Bei Automobilen spricht man von Raumwundern, wenn sie „innen größer sind als außen“. So etwas Ähnliches gibt es auch bei Lautsprechern, wenn diese größer spielen, als sie sind. Unsere KEF iQ50, mit denen wir uns nun ein wenig beschäftigen wollen, können aber mehr als das
Peripherie:
– Logitech Squeezebox
– D/A-Wandler: Naim DAC
– Vollverstärker: Peachtree iDecco
– Vorstufe: MalValve preamp 3
– Endstufen: KLANG+TON SymAsym
Mit gut 80 Zentimetern Höhe ist die KEF iQ50 eine zierliche Standbox. Wer’s gern größer oder kleiner mag, wird bei den Engländern gleichermaßen fündig – in der Tat markiert die iQ50 so etwas wie die Mitte des KEF-Programms. Einerseits gibt es noch die teureren Serien XQ und Reference, andererseits steht noch die C-Serie unter der Serie, der die iQ50 angehört. Innerhalb dieser Q-Serie finden sich neben dem Center zwei regalformatige Lautsprecher iQ10 mit 13er- und iQ30 mit 17er-Bestückung sowie zwei größere Modelle mit 17er- Bestückung, nämlich die iQ70 mit einem Zusatzbass und die iQ90 mit deren zwei.
Wie gesagt markiert unsere iQ50 mit ihren zwei 13er-Chassis die Mitte. Allen genannten gemeinsam ist das Markenzeichen der Firma KEF, nämlich der Koaxlautsprecher, der in der Lage ist, das gesamte Audiospektrum abzudecken. „Uni-Q“ nennt KEF dieses Prinzip, das die englische Firma bereits seit zwanzig Jahren kultiviert und verfeinert. Dahinter steckt die Philosophie von der Punktschallquelle, mit der der Schall gleichmäßig in alle Richtungen abgestrahlt werden kann, ohne dass, wie bei konventioneller Chassisanordnung, der Hochtöner je nach Richtung näher oder weiter vom Ohr entfernt ist als der Tieftöner. Durch solche Laufzeitunterschiede ergeben sich nämlich leider störende Interferenzen im Bereich der Trennfrequenz, wo zwei Chassis denselben Frequenzbereich beackern. Die so zustande kommende Richtungsabhängigkeit gilt es zu vermeiden, indem Mittelton und Hochton einen gemeinsamen Ursprungsort haben. Dazu muss der Hochtöner im akustischen Zentrum des Mitteltöners angeordnet sein, welches im Bereich der Spitze der Konusmembran liegt. Nur dort gelingt es, dass Hochton- und Mitteltonschall nicht nur aus gleicher Richtung kommen, sondern auch in gleicher Entfernung erzeugt werden. Die Herausforderung an den Konstrukteur ist dann, dass man das auch so bauen kann. Ein extrem kleiner Hochtöner ist von Vorteil, weswegen KEF auf leistungsfähige Neodymmagnete mit kleiner Bauform zurückgreift und eine mit 19 Millimetern Durchmesser recht kleine Membran einsetzt. Dritter im Bunde ist der 13er-Tieftöner, der den Uni-Q-Koax untenrum unter die Arme greift. Auch dieses Chassis hat einiges zu bieten. Es handelt sich um einen Tieftonspezialisten, dem zwar nur ein zierlicher Durchmesser vergönnt ist, dafür aber einiges an Technologie mitgegeben wurde. Wie es sich für einen Tieftöner gehört, ist der Antrieb langhubiger ausgelegt als beim Tiefmitteltöner. Damit der verlängerte Hub nicht bei größeren Membranauslenkungen für erhöhte Verzerrungen sorgt, ist ein sauber konstruierter Antrieb nötig. Bei KEF greift man dazu auf Kurzschlussringe aus Kupfer zurück, die das Verzerrungsniveau senken. Der Betrieb im Bass bei großer Auslenkung bedeutet weiterhin Stress für die Membran, die in dieser Situation hohen Belastungen ausgesetzt ist. Hohe Stabilität ist gefragt und das bei geringem Gewicht. Hier setzt KEF auf eine Verbundkonstruktion, deren Vorderseite mit ihrem Faseraufbau nicht nur Festigkeit verheißt, sondern auch gefällig aussieht. Dies trifft meiner Meinung nach auch auf die ganze iQ50 zu. Mit ihren geschwungenen Formen (sogar die Schallwand ist leicht gewölbt!) und dem nett gelösten überstehenden Koax sieht sie so garnicht nach Holzkiste aus. Nebenbei ergibt das fast vollkommene Fehlen paralleler Wände (und damit stehender Wellen im Gehäuse) einen handfesten akustischen Vorteil. Fertigungstechnisch geschickt ist dagegen die Vereinigung des Tieftöners mit dem Bassreflexrohr – genauso wie oben der Mittelhochtontreiber mit der Anti-Blumentopf-Hutze ein Teil bildet. Beide Einheiten laufen so flach aus, dass sich ein Einfräsen erübrigt, was genauso zu einer freundlichen Preisgestaltung beiträgt wie der Verzicht auf eine teure und anspruchsvolle Furnierung. An dieser Stelle muss man KEF aber ein klares Kompliment aussprechen: Die Folienoberfläche der iQ50 ist alles andere als billig anzusehen; piekfein und übergangslos gerät der Kunststoffüberzug der kleinen Standbox zur Zierde. Außer in dem hier abgebildeten Nussbaumkleid ist die Box auch in Esche schwarz, Apfel dunkel und mattweiß zu haben. Standfüße, Spikes und ein Biamping-Terminal vervollständigen die Ausstattung. Der erste Höreindruck von der iQ50 eröffnet ohne Umschweife die große Stärke der Box: Hier passiert was, hier wird Musik spannend und authentisch in den Hörraum gestellt. Einen großen Anteil daran hat eindeutig die völlig von den Lautsprechern gelöste Musik und der Raumeindruck, der großzügig weit ist und dennoch mit einer präzisen Ortbarkeit begeistert. Kein Zweifel, KEFs Umsetzung des Koaxprinzips spielt hier souverän dessen Vorteile aus. Der kleine Metallhochtöner bekommt von mir das Kompliment einer „unauffälligen“ und der Gesamtheit dienenden Arbeitseinstellung. Nie mischt sich ungebührliche Schärfe in die Wiedergabe, so dass man sich einen softeren Hochton wünschte. Wird jedoch ein wenig Biss verlangt, beispielsweise bei den Bläsern des Buena Vista Social Clubs, oder bei Hugh Masekelas Flügelhornsolo auf seinem Vorzeigestück „Stimela“, dann liefert die iQ50 diesen auch gewissenhaft ab. Bei Stoppok und Worthys Interpretation von Joan Osbornes „One Of Us“ spendiert die iQ50 Worthys akustischer Bassgitarre ein tolles Tieftonfundament. Dazu lassen sich klar die akzentuierten Anschläge vom sehr schön konturierten Ausschwingen der dicken Saiten trennen. Der Hall von der Studiowand kommt deutlich wahrnehmbar aus der rechten Box, so dass man die Größe des Raums erfasst und sich mitten im Geschehen wähnt. Friedemanns „The Eye Of The Dragonfly“ beginnt mit einer Akustikgitarre, die bereits den vollen Eindruck von der weitläufigen Räumlichkeit dieser Aufnahme gibt. Der tieffrequente Einsatz des Keyboards gelingt der zierlichen Standbox erstaunlich kräftig und präzise. Dann kommt das Sax, dessen Anblasgeräusche schön herausgearbeitet werden - ich bin ziemlich erstaunt, um es vorsichtig auszudrücken. Die iQ50 spielt musikalisch klar in einer höheren Liga, als es der Preis vermuten lässt. Dann kommt Johnny Cash mit seiner unnachahmlichen Stimme ins Spiel. Auch hier hört man Feinheiten satt, sieht Gitarrensaiten und Lippenbewegungen ohne Probleme vor sich. Hier wird auch klar, dass die iQ50 nicht den Fehler mancher Kompaktboxen macht, nämlich mit einem zu dicken Grundton zu blenden, um Größe vorzutäuschen. Cashs sonores Organ nimmt mit, weil die Atmosphäre rüberkommt und nicht wegen irgendwelcher Effekthascherei. Überhaupt machen Stimmen jeder Couleur über die iQ50 Spaß, sie schreckt auch vor Frauen wie Eilen Jewell oder Rickie Lee Jones nicht zurück, sondern gibt sich tonal nicht die geringste Blöße. Diese Mischung aus angenehmen Klangfarben, Detailtreue und authentischem Raumeindruck kann nachhaltig begeistern! Alles prima also? Ich sage ganz klar: Ja! Sicher habe ich schon bessere Lautsprecher gehört als die iQ50. Das Gesamtpaket jedoch aus Verarbeitung, Klang und Preis muss KEF aber erst mal einer nachmachen. Die iQ50 ist auf jeden Fall ein Lautsprecher, der beeindruckt und deutlich mehr kann, als man ihm ansieht. Das sensationelle Abbildungsvermögen jedoch hebt sie heraus und macht sie zum wahren Raumwunder.
Fazit
Eine hübsche Standbox, die nicht nur nett anzusehen, sondern auch sehr ordentlich verarbeitet ist zu einem vernünftigen Preis? Das ist die KEF iQ50 genauso wie ein absolut ernst zu nehmender Lautsprecher für anspruchsvollen Musikgenuss. Wer nicht gerade Großorchestrales in Originallautstärke oder Orgelmusik hören muss, bekommt einen Lautsprecher der eigentlich alles kann. Und eins ist sicher: In Sachen losgelöster Wiedergabe und Räumlichkeit spielt die kleine iQ50 die allermeisten teureren Lautsprecher glatt an die Wand.