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Der nächste etwas andere Röhrenverstärker
Die kleine, aber feine Selbstbau-Röhrenendstufe mit der exotischen CL6 als Endröhre aus Klang + Ton 3/2019 hat sich als echtes Erfolgsmodell erwiesen. Und zwar dermaßen, dass der reichlich bemessene Vorrat an Endröhren seit einiger Zeit restlos aufgebraucht ist. Also wird’s Zeit für ein etwas anders bestücktes Nachfolgemodell.
Gemeinsamkeiten
Single-Ended-Röhrenverstärker gelten in den verschworenen Zirkeln der High- End-Gemeinde bis zum heutigen Tag als das einzig legitime Mittel, um Musik wirklich realitätsnah wiederzugeben. Gerne nimmt man bei der üblicherweise spärlichen Leistungsausbeute in Kauf, besonders wirkungsgradstarke (und damit große) Lautsprecher betreiben zu müssen, um in den Genuss des einzigartigen Sounds zu kommen. Entwickler Michael Kaim (BTB Elektronik) hat seinerzeit gehörig tief in die Trickkiste gegriffen, um seinem Eintaktkonzept wenigstens drei Watt abluchsen zu können, was ohne Zweifel hervorragend funktioniert hat. Bei seinem neuen Eintakter ist das mit der Trickkiste auch der Fall, die Leistungsausbeute allerdings geriet nunmehr deutlich luxuriöser: Fast zehn Watt wuchtet der Neue bei Bedarf an die Lautsprecherterminals.
Röhren
Der Trick bei den Verstärkern aus dieser Reihe besteht darin, dass dort ausschließlich Röhren aus alter Produktion zum Einsatz kommen, die vom momentanen Produktions- und Lieferbarkeitswirrwarr unabhängig sind. Das gilt insbesondere für die feine EL12N, einer Leistungspentode aus DDR-Produktion, die in erklecklichen Mengen zur Verfügung steht. Stammlesern ist die Preziose aus dem „Achtzylinder“ bekannt, einem Eintaktverstärker, bei dem pro Kanal gleich vier dieser Prachtstücke parallel werkeln und beachtliche 40 Watt Leistungsausbeute generieren. Die Röhren schafft im Dauerbetrieb 18 Watt Anodenverlustleistung und 90 Milliampère Strom – damit ist sie genau das richtige Kaliber an dieser Stelle. Zumal sie sich mit zivilen Betriebsspannungen begnügt, was im Falle eines Falles die Überlebenschancen des Nachbauers deutlich erhöht. Wie schon damals beim CL6-Verstärker übernimmt eine „Kombiröhre“ den Vorverstärkerpart. Bei der hier eingesetzten ECL84 stecken – wie seinerzeit bei der UCL82 – ein Trioden- und ein Pentodensystem in einem gemeinsamen Glaskolben. Richtig eingesetzt ist das der perfekte Kandidat für den Job, zumal die ECL84 aus hochwertiger Siemens- Produktion gut und preiswert erhältlich ist. Pro Kanal eine Endröhre für unter zehn Euro, eine Vorverstärker- und Treiberröhre für vier – preiswerter kommt man an gute Röhrentechnik heutzutage sicherlich nicht heran.
Das Schaltungskonzept
Im Großen und Ganzen ist das Schaltungskonzept das Gleiche wie seinerzeit beim CL6-Amp. Das Triodensystem der ECL84
Aufbau
Das verwendete Gehäuse besteht aus einem umlaufenden Holzrahmen, einer Deckel- und einer Bodenplatte aus Aluminium. Die beiden Netzteile kommen aufs Bodenblech, der komplette Verstärker wird auf der Rückseite des Deckels aufgebaut. Röhrenfassungen und Ausgangsübertrager dienen dabei als „Stützpunkte“ für die restlichen Bauteile. Wir raten dringend dazu, sich beim Aufbau an die Vorgaben des Mustergerätes zu halten. Kreativität an dieser Stelle verbessert die Stabilität der Schaltung garantiert nicht und sorgt schlimmstenfalls für Schwingneigung. Der Entwickler hat abermals zahlreiche Detailfotos von der Realisation seines Aufbaus zur Verfügung gestellt, die Sie sich im Netz auf holgerbarske.com zu Gemüte führen können. Wer auf Nummer sicher gehen will, der realisiert das Gerät mit dem Komplett- Teilesatz von BTB, selbstverständlich kann man sich die Teile auch nach eigenen Präferenzen zusammenstellen. Besondere Anforderungen an die Komponenten sind im Schaltbild vermerkt, die nicht näher spezifizierten Widerständen sind die üblichen Kleinleistungs-Metallfilmtypen. Einen zweiten Blick verdient die Erdung des Gerätes. Die Schaltungsmasse ist „weich“ über R13 mit dem Schutzleiter verbunden. Deckel- und Bodenblech müssen aus Sicherheitsgründen direkt mit dem Schutzleiteranschluss verbunden werden. Die Cinchbuchsen für die Eingänge müssen isoliert mit dem Deckplatte verschraubt werden.
Messungen
Natürlich haben wir dem EL12N-Amp unseren üblichen Messparcours angedeihen lassen. Der Frequenzgang des vorbildlich kanalgleichen Gerätes verläuft schnurgerade von 20 Hertz bis gut über 20 Kilohertz. Bei rund 60 Kilohertz gibt’s ein paar Dezibel Resonanz, die jedoch völlig bedeutungslos sind. Der A-bewertete Fremdspannunsgabstand bei einem Kilohertz und einem Watt Ausgangsleistung beträgt beachtliche 84 Dezibel, die Kanaltrennung 81 Dezibel. Unter diesen Bedingun-gen messen wir einen Klirrfaktor von etwa 0,11 Prozent – ausgezeichnet für eine solche Konstruktion. Wenn man als Verzerrungsobergrenze drei Prozent ansetzt, sind knapp neun Watt Ausgangsleistung drin, was höchst beeindruckend ist – sowohl an acht wie auch an vier Ohm.
Klang
Ich habe mir das Gerät sowohl im Vergleich mit dem CL6-Amp angehört, den er beerbt als auch gegen den vietnamesischen Thivan Labs 811 Anniversary, der in einer ähnlichen Leistungsklasse spielt, aber mit einem sehr viel klassischeren Schaltungskonzept, ganz viel „Eisen“ und der Sendetriode 811 als Endröhre aufwartet. Mein Lautsprecher liefert rund 95 Dezibel Wirkungsgrad, Leistung ist also bei keinem der Kandidaten ein Thema. Interessanterweise spielt der EL12N näher am Thivan Labs als am CL6. Der EL12N wirkt strammer, nicht ganz so voluminös, dafür aber genauer und schneller als der CL6. Jener kommt gängigen Röhrenklischees eindeutig näher und betört mit Feingeist und einem warmen Grundtenor. Ganz die Luft und die Übersicht des 36 Kilo schweren Fertiggerätes schafft das EL12N-Projekt zwar nicht, dafür bekommt man es aber auch zu einem Bruchteil des Preises realisiert.
Fazit
Ein würdiger, klanglich sogar verbesserter Nachfolger für das Erfolgsprojekt.Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker
Produkt: BTB EL12N-Eintakt-Röhrenverstärker
Ein würdiger, klanglich sogar verbesserter Nachfolger für das Erfolgsprojekt.
BTB EL12N-Eintakt-Röhrenverstärker
BTB EL12N-Eintakt-Röhrenverstärker
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