahme. Konstant. Besagten Gitterstrom besorgt eine kräftige Beam-Power-Tetrode vom Typ 6V6. Was andere Leute als Endröhre nehmen, reicht hier gerade mal als Treiber. Davor werkeln noch eine 12AU7 (ECC82) und eine 6SN7 – beides Doppeltrioden, die sich den Job für beide Kanäle teilen. Abgesehen von den vier monströsen Induktivitäten oben auf dem Gehäuse (Netztrafo, Hochspannungs-Siebdrossel, zwei Ausgangsübertrager) beeindruckt zum wiederholten Mal der makellose Aufbau des Geräteinneren mit extrem hochwertigen Teilen aus aller Herren Ländern, vorzugsweise alte Originalware. Die symmetrischen Eingänge sind tatsächlich welche, hinter den XLR-Anschlüssen sitzen Übertrager zur Desymmetriertung.
Die Lautstärkeeinstellung besorgt das übliche Alps-Motorpoti, eine Fernbedienung dafür liegt bei. Natürlich gibt‘s eine Gitterabdeckung für das Röhrenensemble – ich bitte um Nachsicht dafür, dass es jene nicht auf ein Foto geschafft hat. Wuchten wir das Monster also zwischen die Boxen, glühen die Röhren vor – eine Stunde braucht die Maschine, bis sie voll da ist – und lauschen dem, was sie mit den großen Hörnern in der Lage zu reproduzieren ist. Ich sag‘s mal so: Ist das geil. Das ist so dermaßen „Horn und großer Bass“, dass es nur so kracht. Es hat Farbe, Ausdruck und Kraft. Und es hat diesen schwer zu beschreibenden „Ja, ich mein‘s wirklich ernst“-Charakter. Der, der Musik unmittelbar, emotional und einfach erscheinen lässt. Stabilität, Klarheit, und das auch bei nicht ganz einfachem Material. Zum Warmwerden habe ich Springsteens 1978er „Darkness On The Edge Of Town“ aufgelegt, das ich sehr liebe: Sehr echt, reduziert und simpel geht der Boss hier zur Sache. Klanglich wahrlich keine ganz einfache Angelegenheit, die gerne mal ins Nervige kippt.
Das Grand Horn – in diesem Falle passiv mit dem 805 angesteuert - begeistert mit kernigem Gesangspart, es es zeichnet die Percussion kräftig und geradeaus, aber eben nicht überrissen. Mittel- und Hochtonhorn spielen perfekt miteinander. Gerade das große Horn hat diese crispe Attacke, die solche Lautsprecher ausmachen muss. Ob ein großer Druckkammertreiber hier noch rabiater zur Sache gehen würde? Da bin ich mir ziemlich sicher, ob das in diesem Umfeld aber eine gute Idee wäre, wage ich zu bezweifeln. Das Grand Horn behält sich einen gewissen Restanstand vor, etwas Vertrautes, dass auch Hörer verstehen, die „normale“ Lautsprecher gewohnt sind. Richtig ist aber auch: Je impulsiver und fordernder das Musikmaterial wird, desto deutlicher argumentiert dieser Lautsprecher sein Funktionsprinzip mit Inbrunst. „Prove It All Night“: Da ist er, der Fünfzehner.
Richtig, darum nimmt man so große Membranen für den Bass. Weil eine Bassdrum damit einfach nach Bassdrum klingt und nicht nach lauem Lüftchen. Genau so beim darauf folgenden Titelstück. Und wenn Max Weinberg dann auf die Snare drischt, dann ohrfeigen einen die Hörner in perfekter Harmonie damit so dermaßen, dass feuchte Augenwinkel garantiert sind. Kari Bremnes auf einem Hornsystem? Bist du noch zu retten? Sowas tut man doch nicht! Falsch, liebe Freunde, ganz falsch. Die Norwegerin und diese Kombi rasten sogar ganz großartig miteinander ein, es tönt ungemein geschmeidig und feinnervig. Diese ganz spezielle, fein dosierte Rauhigkeit in der Stimme, die erhebt dieses Setup zur unverzichtbaren Grundlage der Musik. Das ist, das, was Hörner leisten sollte.
Aber keine Spur von Übertreibung, keine Präsenz-Überbetonung. Großartig. Und was passiert, wenn man den Tiefton-Job dem Halbleiter anvertraut? Das kommt entscheidend darauf an, wieviel persönliche Unvernunft man dabei walten lässt. Klar habe ich zu Beginn dieses Experiments den Bass zu laut gedreht und breit gegrinst dabei. Tatsächlich bin ich bis zu einem gewissen Grad dabei geblieben, weil der Bass hier ziemlich anders klingt. Weniger ausdrucksstark, unauffälliger. Die Röhre klingt unten herum etwas rumpeliger und nicht so kontrolliert, wirkt aber kräftiger und involvierter. Mir gefällt das besser so – mein Raum braucht aber auch nicht wirklich eine Pegelkorrektur des Tieftonanteils. Klar habe ich auch mal Thivans „811 Anniversary“ angeklemmt.
Das klappt ziemlich gut, klingt aber merklich „lieber“ als mit dem 805, gerade im Bass. Das kann man der deftigen Gangart des 805 durchaus vorziehen – das ist Geschmackssache. Hier übrigens macht der Einsatz der separaten Bassendstufe viel Sinn, der 811 profi tiert deutlich von der Entlastung unten herum. Ich allerdings habe mit dem „Lion 805“ meinen Traumpartner für das Grand Horn gefunden. Eine so wunderbare Synthese aus Inbrunst und Leichtigkeit wie mit dieser Kombination dürfte so schnell nicht wiederkommen.
Fazit
Die können‘s, die Vietnamesen von Thivan Labs: ausgezeichnete Verarbeitung, viel exzellentes Material fürs Geld und nicht zuletzt ein wunderbar stimmiger Klang zeichnen diese Verstärker-Lautsprecherkombination ausKategorie: Verstärker Röhrenverstärker
Produkt: Thivan Labs Lion 805
Preis: um 6000 Euro
Kategorie: Verstärker Endstufen
Produkt: Thivan Labs S-5
Preis: um 1500 Euro
Kategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Thivan Labs Grand Horn
Preis: um 14500 Euro
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenVertrieb | TCG GmbH, Nordhorn |
Telefon | 05921 7884927 |
Internet | tcg-gmbh.de |
Garantie (in Jahre) | 2 Jahre |
B x H x T (in mm) | 480/310/450 |
Gewicht (in Kg) | 54 |
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Preis (in Euro) | 1500 Euro |
Vertrieb | TCG GmbH, Nordhorn |
Telefon | 05921 7884927 |
Internet | tcg-gmbh.de |
Garantie | 2 Jahre |
B x H x T (in mm): | 450/270/500 |
Gewicht: | 15 |
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Vertrieb | TCG GmbH, Nordhorn |
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Internet | tcg-gmbh.de |
Garantie | 2 Jahre |
B x H x T | 460 x 1580 x 610 mm |
Gewicht: | 65 kg |
Unterm Strich... | Die können‘s, die Vietnamesen von Thivan Labs: ausgezeichnete Verarbeitung, viel exzellentes Material fürs Geld und nicht zuletzt ein wunderbar stimmiger Klang zeichnen diese Verstärker-Lautsprecherkombination aus |