Die Norddeutschen HiFi-Tage finden 2025 im Hotel Le Méridian Hamburg direkt an der Alster statt. Am 01.02.2025, von 10–18 Uhr und am 02.02.2025, von 10–16 Uhr können Interessierte bei freiem Eintritt durch die Vorführungen und Showrooms schlendern.
>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenUnser Hobby spiegelt die Welt da draußen wider: immer mehr, immer größer, immer teurer muss es sein. Zum Glück gibt es aber auch Gegenbeispiele. Mit dem dänischkanadischen Traumduo kann man seinen irdischen Musikfrieden finden.
>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: Fern & Roby Montrose
Aus dem Leben
Ja, klar, superpräzise CNC-Teile und Hochglanzoberflächen sind toll und verleihen einem Produkt Wertigkeit. Oder unterliegen wir da vielleicht einem Irrtum?
Möglicherweise ist das hier der sinnloseste Artikel, den ich je verfasst habe. Weil‘s sieben Seiten lang um ein Produkt gehen wird, von dem ich derzeit noch nicht sicher bin, ob Sie‘s jemals ohne massive Klimmzüge (sprich: Direktimport aus den Vereinigten Staaten) werden kaufen können. Die Vertriebssituation klärt sich nämlich (hoffentlich) erst genau jetzt, während ich diese Zeilen tippe. Es geht um einen Plattenspieler von Fern & Roby, einer kleinen, aber feinen Manufaktur aus Richmond, Virginia. Mit der wäre ich vermutlich nie ernsthaft in Kontakt gekommen, hätte nicht der Berliner Tonarm- und Vintage-Audio-Spezialist Frank Schröder mir unlängst auf der High End in München einen Kontakt zu Christopher Hildebrand hergestellt.
Jener ausgesprochen sympathische und für HiFi-Verhältnisse ziemlich junge Zeitgenosse ist der Chef der „Tektonics Design Group“, der Firma hinter Fern & Roby. Tektonics designt und fertigt normalerweise alle möglichen gestalterischen Lösungen im Architektur- und Interieurbereich, sowohl für private als auch für industrielle Kundschaft. Gestalterische und künstlerische Aspekte sind wichtige Säulen des Tuns des Unternehmens, daraus resultiert eine große Erfahrung mit Formen und Materialien, die sich seit ein paar Jahren auch in einer Audio-Produktpalette niederschlägt. Der Name „Fern & Roby“ kommt übrigens von den Mädchennamen der Großmütter des Chefs und seiner Frau. Und ebendieser Mann ist lediglich mit ein paar Koffern voller Audiohardware zur High End gereist, um seine Preziosen erstmals dem Publikum auf der international wichtigsten Messe für solche Dinge zu zeigen. Und wenn Frank Schröder sagt: „Guck dir den Plattenspieler an, den der Mann mitgebracht hat“, dann fragt man nicht warum, sondern nach der Standnummer. Meine Begegnung mit Christopher Hildebrand war herzlich und sein Plattenspieler ist in der Tat etwas Besonderes – danke noch mal, Frank. Nachdem ich nun ein paar Wochen mit dem „Montrose“ verbracht habe, kann ich sagen: Das Gerät und das Gedankengut dahinter haben mein Denken über solche Produkte verändert. Der Montrose ist ein per Riemen angetriebenes Gerät mit einpunktgelagertem Tonarm und integrierter Phonostufe. Obwohl er eine topmoderne Konstruktion ist, sieht er ein bisschen so aus, als ob er die letzten Jahre im Freien gestanden hätte. Und genau das ist völlig beabsichtigt: Ein gewisses Maß an Patina macht den optischen und haptischen Charme dieses Gerätes aus, der Hersteller treibt einigen Aufwand, um diesen Vintage-Look überzeugend hinzubekommen. Es gibt noch ein größeres Plattenspielermodell bei Fern & Roby, das über eine gusseiserne Zarge verfügt. Eine Gießerei gibt‘s praktischerweise in der Nähe der traumhaft schönen Hallen, in denen das Unternehmen seine Produkte fertigt. Für den Montrose (das Komplettpaket kostet in den Staaten 7.500 Dollar) war das nicht machbar, also suchte man nach einem Werkstoff, der eine ähnliche Ästhetik vermittelt, und fand ihn in Gestalt von „Richlite“. Das ist eine US-Handelsbezeichnung für das, was wir hierzulande als Hartpapier kennen, also ein Gemisch aus Papier und Phenolharz. Ein 100 Jahre alter Industriewerkstoff, der über eine ganze Reihe technischer Qualitäten verfügt und der sich, das ist an dieser Stelle definitiv kein Nachteil, sehr angenehm anfasst. Die Basis des Montrose ist ein nach oben leicht konisch zulaufender Quader mit sanften Rundungen an den Ecken und ausgearbeiteten Füßen. Nach unten ragen nadelspitze Spikes heraus, die in die entsprechenden Vertiefungen der mitgelieferten Unterstellfüße gehören. Diese sehr gut entkoppelnden Elemente fertigt Fern & Roby natürlich ebenfalls selbst. Die Höhenverstellung erfolgt per (natürlich zölligem) Inbusschlüssel von oben durch kleine Löcher in der Zarge, eine Wasserwaage ist in die Zarge eingelassen – sehr funktionell. Die Platte liegt auf dem optisch auffälligsten Teil der ganzen Konstruktion. Der Teller besteht aus Delrin, zur Erhöhung der rotierenden Massen wurden runde Messinggewichte eingelassen. Mit der künstlich vorgealterten Oberfläche sieht das so klasse aus, man traut sich kaum, eine Platte draufzulegen. Und schon mal gar keine Tellermatte, was nach Auskunft des Herstellers auch nicht erforderlich ist. Ich hab‘s mal spaßeshalber mit der Ledermatte eines anderen Probanden aus diesem Haft versucht und ja, es verändert den Klang. Aber nicht in einem Maße, dass ich so etwas für nötig erachten würde. Große Augen darf man nach dem Abnehmen des Tellers machen. An der Unterseite kommt nämlich eine ausgesprochen massive Lageraufnahme zum Vorschein, im Inneren steckt eine Bronzebuchse stattlichen Durchmessers. Hinzu gesellt sich ein offensichtlich gegossener „Teller“, an dessen Außenrand zahlreiche Unterbrecher für die Lichtschranke auf der Zarge eingearbeitet sind. Die Anordnung dient der Ermittlung der Tellerdrehzahl. Daraus dürfen Sie folgern, dass der Antrieb des Montrose von der geregelten Sorte ist. Das Einzige, was Sie mit dem Thema zu tun haben, ist der Drehschalter vorne links auf der Zarge. Der abermals schön patinierte Messingrundling schaltet 33, 45 oder aus. Drehzahlfeineinstellung? Braucht‘s nicht. Ein Quarz liefert den unbestechlichen Sollwert, ein Mikrocontroller besorgt die Regelung. Das dazugehörige Motorpulley hinten links ist ebenfalls aus Messing und passt sich optisch harmonisch ein. Die Kraftübertragung zum Teller obliegt einem recht voluminösen Rundriemen. Die Hochlaufzeit des Tellers ist auffallend kurz, tatsächlich gibt die Motorregelung beim Einschalten ordentlich Gas, um das zu erreichen: Wenn die eingebaute Leuchtdiode von Gelb auf Grün wechselt, ist die Nenndrehzahl stabil. Der Tonarm des Montrose ist eine klassische Einpunktkonstruktion. Der Lagerdorn ist auf einem großformatigen Gewindestift angeordnet, der sich mit einer feinen Mechanik in der Höhe verstellen und hinterher bombenfest arretieren lässt. Beim Material des Armrohrs bin ich mir nicht ganz sicher, es könnte sich ebenfalls um ein harzverstärktes Fasermaterial handeln. Das Gegengewicht ist zweiteilig und sitzt hinten auf einem Metallstutzen. Beide Teile sind nur leicht exzentrisch gebohrt, der hintere Part ist innen teilweise hohl. Durch Verdrehen dieses Teils wird der Azimut eingestellt. Sehr hilfreich sind die auf beiden Gewichtsteilen oben angeordneten Klemmschrauben; deren Position zueinander erlaubt ein zuverlässiges Abschätzen der Einstellung. Das Headshell – ebenfalls aus Richlite – verfügt vorne über ein Langloch, in dem eine Tonabnehmerträgerplatte verschraubt wird. Davon gibt‘s eine leichte und eine schwere Variante – je nach Tonabnehmer. Diese Platte ist dreh- und verschiebbar, was bei der Einstellung des Abtasters unabdingbar ist. Fern & Roby gibt keinen definierten Wert für den Einbauabstand des Tonarms an. Das ist so ähnlich wie bei SME, wo die Position des Abtasters im Headshell fix ist und man die Geometrie nur über die Variation des Einbauabstandes ändern kann. Beim Montrose ist der Arm auf einer drehbaren Scheibe mit exzentrischer Aufnahmebohrung montiert. Ein Schwenk an dieser Stelle ändert den Abstand zur Tellermitte. Das macht die Einstellung etwas aufwendiger als sonst, weil man abwechselnd die Position des Abtasters im Headshell und die Armposition ändern muss, bis die beiliegende Schablone geometrische Perfektion signalisiert. Unüblich, aber durchaus machbar. Das war‘s noch nicht: Das Montrose-Paket beinhaltet außerdem die Phonovorstufe „Maverick“. Die gäbe es auch einzeln und ist in einem schicken Gehäuse aus Alu-Halbschalen untergebracht. Beim Einbau in den Plattenspieler wandert das Gerät in eine Aussparung an der Geräteunterseite, die obere Gehäuseschale wird dazu abgenommen. Die Halterung erfolgt mittels Magneten. Sehr clever und in dieser Form ziemlich einzigartig. Schaltungstechnisch handelt es sich um eine kleine, aber feine Lösung mit integrierten Bausteinen in SMD-Bauweise. Sie besteht aus zwei Platinen; die untere beinhaltet die Entzerrung und die Ausgangsverstärker, das Aufsteckmodul gibt‘s in zwei Versionen für MM- oder MC-Abtaster. Das Besondere in beiden sind die symmetrischen Eingänge. Der Tonarm wird über einen speziellen Mini- XLR-Stecker angeschlossen, er ist natürlich ebenfalls symmetrisch verkabelt. Uns stand das MC-Modul zur Verfügung, da stellt sich die Frage nach der Tonabnehmeranpassung. Verstärkung und Eingangsimpedanz sind veränderbar, das erfordert aber den Einsatz eines Lötkolbens. In den USA wird das Gerät mit Tonabnehmer angeboten und die Parameter entsprechend voreingestellt. Wie das hier läuft, muss sich noch zeigen. Bevor das Gerät zeigen darf, was es akustisch kann, darf das Auge noch ein bisschen über die organische und gelungene Gestaltung schweifen, die so herrlich handgemacht und echt wirkt. Das ist der direkte Gegenentwurf zu teutonischem Pragmatismus, aber lassen Sie sich nicht täuschen: Der Montrose steckt bis unters Dach voll mit liebevollen Detaillösungen, man sieht sie ihm nur nicht unbedingt an. Als Erstes wanderte eine Rarität unters Headshell: Für besondere Anlässe wie diesen habe ich ein Denon DL-103 GL im Schrank, das ist die mittlerweile sehr seltene Version mit Goldspulen. Für den Montrose erwies sich das als ausgezeichnete Wahl: Der akustische Eindruck der Kombi deckte sich nämlich mit dem optischen. Es tönt opulent, ganz fein in den Details, mit wunderschöner Grundtonwärme. Rickie Lee Jones sang „A Lucky Guy“ mit wunderbar feiner Textur in der Stimme, ihre Ausflüge in die höheren Tonlagen gerieten glockenrein und leicht. Der Bass spielt mit dieser freundlichen Verbindlichkeit, der einen in die Musik eintauchen lässt. Hier kann die tolle MFSL-Release des Albums seine ganze Qualität ausspielen. Danach durfte das Transrotor Merlot unters Headshell des US-Drehers. Tonal dem Denon nicht unähnlich, beeindruckte es mit einer merklich ausgedehnteren Bühne und legte etwas mehr Gewicht auf die stimmlichen Lagen, was Mrs. Jones nicht unbedingt gebraucht hätte. Wärme und Feingeistigkeit sind auch hier auf Topniveau angesiedelt, das geht ganz klar aufs Konto dieses wunderbare Plattenspielers. Die überragende Led-Zeppelin-Livedoku „How the West Was Won“ entfaltete ihre emotionale Wucht mit dem Montrose höchst überzeugend. Man ist dabei, mittendrin und es fällt richtig schwer, weniger als alle vier Platten am Stück davon zu hören. Eine weitere Nachricht trudelte ganz kurz vor Toresschluss ein: Fern & Roby haben eine vertriebliche Heimat in Deutschland gefunden, so dass dieser analoge Traum auch hier in Kürze erhältlich ist.Fazit
Tolles Industrial Design, wunderbare Anfassqualität, clevere Detaillösungen – das in Verbindung mit einem sehr feinen und an den richtigen Stellen warmen Klangbild ergibt eine Plattenspielerlösung, die keine Wünsche offenlässt.Kategorie: Plattenspieler
Produkt: Fern & Roby Montrose
Preis: um 9500 Euro
Form follows function ist ja ein geflügeltes Wort für Design um die technischen Notwendigkeiten herum. Dass man aber auch beide Aspekte gleichwertig behandeln und auf die Spitze treiben kann, zeigt uns die neue Serie 1528 von Arendal.
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