Kategorie: Lautsprecher Stereo

Einzeltest: JMR Bliss Jubilé


Ein ganz persönliches Hauskonzert

Lautsprecher Stereo JMR Bliss Jubilé im Test, Bild 1
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Eigentlich könnte meine Überschrift auch „J‘adore“ lauten. Das bedeutet direkt aus dem Französischen übersetzt: „Ich bewundere.“ Oder paraphrasiert, dass man echt auf etwas steht. Im Fall der Bliss JubilĂ© sind mir beide Versionen recht

Ich verstehe nicht wirklich, wieso JMR in Deutschland ein Schattendasein führt. Die Lautsprecher sind raffiniert gebaut, klingen hervorragend und haben ein sehr attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Firma JMR (Jean-Marie Reynaud) wurde bereits 1967 vom Vater des heutigen Inhabers Jean-Claude Reynaud („JC“) gegründet. JMR gehört mit mehr als 2000 mÂČ Produktions- und Lagerfläche zu den großen französischen Lautsprecherfirmen. Wenn man sich ihre Produkte genauer ansieht, fallen einem Details auf, die andere Hersteller einfach nicht zu kümmern scheinen. Dabei sind es meist Finessen, die nicht die Welt kosten würden.
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JC nennt die Bliss JubilĂ© seine Vision eines Monitors, den er als Tonmeister gerne gehabt hätte: verfärbungsfrei, mit geradem Frequenzgang; analytisch, ohne kalt zu wirken. Außerdem sollte sie keinen engen Sweetspot haben, offen klingen und leicht aufzustellen sein. Ich nehme gerne vorweg, dass er seine Mission mit Bravour erfüllt hat. Alle Chassis werden von JMR entwickelt und exklusiv für sie meist in Europa gebaut. Der 17-cm-Tieftmitteltöner mit Papiermembran, die von hinten mit einem nicht näher benannten Dämpfungsmaterial beschichtet ist, wird auch in der kleinsten JMR-Standbox Euterpe JubilĂ© eingesetzt. Seine 28-mm-Schwingspule ist auf einen belüfteten Aluminiumträger gewickelt. Auch die Zentrierspinne ist für eine bessere Kühlung der Spule belüftet, was unter anderem Verzerrungen reduzieren soll. Ein langsam magnetisierter, doppelter Ferritmagnet soll in der Lage sein, die Magnetkraft besonders gut zu konzentrieren. Die Membranaufhängung besteht aus einer Gummi-Schaumstoff-Mischung und verfügt über ein progressives Profil für ideale Rückstellkräfte über das gesamte Frequenzband.


Der Hochtöner stammt aus der großen Cantabile JubilĂ©. An ihm ist nichts Revolutionäres, aber eine imprägnierte 28-mm-Seidenkalotte in einem Hornprofil aus Alu braucht das auch nicht. Ihre Richtwirkung ist so minimal, dass man auf einen Phaseplug verzichten konnte. Sie wird von einem starken Neodymmagnentsystem angetrieben und bereits bei 2800 Hz mit zwölf Dezibel pro Oktave angekoppelt. Die Weiche ist mit feinen Bauteilen bestückt: versilberte, für JMR hergestellte Kondensatoren mit identifizierter Wicklungsrichtung; Luftspulen mit geringem Widerstand oder induktionsarme Widerstände. Verdrahtet wird ohne Leiterplatten mit dem hauseigenen Silber-/Kupferkabel JMR HP1132. Keiner der populären, aber einfachen Kupferleiter also, die nur ein wenig mit Silber beschichtet werden. Die Weiche ist auf einem Antiresonanzbrett aus 3-mm-Forex, einem offenporigen Kunststoff, montiert: „Noch‘n Detail“ hätte Heinz Erhardt dazu gesagt. Mit einer sehr regelmäßigen Impedanzkurve, nie unter 4 Ohm, ist die Bliss JubilĂ© leicht zu treiben.


Für ihren vielleicht berühmtesten Lautsprecher, die Offrande (Supreme), hatte JMR schon vor Jahrzehnten ein Gehäuseprinzip erfunden, über das man nicht so gerne redet, weil es sich nur schwer patentieren lässt. Es besteht aus je zwei Doppelkammern für Kompression und Dekompression der Signale. Diese Technik erlaubt ihnen, im Gehäuse ohne parallele Wände zu arbeiten und stehende Welle effektiv zu vermeiden. Außerdem brauchen sie keine konventionelle Bedämpfung: Ein spezielles Verbundmaterial, das die Energie in Hitze umwandelt, und etwas Bitumen genügen. Sowohl die Gruppenlaufzeiten als auch generell Speed und Attacke profitieren von diesen Maßnahmen enorm. Das kann man sofort hören, doch darauf komme ich gleich noch. Ich habe die Bliss zuerst auf meine wirklich guten Project-Ständer gestellt und in der Einspielzeit damit gehört. Doch Arnd Rischmüller vom deutschen JMR-Vertrieb H.E.A.R. hatte mir die JMR Magic Stands II zukommen lassen, von denen er ganz begeistert ist. Das ist ein Ständer, der getreu dem JMR-Firmenkern anders ist. Sein Prinzip sei simpel, meint JC. So simpel, dass es wohl niemand kopiert. Ein doppelter Helmholtzresonator soll stehende Wellen zwischen der Unterkante des Lautsprechers und seiner Stellfläche auslöschen. Die Vorderseite der Bliss – oder jedes anderen kleinen Lautsprechers – wird nach diesen Resonatoren ausgerichtet und dadurch zwischen 100 und 400 Hz angekoppelt. So soll laut JC eine Linearisierung des Bassbereichs erfolgen und die typische Überhöhung im oberen Midbass, die eben meist durch stehende Wellen erzeugt wird, verschwindet. Probieren Sie die Magic Stands II bitte aus, egal ob mit der Bliss oder einem anderen Lautsprecher, aber machen Sie sich auf etwas gefasst, denn diese Ständer sind gerade im Bass eine akustische Waffe. So höre ich auf „Kind of Blue“ einen Bass, der sonst oft im Keller tuckert – aber nicht im Bass-, sondern im Kohlenkeller. Und ich staune darüber, wie unmittelbar, lebendig und groß dieser doch eher kleine Lautsprecher in meinem 28-Quadratmeter-Raum spielt.


Ich habe die minimale Richtwirkung des Hochtöners ja schon beschrieben und es ist wirklich auffällig, dass die Bliss praktisch keinen Sweetspot hat und vollkommen hinter der Musik zu verschwinden scheint. Nun ist das für solche Konzepte nicht ungewöhnlich, hier fällt es mir nur extrem auf. Runde Gehäusekanten sind dafür schon einmal hilfreich. Die Bliss hat aber auch einen sehr geraden Phasengang – der akustische Drift zwischen Tiefmitteltöner und Hochtöner beträgt gerade einmal 0,2 Grad. Der Hochtöner mit seinem sehr breiten Abstrahlverhalten und einem Filzring, der ihn außen herum bedämpft und so die erste Reflexion in Richtung Gehäuse minimiert, wehrt sich auch erfolgreich gegen Phasendrehungen. Einwinkeln muss man die Bliss übrigens nur minimal. Ein wichtiges Detail will ich noch erwähnen: Der Tiefmitteltöner wird durch eine nichtmagnetische Gewindestange aus Edelstahl mit dem Gehäuse verspannt. Warum macht das so gut wie kein anderer Hersteller? JC denkt, weil das mehr Zeit in Anspruch nimmt und damit aufwendiger ist. Und Sie verstehen nun, was ich mit den vielen feinen Details meine, die einen JMR Lautsprecher ausmachen und die andere Hersteller so wenig zu kümmern scheinen.


Die Bliss JubilĂ© macht nach ihrer Mindesteinspieldauer von 100 Stunden mehr und mehr auf. Der anfangs etwas ungelenke Bass wird immer agiler, der Hochton noch geschmeidiger und die Gesamtperseine Bassdrum satt und organisch; Pianotöne extrem natürlich und eine Bambusflöte nach verdammt viel Holz. Und Cherrys Lieblingsinstrument, die berühmte „Pocket Trumpet“, fährt wie ein Messer durch Butter. Cat Powers Musik tönt zwar tendenziell noch immer ätherisch, aber als Mutter klingt sie inzwischen deutlich erdiger. Ihre betörende Stimme illustriert diese wunderschönen Songs perfekt und lässt mich mehr denn je in sie hineinsinken und schickt mich auf eine Art gespenstischen Holotrip in eine Geisterstadt samt schepprigem Klavier in einem verlassenen Saloon. Stanley Turrentine und sein Orchester hingegen wirft die Bliss JubilĂ© so lässig, ungerührt und fein aufgefächert in den Raum, dass ich am liebsten meinen besten Anzug überstreifen und mit meiner Liebsten eine Runde tanzen möchte. Ich erkenne und verstehe Turrentine, seinen Stil, mit dem weichen und manchmal auch rauen, jaulenden „Honking“-Sound – genau das muss ein Lautsprecher können. Butterweich, federnd, pegelfest und mit einer sensationellen Auflösungsfähigkeit – da fällt es mir leicht zu sagen: Ich stehe total auf die Bliss JubilĂ©, mit der man selbst in mittelgroßen Räumen praktisch nie an ernsthafte Leistungsgrenzen gerät. Was JMR aus dem scheinbar abgenudelten Thema „Siebzehner Tiefmitteltöner mit Kalotte“ zaubert, ist nichts weniger als „formidable“.

Fazit

Für meinen Geschmack ist die Bliss JubilĂ© ein nahezu perfekter Lautsprecher. Also sage ich gerne „J‘adore“ und legen Ihnen dringend ans Herz, sich diese Französin einmal anzuhören.

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Kategorie: Lautsprecher Stereo

Produkt: JMR Bliss Jubilé

Preis: um 1950 Euro

11/2019
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb: H.E.A.R. AUDIO 
Telefon: 040 41355882 
Internet: www.h-e-a-r.de 
Preis: 1.950 Euro (Mattschwarz; Anthrazit; Perlweiß; Kirschfurnier) 
Ständer Magic Stand II 570 Euro 
Funktionsprinzip: 2-Wege-TMR 
Bestückung: 1 x 17-cm-Tiefmitteltöner mit imprĂ€gnierter Papiermembran 1 x 28-mm-Gewebekalotte 
Übergangsfrequenz: 2,8 kHz 
Impedanz (in Ohm): 4 Ohm 
Wirkungsgrad (in dB): 88 dB / 1 W / 1 m 
Frequenzbereich: 45 Hz – 25 kHz ±3 dB 
Belastbarkeit:
B x H x T: 208 x 406 x 290 mm 
Gewicht (in kg): 11 kg 
Garantie (in Jahre): 2 Jahre 
Unterm Strich ... FĂŒr meinen Geschmack ist die Bliss JubilĂ© ein nahezu perfekter Lautsprecher. Also sage ich gerne „J‘adore“ und legen Ihnen dringend ans Herz, sich diese Französin einmal anzuhören. 
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Autor Christian Bayer
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Datum 08.11.2019, 15:00 Uhr
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