Mit Langer Audio betritt ein neuer Hersteller den Markt für hochwertige Plattenspieler. Und zwar einer, der das Thema Antrieb besonders ernst nimmt
Mitspieler
Tonabnehmer:
Lyra Atlas
Benz ACE-L
Phonovorstufen:
MalValve preamp three phono
Vorstufen:
darTZeel NHB-18NS
Endverstärker:
darTZeel NHB-108
Lautsprecher:
Audio Physic Avantera
Klang + Ton Nada
Zubehör:
Netzsynthesizer PS Audio P10
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob / Reed 3p
Clearaudio Master Innovation / TT2
Alfred Langer ist Maschinenbauingenieur und hat von daher ein besonders inniges Verhältnis zum Thema Mechanik. Der passionierte Sammler von Plattenspielern aus der Hochzeit der Analogära hat so ziemlich alles zerlegt und begutachtet, was die tellerdrehende Industrie im Laufe der Jahre so hervorgebracht hat.
Und im Laufe stand für ihn fest: Der bestmögliche Weg, einen Plattenteller in Rotation zu versetzen ist der direkte. Ohne Umweg über Riemen, Reibräder oder ähnliche Hilfsmittel. Nun ist die Anzahl der aktuell erhältlichen Laufwerke für HiFi-Zwecke denkbar gering, obgleich das Prinzip andernorts noch sehr lebendig ist: DJs – sofern sie überhaupt noch Vinyl auflegen – schwören auf die drehmomentstarken Antriebe, die den Teller in Sekundenbruchteilen auf Nenndrehzahl beschleunigen. Für Musikhörer ist dieser Aspekt eher von geringer Bedeutung und zudem gibt’s durchaus Vorbehalte gegen eine übermäßig „brutale“ Form der Drehzahlregelung: Bei mechanischer Abtastung von Ereignissen im Mikrometerbereich hört man so ziemlich alles, was am Teller zerrt – auch die „Regelschwingungen“ eines solchen Antriebs. An der prinzipiellen Überlegenheit des Direktantriebes lässt Langer aber keinerlei Zweifel und in seinen Augen hat das deutlich schlechtere Prinzip überlebt. Die Gründe dafür sind einfach: Motoren in einem Drehzahl- und Leistungsbereich, die einen Teller per Riemen drehen können, gibt’s zuhauf, weil die industrielle Antriebstechnik sie für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in jeder Form und Farbe benötigt. Sehr langsam drehende Motoren mit begrenztem Drehmoment, dafür aber extremer Laufruhe hingegen braucht kein Mensch – und deshalb baut sie auch keiner. Die Langer’sche Lösung ist die einzig konsequente: selber machen. Das nunmehr serienreife Ergebnis seiner Bemühungen ist ein erfreulich schlichter Plattenspieler, der gestalterisch problemlos aus der großen Zeit von Thorens und Dual stammen könnte. Der Langer No.7 kostet in der hier zu bewundernden Edelholzfurniervariante 7.000 Euro, die Version mit optisch schlichter Aluminiumzarge ist mit 7.500 Euro zu honorieren. Das Antriebskonzept in Form des Motors mit entsprechendem Bedienteil kann der geneigte Selbermacher auch einzeln erwerben, ist allerdings mit 3.000 Euro auch nicht ganz billig. Für einen passenden Plattenteller gilt es 500 Euro draufzulegen, fürs „Premium-Set“ mit Spannungsversorgung und edlem Metallgehäuse fürs Bedienteil sind 3.500 Euro anzulegen. Der No.7 ist ein klassisches Subchassis- Laufwerk. Eine Aluminiumplatte dient als Aufnahme für den Motor und die Tonarmbasis. Der Motor selbst steckt in einer flachen Metalldose, ein großzügiger Flansch erlaubt die kraftschlüssige Verbindung zu allen möglichen „Umgebungen“ – das nur als Hinweis an potenzielle Nur-Motor- Käufer. Der Motor ist eine moderne bürstenlos kommutierte Konstruktion. Die eisenlos, also ohne Kern ausgeführten Spulen sind liegend angeordnet. In den Siebzigern wäre das nichts weiter Besonderes gewesen, heutzutage allerdings ist diese Bauart unüblich und bei den hier zur Debatte stehenden Minimalstückzahlen ziemlich aufwendig; ein großer Teil der Entwicklungskosten steckt im „Nacherfinden“ früher im industriellen Maßstab schon beherrschter Dinge. Der Vorteil der Anordnung besteht in der völligen Abwesenheit eines magnetischen Rastmomentes: Wenn man die Teller- und damit Motorachse mit der Hand dreht, spürt man keinerlei Ruckeln. Machen Sie das mal mit einem der bei Riementrieblern üblichen Synchronmotoren. Der Rotor, also der drehende Teil des Motors, trägt am Rand eine Vielzahl von Bohrungen, die mit einer Lichtschranke abgetastet werden. Auf diesem Wege wird ein Signal erzeugt, das der „Ist-Drehzahl“ des Tellers entspricht und von der Regelelektronik ausgewertet wird. Jene, darauf legt Alfred Langer großen Wert, ist eine rein analoge Anordnung. Die Schaltung vergleicht besagtes Steuersignal mit einer Referenzspannung und stellt die Drehzahl so lange nach, bis die Nenngeschwindigkeit erreicht ist. Die Referenzspannung ist per Poti veränderbar, auf diesem Wege wird die Geschwindigkeit für beide Tellerdrehzahlen justiert. Das Ganze ist ein perfekt kontinuierlicher Vorgang mit relativ großen Zeitkonstanten. Will sagen: Die Regelung arbeitet bewusst langsam, um klangliche Einbußen durch höherfrequente Prozesse von vornherein auszuschließen. Ein früher üblicher Vorwurf an direktgetriebene Plattenspieler betraf das Tellerlager. In vielen Fällen hatte jenes bei Weitem nicht die Qualität und die Solidität der Konstruktionen, wie sie bei Riementrieblern mit ihren meist schwereren Tellern üblich waren. Diesen Aspekt hat Langer gründlich bedacht und seiner Motorwelle – die ja gleichzeitig Tellerachse ist (bei Gelegenheit zu klärende Frage: Wie kann eine Welle eigentlich dasselbe wie eine Achse sein?) ein fürstliches Lager spendiert. Radiale Kräfte nimmt eine Sinterbronzebüchse auf, die vertikalen ein Lagerspiegel aus Polyamid. Das entspricht dem Standard, nach dem die Riemenfraktion so etwas auch baut. So schafft man Laufruhe und sehr lange Lebensdauer, im Zweifelsfalle ist der Lagerspiegel austauschbar. Auch beim Direktantrieb hilft ein solider Teller bei der Vermeidung von kurzfristigen Störungen. Beim No.7 ist er als massive Aluminiumscheibe mit unten eingedrehter Ausnehmung ausgeführt, in die der Motor eintaucht. Der Teller ist zwar weit davon entfernt, ein Kaliber wie die Konstruktionen auf den „Bohrinsel“-Laufwerken zu sein, aber durchaus ernst zu nehmen. Der Antrieb wird über vier Taster bedient: einen Netzschalter, je einen Taster für die beiden Drehzahlen, einmal Stopp. Es gibt kein externes Netzteil, das Gerät verfügt über einen Kaltgeräteanschluss. Die Tonarmbasis ist eine austauschbare runde Aluminiumplatte am hinteren Ende des Subchassis. Sie wird mit vier Schrauben befestigt und kann für eine Vielzahl von Tonarmen gefertigt werden. Einschränkungen gibt’s bei der möglichen Tonarmlänge: Zwölf Zoll geht nur in Ausnahmefällen, 10,5 Zoll sollte möglich sein, kommt aber auf den Einzelfall an. Grundsätzlich ist der No.7 für den Betrieb mit Neunzöllern gedacht, und damit sieht das kompakte Gerät auch am besten aus. Das Subchassis ruht auf drei relativ weichen Gummi-Dämpfungselementen, die gewisse Freiheitsgrade in allen Richtungen besitzen. Diese Elemente sind nicht einstellbar, weder in der Härte noch in der Höhe. Die unteren Aufnahmen für die Dämpfer sind direkt auf der ziemlich massiven Aluminium-Grundplatte montiert. Die Zarge – in diesem Falle aus Holz – übernimmt also keinerlei tragende Funktionen. Das Gerät steht auf vier Füßen mit Silikonringen. Diese sind per Gewinde in der Höhe verstellbar. Macht man davon Gebrauch, büßen sie aber ein wenig an Stabilität ein. Ob das von Bedeutung ist – immerhin sind die sensiblen Bereiche des Laufwerks durch das Subchassis gut entkoppelt – vermag ich nicht zu sagen, rein gefühlsmäßig jedoch würde ich die vier Füße fest anziehen und das Nivellieren des Laufwerks extern bewerkstelligen. Fertigungstechnisch sind alle Komponenten ohne Fehl und Tadel. Das ist solider deutscher Maschinenbau, dass sieht man und das fasst sich auch so an. Wir bestellten das Gerät mit einer Basis für SME-Tonarme und montierten einen SME vom Typ 5009, also einen etwas abgespeckten Serie V mit wechselbarem Headshell. Versuche mit halbwegs bezahlbaren Abtastern endeten letztlich bei einer Erkenntnis, die gewissermaßen zu befürchten war: Diese Basis verträgt auch Abtaster der obersten Güteklasse, und musste ein weiteres Mal das Lyra Atlas ran. Wir legen Youn Sun Nah auf und stellen unmittelbar zwei Dinge fest: Der Langer beweist ein sehr feines Händchen für Ausschwingvorgänge. Die Saiten der Akustikgitarre beim Titelstück schwingen auffällig lange nach und lassen sich vom nächsten Ton gar nicht beirren – erstaunlich. Die Sängerin steht überaus scharf umrissen und kompakt im Raum, ihre Bewegungen vor dem Mikrofon sind deutlich wahrzunehmen; offensichtlich wurde die Stimme hier nicht einfach mono eingespielt. Zur Detailflut gesellt sich eine sehr schöne Rhythmuszeichnung („Lament“), was weniger überrascht: Bei diesen Dingen ist der verhältnismäßig drehmomentstarke Direkttriebler im Vorteil. Der Langer zeichnet die zunehmende Dramatik des Stückes sehr überzeugend nach, wirkt agil und unangestrengt. Das Atlas wirft mit seiner umwerfenden Dramatik und Lebendigkeit nur so um sich, von Limitationen ist hier nichts zu spüren. Das wilde Bläser- und Percussionsfestival von Hazmat Modine sortiert der Langer abermals auffällig präzise im Raum und zwingt zum Fußwippen. Das ist kein gemütlicher „Alles so schön kuschelig hier“-Plattenspieler sondern einer, der zeigt wo es langgeht in der Musik. Und tatsächlich ist das auch genau das, was sich von einem solchen Konzept erwarte.
Fazit
Langers Erstling ist ein optisch dezenter, klanglich überaus prägnanter und präziser Plattenspieler. Ganz gewiss kein Sonderangebot, aber erste Wahl für anspruchsvolle Plattenfans mit Sinn für eine zurückhaltende Erscheinung.