Der junge und/oder designorientierte Mensch von heute hat es beim Plattenspielerkauf ja auch nicht leicht. Die Auswahl reduziert sich im Wesentlichen auf „Bohrinsel“ oder „Brett“. Dass es auch ganz anders geht, zeigt uns – wie könnte es anders sein – eine britische Firma
Mitspieler
Tonabnehmer:
Denon DL103 103R
Benz Ace L
Nagaoka MP-300 und 500
Phonoverstärker:
Unison Phono One
Linn Uphorik
Verstärker:
EAR 868
Hepos und SymAsym nach K+T
MalValve Preamp Three und Poweramp Three
WLM Sonata Integrated
Lautsprecher:
Audio Physic Scorpio 25
Tannoy Definition DC8 T
K+T CT246
Zubehör:
Netzleiste, -kabel: PS-Audio, HMS
Phonokabel Furutech, Nordost, Audioquest
NF-Kabel: Van den Hul, Horn Audiophiles
Lautsprecherkabel: Silent Wire
Racks, Basen, Unterstellfüße: SSC, Thixar
Gegenspieler
Plattenspieler:
Scheu Premier III mit SME 309
Transrotor Fat Bob S mit SME 5009
Transrotor Fat Bob mit Kuzma 4-Point
Aus der Urheimat des skurrilen Humors stammt er, der Funk Firm Vector mit seinen geschwungenen, schmalen Hüften und dem weit überkragenden Teller, der mit seinen nicht einmal 5 Kilo alle Prinzipien über Bord wirft, die anspruchsvollen Plattenspielerbau auszumachen scheinen. Ich spreche ganz bewusst von „scheinen“, sieht es doch so aus, als wären auch der Vector und sein großer Bruder Saffire eine Erfolgsgeschichte: Bereits die dritte Auflage des Geräts ist es, die seit der Gründung von Funk Firm im Jahr 2005 die Werkshallen verlässt – man ruht sich in London nicht auf der einmal geschaffenen Grundform aus, sondern ist fleißig am Weiterentwickeln.
Die Geschichte reicht jedoch auch zurück in die Vergangenheit, in der Arthur Khoubesserian bereits verantwortlich zeichnete für den seinerseits Pink Triangle, einen der vielen legendären britischen Plattenspieler aus den Hochzeiten der Schallplatte. War der Pink optisch noch recht konventionell, ist das minimalistische Design definitiv in den 2000er-Jahren angekommen: Ungewöhnliche Formen und Farben fügen sich zusammen zu einem Ganzen, das vielleicht nicht jeder mögen wird, das aber sicherlich keinen kalt lässt. „Jugendlich“ ist ein Attribut, das man ihm sicherlich zuschreiben kann – obwohl er auch sehr gut auf einem Nierentischchen stehen könnte, das aber nur nebenbei. Skeptiker werden jetzt sagen, dass man ja im Prinzip jedem normalen Brettspieler dieses Design verpassen könnte – einfach die Innereien in eine einigermaßen schicke Zarge verfrachten. Das ist im Prinzip richtig, nur hat man dann noch lange keinen Funk Firm – die Innovationen machen auch vor der Technik nicht Halt. Ist die Formgebung der „Zarge“ noch eher der Optik geschuldet, haben die drolligen Kugelfüße schon einen weitaus tieferen Sinn: Die Kugeln sind durch ihren recht großen Durchmesser und das verwendete Material – Sorbothan – hoch dämpfend und bieten dem Leichtgewicht einen einigermaßen trittschallgeschützten Stand. Unterstützende Maßnahmen in Form eines Racks oder einer Wandhalterung sind natürlich immer willkommen – beim Hersteller arbeitet man an einer eigenen Basis inklusive Haube. Zur Sicherung der Kugeln gegen Verrutschen liegen dem Vector ORinge bei. Traditionell verwendet Khoubesserian für den Antrieb einen Gleichstrommotor – laut eigenen Angaben war er bei seinem Pink Triangle der Erste, der in einem hochwertigen Plattenspieler einen solchen eingebaut hat. Die Qualität eines DC-Motors im Antrieb steht und fällt mit dessen Steuerung, die die Drehzahl konstant hält. Funk Firm hat hier eine stabile Lösung gefunden, die so gut arbeitet, dass sie als Alternativkonzept für diverse andere Plattenspieler angeboten wird, unter anderem den altehrwürdigen Linn LP12. Ein weiteres spannendes Detail offenbart der Vector unter dem Teller: Man sieht nicht etwa die altbekannte Pulley-Subteller- Anordnung, sondern eine Formation mit zwei zusätzlichen Umlenkrollen, die die Kraftvektoren (sic!) des Riemens gleichmäßig auf den Subteller verteilen. Diese namensgebende Antriebsformation egalisiert die normalerweise einseitig auf die Tellerachse wirkende Zugkraft des Riemens. Das Tellerlager hat dementsprechend viel Spiel – es wird ja im laufenden Betrieb vom Riemen stabilisiert und besitzt ansonsten eine minimale Reibungsfläche zwischen Dorn und Buchse. Die stehende Lagerachse schließt oben mit einer Saphir- Lagerpfanne ab – das Gegenstück dazu, eine Stahlkugel, befindet sich oben in der Buchse im Subteller. Eine weitere, Funk-Firm-eigene Entwicklung ist der „Achroplat“ genannte Hauptteller, eine Fortführung der Achromat- Tellermatte. Ein Achromat ist in der Optik ein Glas oder eine Linse, die auf maximale Farbneutralität beim Lichtdurchlass getrimmt ist – die besten Kameraobjektive besitzen solche Elemente. Der Name ist also Programm: Die aus geschäumtem Vinyl bestehende Matte, die auch im Achroplat eingearbeitet ist, soll für eine absolut verfärbungsfreie Wiedergabe sorgen. Durch sein markantes rotes Armrohr sorgt der F.XR-Tonarm (sprich „F Dot X“) dafür, dass er neben all der Laufwerksherrlichkeit nicht untergeht. Der Kennerblick verrät es: Grundsätzlich ist es ein Rega – und zwar ein RB301. Die Mechanik wurde nur insofern verändert, als dass neue Lager eingebaut wurden. Das Tonarmrohr, das ja schon in der Werksversion nicht so schlecht ist, wurde aber kurzerhand entfernt und durch eine Eigenkonstruktion ersetzt. Das schlanke rote Armrohr ist aus Aluminium, das im Inneren durch eine durchgehende Kreuzmatrix aus Kohlefaser versteift wird. Hierdurch entsteht eine extreme Steifigkeit – nach den Resonanzmessungen auf der Funk-Firm-Webseite schlägt der F.XR in Sachen Resonanzvermeidung jeden anderen Tonarm. Wer sich ein bisschen auskennt, kann aus den Vergleichsmessungen sehr schön herauslesen, welche Konkurrenten denn da gemeint sind. Vorne am verdreh- und verschiebbaren Headshell ist das ab Werk empfohlene MM-System Ortofon OM40 Super montiert – eine Entscheidung für einen Klassiker. Den Ortofon OM- und OMB-Systemen sieht man ihre Verwandtschaft zu DJ-Systemen deutlich an. Nichtsdestotrotz kann man mit den voll kompatiblen Nadeleinschüben OM5 bis OM40 Super eine ganz beachtliche Wiedergabequalität erreichen, vor allem mit dem Letztgenannten, der eine sehr scharfe Fritz-Gyger-Nadel sein Eigen nennt. Und schließlich: Durch sein sehr spezielles Aussehen passt das Ortofon optimal zu dem außergewöhnlichen Vector. Bei allen Hörtests halte ich den ersten unvoreingenommenen Eindruck für eminent wichtig – beim Funk Firm war das mit der Neutralität gar nicht so leicht, bin ich doch im Vorfeld extrem neugierig (und skeptisch) gemacht worden. Es kursieren ja Berichte, die dem Spieler geradezu magische Fähigkeiten zuschreiben. Dazu kommt noch die, sagen wir einmal, recht selbstbewusste Eigendarstellung des Firmeninhabers. Ich gebe zu, so etwas animiert mich immer dazu, es einem Gerät innerlich schwer zu machen. Aber: Der Vector III war mir dann doch schon beim ersten Ton sympathisch – die Musik erschien mir – spontan eingeordnet – auf dem rechten Fleck zu sein, nichts fehlte oder war zu viel. Das heißt, fast nichts: Der recht scharfe Nadelschliff des Ortofon machte mir durch deutliches Knistern schmerzhaft bewusst, dass ich einige meiner Lieblingsplatten einmal wieder gründlich reinigen oder sogar neu kaufen darf. Das OM40 revanchiert sich aber mit einer sehr offenen und pointierten Hochtonwiedergabe. Pointiert, nicht überbetont: Impulse mit höherer Frequenz werden sauber und vor allem sehr schnell wiedergegeben und klingen rasch ab – ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendwo in der Anlage Energie hängen bleibt oder verzögert weitergegeben wird. Der Effekt ist teilweise dramatisch: Ich hätte nicht gedacht, dass in den Akustikgitarren bei uralten Bob- Dylan-Aufnahmen so viele Dynamik steckt – und so viel filigrane Details. Das Beste am Funk Firm: Diese Trägheitslosigkeit besitzt er nicht nur in den Höhen, sondern setzt sie konsequent im ganzen beackerten Spektrum um. Sogar der Bass kommt mehr als souverän – nicht als grobmotorischer Koloss, sondern ebenso ansatzlos und direkt wie die Höhen. Ich spreche hier nicht vom trockenen Bass anderer Plattenspieler in der Gewichtsklasse des Funk Firm, die ihre Sauberkeit im Tieftonbereich durch eine leichte Pegelschwäche erkaufen. Der Vector spielt in Sachen unterer Grenzfrequenz unzweifelhaft bei den großen Jungs mit – was ihm hier an stoischer Ruhe und „Breitwand“ vielleicht fehlt, macht er locker durch seine hohe Schnelligkeit wett. Als sehr wohltuend habe ich die ganze Zeit über die „Bescheidenheit“ des Vector empfunden: Er präsentiert oder moderiert die Musik nicht, legt keinen Wert auf eigene Präsenz im Geschehen, sondern lässt die Scheiben einfach laufen. Rein gefühlsmäßig klingt die Anlage wirklich mehr nach „Direct-Schalter“ – alle klangbeeinflussenden Faktoren scheinen aus dem Weg zu sein. Diese astreine Neutralität, gepaart mit der famosen Dynamik und Schnelligkeit führt zu einer klaren Empfehlung mit Sternchen!
Fazit
Wer sich mit der frischen Optik anfreunden kann, der hat es leicht bei der Kaufentscheidung – der Klang ist über alle Zweifel erhaben. Alle anderen, die sich mit dem Aussehen etwas schwertun, sollten einfach beim Probehören vielleicht die Augen schließen, dann erledigt sich die Entscheidung von selbst.