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Wenn viel viel hilft
US-Hersteller VPI hat mit dem Modell „Titan“ einen der ungewöhnlichsten Plattenspieler am Markt im Programm. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich gesagt, dass es auch einer der teuersten ist, aber die Maßstäbe in dieser Hinsicht haben sich gründlich verschoben.
Reden wir zuerst über das Preisthema, dann haben wir das aus dem Weg und können uns mit angenehmeren Dingen beschäftigen: Der Titan kostet 60000 Euro. Und bevor man ihn sinnvoll betreiben kann, sind’s 62000. Da ist noch kein adäquater Tonabnehmer dabei, wohl aber ein Tonarm. Immerhin. Was man dem Titan nicht absprechen kann: Er sieht auch so aus, als ob er teuer wäre – es gibt nämlich reichlich Material fürs Geld. In Zahlen: 55 Kilogramm, im Wesentlichen in Form von Aluminium, Edelstahl und Acryl. Das ist reichlich und dabei ist der Titan beileibe noch nicht das größte Kaliber im Magazin des in New Jersey ansässigen Familienunternehmens.
Der Titan ist ein Ableger der Avenger-Baureihe, die wir Ihnen im Laufe der Jahre in verschiedenen Darreichungsformen hier schon präsentiert haben. Daher resultiert die Grundform des Gerätes: Eine runde Basis ruht auf drei Auslegern, an denen bis zu drei Tonarmen montiert werden können. Dabei ist man keinesfalls auf hauseigene Arme beschränkt, die Anordnung bietet diesbezüglich reichlich Freiheitsgrade, so dass man so ziemlich jeden noch so exotischen Typ montiert bekommt. Einzige Voraussetzung: eine Armbasis, die sich an einen 72 Millimeter durchmessenden Zylinder klemmen lässt.>> Video auf Youtube schauen
Das Gerüst
Beim Titan nun haben (Vater) Harry und (Sohn) Matt Weisfeld das Avenger-Konzept auf die Spitze getrieben. Nicht nur haben sie quasi zwei Avenger-Chassis übereinander angeordnet, zusätzlich haben sie auch noch für eine effektive Entkopplung vom Untergrund gesorgt. Jene stellt sich in Form von Luftfederfüßen dar, von denen einer unter jedem Ausleger platziert wird. Dabei handelt es sich um aus der industriellen Lagertechnik stammende Gummibalgen, die sich mittels eines Fahrradventils befüllen lassen. Je mehr Luft man dort hineinpumpt, desto steifer wird die Feder und umso höher baut sie auch. Die Füße kommen „vorgefüllt“, inwiefern man da von Zeit zu Zeit nachpumpen muss entzieht sich meiner Kenntnis – die Bedienungsanleitung schweigt sich dazu komplett aus. Eine Höhenverstellung ist jedoch auch mittels der Verschraubung zwischen Luftfüßen und Chassis möglich. Jede der beiden Lagen des Chassis besteht aus einem Sandwich aus einer dicken Aluminium- und zwei Acrylplatten. Das gibt nicht nur ordentlich Masse und Steifigkeit, sondern auch eine hohe Resonanzdämpfung. Das doppelte Chassis dient nun nicht einfach dazu, dem Titan Größe zu verleihen, vielmehr muss das Ganze ordentlich Technik beherbergen. Und das liegt an dem extrem aufwändigen Antriebssystem des Gerätes, bei dem zwei Motoren eine Schwungmasse bewegen, die gleichzeitig als Reibrad fungiert, wobei der eigentliche Teller aus zwei magnetisch gekoppelten Teilen besteht. Uff – jawohl, das ist eine Menge, und wir nähern uns den Dingen der Reihe nach.
Die Tellerkonstruktion
Die untere Abteilung des Chassis beherbergt das „Erdgeschoss“ des zweiteiligen Tellers.
Antrieb
In Rotation wird das Ganze über den Antriebsblock versetzt. Dazu gibt’s in dessen Mitte ein Aluminium-“Rad“, das an der Außenseite einen Gummiring trägt. Über diesen Ring wird die Antriebsenergie auf den Doppelstock-Teller übertragen. Dafür braucht’s den richtigen Anpressdruck, der sich mit einer Schraube auf der Rückseite des Antriebsaggregates einstellen lässt. Das „Reibrad“ wird von einem weiteren „Tellerlager“ geführt und bezieht seine Antriebsleistung über zwei Rundriemen von zwei Synchronmotoren. Diese laufen parallel und dadurch mit exakt gleicher Drehzahl. Die ganze Anordnung ist prinzipiell die besonders aufwändige Version eines Kombinationsantriebs, wie zum Beispiel Thorens es vor vielen Jahren schon mit dem Ur-TD124 vorgemacht hat. Mit derartigem Aufwand wie hier allerdings ist das Thema noch niemand angegangen.
Motorisches
Tonarm
Zum Lieferumfang des Titan gehört ein Tonarm, im unserem Fall handelt es sich dabei um die zwölfzöllige Variante des „JMW Memorial“-Arms. Eine überaus solide und im Kern ganz einfache Konstruktion: klassisch-kardanisches Lager, 3D-gedrucktes Tonarmrohr für maximale Steifigkeit und minimale Resonanzen. Der Hersteller verspricht eine effektive Masse von lediglich zehn Gramm, wo ich so meine Zweifel habe: der Arm kommt mit mittelharten und etwas härteren Abtastern schon blendend zurecht. Das gute Stück haben wir Ihnen im Laufe der Jahre schon öfter vorgestellt, so dass wir uns hier nicht nochmals episch darüber auslassen müssen.
Klang
Der VPI bezog eine komfortable temporäre Heimat auf einem schon etwas betagteren Copulare-Plattenspielermöbel. Hier fühlte er sich hörbar wohl, die Entkopplung über die Luftfederfüße funktioniert ausgezeichnet, was bei meinem Massivdielenfußboden nicht immer ganz unproblematisch ist. Unter das Headshell des Zwölfzöllers wanderte das ausgezeichnete Hana Umami Red, was für den größten Teil des Hörtests auch dort verbleiben sollte. Ich will ja nicht leugnen, dass ich zu dem ein oder anderen Detail des großen VPIs anderer Meinung bin, aber: Nach den ersten Tönen aus dem Gespann verliert das schlagartig an Bedeutung: Der Titan klingt so, wie es sein Name vermuten lässt. Mit ausufernder Raumdarstellung und beispielhafter Ruhe. Der extrem aufwändig entkoppelte Antrieb sorgt für eine Schwärze, die Esbjörn Svenssons zerbrechliche Klavierpoesie förmlich leuchten lässt. Die Pianopassagen sind so überzeugend vom Rest der Welt entkoppelt, dass sich ein selten zu erlebendes Maß an Authentizität einstellt. Dann fand Joe Jacksons Klassiker „Night And Day“ seinen Weg auf den Teller. Uff. Die Inbrunst, mit der der Mann hier seinen „Slow Song“ zum Besten gibt stellt sogar meine „Hausreferenz“ aus Air Force III, Reed-Arm und DS-Audio-Abtaster vor Probleme – und das sage ich nicht oft. Ein Quercheck der beiden Laufwerke offenbarte dann auch leicht unterschiedliche Charaktere: Der Japaner ist disziplinierter, exakter, feiner, der Ami ungestümer, direkter. So geht der TechDAS mit Art Pepper etwas lockerer und detailversessener um, während der VPI einfach größer, vordergründiger und engagierter spielt. Und ich wage mir überhaupt nicht auszumalen was passiert, wenn da erst die elektronische Motorsteuerung mit im Spiel ist.
Fazit
Der VPI Titan verkörpert amerikanische Klangideale wie kaum ein zweiter Plattenspieler: Er brilliert mit Größe, Kraft und Farbe, dass es eine wahre Freude ist.Kategorie: Plattenspieler
Produkt: VPI Titan
Preis: um 60000 Euro
Er brilliert mit Größe, Kraft und Farbe, dass es eine wahre Freude ist.
VPI Titan
Für die Älteren unter uns gehören diese Lautsprecher zu den ersten jugendlichen Audiowunschträumen, wie zum Beispiel das Klipschorn oder die Electro Voice Sentry III. Für alle anderen könnte dieser besondere Lautsprecher eine echte Überraschung werden.
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Telefon | 040 53320359 |
Internet | www.audio-reference.de |
Garantie (in Jahre) | 2 Jahre |
Abmessungen | ca. 540 x 310 x 480 mm |
Gewicht (in Kg) | ca. 55 kg |
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