Gleich acht seiner Lautsprechermodelle bietet der Steingehäusespezialist Bernd Vroemen neben der Standard- und Superiorevariante auch mit den berühmten Thiel-Keramikchassis an. Wie harmonisch die Ehe der beiden harten Materialien ist, untersuchen wir anhand der schlanken Zweiweg-Standbox La Chiara
Mitspieler
Plattenspieler:
Acoustic Solid Machine mit SME M2-12 und Clearaudio Goldfinger
Phonovorverstärker:
Malvalve preamp three phono
Vorverstärker:
Accuphase C-2810
Endverstärker:
Accuphase A-65
Zubehör:
Netzleiste: PS-Audio
Stromkabel: Silent Wire
NF-Kabel: Van den Hul
Phonokabel: Furutech
Lautsprecherkabel: Intertechnik
Racks: Copulare
Plattenwaschmaschine: Clearaudio
Powerconditioner: Accuphase PS-1210
Gegenspieler
Audio Physic Sitara 25
Manager Zerobox 109
K+T Nada
Keine 20 cm misst die La Chiara ceramica in Breite und Tiefe, hoch ist sie exakt einen Meter. Eine schlanke Erscheinung in wunderschön dezentem, eine angenehme Ruhe ausstrahlenden Schiefer.
4.900 Euro ruft Herr Vroemen für das Pärchen in der Ceramica-Version auf, egal ob mit Gehäuse aus Schiefer, Marmor oder Granit. Die Bearbeitung aller dieser Materialien beherrscht sein Unternehmen perfekt, denn sowohl die Öffnungen für die Treiber als auch die Klebekanten sind perfekt gearbeitet beziehungsweise praktisch unsichtbar. Wem die Schiefervariante aufgrund der in ihrem typischem Weiß daherkommenden, vergitterten Keramikmembranen noch zu dick aufträgt, bekommt aufpreisfrei auch dunkel grafierte Membranen (siehe Bild) – gerade in Kombination mit Schiefer eine wunderschöne Ausführung. Garantie auf seine Steingehäuse gibt Herr Vroemen lebenslang, wobei man laut aktueller Rechtssprechung in Deutschland damit nicht werben darf, weil die Aussage laut den Paragraphenreitern nicht eindeutig genug sei. Sie können aber nichtsdestotrotz davon ausgehen, dass Ihnen das Steingehäuse kaum innerhalb von drei Wochen unterm Tonabnehmer wegbröseln wird. Auf die verbauten Treiber gibt es eine fünfjährige Garantie, zerstörte Membranen ausgenommen. Gerade bei Vinyl und den dabei drohenden subsonischen Frequenzen (auch beim Auf- und Absetzen der Nadel) ist also Vorsicht geboten, denn die spröde Keramik quittiert das Anschlagen des Schwingspulenträgers auf der hinteren Polplatte mit Scherben. Panik ist hier Fehl am Platze, aber Respekt vor der Technik sollte schon sein. In der La Chiara ceramica verdingen sich der genau zwischen 13er und 17er angesiedelte C158 und die kleinere Keramikkalotte C25 mit kleiner Front, beide von Thiel und Partner aus Pulheim. Über diese Chassis muss man keine Worte mehr verlieren, denn sie finden sich seit vielen Jahren in der versammelten Elite der Lautsprecherwelt wieder. Gerade in diesem Lautsprecher sind sie allerdings so gut wie selten aufgehoben, stellt das unerschütterliche Schiefergehäuse dieser Standbox doch die ideale Arbeitsbedingung für die hochpräzisen Keramiktreiber dar. Dabei ist jedoch auch Vorsicht geboten: Optimiert man das System zu weit, klingen die Chassis ausgerechnet wegen der Abwesenheit von Wiedergabefehlern schnell so neutral, dass der Spaß am Musikhören verloren geht. Herr Vroemen weiß jedoch um dieses Problem und konzentrierte sich bei der Abstimmung der la Chiara ceramica ausdrücklich auf die Musikalität des Schallwandlers. Flache Filter (sechs dB pro Oktave für beide Zweige) mit besten Bauteilen sorgen für die Aufteilung des Frequenzspektrums, einige wenige Bauteile greifen zusätzlich behutsam korrigierend ein. Der Hochtöner bleibt unverpolt und sorgt mit korrekter Phasenlage für exzellente Räumlichkeit.Die Voraussetzungen sind also ideal. Und doch ist das mit der Theorie so eine Sache. Sie liest sich immer toll, wird von der Praxis aber oft frech ignoriert. Ob zwei praktisch ideale Lautsprechermembranen in einem praktisch idealen Gehäuse auch einen praktisch idealen Klang abliefern, wird erst der Hörtest zeigen. Nach dem Warmwerden an der äußerst musikalisch aufspielenden Accuphase-Kombi müssen sich die ceramicas also vor meinen Ohren beweisen. Und ich möchte kein Gewese darum machen - ich bleibe verblüfft zurück. Verblüfft ob der unglaublichen Präzision und Feinsinnigkeit dieses Zweiweglers, der die Klänge so zielsicher im Hörraum platziert, dass die schlanken Schiefersäulen als Schallquellen schnell aus meinem Bewusstsein verschwinden. Natürlich bin ich wieder mit meinen französichen Elektropop-Freunden von Air angerückt, um die Vroemen bloßzustellen, ihr irgendwelche Fehler nachzuweisen. Das Einzige, was passiert, ist, dass ich den Fehler gemacht habe, genau jenes zu versuchen. Rechts die Gitarre, mittig das Schlagzeug, beides wie festgenagelt im Raum. Währenddessen legt sich der Stimmenteppich so schwerelos darüber als säße man in einem gigantischen Kopfhörer. Es ist die völlig unspektakuläre und dabei perfekt präzise Trennung dieser Ereignisse, die mich sprachlos macht. Diese absolute Ruhe, dieser „pechschwarze Hintergrund“ ist mit Holz, egal in welcher Dicke und Darreichungsform, einfach nicht zu erzeugen. Offensichtlich geht die Rechnung in Sachen Stein-plus-Keramik voll auf. Nie hörte ich von der Thiel’schen Keramikmembranen eine derart deutlich herausgearbeitete Mikrodynamik, welche nicht nur alles(!) auf einem Tonträger hörbar macht, sondern dieses auch perfekt in die dazugehörigen Lautstärke- und Positionsschubladen sortiert. Das zieht sich vom präzisen und vor allem in tiefsten Lagen staubtrockenen Bass bis zur herausragenden Hochtonpräzision. Dabei ist der La Chiara ceramica Bassmulm genau so fremd wie übereifrige Aufdringlichkeit im Kurzwellenbereich. Selbst eine wandnahe Aufstellung nimmt der Tiefton nicht übel, was den Schallwandler auch für beengte Hörsituationen fit macht. Bei aller dargebotenen Präzision geht der Box die bereits erwähnte, ingenieursmäßige Sperrigkeit des eigenklangfreien Ausgangsmaterials völlig ab. Die Vroemen lebt, atmet, swingt und singt, lässt Instrumenten wie Künstlern mehr als genug Raum zur Entfaltung. Ebenso fehlt ihr jegliche Form der Agressivität. Gerade die betagteren Aufnahmen klingen auf hochauflösenden Lautsprechern meist ungenießbar. Trotz der unerschöpflichen Vielzahl an Detailinformationen schafft die Vroemen das Kunststück, offensiv Abgemischtes oder schlicht Altes anhörbar zu machen. Wenn Sie nun Angst um die Qualität Ihrer vorgeschalteten Komponenten bekommen haben, kann ich Sie zum Teil beruhigen: Die Vroemen stellt zumindest elektrisch keine besonderen Ansprüche an die vorgeschaltete Elektronik. Klanglich differenziert sie deutlich, wenn auch nicht so gnadenlos, dass Sie dem ortsansässigen HiFi-Händler panikartig den nächstbesten High-End-Amp aus dem Regal reißen müssen. Sagen wir‘s mal so: Ihr Verstärker muss bei der ceramica schon seine Hosen runterlassen, aber bloßstellen und auslachen wird sie ihn niemals. Mein einziger Wunsch? Mehr davon! Mehr Membranfläche für mehr Pegel für mehr Spaß. Nicht dass die ceramica in Sachen erreichbare Lautstärke ein Kind von Traurigkeit wäre, aber die Verzerrungsarmut und der schlicht exzellente Klang verleiten mich permanent zur Massage des Plus-Knopfes auf dem Accuphase-Geber. Erst als die Angst um die Tieftonmembran mich wieder in die reale Welt zurückholt, höre ich auf, der Vroemen die Sporen zu geben. Milde stimmt mich zudem das Wissen, dass mein Wunsch ein erfüllbarer ist: die La Chiara ist Bernd Vroemens kleinste Standbox mit Keramiktreibern, nach oben ist noch drei Modelle Luft.
Fazit
Bernd Vroemens La Chiara ceramica ist ein im positivsten aller Sinne unauffälliger, aus dem Hintergrund agierender Lautsprecher, der eine für einen Zweiwegler ultimative Feindynamik und Auflösung über den gesamten Frequenzbereich liefert. Dabei bleibt sie so locker wie musikalisch und bezaubert Genießer und Technikfreaks zu gleichen Teilen.