Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Pear Audio Blue Kid Thomas/Cornet 2


Mehr Sein als Schein

Plattenspieler Pear Audio Blue Kid Thomas/Cornet 2 im Test, Bild 1
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Sein spannendes Produkt wird von spannenden Leuten gemacht. Im Falle dieses Plattenspielers geht es um zwei äußerst faszinierende Charaktere

Was ist er denn eigentlich – Tscheche? Slowene? Genau kann ich´s Ihnen gerade nicht sagen. Fest steht aber, das Peter Mezek seit über 40 Jahren seine Finger immer dann im Spiel hat, wenn irgdendwo in Mittel- bis Südosteuropa Interessantes in Sachen HiFi passiert ist. Erinnern Sie sich noch an den in Tschechien gefertigten Tangentialplattenspieler von Rational Audio? Die herrlich schlichte Konstruktion klang hervorragend, war für einen ernsthaften kommerziellen Erfolg aber wohl einfach zu schräg. Peter Mezek war einer der beiden Macher des Gerätes. Das war beileibe nicht der Beginn seiner analogen Leidenschaft: Er verdingte sich als Vertrieb für Linn und Well Tempered, bekanntermaßen beides Produkte, von denen man sehr viel lernen kann.

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Peter Mezek war sehr gut mit der zweiten Schlüsselfigur hinter den Pear Audio-Plattenspielern befreundet, nämlich mit dem Briten Tom Fletcher. Ja, genau der, der seinerzeit Nottingham Analogue gegründet und über viele Jahre erfolgreich geführt hat. Tom Fletcher ist bedauerlicherweise vor einigen Jahren verstorben. Im Vorfeld hatte er bereits beschlossen, Peter Mezek mit dem Erhalt seines konstruktiven Erbes zu betrauen, gänzlich unabhängig von Nottingham Analogue. Daraus ist im Laufe der Zeit im Portfolio von Peter Mezek eine Produktlinie namens „Pear Audio Blue“ erwachsen. Sie besteht derzeit aus vier Plattenspielern und zwei Tonarmen, die bis unters Dach mit Fletchers Gedankengut realisiert worden sind. Jedes Produkt der Reihe wird bei Mezek in Slowenien per Hand von einem kleinen Team gebaut und auf die Reise gebracht. Der Pear Audio Blue „Kid Thomas“ nebst Tonarm „Cornet 2“ ist das größte Besteck, das Mezek im Angebot hat. Das Laufwerk ist bei uns für 6500 Euro zu haben, der Arm für 2500. Die Typenbezeichnung des Plattenspielers erinnert an den amerikanischen Jazz-Trompeter „Kid“ Thomas Valentine. Wie schon die Plattenspieler, die Fletcher zu seinen Lebzeiten baute, muss man auch Mezeks Varianten mit etwas anderen Augen betrachten. Wer sich für die Ästhetik massiven CNC-zerspanten Metalls begeistern kann, der wird mit den auf den ersten Blick schlichten Konstruktionen eher wenig anfangen können. Lassen Sie sich jedoch versicher: Hier steckt nichts drin, was in Form und Materialwahl nicht ganz genau überlegt und vielfach ausprobiert worden ist. Viele Details haben wir in gleicher oder ähnlicher Form schon bei Nottingham Audio oder Fletchers spätem eigenen Unternehmen Tom Fletcher Audio gesehen. Ich bin davon überzeugt, dass hier reichlich Ärger bezüglich irgendwelcher Verwertungsrechte in der Luft liegt, aber das soll unser Problem an dieser Stelle nicht sein. „Kid Thomas“ ist ein auf den ersten Blick schlichtes riemengetriebenes Laufwerk. Die Laufwerksbasis wird von zwei übereinander angeordneten, mit voneinander und von der Stellfläche   per Gummifüßen entkoppelten Massivholzplatten gebildet. Die Form der Platten, das verwendete Material sowie die Oberflächengestaltung waren dem Vernehmen nach Gegenstand intensiver klanglicher Untersuchungen, genau so wie das Material der Gummifüße. Die Bemerkung, dass gerade diese verdächtig nach Standard-Selbstklebeware aussehen, würde ich natürlich nie machen. Tellerlager und Tonarmbasis sind auf der oberen Basisplatte befestigt, streng genommen wäre der Plattenspieler auch ohne die untere Platte funktionstüchtig. Wenn da nicht ein kleines Detail wäre, dessen Funktion ich nicht sofort begriffen habe. Unterhalb des Tellers ist eine runde Plastikwanne in die untere Basisplatte eingelassen. Durch eine Bohrung in deren Boden ragt ein Stück Gummischlauch schräg nach oben. In der oberen Basisplatte ist an gleicher Stelle ebenfalls eine zylindrische Öffnung vorhanden, durch die der Schlauch ebenfalls ragt. Was soll das denn? Das Ding schleift doch am Teller? Ist das eine Überbleibsel von der Verpackung? Oder eine Transportsicherung? Mitnichten. Das soll an der Tellerunterseite schleifen. Das Lager der des elf Kilogramm schweren Aluminiumtellers ist nämlich so leichtgängig, dass er Drehbewegung keinen nennenswerten Widerstand entgegenbringt. Genau den will der Konstrukteur aber: Eine definierte Hemmung verhindert ein Taumeln des Tellers um die Nenndrehzahl und sorgt für konstanten Zug am Antriebsriemen. Unorthodox, aber durchaus clever. Auch mit dieser Hemmung dreht sich der schwere Teller übrigens noch ziemlich lange, wenn er einmal läuft. Das Lager selbst ist von konventioneller Bauart, ein recht dünner Stahlstift steckt in einer Bronzebüchse in der Basis. Die vertikalen Kräfte fängt eine sehr kleine Lagerkugel auf. Die reibenden Flächen wurden hier bewusst gering gehalten, so sorgt man für minimale Geräusche aus dem Lager. Ein so schwerer Aluminiumteller neigt natürlich zum Klingeln. Hier nicht, er wird nämlich am Außenrand von zwei umlaufenden Gummischläuchen bedämpft. Da funktioniert ausgezeichnet, wie die „Klopfprobe“ eindrucksvoll beweist. Die Schallplatte kommt auf einer dünnen und relativ harten Schaumstoffmatte zu liegen. Der Antriebsmotor steht in einer Aussparung links im Laufwerk. Das recht große Pulley hat zwei Eindrehungen für 33,3 und 45 Umdrehungen, den sehr weichen Gummiriemen muss man per Hand in die jeweilige Rille bugsieren. Der Antriebsmotor ist ein Typ mit extrem wenig Drehmoment. Das Laufwerk durch simples Einschalten zum Drehen zu überreden ist illusorisch – das soll auch gar nicht so. Außerdem gibt´s gar nichts zum Einschalten, der Motor darf ständig am Netz sein. Wenn der Teller stillsteht, dann vibriert der Motor sanft vor sich hin, das macht ihm aber nichts. Sie wollen Musik hören? Dann dürfen Sie den Teller kräftig anschieben, dann klappt´s auch mit der Nenndrehzahl. Optional gibt´s übrigens ein Netzteil, dass den Motor mit in der Frequenz einstellbarer Spannung versorgt und damit eine Drehzahlfeineinestellug erlaubt. Es kostet 2200 Euro extra, im Paket geht´s günstiger. Der Vertrieb hat allerdings schon eine neue Version der Stromversorgung angekündigt. Die Einflüsse des Kästchesn sind übrigens deutlich hörbar und verleihen dem Geschehen noch ein wenig mehr Transparenz und Audruck. Das mit dem schwächlichen Motor hat natürlich Methode: Ein so „weicher“Antrieb generiert kaum merkliches Polrucken, das zum Teller transportiert werden kann, der weiche Riemen tut ein Übriges beim Abfangen solcher Störungen. Der Motor steckt in einer Hülse aus dem bekannten Kunstoff POM (Delrin, …) und ist durch simples Verschieben in der ihn umgebenenen Halterung in der Höhe verstellbar. Den Kunststoff mit seinen exzellenten Dämpfungseigenschaften finden wir bei der Armbasis wieder; diese residiert an gewohnter Stelle rechts hinten auf dem Laufwerk. Der Tonarm „Cornet 2“ ist der größere der beiden hauseigenen Arme und ist mit zehn Zoll optimal lang. Vom Hersteller wird er als Einpunktkonstruktion mit spezieller Lagerkonstruktion, bei dem ein Material mit besonderen Fließeigenschaften eine zentrale Rolle spielen soll tituliert. Die Beschreibung der Konstruktion habe ich nicht verstanden, sorry. Für mich sieht´s aber sehr nach einem gestützten Einpunktlager aus, wie wir das auch von Nottingham kennen. Dabei gibt´s neben dem eigentlichen Spitzenlager ein Kugellager auf dem der „Lagerachse“. Zwei am Armrohr befestigte Stangen berühren das Lager im Spielbetrieb und zwingen den Arm zuverlässig in die Vertikale. Eine Azimutverstellung ist möglich, das Metall-Headshell ist ins Kohlefasser-Armrohr eingepresst und lässt sich mit ein wenig Kraftaufwand verdrehen. Eine Höhenverstellung gibt´s auch, der Armschaft ist mit einer Klemmschraube in der POM-Basis arretiert. Einen Tonabnehmer von Peter Mezek lieferte Der Vertrieb auch mit. Dabei handelt es sich um eine mit neuem Gehäuse versehenes „New Old Stock“-MM, über das aber wenig bekannt ist. Experimente mit dem Abtaster verliefen durchaus erfolgversprechend, fürs Ausloten der Qualitäten der Kombi setzten wir aber auf bewährte MCs. Das Lyra Kleos passt preislich und gewichtsmäßig (der Arm gehört in die Kategorie mittelschwer) ausgezeichnet. Eingestellt habe ich das Ganze mit der Schön-Schablone, das funktioniert ohne Probleme. Gleich von Beginn an zeigt die Pear-Kombi, wohin die klangliche  Reise geht: Sie lebt von einem bewusst „untechnischen“ und entspannten Sound. Es tönt extrem farbstark und satt. Wer einen wie mit dem Lineal gezogenen subjektiv empfundenen Frequenzgang sucht, der ist hier nicht am richtigen Platz: Es klingt inbrünstig, warmherzig und satt. Im Bass geht´s erfreulich leichtfüßig und gut durchhörbar, das schafft Platz für Eva Cassidys wunderbar offene und bestens nuancierte Gesangsstimme auf der großartigen Live-Kompilation „Nightbird“. Pear Audio und Lyra sortieren das Geschehen fein säüberlich auf der Bühne, umreißen die Dame genau, aber nicht übertrieben scharf. Alle Nebengeräusche sind klar auszumachen, keine Spur von Verdeckungseffekten. Der Eindruck setzt sich fort: Hier wurde nicht dem Oh entwickelt; eine dichte Musikalität ist stets die Maxime, die schiere Analyse rangiert an zweiter Stelle. So sollte Platte klingen!

Fazit

Peter Mezeks großer Plattenspieler ist eine Musikmaschine erster  Güte. Er tönt frei offen, warmherzig,  farbig und satt. Sehr konsequent,  sehr gut!

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Pear Audio Blue Kid Thomas/Cornet 2

Preis: um 9000 Euro

9/2016
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Libra Audio, Schmitten 
Telefon 0700 77200000 
Internet www.pearaudio.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
B x H x T (in mm) 430/140/360 
Gewicht (in Kg) ca. 20 kg 
Unterm Strich... » Peter Mezeks großer Plattenspieler ist eine Musikmaschine erster Güte. Er tönt frei offen, warmherzig, farbig und satt. Sehr konsequent, sehr gut! 
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Autor Holger Barske
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Datum 22.09.2016, 09:59 Uhr
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