Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Einzeltest: D‘Agostino Momentum Phono


Dreifaltigkeit

Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 1
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Zimperlich bei der Formulierung seiner Ansprüche war Dan D‘Agostino noch nie, und auch seine Phonovorstufe soll nicht weniger darstellen als die beste ihrer Art

So kennen wir ihn, so lieben wir ihn: Mit der „Momentum Phono“ will der bekannte amerikanische Entwickler nicht weniger als die beste am Markt erhältliche Phonovorstufe entwickelt haben. In Anbetracht des Verkaufspreises von ambitionierten 36.000 Euro wäre ein Einlösen dieses Versprechens durchaus wünschenswert. Wir erinnern uns: Dan D‘Agostino hat in einem früheren Leben Krell Industries gegründet und war bis zu seinem Ausscheiden 2009 dort als Entwickler tätig. Mit dem Namen Krell verbinden wir auch heute noch Monster-High-End der spektakulären Art und in der Tat darf D‘Agostino sich auf die Fahne schreiben, diese Sparte von Klangreproduktionsmaschinen erfunden zu haben. Seit er unter eigenem Namen agiert, sind die Geräte kleiner geworden: Riesige Kühlkörper sind dank des Einsatzes von viel Kupfer als optimalem Wärmeleiter nicht mehr so dringend erforderlich, außerdem ist Dan zumindest zwischenzeitlich vom brachialen Class-A-Betrieb seiner Endverstärker abgekommen.

Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 2Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 3Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 4Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 5Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 6Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 7Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 8Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 9Phono Vorstufen D‘Agostino Momentum Phono im Test, Bild 10
Was zur Folge hatte, dass seine Geräte kleiner und smarter wurden: 19 Zoll Breite waren nicht mehr das unverzichtbare Gardemaß für die Gehäusebreite, mit 320 Millimetern ist die Endstufe der „Momentum“-Baureihe schon fast eine Mini-Komponente. Zu eben jener Geräteserie gehört auch die „Momentum Phonostage“, um die es hier gehen soll. Die ist tatsächlich genau so breit, aber eher noch voluminöser als die Endstufe: Das Gerät besteht nämlich aus drei Komponenten. Die unspektakulärste davon ist das Netzteil, das gerne möglichst weit weg vom Signale verarbeitenden Teil untergebracht werden darf – ein genügend langes Verbindungskabel ist vorhanden. Der eigentliche Verstärkerteil, das ist das Gerät mit den charakteristischen  kupferfarbenen Seitenteilen (die bestehen nämlich aus passend eloxiertem Aluminium), steht auf einer ziemlich massiven Aluminiumbasis, in dem der größte Teil der Betriebsspannungsaufbereitung untergebracht ist. Sieht trotz überschaubarer Breite mächtig aus, insbesondere die mit riesigen Spikes bewehrte Verstärkerabteilung verfehlt einen imposanten optischen Eindruck nicht. Sie als Betreiber des Gerätes müssen zunächst einmal wissen, dass Sie insgesamt vier Tonabnehmer am Gerät anschließen können: Zweimal MC und zweimal MM. Da die Momentum Phonostage weitgehend symmetrisch aufgebaut ist, steht Ihnen bei jedem Anschluss eine Cinch- und eine XLR-Option zur Verfügung. Wenn Sie einen Eingang unsymmetrisch betreiben, dann müssen bei der dazugehörigen XLR-Buchse die Pins eins und drei mit einer Brücke verbunden werden. Dadurch klemmt man den invertierenden Eingang auf Masse, im Cinchbetrieb braucht‘s den nicht. Würde man ihn nicht ordnungsgemäß „terminieren“, bestünde Brummgefahr. Auf diese Weise hat man beim Anschluss maximale Freiheitsgrade. Rein technisch ist die Momentum Phono eine sehr interessante Angelegenheit. Dan D‘Agostino setzt nämlich, und das tut sonst praktisch keiner, auf eine Gleichbehandlung von MM- und MC-Signalen. Das ist ungewöhnlich, weil hier in der Gegend von Faktor zehn unterschiedliche Verstärkungen gefordert sind. Normalerweise löst man das Problem, indem man für MC-Signale eine zusätzliche Verstärkerstufe vorschaltet. Das kam für D‘Agostino nicht infrage, er wollte unbedingt ein nur zweistufiges Konzept mit passiver Entzerrung, weil er das für die klanglich überlegene Lösung hält. Das Design einer Eingangsstufe, die mit relativ lauten und hochohmigen MMs genauso gut zurechtkommt wie mit leisen, niederohmigen MCs war eine harte Nuss. Die Lösung besteht letztendlich aus einer erklecklichen Anzahl von parallelgeschalteten Jfets, die von Stromquellen gespeist werden. Diese Anordnung lässt sich in ihrer Verstärkung in weiten Grenzen variieren, ohne an Qualität einzubüßen. Ein Blick auf die selbstredend komplett kanalgetrennten Verstärkerplatinen verrät den Designer: Er hat über 500 Bauteile gebraucht, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war: typisch Dan‘Dagostino. Nicht ganz unschuldig daran ist auch der Umstand, dass D‘Agostino sich nicht auf eine Entzerrung nach dem RIAA-Standard beschränken wollte. Für Liebhaber alter und exotischer Aufnahmen hat er deshalb rechts auf der Front einen Drehschalter installiert, mit dem sich zwischen fünf verschiedenen Entzerrungsstandards auswählen lässt. Neben der üblichen RIAA-Entzerrung gibt‘s je eine nach Deutsche Grammophon, Columbia, RCA Orthophonic und FFRR/Decca. Damit bleiben diesbezüglich keinerlei Wünsche offen. An dieser Stelle macht sich die passiv entzerrte Schaltungstopologie bezahlt: D‘Agostino braucht nur das passive Netzwerk zwischen den beiden Verstärkerstufen umzuschalten – fertig. Der Nachteil der Lösung besteht in der relativ hohen Dämpfung der Entzerrung, die Mengen von Verstärkung und Spannungshub erforderlich machen. Dan kann das realisieren, weil er ausschließlich  mit diskreten Halbleitern verstärkt, die sich mit relativ hoher Spannung speisen lassen. Ganz nebenbei: D‘Agostino schwört, wie auch hier deutlich zu sehen, auf klassische bedrahtete Komponenten; die modernen winzigen SMD-Komponenten sind hier nicht zu finden. Was die Teilelogistik im Jahre 2019 ganz bestimmt nicht einfacher macht. Die Bedienung des Gerätes lässt sich zwar nicht per Fernbedienung, aber immerhin komplett von der Gerätefront aus erledigen – inklusive Abtasteranpassung. Der Drehschalter links wählt einen der vier Eingänge aus. Zu jedem Eingang gehört ein Satz hübscher LED-Punktmatrix-Displays, das über die gewählten Parameter informiert. Sie können zehn verschiedene Eingangsimpedanzen wählen: 5, 10, 15, 25, 50, 100, 200, 420, 1200 Ohm und 47 Kiloohm. Die Verstärkung ist sechsstufig einstellbar, darüber informiert das zweite Display. Es sind nur die Anzeigen des gerade angewählten Eingangs aktiv. Bei den MM-Eingängen gibt‘s ebenfalls erfreuliche Vielfalt: Hier gibt‘s gleich 16(!) verschiedene Abschlussimpedanzen zwischen 24 und 391 Kiloohm zur Auswahl, außerdem 15 verschiedene Abschlusskapazitäten zwischen 19 und 281 Pikofarad. Sie meinen, das wäre die luxuriöseste MM-Spielwiese aller Zeiten? Wir auch! Und auch wenn die in der Regel eher preiswerten Abtaster mit bewegtem Magneten nicht unbedingt die üblichen Spielpartner für eine 36.000-Euro-Phonovorstufe sein dürften: Unter diesen Vorzeichen lohnt es sich ganz bestimmt, mal über einen zweiten Tonarm mit einem MM-Abtaster nachzudenken – man muss ja nicht immer mit dem dicken Nobel-MC hören. Sie wissen ja – ich bin ein nicht ganz so heimlicher Fan der geschlossenen und kompakten Wiedergabe von MMs. Den Einsatz von „modernem Teufelswerk“ hat D‘Agostino so weit wie möglich reduziert, schon um die durch den dreiteiligen Aufbau gewonnenen Vorteile in Sachen  Störarmmut nicht wieder zu verspielen. So gibt‘s im Netzteil selbst nur einen Ringkerntrafo, Gleichrichtung und Siebung. Eine erste Stabilisierung der Betriebsspannungen findet in dem massiven Aluminium-Unterbau des Hauptgerätes statt. Natürlich mit diskret aufgebauten Schaltungen, wie sich das gehört. Damit ist natürlich nicht genug des Versorgungsaufwandes, auf den beiden Verstärkerplatinen wird natürlich vor Ort an jeder Stelle nochmals stabilisiert, was das Zeug hält. Der Aufwand ist sofort hörbar, und das deutlich. Ich muss gestehen, dass ich einen direktes, eher technisch orientiertes Klangbild erwartet hatte – das war ein Irrtum. Der Momentum Phono entpuppt sich als Meister der feinen und emotionalen Wiedergabe. Bei aller Feinauflösung sind es Tugenden wie Wärme und Entspanntheit, die ihn in erster Linie auszeichnen. Die Kombination mit dem Lyra Atlas dürfte eine sein, die dem derzeit beim Thema Plattenwiedergabe Machbaren ziemlich nahe kommt. Natürlich liefert das Gespann Bühne, Positionsgenauigkeit und Ablösung von den  Lautsprechern bis zum Abwinken, das sollte in dieser Klasse klar sein. Viel spannender ist aber die glaubhafte Atmosphäre, die das Gespann zum Beispiel von meiner MFSL-„Kind of Blue“ extrahiert. Oder Rickie Lee Jones‘ unvermeidlich Gänsehaut erzeugende Stimme auf „The Returns“. Haben Sie schon meine Geschichte über die Verstärker-Lautsprecher-Kombi von Thivan Labs und Dynamikks in diesem Heft gelesen? So ganz unter uns: Ein Teil des wirklich markerschütternden Ergebnisses, das ich damit erzielen konnte, geht  auch auf Kosten dieser Phonovorstufe, die Plattenwiedergabe wirklich zum Erlebnis macht. Und ich habe noch gar nicht angefangen, Ihnen zu erzählen, wie wunderbar man mit der umschaltbaren Entzerrung abseits aller Normvorgaben den Frequenzgang so ziemlich jeder Platte genau dahin biegen kann, wo man ihn haben will. Und wie frisch und ungestüm ein lächerlich günstiges Audio-Technica AT-5V klingen kann, wenn man die Abschlussimpedanz mal nach oben dreht. Was für eine großartige Spielwiese!

Fazit

Dan D‘Agostino ist seinem Anspruch, die beste Phonovorstufe am Markt zu bauen, zumindest sehr nahe gekommen. Das aufwendige Konzept glänzt mit extrem feiner und präziser Wiedergabe und ermöglicht außerdem Anpassungen an den persönlichen Geschmack wie kein anderes Gerät.

Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Produkt: D‘Agostino Momentum Phono

Preis: um 36000 Euro

6/2020
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Audio Reference, Hamburg 
Telefon 030 43320359 
Internet audio-reference.de 
Garantie (in Jahren) 2 Jahre 
B x H x T (in mm) 320/180/ 370 (Vorstufe inkl. Stromversogung) 
Unterm Strich... » Dan D‘Agostino ist seinem Anspruch, die beste Phonovorstufe am Markt zu bauen, zumindest sehr nahe gekommen. Das aufwendige Konzept glänzt mit extrem feiner und präziser Wiedergabe und ermöglicht außerdem Anpassungen an den persönlichen Geschmack wie kein anderes Gerät. 
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