Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Avid Ingenium Plug & Play


High-End- Einsteigerplattenspieler mit innovativem Design

Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 1
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Ja, ich weiß, dass es inzwischen einige Plattenspieler gibt, die eine T-förmige Grundform haben. Aber als ich den ersten Avid Ingenium vor 8 Jahren getestet habe, war er meines Wissens der erste mit diesem aufs Wesentliche reduzierten Design. In der neuen Version ist er sich in Sachen Einfachheit treu geblieben – im Aussehen und in der Bedienung

Conrad Mas hat sich eines Tages wohl gesagt: „Warum einen Plattenspieler nicht einfach mal mit einem Balken beginnen?“ Dazu einen Querträger und die Konstruktion steht auf drei Füßen genau so sicher wie jeder andere Plattenspieler. Avid als Hersteller hochwertiger Laufwerke ist unseren Lesern natürlich längst bekannt, daher für die neu hinzugekommenen eine kurze Vorstellung: Avid ist ein englischer Hersteller, der unter ihrem Gründer und Chefentwickler Conrad Mas in den letzten Jahren eine Reihe ganz vorzüglicher Plattenspieler mit einigen sehr ausgeschlafenen technischen Lösungen präsentiert hat – die regelmäßige Modellpflege hat das Niveau immer weiter nach oben getrieben, so dass man sich irgendwann eingestehen musste, dass man mit dem kleinsten Modell nicht mehr in dem Presssegment war, wo man hin wollte.

Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 2Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 3Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 4Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 5Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 6Plattenspieler Avid Ingenium Plug & Play im Test, Bild 7
Zu teuer war die Fertigung des aufwendig gefederten Chassis geworden, bei dem man sich löblicherweise immer an den Spitzenprodukten aus dem eigenen Hause orientiert hatte.

Beim ersten Ingenium wurde die auch in der Fertigung aufwendige Konstruktion des Avid Diva II ganz einfach durch eine massive Balkenkonstruktion ersetzt. Über sechs Zentimeter dickes Aluminium mit einem ebenso massiven Querbalken sorgten und sorgen für die nötige Stabilität. Die unsichtbare Dämpferkonstruktion des Diva hat man einfach durch dicke Stellfüße aus Sorbothan ersetzt, die den Job ebenso gut erledigen und in ihrem, sagen wir: stabilen Aussehen gut zum Rest des Laufwerks passen.

Beim Design hat sich eigentlich nur das Aussehen des großen Trägerelements geändert, das jetzt zum Tonarm hin gerade  Ausläuft und ein großes „A“ für Avid eingefräst bekommen hat.

Die Qual der Wahl ist offenbar weggefallen: Den Ingenium gibt es nur in der Variante „Plug & Play“ – die früher angebotene Option, unterschiedliche Längen und Bohrungen für verschiedene Tonarm- Längen und -marken ordern zu können, wurde gestrichen.

Dafür ist die Fertig-Version im Vergleich zur 2013 angebotenen Version (damals mit ProJect-Tonarm) um fast 200 Euro billiger geworden – und das sogar mit fertig vormontiertem Tonabnehmer. Bei diesem handelt es sich zwar „nur“ um ein weiteres OEM-AT91 von Audio Technica mit Kohlefaser-Nadelträger und sphärischem Diamanten, aber auch aus diesem günstigen Dauerbrenner kommt Musik, und das sogar ziemlich gut!

Damals 1689 Euro, heute 1400 und das mit Tonabnehmer – wo ist also der Haken? Nun, ganz einfach: einen Haken gibt es nicht. Man hat einfach noch etwas besser kalkuliert, die Produktion eben auf eine einzige Variante konzentriert und den Zulieferer des Tonarms gewechselt: Der Voll-Kohlefaser-Tonarm von Project wurde durch ein einfaches Modell von Rega ersetzt, der durch extrem hohe Stückzahlen deutlich günstiger eingekauft werden kann, so dass dann eben im Setpreis auch das Audio Technica mit drin ist.

An dieser Stelle muss ich auch etwas leise Kritik loswerden: Ein separates Massekabel von der Tonarmbasis zur Phonostufe hätte der Angelegenheit in einigen ausprobierten Konstellationen gut getan, hatte ich doch bei meiner „Schreibtischanlage“ beim ersten Versuchsaufbau etwas Brummprobleme aus dem Kabelsalat hinter den gestapelten Komponenten. Das lässt sich natürlich bei sorgfältiger Positionierung des Drehers und Verlegung des Kabels minimieren, aber trotzdem: Mit Massekabel ist es besser.

In einer Aussparung etwa in der Mitte des langen Trägers sitzt der leicht abgeflachte Dorn des invertierten Tellerlagers. Die konisch zulaufenden Formen der Lagerbuchse und -achse sorgen dafür, dass das bewegte Teil des Lagers in der Horizontalen lediglich auf einer Ebene geführt wird. Damit verringert der Hersteller die Lagergeräusche ganz erheblich, weil der eben nicht vollflächige Kontakt zwischen Achse und Lagerbuchse weniger Störungen produziert. In der Vertikalen liegt die Buchse auf einer Wolframkarbidkugel, auf der ein Saphirlagerspiegel sitzt. Die Schmierung dieses praktisch verschleißfreien Lagers erfolgt aus einem kleinen Reservoir oberhalb des Lagerspiegels. Zum Setpreis des Ingenium Plag & Play gehört ein Lagerdorn mit Gewinde und die dazu passende Plattenklemme, die die aufgelegt ePlatte gegen Verdrehen fixiert und im Rahmen des Möglichen auch plan drückt. Die Lagerbuchse und der über einen kurzen Gummiriemen angetriebene massive Metall-Subteller bilden eine Einheit. Die Motordose steht unterhalb des eigentlichen Tellers auf einem dicken Gummi-O-Ring, der Vibrationen vermindert und für einen einigermaßen rutschfreien Stand sorgt. Mir persönlich wäre ein noch etwas dickerer Ring lieber gewesen, denn in der durch Umlegen des Riemens „angewählten“ Geschwindigkeit 45 balanciert dieser schon arg nah an der Unterkante des Subtellers. Ein separates Netzteil gibt es nicht: Der Synchronmotor hängt direkt an einem dicken Netzkabel und wird über einen rustikalen Schalter direkt am Kabel ein- und ausgeschaltet – also nach wie vor im „Stehlampen-Style“, warum auch nicht?

Der Hauptteller besteht aus einer dicken Schicht MDF mit einer aufgeklebten Matte aus einem Kork-Gummi-Granulat, die ebenso wie das Material des Tellers hervorragende Dämpfungseigenschaften besitzt. Vielleicht ist es nicht jedermanns Sache, aber mir gefällt die Mischung Schwarz – Kork recht gut – wirkt irgendwie ziemlich professionell.

Mit einem satten „Klack“ des Schalters läuft der Ingenium an und erreicht nach kurzer Zeit die Solldrehzahl. Das Laufwerk läuft ruhig und stabil, wie es sich für einen hochwertigen Plattenspieler gehört. Der Tonarm ist exakt auf die richtige Höhe eingestellt, so dass sich mit dem montierten Tonabnehmer eine parallele Ausrichtung des Armrohrs zur Schallplattenoberfläche ergibt.

Klanglich darf man jetzt mit dem Basis- Tonabnehmer nicht die High-End-Offenbarungen erwarten – oder vielleicht darf man es doch: Die unspektakuläre Rundnadel des MM-Systems zeigt erstaunliche Qualitäten – freilich in der Kombination mit dem Rega-Arm und dem vorzüglichen Laufwerk. Feinauflösung ist da weniger das Thema als die auch in dieser Konstellation im wahrsten Sinne des Wortes bemerkenswerte Lauf ruhe und Souveränität des ja doch recht kompakten Laufwerks. Die hohe innere Dämpfung des Plattentellers, kombiniert mit dem vorzüglichen Lager, sorgt für eine ausgesprochen stoische, wie in Stein gemeißelte Abbildung der in die Rille gepressten Musik. Und damit meine ich eben nicht „langweilig“, sondern eine Art der Wiedergabe, die sowohl dynamisch wie auch tonal alles perfekt an die angeschlossene Anlage weitergibt, ohne dynamische Impulse zu kompri-mieren oder klangliche Facetten zu verschleifen. Kurz gesagt: Das kleine Laufwerk klingt richtig groß.

Einen richtigen Sprung macht man dann mit der Umrüstung auf einen Tonabnehmer mit einem schärferen Nadelschliff, zum Bespiel auf die immer noch gut bezahlbaren Audio Technica AT-VM95-Varianten mit ML oder gar Shibata-Schliff. Jetzt gibt es nämlich zur großen Gesten bei der Wiedergabe auch die entsprechende Subtilität am anderen Ende des dynamischen und tonalen Spektrums: Feine Modulationen werden liebevoll herausgearbeitet und in aller Schönheit und Klarheit dargestellt. Das bedeutet natürlich auch einen Fortschritt bei der räumlichen Abbildung, die in ihren absoluten Dimensionen angewachsen ist, aber vor allem eine noch einmal deutlich präzisere Ortung der einzelnen Schallerereignisse erlaubt.

Egal, ob das jetzt alte Jazz-Klassiker wie Miles Davis’ „Kind of Blue“ sind, die mehr oder weniger live im Studio aufgenommen wurden, oder aufwendiger produzierte Alben, wie „Beggars Banquet“ von den Rolling Stones – die virtuelle Bühne, die der Avid produziert, ist beeindruckend. Noch eine Spur natürlicher und edler wird es mit einem Tonabnehmer, der den Gesamtpreis des Plattenspielers mal eben verdoppelt: Mit dem Phasemation PP-300 steigen wir in die absolute High-End-Liga auf, staunen, was immer noch an Steigerungsmöglichkeiten drin ist und fragen uns, ob wir nicht auf einen der besseren Rega-Tonarme upgraden sollen und dann… Aber das ist eine andere Geschichte.

Fazit

Optisch außergewöhnliches und klanglich mitreißendes Gesamtpaket mit einem sensationellen Preis-Leistungs-Verhältnis.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Avid Ingenium Plug & Play

Preis: um 1400 Euro

8/2021
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