Unser Hobby spiegelt die Welt da draußen wider: immer mehr, immer größer, immer teurer muss es sein. Zum Glück gibt es aber auch Gegenbeispiele. Mit dem dänischkanadischen Traumduo kann man seinen irdischen Musikfrieden finden.
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Weiter, immer weiter
Sollten Sie Robert Andorf nicht kennen, haben Sie etwas verpasst. Der Mann hinter den Spatial Europe Lautsprechern bricht seit Jahren Rekorde in der Produktentwicklung. Nun ist er gereift und mit ihm seine Lautsprecher.
Vollgas
Ich kenne Robert Andorf schon lange und wenn ein Mensch den Begriff „getrieben“ personalisiert, dann er. Andorf ist, wie er selbst sagt, Lautsprecher-Quereinsteiger. Auch wenn er schon als Teenager mit seinem Vater Lautsprecher gebaut hat, haben ihn theoretische Lücken gestört und er hat sich in den vergangenen Jahren vertieft mit den Grundlagen der Lautsprecherentwicklung beschäftigt, weil er wirklich verstehen wollte, warum das Eine funktioniert und das Andere nicht. So viel kann ich hier schon verraten: es hat sich gelohnt. Andorf hat immer interessante Lautsprecher und Konzepte auf den Weg gebracht, nun ist er angekommen.
Schallwandgeschichten 1
Andorf liebt offene Schallwände und die baut er auch. Diese Möglichkeit, Lautsprecherchassis einzubauen, erscheint erst einmal einfach, wird aber mit zunehmenden Ansprüchen herausfordernd. Offene Schallwände haben eine lange Tradition, im Kinobereich wurden sie früher häufig eingesetzt und kamen dort je nach Größe der Leinwand, hinter der sie montiert waren, einer unendlichen Schallwand schon recht nah. Speziell im Bassbereich wäre eine solche unendliche Schallwand die theoretische Ideallösung, denn damit könnte man Interferenzen von Direktschall sowie rückwärtiger Abstrahlung minimieren. Aber die Unendlichkeit auf der Erde hat ihre Grenzen.
Schallwandgeschichten 2
Gilbert Briggs, der berühmte Wharfedale Mastermind, stellte 1956 seine SFB/3 Lautsprecher vor, mit denen er in der London Festival Hall und der Carnegie Hall für Erstaunen sorgte: es schien kaum ein Unterschied zwischen der zuerst aufgeführten Liveperformance und der über seine Lautsprecher hörbar. „SFB“ steht für „Sand Filled Baffle“, also sandgefüllte Platten. Für diese erste kommerzielle Schallwand der HiFi-Geschichte nutzte Briggs seitliche Ausleger, die die Schallwand stellsicher machten, vergrößerten und Interferenzen verminderten. Praktisch zur selben Zeit stellte Peter Walker seine legendären Quad ESL57 Elektrostaten erstmals vor, ebenfalls ein Dipol, eine offene Schallwand, die nach vorne wie nach hinten abstrahlt. Gilbert Briggs hatte übrigens mit Leak und Quad- Verstärkern vorgeführt, ganz zufällig war das alles nicht, die Sache lag offenbar in der Luft. In den 80er Jahren bekam das Thema durch die japanische Vintage-Szene mit einer nach dem goldenen Schnitt berechneten Schallwand für klassische Breitbänder wieder neuen Schwung.
Konstruktion
Für seine Open Baffles, wie Schallwände neudeutsch genannt werden, verwendet Andorf seit einiger Zeit ein spezielles, besonders feuchtigkeitsbeständiges MDF, das gerade auch die Luftfeuchtigkeiten in Asien gut absorbieren kann.
Bass desires
Und hier muss natürlich die Frage aufkommen, die das Thema offene Schallwand begleitet: Wie schafft es Robert Andorf mit seinem Team, dem berüchtigten Bassmangel zu begegnen? Wir haben gelernt, dass eine unendliche Schallwand so ziemlich die beste Möglichkeit der Unterstützung eines Basstreibers ist. Uns ist klar, dass das nur Theorie ist. Mir sind mehrfach in Horninstallationen, speziell in denen mit klassischen Western Electric Komponenten, ziemlich große Bass-Schallwände begegnet, die ziemlich gut Bass konnten. Nur ist die No 6 ausgesprochen kompakt, sehr endlich sozusagen. Wie schafft er es also bis hinunter auf 22Hz zu kommen? Die wie wir gelernt haben ganz und gar nicht banale Schallwand liefert eine erste Antwort. Die anderen beiden kommen jetzt.
Die Treiber
Die Antwort auf die Frage, wie die No 6 bis auf 22Hz hinunter kommen kann, muss man natürlich auch beim Basschassis suchen. Neben der ultrasteifen Schallwand und der aufwendigen Weiche, auf die ich noch zu sprechen komme, ist er der dritte Spielentscheider in Sachen Bassfähigkeit.
Die Weiche
Ich habe bei meinem Besuch in Ingolstadt gesehen, wie die Weiche von Hand bestückt wird und kann nur sagen: das sieht richtig lecker aus und braucht seine Zeit. Andorf sagt dazu: “Es gibt nur Kupferbahnen, die mit den Bauteilen über die Solidcore Kupferinnenverkabelung für den Bass und die Reinsilber Solidcore Innenverkabelung für Mittel- und Hochton direkt mit den Lautsprecherchassis verbunden werden. Die Nº 6 hat einen Kupferbahn- Leiterquerschnitt von 3,3 Quadratmillimetern.“ Entscheidend für die neue Qualität der Spatial Europe Lautsprecher und Basshelfer Nr. 3 war Andorfs Entdeckung der seriellen Weichenschaltung. Dabei werden alle Chassis in Reihe geschaltet und nicht wie sonst üblich parallel. Dadurch nimmt jede Veränderung in jedem Frequenzbereich Einfluss auf den Rest der Weiche, was den Aufwand beträchtlich steigert. Für das so überzeugende Ergebnis hat Andorf in den vergangenen zwei Jahren gut 70.000 Euro für Weichenbauteile ausgegeben, denn simulieren lässt sich eine solche serielle 3-Wege-Weiche wie im Fall der No 6 nicht. Die Schichtkernbassspule mit Backlackdraht wurde zusammen mit Mundorf entwickelt, die Kondensatoren für den Bass sind von Jantzen, Andorf verwendet viele kleine Werte, um die Bassdynamik noch weiter zu steigern. Mittel- und Hochtonbereich sind mit einer Folienwachsspule und einem Silberkondensator bestückt. Und hier noch einmal Andorf: “Wenn man bei einer seriellen 3-Wege-Weiche von Flankensteilheit sprechen kann, sind es 12 dB.“
Feinheiten
Schaut man sich das Spatial Europe Konzept genauer an, fällt einem neben der regionalen Produktion die so wünschenswerte, plastikfreie, nachhaltige Verpackung und das umfassende Recycling- und Müllvermeidungskonzept auf. Inzwischen stellt Andorf auch seine Kabel selbst her und lässt sich von Audion Verstärker auf seine jeweiligen Lautsprecher anpassen. Da so eine Schallwand nach vorne und nach hinten abstrahlt, muss man sich mit der Aufstellung ein wenig beschäftigen. Mit den drei höhenverstellbaren Absorbern kann man ihre Neigung und damit den Direktschalleinfluss verändern. Er empfiehlt zwischen Wand und Lautsprechervorderkante eine Distanz von 75 bis 95 cm sowie einen Hörabstand von mindestens drei Metern. Mit der Einwinkelung der Schallwände darf man experimentieren, im Nahfeld kann es sogar sinnvoll sein, dass sich die Abstrahlung vor dem Hörplatz kreuzt.
Klang
Ich habe den No 6 sowohl in Robert Andorfs Studio in Ingolstadt mit seinem auf den No 6 angepassten 300B Verstärker als auch im Verlagshörraum mit dem Soulnote A-2 ausgiebig gehört und bin von seinen klanglichen Fähigkeiten begeistert. Mit wie viel Finesse ich Melanie De Biasios theatrale Musiken erleben darf, wie sauber diese Schallwände ihre so spannende Musik wiedergeben, erstaunt mich sehr. Warum? Ich war von den Spatial Europe Lautsprechern einen anderen Klang gewohnt, der doch etwas mehr auf Drama gesetzt hat. Hier höre ich einen Lautsprecher, der sich selbst aus dem Spiel nimmt, maximal der Musik dient und Auflösung bis zum Abwinken bietet. Extrem gut lässt sich das bei Nils Frahm mit seinen sich steigernden Klavierkaskaden nachhören. Da wechseln sich Klavierstreichelungen mit Attacken ab, umweben mich feinste Klangstimmungen, bis ich über einen schier bodenlosen Bass beinahe erschrecke, der alle Schallwandskeptiker zu Fans machen dürfte: locker, farbig, ausgedehnt wie man ihn auch mit anderen Lautsprecher-Verstärker- Kombinationen nicht häufig zu hören bekommt. So bekommt auch die Stimme von Gregory Porter genau die Unterfütterung, die sie braucht. Im Gegenzug knallt und rockt Stevie Ray Vaughans unvergleichliche Gitarre mit einem Nachdruck in den Raum, der ihr ebenso gerecht wird. Und Sie müssen sich einmal Joey De- Francescos Hammondorgelspiel über diesen Lautsprecher anhören. Erst damit kann man wirklich verstehen, was er auch mit seinen Füßen im Bassregister geleistet hat.
Fazit
Robert Andorf wollte verstehen, wie er den Klang erreicht, hinter dem er sein Leben lang her war. Er hat sein Ziel erreicht und die beste offenen Schallwand gebaut, die ich je gehört habeKategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Spatial Europe No 6
Preis: um 19500 Euro
Robert Andorf hat die beste offenen Schallwand gebaut, die ich je gehört habe
Spatial Europe No 6
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenVertrieb | Mach One Classics / Spatial Europe / Ingolstadt |
Telefon | 0841 33670 |
Internet | www.spatialeurope.de |
Garantie | 10 Jahre |
H x B x T | 457 x 110 x 76 mm |
Gewicht: | 42 kg |
Unterm Strich... | Robert Andorf wollte verstehen, wie er den Klang erreicht, hinter dem er sein Leben lang her war. Er hat sein Ziel erreicht und die beste offenen Schallwand gebaut, die ich je gehört habe |