Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: TW Acustic Raven Anniversary


Der Sechste im Bunde

Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 1
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Die Unterhaltungselektronik der letzten Jahre ist nun nicht eben reich an Erfolgsgeschichten. Eines der wenigen erfolgreichen Startups nahm seinen Anfang mitten im Ruhrgebiet. Zum zehnjährigen Geburtstag gibt’s nun etwas Besonderes von TW Acustic

Mitspieler


Tonabnehmer:

 Lyra Atlas
 Clearaudio Goldfinger
 MFSL C3.5

Phonovorstufen:

 MalValve preamp three phono
 Pure Sound P10

Vorstufen:

 MalValve preamp four line
 Rogue Audio Ninety Nine

Endverstärker:

 Rowland Model 725

Lautsprecher:

 Audio Physic Avantera
 Klang + Ton Nada

Zubehör:

 NF-Kabel von van den Hul und Transparent
 Phonokabel Transparent
 Lautsprecherkabel von Transparent
 Plattenwaschmaschine von Clearaudio


Gegenspieler


Plattenspieler:

 Clearaudio Master Innovation / Universal
 Transrotor Fat Bob / Reed 3 


Die Geschichte ist Legende in der Plattenspielerwelt, ich weiß. Trotzdem gehört sie anlässlich des Firmenjubiläums noch mal kurz angerissen: Thomas Woschnick ist eigentlich Berufsschullehrer.

Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 2Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 3Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 4Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 5Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 6Plattenspieler TW Acustic Raven Anniversary im Test, Bild 7
So richtig mit Beamtenstatus. Das könnte sowohl Anfang als auch Ende einer eher wenig erzählenswerten Biografie sein, aber da gibt’s noch was anderes: Tom W. ist auch ein Suchender in Sachen Wohlklang, zudem einer mit solider technischer Ausbildung und dem unbändigen Willen, die Dinge „richtig“ zu machen. Das führt bei ihm in vielen Fällen zu wahren Exzessen in Sachen Handwerkskunst: Die Menge an Maschinenstunden, die in einem TW Acustic- Plattenspieler stecken, sucht ihresgleichen. Das war auch schon 2003 so, als Tom Woschnick das erste Laufwerk unter dem Namen „Raven“ auf Kiel legte. Nachdem der Ur-Raven eine Weile den Analog- Underground aufmischte, erschien in LP 5/2005, also exakt vor acht Jahren, die erste Vorstellung des Gerätes. Spätestens seitdem spielt die „Rabenfamilie“ bei der internationalen Plattenspieler-Couture in der ersten Reihe. Die Webseite von TW Acustic listet derzeit 24 internationale Vertriebe, die produzierten Stückzahlen sind absolut erstaunlich und neben sechs verschiedenen Plattenspielermodellen gibt es seit einigen Jahren auch einen hauseigenen Tonarm, der sich ebenfalls immenser Beliebtheit erfreut (und natürlich auch schon bei uns zu bestaunen war). Für seine Profession als Lehrer bleibt TW verständlicherweise keine Zeit mehr, er ist nunmehr Vollzeit-Analogprofi . Und als Profi gönnt man sich selbst und seinen potenziellen Interessenten anlässlich einer Gelegenheit ein Geburtstagsgeschenk, wobei „Geschenk“ ein sehr relativer Begriff ist: Der „Raven Anniversary“ kostet ohne Tonarm 16.000 Euro, mit dem „Raven 10.5“ genau 20.000. Dafür gibt’s eine fein abgezirkelte Mischung aus bewährten Raven- Zutaten und ein paar exklusive Ideen, resultierend in einer knapp 60 Kilogramm schweren Analog-Skulptur – das ist eine Herstellerangabe, nach der Beschäftigung mit dem Gerät beschleicht mich allerdings der Verdacht, dass die Zahl noch zu niedrig gegriffen ist. Der Trumm braucht eine Stellfläche von mindestens 60 Zentimetern Breite und derer 40 in der Tiefe, elegant verstecken wird bei dem Gerät also nicht so leicht. Auf den ersten Blick sieht das Ganze aus wie die aktuelle Inkarnation des „normalen“ Raven, der mittlerweile Raven AC heißt (und derzeit übrigens 10.900 Euro kostet). Optisch prägendes Element ist hüben wie drüben die grundsätzlich quadratische, an den vier Kanten aber sanft nach innen geschwungene Form, ein bisschen wie die Silhouette eines Schmetterlings. An jeder der vier Ecken könnte ein Tonarm angedockt werden, so dass hier intensiverem Spieltrieb Tür und Tor geöffnet sind. „Könnte“ deshalb, weil eine Besonderheit des Jubiläumsmodells zwei Ecken des Chassis vereinnahmt: Die serienmäßige Tonarmbasis ist neu und soll gegenüber den sonst eingesetzten, an einem Punkt verschraubten Auslegern nochmals mehr Stabilität bringen. Das glaube ich sofort, zumal das sich innen an die Tellerkontur anschmiegende Profil gleich mal aus 30 Millimeter starkem Aluminium gefertigt ist und den Arm absolut unerschütterlich mit dem Laufwerk verbindet. Nun kann man diese Basis zur Einstellung des gewünschten Montageabstandes nicht mehr einfach schwenken, hier musste eine andere Lösung her: Die Aluminiumbank verfügt im hinteren Bereich über eine große ovale Fräsung, in der ein sogenanntes „Inlet“ montiert wird. Dabei handelt es sich um eine tonarmspezifische runde Aufnahme aus Edelstahl, die in der Ausnehmung verschoben werden kann. Über seitlich angebrachte Skalen kann der Wunschabstand genau eingestellt werden, mit vier Verschraubungen wird eine zweite Platte gegen die Unterseite gepresst und so eine kraftschlüssige Verbindung hergestellt. Das ist, wie üblich, eine absolut makellose Konstruktion. Aluminium und Edelstahl hatten wir schon, doch beim Raven Anniversary gibt’s noch mehr Materialien zu entdecken: Die Zarge selbst besteht aus einem Spezialkunststoff auf Delrinbasis. Dieses Material, auch unter dem Kürzel „POM“ bekannt, ist mittlerweile eines der Lieblingsmaterialien der Plattenspielermanufakturen landauf, landab. Aus gutem Grund: Es lässt sich sehr gut zerspanen, hat eine relativ hohe Dichte, eine hohe innere Dämpfung und verzieht sich kaum bei Temperaturschwankungen. Tom Woschnicks Variante allerdings ist keine handelsübliche Plattenware, die Rezeptur enthält die eine oder andere Besonderheit: Seine Platten werden eigens für ihn gegossen. In der eingesetzten Menge sorgt sogar Kunststoff für erkleckliche Masse: Die Laufwerksbasis des Raven Anniversary wiegt 30 Kilogramm. Okay, nicht ganz unschuldig daran ist die große, runde Edelstahlscheibe, die die Lagerachse trägt und für eine perfekte Kopplung zwischen Lager und Basis sorgt. Beim Lager selbst hat TW vor geraumer Zeit eine Änderung eingeführt. Nach wie vor ragt eine 16 Millimeter dicke Hartmetallachse aus der Basis, wir haben es also mit einer invertierten Konstruktion zu tun. Oben eingepresst ist eine Kugel, in früheren Zeiten lief noch ein an die Achse geschliffener Radius gegen den Lagerspiegel. Jener steckt in einer Bronzebuchse im Teller und besteht aus einem Spezialkunststoff namens „S-grün“. Vom an dieser Stelle allgegenwärtigen Teflon hat TW sich schon vor längerer Zeit verabschiedet. Der Teller. Das dicke Ding. Sanft rot glänzend und in vergleichbarer Form nur beim Spitzenmodell „Raven Black Night“ zu sehen. Das Geheimnis: Kupfer. Jede Menge davon. Jenes immens schwere (Dichte: 8,9 g/cm², Stahl hat nur um 7,8) weiche und hoch dämpfende Edelmetall, das sich sonst praktisch keiner an dieser Stelle einzusetzen traut. Dabei ist der Preis für die vier Zentimeter dicke Scheibe nur ein dagegen sprechender Aspekt, noch schwerer wiegen die Probleme bei der Verarbeitung: Kupfer kann nur von absoluten Könnern des Fachs zerspant werden. TW gab mir bei der Anlieferung des Laufwerks denn auch die Bitte mit auf den Weg: „Pass auf den Teller auf, da stecken volle zwei Tage Arbeit drin.“ Dass er’s kann, steht außer Frage: Der Kupferblock ist ein wundervolles Stück Präzisionsmechanik. Inklusive unten angeschraubter, zwei Zentimeter starker Kunststoffplatte, selbstverständlich alles zusammen inklusive Lager an einem Stück auf Maß gedreht. Noch präziser kann man derlei Dinge schlicht nicht herstellen. Links vom Laufwerk kommt nach guter alter TW-Tradition der Motor zu stehen. Die schwere „Dose“ beherbergt einen tiefgreifend modifizierten Industrieantrieb, der merklich ruhiger läuft als das ohnehin schon gute Original. Diesen Motor – zumindest in seiner Basisversion – haben mittlerweile auch andere Hersteller für sich entdeckt, die Ehre des „Ausgrabens“ jedoch gebührt Tom Woschnick. Jener Antrieb bezieht seine Energie aus einem separaten Speiseteil, das über die Jahre immer wieder mal leicht überarbeitet wurde. Die aktuelle Variante steckt in einem formschönen Aluminiumgehäuse und trägt an der Front sechs mit ringförmig eingelassenen Leuchtdioden beleuchtete Taster. Die Bedienung ist denkbar einfach: Drei Taster wählen die Geschwindigkeit (33, 45, aus), die drei anderen erlauben deren Feineinstellung (schneller, langsamer, speichern). Einmal für jede Drehzahl eingestellt, hat man damit praktisch nichts mehr zu tun – es sei denn, der steife, nahtlos gefertigte Spezial-Antriebsriemen ist irgendwann so dünn „genudelt“, dass die geänderte Übersetzung merklichen Einfluss auf die Tellerdrehzahl nimmt – aber das dürfte dauern. Bleibt dieses Prachtstück von Tonarm (siehe LP 2/2010). Zehneinhalb Zoll lang, kardanisch gelagert und ein konsequentes No-Nonsense-Design. Mit 14 Gramm effektiver Masse verträgt er sich mit einer Vielzahl von Tonabnehmern. Lagerung: extrem leicht laufende Kugellager in beiden Ebenen. Armrohr: Aluminium, eloxiert, gerade. Besondere Beachtung verdient die butterweiche Höhenverstellung per großformatiger Rändelmutter – allerdings kann man streiten, ob die zum Tonarm oder zur Armbasis gehört. Kaum weniger sanft gelingt das Nivellieren des Laufwerks über die frei mit Feingewinden versehenen Stellfüße; die sind übrigens neu und zieren ab sofort auch die kleineren Raben. Wer übrigens über einen älteren Raven oder gar einen aktuellen AC verfügt, kann durchaus in den Genuss der Meriten des Jubiläumsmodells kommen: TW rüstet auf Wunsch alles nach, was das Herz begehrt. Und Begehrlichkeiten wird’s geben, wenn man dem Anniversary erst einmal sein Ohr geliehen hat: Das ist Plattenspielerkunst auf höchstem Niveau. Im Laufe der sechzehneinhalb Minuten von Tacets hervorragendem „Rückwärts-Bolero“ lässt sich das eindrucksvoll erfahren – besonders dann, wenn ein Kaliber wie das Lyra Atlas als Abtaster fungiert. Bereits zu Beginn nämlich fällt die extreme Laufruhe des Raven auf. Rillengeräusche? Kaum. Auch bei den wirklich leisen Passagen nicht. Das ist in dieser Hinsicht (und nur in dieser) von einer wirklich guten Digitaleinspielung praktisch nicht zu unterscheiden, und das will etwas heißen. Wenn’s laut wird, brilliert diese Kombination mit enormem Klangfarbenreichtum, offenbart das Timing und auch dessen Ungenauigkeiten perfekt. Dabei klingt’s nicht einmal betont wuchtig, sondern perfekt akkurat, frei von unerwünschten Nachschwingern und Aufblähungen: Der Witz an der Sache ist die Präzision, nicht die schiere Power. Absolute Unerschütterlichkeit im Bass beweist das in dieser Hinsicht extrem anspruchsvolle Massive-Attack-Album „Heligoland“ – das rollt so mühelos und abartig tief, dass es eine wahre Freude ist. Diese Tugenden erinnern mich verstärkt an den Raven Black Night; inwieweit der Dreimotorenantrieb hier noch eins draufzusetzen vermag, traue ich mich aus der Distanz nicht zu beurteilen. Der Anniversary jedenfalls ist eine wundervolle Geburtstagsüberraschung: Tommy Schneiders Hammond-Orgien blasen unverschämt frisch und aufgeräumt durch den Hörraum und Nick Cave, der alte Schwerenöter, verbreitet auf „Push the Sky Away“ Lust und Frust mit absoluter Überzeugungskraft.

Fazit

Der Jubiläums-Raven ist die bislang vielleicht gelungenste Verbindung aller in zehn Jahren entstandenen TW-Acustic-Errungenschaften: Er arbeitet so leise wie praktisch kein anderer und klingt dabei meisterlich explosiv und detailliert.

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Produkt: TW Acustic Raven Anniversary

Preis: um 16000 Euro

9/2013
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb TW Acustic, Herne 
Telefon 02325 668484 
Internet www.tw-acustic.de 
Garantie (in Jahre)
B x H x T (in mm) 550/200/400 
Gewicht (in Kg) 60 
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Autor Holger Barske
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Datum 03.09.2013, 09:47 Uhr
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