Kategorie: Lautsprecher Stereo

Einzeltest: Hornmanufaktur Eurydike


Mein Horn und ich

Lautsprecher Stereo Hornmanufaktur Eurydike im Test, Bild 1
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Stromlinienförmig ist anders. Die Hornmanufaktur von Gerald Hüpfel lässt den Klang lieber durch Hornmünder strömen, als sich dem Mainstream anzupassen

Wer heute in der dicht gedrängten Lautsprecherwelt überleben möchte, hat im Grunde nur zwei Chancen: Er verfügt über einen gut eingeführten Markennamen oder er bedient Kundenwünsche, denen ein Großserienhersteller so nicht nachkommen kann. Gerald Hüpfel gehört eindeutig zur zweiten Kategorie, denn er baut außergewöhnliche Laut sprecher, wie es sie in den Portfolios der marktbeherrschenden Hersteller nicht gibt. Ich habe ihn gefragt, wie seine Zielgruppe aussieht. Hüpfel sagt: „Es gibt eigentlich keine ,typische‘ Klientel. Zu mir kommen Menschen, denen Musik wichtig ist. Sie wollen keine Frequenzschriebe sehen, sondern ,einfach nur Musik‘ genießen.

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Studierende kaufen bei mir ebenso wie Künstler, viele Musiker, Komponisten oder Techniker aus Tonstudios sowie Kirchen, die an einer adäquaten Wiedergabe in ihrem Kirchenraum interessiert sind. Interessanterweise ist auch ein hoher Anteil an Frauen zu verzeichnen, den ich auf Messen nicht sehe.“ Hauptmärkte der Hornmanufaktur sind übrigens Italien und die Schweiz – mal sehen, ob wir die deutschen Käufer auch anregen können. Gerald Hüpfel baut also Hornlautsprecher. Auf seiner Website erklärt er, warum. Jeder Mensch kenne den Trichter, den man mit seinen Händen vor dem Mund formt, um die Intensität seiner Stimme zu verstärken. Diesen Trichter kann man bereits als einfaches Horn bezeichnen. Im Bass sieht die Sache jedoch etwas komplizierter aus. Lässt man den Bass durch ein Horn abstrahlen, kann man das Phänomen der akustischen Transformation nutzen und mit der Öffnung des Hornmundes quasi eine große, praktisch masselose, virtuelle Membran generieren. Dafür braucht das Basshorn ein sehr großes Volumen. Um es trotzdem wohnraumfreundlich zu gestalten baut man zum Beispiel „backloaded“ Hörner, wie in der Eurydike. Deren Horn ist über eine Länge von 2,8 m geschickt gefaltet und lädt den Breitbänder rückseitig (= backloaded). Die Hornkontur von Hüpfels Lautsprechern folgt einer Hyperbel, was sich schon bei Grammofonen als ideale Anpassung bewährt habe. Er meint, dass eine exakte Voraussage des Verhaltens von Schall im Horn mit den existierenden mathematischen Methoden nicht möglich sei. Von allen Horntheorien scheint die zuverlässigste von einem englischen Kanalbauingenieur zu stammen, der die Kanalausgänge in die Themse entworfen hat. Hüpfel erklärt das so: „Die Kontur, bei der die Abwässer die wenigsten Ziegel aus den formenden Mauern gerissen haben, kam dem Ideal am nächsten.“ Das gefällt mir, aus den Tiefen der Unterwelt wird der Schall unfallfrei zu uns kanalisiert! Da die Hornkontur nahezu das gesamte Volumen des Lautsprechers beansprucht, gibt es kaum Hohlräume, die man dämmen müsste. Die elegant furnierte Abdeckung mit ihren Holzstreben dient der Impedanzanpassung an das Luftvolumen des Hörraumes. Dazu noch einmal Hüpfel: „Das Horn ist ein Impedanztransformator, das heißt, es kommt zu einer stetigen Vergrößerung der Treiberoberfläche vom Lautsprecher bis zum Hornmund und darüber hinaus. Die Wände des Hörraumes und somit der Hörraum werden zum Teil des Hornes. Das Gitter vor dem Hornmund ,bremst‘ den Schall ab, die Unstetigkeitsstelle (der Übergang) Hornmund wird ,entschärft‘.“ Daher ist die Abdeckung integraler Bestandteil des Konzeptes und sollte nicht entfernt werden. Der eingesetzte Breitbänder ist ein „L Cao“ aus asiatischer Fertigung, der üblicherweise in elektronischen Orgeln eingesetzt wird. Hüpfel modifiziert ihn nicht weiter und lässt das Chassis ungefiltert durchlaufen. Für die höchsten Töne setzt er ab 13 kHz einen Magnetostaten mit Hornvorsatz ein, der teilweise mittels 3D-Drucker gefertigt wird. Gegen den Breitbänder wird er mit einem „audiophilen Kondensator“ abgekoppelt, über dessen Wert oder Provenienz Hüpfel den Mantel des Schweigens legen möchte. Mehr Bauteile liegen nicht im Signalweg. Die Impedanz liegt bis 10 kHz bei freundlichen 6 Ohm, bis 20 kHz fällt sie auf 4 Ohm ab. Und auch wenn ein Horn meist gut mit Röhrenverstärkern harmoniert, spielt die Eurydike erstaunlich gut mit dem Vollverstärker NAD C356BEE. Diese Kombination ergänzt sich auf eine fast schon synergetische Weise, so dass ich damit die meiste Zeit gehört habe. Durch den recht kleinen Hochtöner ergibt sich ein relativ enger Sweetspot, den man durch Hin- und Herrücken des Lautsprechers sowie etwas stärkeres Einwinkeln deutlich verringern kann. Die Eurydike ist zwar ein ausgewachsener Standlautsprecher, wirkt dabei aber erstaunlich leicht und lässt sich trotz ihrer Größe problemlos verschieben. Für ihre Außenhaut verwendet Meister Hüpfel Spanplatten, die Hornkontur wird aus Sperrholz aufgebaut – MDF klingt ihm „zu tot, zu fad“. Er setzt also mehr auf eine geschickte Bauweise als auf schiere Masse. Die Lautsprecher werden in regionalen Traditionsbetrieben von Hand gefertigt, jedes Paar ist ein absolutes Unikat, die Oberfläche wählen die Kunden nach ihrem persönlichen Gusto. Ich lege „The Source“, das Blue-Note- Debüt des legendären Afrobeat-Schlagzeugers Tony Allen auf, das er mit gerade mal 77 Jahren aufgenommen hat. „The Source“ ist mein persönliches Lieblingsalbum 2017 und ich fühle mich wie bei einem Sofakonzert. So präsent habe ich Allens Schlagzeug bislang noch nicht gehört, unglaublich griffig und knackig klingt das, wie die auch gesamte Band mit ihrer wunderbaren Melange aus Afro- und Jazzbeat – extrem lecker. Das gilt auch für „Wohin ich auch blicke“ vom Knef-Tributalbum „Für Hilde“, denn das Stück kann als Paradebeispiel für die Fähigkeiten der Eurydike dienen. Die Stimme von Bela B klingt, als säße er auf meinem Schoß. Der gezupfte E-Bass kommt furztrocken, alles wirkt, um das etwas seriöser zu fassen, als wäre man der Toningenieur, Bela sänge im Studio direkt vor einem ins Mikrofon und man könne über die Auswahl von Verstärkern und die Aufstellung der Lautsprecher den Klang steuern. Und weil es gerade so viel Spaß macht, darf sich Billy Gibbons „Perfectamundo“ auf dem SME drehen. Das ist ohnehin so eine Gute-Laune-Scheibe und mit der Eurydike und in diesem Fall der 2A3-Endstufe mit ihren knapp 3 Watt(!) kommen sofort Partystimmung und Tanzlaune auf. Ich will aber auch noch wissen, wie die Eurydike mit Stimmen umgeht, und lege Altre Latitudine von Gianmaria Testa in den Symphonic-Line-CD-Player. Höchst authentisch, einnehmend und vertraut erscheint mir „Preferisco cosi“. Ich habe Testa in einem kleinen Club live gehört und habe aus der Erinnerung den Eindruck, dass seine Stimme so geklungen hat. Auf „Tuareg“ hat seine Gitarre genau diese Drahtigkeit, die sie haben muss, die Bläser kommen mit dem richtigen Nachdruck und ein Sireneneffekt schiebt sich praktisch diagonal durchs Klangbild. Bei „Come di Pioggia“ schließlich erschrecke ich richtig, als mich mitten in seinem filmmusikartigen Spannungsbogen ein glockenklarer Beckenschlag fast aus meinen Hörtraum reißt. Die Eurydike ist ein höchst individueller Lautsprecher, der jeden für sich einnimmt, der ihn zu hören bekommt. Sie spielt vielleicht nicht so ausgewogen wie ein typischer 2-Wege-Monitor, lenkt aber auf höchst charmante Art die Aufmerksamkeit der Hörer auf bislang vielleicht verborgen gebliebene Aspekte in seinen Tonträgern. Mit ihr begibt man sich auf eine musikalische Kreuzfahrt, von der man garantiert positiv verändert zurückkommt.

Fazit

Ein Lautsprecher für erfahrene Hörer, die sich endlich einen Traum erfüllen können, von dem sie vielleicht gar nicht wussten, dass sie ihn geträumt haben.

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Kategorie: Lautsprecher Stereo

Produkt: Hornmanufaktur Eurydike

Preis: um 6400 Euro

8/2018
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Ausstattung & technische Daten 
Paarpreis 6.400 Euro 
Vertrieb Hornmanufaktur Österreich 
Telefon 0043 699 12738868 
Internet www.hornmanufaktur.at 
Garantie 3 Jahre 
Abmessungen (D x H) 34 x 100 x 42 cm 
Gewicht: ca. 25 kg 
Fazit Ein Lautsprecher für erfahrene Hörer, die sich endlich einen Traum erfüllen können, von dem sie vielleicht gar nicht wussten, dass sie ihn geträumt haben. 
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Autor Hans Heid
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Datum 09.08.2018, 09:57 Uhr
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