Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Röhrenvollverstärker Cayin Pearl 30i


Der sanfte Riese

Verstärker Röhrenverstärker Cayin Pearl 30i im Test, Bild 1
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Es ist soweit: Die ersten Fernost-Hersteller haben ein Alter erreicht, in dem es sich lohnt Jubiläen zu feiern. Ganz vorne mit dabei: Cayin. Seit mittlerweile 30 Jahren fertigt man im fernen Osten Röhrentechnik, die sich auch vor den ganz großen Namen nicht zu verstecken braucht.

Hintergrund


Dass die Dinge bei Cayin so herrlich unaufgeregt und geradlinig laufen, dürfte zum nicht ganz geringen Teil am Markeninhaber Thomas Deyerling liegen, der den Namen in den späten Neunzigern überhaupt erst etablierte. Die Geräte werden bis heute nach seinen Spezifikationen in Handarbeit in China gefertigt. Und fertigen können die da, wie ein Blick auf praktisch jedes Cayin- Gerät zeigt: Metallverarbeitung und Oberflächenqualität sind exzellent, Schaltungen und eingesetzte Komponenten State Of The Art, die klanglichen Ergebnisse sprechen für sich. Wenn es irgendwo Grund für Stolz auf ein in China gefertigtes HiFi-Produkt geben darf, dann in Glashütten-Schlossborn im Taunus.

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Den fast 100 Kilogramm schweren Ausdruck der Begeisterung fürs eigene Tun gibt es derzeit für 22000 Euro zu erstehen: Einen zweiteiligen Vollverstärkertraum, der so gar nichts mehr mit einem Fernost-Billigprodukt gemein hat.   

Physisches


Der Pearl 30i wird in zwei äußerst soliden Kisten geliefert, die aus gutem Grund für den Transport mit einem Hubwagen konzipiert sind: Die beiden knapp zentnerschweren Komponenten erfordern ein gewisses Maß an logistischem Aufwand bei der Installation. Und ein wenig Obacht bei der Auswahl geeigneter Stellflächen, weil sich zum Gewicht in beiden Fällen eine Gehäusetiefe jenseits eines halben Meters gesellt. Zweiteiliger Vollverstärker? Das klingt entweder nach konsequenter Kanaltrennung oder separatem Netzteil. Tatsächlich bietet der Jubi-Cayin beides: In der „Stromversorgungskiste“ sorgen gleich vier vergossene Transformatoren für luxuriöse Versorgungsverhältnisse, wobei sich zwei Umspanner kanalgetrennt um die Hochspannung für die Röhren kümmern und zwei für Heizung und diverse Kleinspannungen zuständig sind. Einheit Nummer zwei beherbergt die ungleich beeindruckenderen Verstärker selbst: Hinter einer hübschen Abdeckung im Fächer-Look sorgen gleich acht Beam- Power-Röhren vom Typ KT170 für satte 230 Watt Ausgangsleistung pro Kanal. Je zwei parallelgeschaltete Röhren arbeiten mit einem zweiten Duo im Gegentaktbetrieb und ich staune nicht schlecht, welche Leistungsfluten man mit dieser Anordnung lostreten kann. Hinzu gesellt sich der Umstand, dass der Pearl 30i ziemlich konsequent im Class-A-Betrieb arbeitet. Die Zeche dafür zahlt man mit der Stromrechnung und bei der Wärmeabstrahlung: Das Gerät genehmigt sich rund 550 Watt aus der Steckdose – und das dauerhaft. Die Rückseite des Verstärkerteils offenbart Lautsprecheranschlüsse für Vier- und Acht-Ohm-Lasten. Welches der richtiger Anschluss in Ihrem Falle ist, müssen Sie ausprobieren, beide klingen unterscheidlich. Es lassen sich fünf Quellgeräte anschließen, eins davon sogar symmetrisch. Vor- und Endstufe lassen sich bei Bedarf separat betreiben, dafür verfügen beide Sektionen über eigene Ein- und Ausgänge. Die Verbindung zum Netzteil übernehmen gleich vier dicke Strippen, die beidseitig über solide mehrpolige Steckverbindungen im Militär-Style verfügen. An der Netzteilrückseite fallen vier Sicherungen für die verschiedenen Betriebsspannungen ins Auge.  

Die Vorderseite verwöhnt mit hübsch gestalteten profilierten Gerätefronten.

Verstärker Röhrenverstärker Cayin Pearl 30i im Test, Bild 5
Das weiße Punktmatrix-Display informiert über das Nötigste
Der dicke und äußerst solide Drehknopf sticht ebenso hervor wie das strahlend weiße, etwas zurück auf der Geräteoberseite montierte Punktmatrix-Display. Jenes informiert über den gewählten Eingang und diverse Betriebszustände, nicht aber über den eingestellten Pegel - was ich in Anbetracht des hochklassigen elektronischen Lautstärkestellers etwas erstaunlich finde. Der Pearl 30i lässt sich in zwei Betriebsarten betreiben: entweder im auf Leistung und Geradlinigkeit getrimmten Ultralinearbetrieb oder im etwas feineren Triodenmodus, was ein bisschen Leistung kostet. Was bei der Menge an hier zur Verfügung stehender Power aber praktisch bedeutungslos ist. Das allerdings ist nicht die einzige Möglichkeit, den Sound des Cayins an den persönlichen Geschmack anzugleichen: Einer der vier Kippschalter auf der Oberseite ist mit „Timbre“ beschriftet und erlaubt die Wahl zwischen einem betont dynamischen und einem sanften Klangbild. Wie genau die Konstrukteure dieses Feature realisiert haben weiß ich nicht, jedenfalls funktioniert es – siehe Hörtest.  Und sonst? Es gibt ein hübsches Aussteuerungsmessgerät, dass sich mit einem der Kippschalter deaktivieren lässt. Ein weiteres Element dieser Art fungiert als Eingangswahlschalter, die Anschlüsse werden damit „durchgetastet“. Um den Arbeitspunkt der Endröhren müssen Sie sich nicht selbst kümmern, das erledigt das Gerät automatisch. An jeder KT170 gibt’s eine rote LED, die „alles in Ordnung“ signalisiert. Sollte eine Leuchtdiode einmal nicht leuchten (und die Schutzschaltung nicht sofort eingegriffen haben), sieht’s für die entsprechende Endröhre nicht gut aus.  

Technisches


Über die Innereien des Netzteils haben wir schon gesprochen, hier gibt’s außer dem zusätzlichen Vorhandensein von reichlich Siebkapazität auch nichts weiter anzumerken.

Verstärker Röhrenverstärker Cayin Pearl 30i im Test, Bild 10
Sieht nicht nach viel aus, ist aber von entscheidender Bedeutung: die Eingangsplatine mit dem elektronischen Pegelsteller
Im Inneren des Verstärkerteils sieht’s hingegen höchst spannend aus. Die Verstärkerschaltung selbst ist mit feinen Bauteilen auf Lötleisten montiert, wie man das im goldenen Röhrenzeitalter gemacht hat. Der Aufbau wirkt äußerst sauber und überlegt, meinen tiefen Respekt dafür. Hinzu gesellen sich diverse Platinen mit deutlich modernerer Technik. Die Ruhestromregelung ist so aufgebaut, der Lautstärkesteller ebenfalls. Hier kommt – nicht zum ersten Mal bei Cayin - der berühmte Muses-Chip 72320 zum Zuge, der zweifellos zu den besten Arten und Weisen gehört, den Pegel eines Audiosignals einzustellen. Ob die angegebenen 106 Stellungen den Tatsachen entsprechen kann ich nicht sagen, die Einstellung wirkt im Betrieb vollkommen geräuschfrei und stufenlos. Als Sollwertgeber für den Pegelsteller dient ironischerweise ein Motorpoti, aber gerade das macht das Bedienen des Gerätes so angenehm (und außerdem einfach fernbedienbar). Geschaltet werden die Signale natürlich direkt vor Ort mit Relais, die symmetrischen Anschlüsse werden über Transformatoren bedient – sehr gut. Neben den acht Endröhren stecken im Pearl 30i vier feine Tung Sol-6SN7 und zwei noch feinere Mullard-12AX7 für die Spannungsverstärkung. Insgesamt muss man dem Gerät eine absolut kompromisslose Bestückung attestieren, die exquisite Verarbeitung steht der Technik in nichts nach. Übrigens darf man die beiden Geräte ausdrücklich aufeinander betreiben, was durchaus nicht selbstverständlich ist.  

Klang


Passende Spielpartner für den Geburtstags- Cayin zu finden, erwies sich als ausgesprochen unproblematisch: Das Großkaliber „Vintage Fifteen“ des schottischen Herstellers Fyne Audio passt wie die Faust aufs sprichwörtliche Auge an den traumhaften Fernost-Amp. Kontrolle? Minutiöses Staffeln des Geschehens im Raum? Überhaupt kein Thema. Die Frage nach der richtigen Betriebsart schon eher: Im Ultralinearmodus gehen Tsuyoshi Yamamoto und sein Trio zur Sache, das es nur so kracht. Extrem knackig, mit sattem Fundament und riesiger Bühne brennen die Japaner ihr Three Blind Mice- Feuerwerk ab. Im Triodenmodus klingt‘s unten herum etwas gebremster, der tonale Fokus liegt eher in den mittleren Lagen, die dafür aber auch wunderbar glaubhaft und aussagekräftig wirken. Gerade das Klavier des Bandleaders hat eine Überzeugungskraft, die Ihresgleichen sucht. Mir gefällt die etwas hintergründigere Gangart an diesen Wandlern besser. Allerdings habe ich umgeschaltet, wenn so etwas wie Rainbows Live-Großtat „On Stage“ auf dem Teller liegt. Damit will man keinen Funken Hitze und schierer Großartigkeit drangeben. Die große Überraschung kommt mit dem „Timbre“-Schalter. Der tut klanglich deutlich mehr als der der Betriebsartenwahl. Mit ihm lässt sich dem Klangbild echter Vintage-Charakter anerziehen. Sprich: Die Stereoperspektive wirkt reduziert, das Geschehen rückt mehr in die Mitte. Der Hochtonbereich verliert seinen seidigen Charakter, der Fokus liegt eher in den Präsenzlagen, der Bass wirkt drahtiger und nicht mehr so voluminös. Für mich ist das ein unmittelbares Eintauchen in die Klangwelt der 30er und 40er Jahre. Daran kann man sich gewöhnen, mit der geeigneten Musik hat das seinen ganz eigenen Charme. Für mich ist diese Funktion ein weiteres Argument für diesen absolut wunderbaren Verstärker.

Fazit

Cayins Jubiläumsverstärker ist nicht nur aus preislichen Gründen etwas ganz Besonderes: Verarbeitung, Optik, technische Kompromisslosigkeit, Klang – hier stimmt alles. Ein besonderes Feature ist der „Timbre“- Schalter, der den Zuhörer in ganz besondere Klangwelten eintauchen lässt.

Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Produkt: Cayin Pearl 30i

Preis: um 22000 Euro

6/2024

Verarbeitung, Optik, technische Kompromisslosigkeit, Klang – hier stimmt alles.

Cayin Pearl 30i

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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Cayin, Glashütten-Schlossborn 
Telefon 06174 9554412 
Internet www.cayin.com 
B x H x T (in mm) 430 x 252 x 555 / 430 x 129 x 517 mm (Verstärker / Netzteil) 
Gewicht (in Kg) ca. 46,5 / 43 kg 
Ausführungen: schwarz 
Untern Strich ... Cayins Jubiläumsverstärker ist nicht nur aus preislichen Gründen etwas ganz Besonderes: Verarbeitung, Optik, technische Kompromisslosigkeit, Klang – hier stimmt alles. Ein besonderes Feature ist der „Timbre“- Schalter, der den Zuhörer in ganz besondere Klangwelten eintauchen lässt. 
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Datum 23.06.2024, 09:59 Uhr
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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