Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Rega Planar 10 / Apheta 3


Viel mehr wenig

Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 1
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Eigentlich hatte es nur eine leichte Überarbeitung des RegaSpitzenmodells RP10 werden sollen, aber wie das so geht: Der neue Planar 10 ist ein weitgehend neuer Plattenspieler geworden

Moment, Moment – es hat ihn wirklich gegeben, den Rega „Naiad“? Jenes sagenumwobene Plattenspieler-Fabelwesen, das in Sachen Leichtbauweise alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt haben soll? Man hat ihn zum Preis von rund 30.000 Euro tatsächlich kaufen können? Da bin ich baff – bis zu uns ist das augenscheinlich stückzahlmäßig limitierte Jubiläumsmodell anlässlich des 40-jährigen Firmengeburtstags nämlich nicht durchgedrungen, und auch im Netz sind die Informationen zu dem Gerät eher dünn gesät. Jedenfalls war er das dann wohl, der  komplett kompromisslose Technologieträger, an dem Rega seine charakteristische Steif- und Leichtbauweise auf Spitze getrieben hat.

Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 2Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 3Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 4Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 5Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 6Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 7Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 8Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 9Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 10Plattenspieler Rega Planar 10 / Apheta 3 im Test, Bild 11
Verloren sind die die dort gewonnenen Erkenntnisse jedoch auch für uns Normalsterbliche nicht: Rega listet den RP10 als neues Spitzenmodell, und jener hat ordentlich von den Features des Naiad abbekommen. Als ich den RP10 auspackte, dachte ich einen kurzen Moment lang, einem Scherz zum Opfer gefallen zu sein: Das soll die Basis eines Spitzenplattenspieler sein? Jenes superfiligrane Ding aus … ja, aus was denn eigentlich?

Das wiegt so viel wie ein Stück Verpackungsschaum, das kann doch nicht ernsthaft das neue dicke Ding sein? Und wie es das kann: Roy Gandy wäre nicht die Konstrukteurslegende, die er zweifellos ist, wenn er seine ganz eigenen Ansichten zum Thema Plattenspieler nicht bis zum Exzess auf die Spitze getrieben hätte, und das hier ist sie, die Spitze: ein vielleicht anderthalb Kilo leichtes Konstrukt aus fast nichts. Und genau darum geht es. Getreu dem hauseigenen Motto: „Masse speichert Energie und gespeicherte Energie ist ein Verlust an musikalischer Information“ hat man die Reduktion bei der Zarge auf ein neues Level gehievt: Im Vergleich zur Trägerkonstruktion hier wirkt die des Vorgängers RP 10 geradezu voluminös. Die „Knochen des Skeletts“ waren dort in der Tat deutlich dicker als beim neuen Laufwerk. Der Grund dafür, dass das jetzt ohne Verlust an Stabilität möglich war, ist im neuen Materialmix für die Konstruktion zu suchen: Die tragende Struktur ist nach wie vor ein von zwei dünnen Platten eingefasster Schaumkern. Die Platten bestehen aus Papier und Melaminharz, beides wird unter hohem Druck verpresst. Heraus kommt ein Material namens HPL mit für diesen Job idealen Eigenschaften. Alternativ kann man auch witterungsbeständige Tischplatten draus machen, dann darf‘s auch etwas  dicker sein als die hier verwendeten Bruchteile eines Millimeters. Die Verbindung zwischen den beiden Platten besorgt nunmehr geschäumtes Polyurethan namens „Tancast 8“. Das hat nun eher wenig mit dem PU-Schaum zu tun, den Sie am letzten Wochenende aus der Sprühdose hinter die Zarge Ihrer neuen Wohnzimmertür gesprüht haben. Wenn Sie allerdings auch solchen ausgehärteten Schaum schon mal in der Hand gehalten haben, dann wissen Sie, worum es geht: Dieses Zeug ist verdammt leicht und stabil.

Beim RP10 konnte man das rudimentäre Chassis noch mit einer rechteckigen Platte mit entsprechendem Ausschnitt zu einer „richtigen“ Grundplatte ergänzen, was das Anbringen einer klappbaren Abdeckhaube ermöglichte. Das geht beim neuen Planar 10 nicht mehr. Trotzdem gibt‘s eine Abdeckung in Form einer schlichten Acrylplatte mit Ausformung für den Tonarm. Ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber ohne Fehl und Tadel.

An zentraler Stelle im HPL-Schaum-Skelett steckt das ziemlich niedliche Tellerlager des Planar 10. Klar ist es klein und leicht, was an dieser Stelle noch einen einsichtigen Grund hat: Je kleiner die aneinander reibenden Flächen sind, desto weniger Geräusche produziert das Lager. Und da es hier keinen brachialen Metallzylinder tragen muss, tut‘s ein schlichter 8 Millimeter durchmessender und 40 Millimeter langer Stahlstift mit unten angedrehtem Konus. Der rotiert in einer kompakten Messinghülse, ein Spiegel aus nicht näher spezifiziertem Material nimmt die vertikalen Kräfte auf. Das kompakte Lagergehäuse ist „cleverly mounted“, also so in die Zarge eingepasst, dass nur minimaler Energietransfer in die Grundplatte möglich ist. Am oberen Ende der Lagerachse ist der Subteller angebracht. Das ist eine erstaunlich massive Aluminiumscheibe mit ganz besonders profi lierter Oberfläche: Der Plattenteller selbst liegt nur auf sechs kleinen Stegen am Ran des Subtellers auf – das Prinzip kennen wir schon von anderen Rega-Plattenspielern. Der nun folgende Plattenteller ist so ziemlich das einzige Teil, das weitgehend unverändert vom Vorgänger übernommen wurde: Der weiße Teller besteht aus einem unter hohem Druck und reichlich Temperatur verpressten Keramikpulver. Der so entstandene Rohling wird anschließend auf einer Drehmaschine in Form gebracht. Und zwar mit Diamantwerkzeugen, anders wird man der ultraharten Keramik nicht Herr. Der Teller ist trägt den Hauptteil seiner Masse außen am Rand – dort trägt sie am effektivsten zum Trägheitsmoment bei Den Übergang zur Schallplatte besorgt eine eher unspektakuläre Filzmatte der dünnen und harten Art. Den Abtrieb des Tellers besorgt ein 24-VoltSynchronmotor. Dieser ist nunmehr ziemlich trickreich von unten in der Zarge aufgehängt. Das sorgt für minimalen Stress auf dem Motorgehäuse, was den Motor selbst ruhiger macht und Vibrationen am Pulley minimieren hilft. Zur Ansteuerung des Motors gibt‘s das luxuriöse Speiseteil „P10 PSU“. Darin sorgt eine ziemlich aufwändige Elektronik für eine optimale Ansteuerung des Motors, was abermals für minimale Vibrationen sorgen soll. Dazu werden Motor und Speiseteil im Werk aufeinander abgeglichen, was durchaus Sinn ergibt: Minimale Veränderungen bei der Phasenlage der beiden Steuerspannungen können das Verhalten des Motors nachhaltig beeinflussen.

Drei Jahre Arbeit stecken angeblich in den beiden neuen Antriebsriemen, die die Verbindung zwischen Motorpulley und Subteller besorgen. Die Gummimischung ist neu und so homogen wie nie, sprich: Die Elastizität der Riemen ist an jeder Stelle konstant. Dank neuer Fertigungsmethoden sind die Gummis außerdem extrem genau rund von konstantem Durchmesser: In den hier zur Debatte stehenden Dimensionen sind die Details entscheidend. Rechts hinten auf diesem Rest einer Plattenspielerzarge sitzt – richtig, der Tonarm. Beim Planar 10 heißt er RB3000 und bevor wir ihn näher in Augenschein nehmen, gilt es noch die beiden „Brücken“ zu inspizieren, die bei Rega die Verbindung zwischen Tellerlager und Armbasis besorgen, an dieser Stelle nämlich sei eine leichte und stabile Verbindung unabdingbar, so der Hersteller. Den Job machen hier zwei gelochte Profile: Das auf der Oberseite besteht neuerdings aus Keramik, das auf der Unterseite aus Phenolharz. „Double Brace Technology“ heißt das bei Rega.

Der RB3000 nun ist die jüngste Inkarnation jenes kardanisch gelagerten Erfolgsmodells, das seinerzeit mit dem berühmten RB250 seinen Siegeszug um die Welt antrat. Mit dem Urahn hat der RB3000 jedoch nur noch auf den ersten Blick zu tun. Das blank polierte Aluminium-Armrohr trägt die kompromissloseste Lageranordnung, die Rega je gefertigt hat: Die vorgespannte und auf einen Tausendstel Millimeter genau montierte Lagereinheit für die Vertikalbewegung ist leicht und leichtgängig wie nie, was den Arm praktisch reibungsfrei führt und kein merkliches Spiel mehr aufweist. Die ganze Konstruktion funktioniert komplett ohne Kleber, sie ist einfach zusammengesteckt, so klein sind die Toleranzen. Und am vorderen Ende des Tonarms? Da hat Rega den brandneuen MC-Abtaster Apheta 3 montiert. Man muss den Abtaster nicht miterwerben, mit 6.000 Euro gibt es allerdigs einen attraktiven Paketpreis. Jener Abtaster ist Regas jüngster Versuch, ein MC ohne Spannfaden und Dämpfungsgummi zu bauen. Letzteren braucht‘s wegen der unvermeidlichen Resonanzen der Einspannung und ist etwas, das der Rega-Philosohphie mit minimaler Dämpfung und Masse völlig zuwiderläuft. Beim Einsparen dieser Dinge ist man im Laufe der letzten 15 Jahre weit gekommen und hat mit dem jüngsten Apheta nunmehr einen Abtaster an der Hand, der perfekt mit den neuen Plattenspielermodellen Planar 8 und Planar 10 harmonieren soll. Gegenüber dem Vorgänger hat man die Einspannung des FineLine-Diamanten geändert, außerdem haben die Spulen erheblich abgespeckt, was dem Ideal minimal bewegter Masse entgegenkommt. Als optimalen Spielpartner empfiehlt Rega eine Vorstufe aus eigenem Hause, die ermöglichen es nämlich, dem Abtaster einen relativ großen Kondensator parallel zu schalten, was diese Abtaster gerne haben. Freundlicherweise stellte man uns die testbewährte und anerkannt großartige Aura Reference zur Verfügung, die kann das nämlich mit Werten zwischen 1000 und 5700 Picofarad.

Die Richtigkeit hinter all den Überlegungen zur Reduktion von Energiespeichereffekten erschließt sich beim Musikhören mit dieser Kombi innerhalb weniger Takte. Man könnte zum Beispiel Nina Simones Klassiker „My Baby Just Cares for Me“ zu Rate ziehen und davon völlig überfahren werden. Das Rega-Quartett bringt die über 50 Jahre alte Aufnahme mit so viel Drive und Inbrunst, dass einem schwindlig wird. Klar klingt das alt, aber die Essenz ist da, sowohl in der Stimme als auch beim Klavierspiel. Inbrunst lautet das Zauberwort: Über die Regas tönt Stuart A. Staples  vom neuen Tindersticks-Album so dermaßen auf den Punkt entspannt und routiniert, dass die Perfektion dieses Albums fast greifbar im Raum steht. Die Regas haben keinerlei Mühe mit irgendwas, sie spielen im Zweifelsfalle mit weniger Fülle als mit zu viel davon, liefern einen sehr seidigen und realistischen Hochtoneindruck – großartig. Alles richtig gemacht.

Fazit

Nicht trotz, sondern wegen der extrem reduzierten Physis spielt das neue Rega-Plattenspielermodell so agil, flüssig und geschmeidig. Wer ihn mit dem Apheta 3 und einer Rega-Phonovorstufe kombiniert, begreift unmittelbar, wie wunderbar das Rega-Klangideal ist.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Rega Planar 10 / Apheta 3

Preis: um 6000 Euro

4/2020
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb TAD Audiovertrieb, Aschau 
Telefon 08052 9573273 
Internet tad-audiovertrieb.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
Abmessungen 420 x 125 x 315 (Player) 218 x 80 x 320 mm (PSU) 
Gewicht (in Kg) 4,7 / 3 Kg 
Unterm Strich ... » Nicht trotz, sondern wegen der extrem reduzierten Physis spielt das neue Rega-Plattenspielermodell so agil, flüssig und geschmeidig. Wer ihn mit dem Apheta 3 und einer Rega-Phonovorstufe kombiniert, begreift unmittelbar, wie wunderbar das Rega-Klangideal ist. 
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Datum 11.04.2020, 10:02 Uhr
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