Müssen Standlautsprecher immer raumvernichtende, verstärkerfressende Monster sein? Kudos tritt mit der außerordentlich niedlichen X2 den Gegenbeweis an
Mitspieler
Plattenspieler:
Acoustic Solid Machine mit SME M2-12 und Clearaudio Goldfinger
Phono-Vorverstärker:
Malvalve preamp three phono
Vorverstärker:
Malvalve preamp three line
Endverstärker:
SAC Igel 60
Zubehör:
Netzleiste: HMS
Stromkabel: Silent Wire
NF-Kabel: Van den Hul
Phonokabel: Van den Hul
Lautsprecherkabel: Intertechnik
Racks: Empire
Plattenwaschmaschine: Clearaudio
Gegenspieler
Spendor S3e
Xavian xn 270 evoluzione
Sonus Faber Liuto Monitor
Keine 80 Zentimeter ist sie hoch, bleibt damit unter dem Radar jeder Hausfrau und wird kaum eine bessere Hälfte auf den Plan rufen, längst überfällige Schritte gegen den HiFiismus ihres Gatten einzuleiten. Im Gegenteil: Die meisten Damen werden die Kudos X2 ausgesprochen knuffig finden und sie im gemeinsamen Heim mit offenen Armen begrüßen.
Das fällt auch angesichts der sehr vertretbaren 1.648 Euro leicht, die der Deutschland- (und Österreich-) Vertrieb Beat Audio für das Lautsprecherpärchen aufruft. Hinter der X2 steckt der britische Lautsprecher- und Lautsprecherständerhersteller Kudos. Letzteres erwähne ich explizit, weil Kudos vor zwanzig Jahren mit genau jenem Produkt auf die HiFi-Welt kam: dem Ständer S100, welcher im Wortsinn schnell zur festen Größe des Marktes wurde. Es folgte der günstigere S50, gleichermaßen geliebt und gelobt. Erst 2006 kamen unter der Führung des renommierten Lautsprecherentwicklers Derek Gillian Lautsprecher hinzu. Seine Philosophie deckte sich wunderbar mit dem bis dato verfolgten Kurs: Dinge einfach halten, aber mit Sorgfalt umsetzen. Sein Tun als Tischler, Profimusiker, Toningenieur und natürlich auch HiFi-Liebhaber half mit, die Edel-Serie Cardea Modell für Modell mit Leben zu füllen. Für tatkräftige Unterstützung sorgen die norwegischen Chassispezialisten von Seas, die Kudos mit maßgeschneiderten Wandlern höchster Qualität beliefern – auch für die X2, die den Beginn einer neuen, preiswerten Lautsprecherlinie mit Cardeas-Know-how markiert. Ein beschichteter Papier-15er mit Druckgusskorb und eine der berühmten Gewebekalotten aus Norwegen verdingen sich in 15 Litern Luft. Das Duo kuschelt sich in der X2 innig aneinander, um die beiden Schallentstehungsorte so nah wie möglich zusammenzubringen. Hohe Ansprüche an die Linearität der Treiber stellen auch in dieser Klasse die flach filternden Frequenzweichen, die mit geringen Phasendrehungen für optimales Timing sorgen. Die übersichtliche Bauteileanzahl lässt zudem exzellente Qualität zu. Luftspulen mit reichlich Kupfer und speziell für Kudos gefertigte Clarity Caps kümmern sich in der X2 um die Signalverteilung, als Transportmedium kommt Innenverkabelung der Chord Company zum Einsatz. Ganz wichtig ist Derek Gillian trotz aller technischen Korrektheit die finale Abstimmung nach Gehör, ohne die bei Kudos kein Lautsprecher in die Produktion geht. Interessant ist die Antwort der Briten auf die Frage Single- oder Bi-Wiring. Gerade im Hochpreissegment trifft man Letzteres ja häufig an, und auch die möglichen klanglichen Vorteile bestreiten die Mannen von Kudos nicht. Aber wer extrahiert eben jene Vorteile in der Praxis wirklich? Sie gehen deshalb erst mal von Single-Wiring aus und liefern ihre Edelmodelle nur auf expliziten Kundenwunsch mit Bi-Wiring- Terminal aus – selbstverständlich ohne die gefürchteten Blechbrücken. Konsequenterweise bleibt auch die X2 beim Single- Wiring-Terminal mit großformatigen Schraubklemmen. Auch die sehr hübsch anzusehenden Gehäuse der X2 kommen ohne Schnickschnack aus. Profi-Holzwürmer aus Dänemark liefern präzise bearbeitetes MDF, innen mehrfach verstrebt und bedämpft, sehr sauber furniert und perfekt verarbeitet. Sieben Echtholzfurniervarianten bietet Kudos für die X2 an, das Bassreflexrohr ist optisch unsichtbar zwischen dem Gehäuseboden und dem abgesetzten Fuß verborgen. Die Bodennähe sorgt für markigeren Tiefbass. Noch ein Wort zur (abwesenden) Höhe der Box. Techniker mögen argumentieren, dass Hochtöner wegen ihrer naturgemäßen Bündelung auf Ohrhöhe gehören. Grundsätzlich ist das auch richtig, aber es stirbt niemand daran wenn‘s mal nicht so ist. Wenn der Umstand in die Entwicklung einfließt, kann der Frequenzgang wie bei der X2 direkt passend abgeschmeckt werden. Zudem beträgt der Fehlwinkel auf drei Meter Hörentfernung schlappe vier Grad – ist das überhaupt erwähnenswert? In unserem Hörraum lässt sich die Kleine auf jeden Fall nicht unterkriegen und distanziert die Konkurrenz noch vor den ersten Tönen mit narrensicherem Handling: auspacken, Spikes rein, Kabel rein, spielt! Ob sie eingewinkelt oder parallel ausgerichtet wird, ist ihr egal, in allen Konfigurationen versprüht sie auf Anhieb ihren lebendigen, sonnigen Charakter. Die kräftigen, strahlenden Höhen öffnen das Klangbild und machen die X2 zu einem äußerst fröhlichen Gesellen, ohne Härten oder gar einem Bruch zwischen den Treibern. Viel mehr halten die beiden Norweger tapfer zusammen und lassen sich weder durch hohe Lautstärken noch durch anspruchsvolles Material auseinandertreiben. Männerstimmen platziert die Kudos eher hinter der Bühne, Frauenorgane artikuliert die Britin einen Hauch weiter vorne. Beide Künstlergruppen stellt die X2 sehr präzise in den luftigen, freien Raum, den sie, deutlich über ihre Größe hinaus, vor dem verdutzt dreinblickenden Zuhörer aufspannt. Der Bass tönt in gleichen Größenordnungen massiver, als die Box optisch auftritt, ist tief reichend und ausgewogen. Gegen stramm-drahtige Amps ist an dieser Stelle nichts einzuwenden, selbst freistehend bleibt genug Substanz vorhanden. Sie gefällt aber auch wandnah mit einer sonoren, warmen Note, die sie nicht braucht, die aber auch nicht schadet. Überraschenderweise kapituliert sie nicht mal vor großformatiger Klassik, ließ sich auch von fiesen, weil reichlich mit Musikern und Sängern besetzten Teststücken nicht beeindrucken. Den Bass zieht die X2 nicht zuletzt durch die Bodenunterstützung weiterhin knorrig durch, und auch der Tweeter bewahrt seine Offenheit und schnürt aus voller Brust schmetternden Damen nicht die Luft ab. Den unvorbereiteten Zuhörer zieht die Kudos mit eben jenen Qualitäten – viel Spielfreude, reichlich Luft um die Instrumente und ein offenes Wesen – sofort in ihren Bann. Das „Kauf die da, Schatz, die finde ich toll!“ wird von ihm nur noch als Hintergrundrauschen wahrgenommen, denn seine Entscheidung ist schon nach den ersten Takten gefallen.
Fazit
Unterm Strich ist die Kudos X2 ein sehr ernst zu nehmender Zweiwegler im Mini-Standbox-Format. Technisch sitzt alles an der richtigen Stelle, klanglich ist sie fein abgeschmeckt. Der tief reichende Bass, viel Spielfreude und das großzügige Raumgefühl sorgen für reichlich Spaß beim Musikgenuss und lassen die zierliche Kudos deutlich markiger auftreten, als die Größe es verheißt.