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The Big Bang Theory
Vermutlich nimmt Dr. Roland Gauder es mir nicht übel, wenn ich ihn an dieser Stelle mal als „Lautsprecher-Nerd“ bezeichne. Und die gewaltige Berlina RC11 als seinen ganz persönlichen Urknall
Bevor wir uns mit zwei gewaltigen Lautsprechertürmen zum Paarpreis von 150.000 Euro beschäftigen, gilt es zunächst einmal, Abschied von einem liebgewonnenen Namen zu nehmen: dem Label Isophon nämlich. Unter diesem haben Dr. Roland Gauder und sein Partner Achim Knapp seit vielen Jahren ihre Lautsprecher vermarktet; nunmehr allerdings ist damit Schluss. Isophon wird’s als Treiberhersteller mit Sitz in Berlin weiterhin geben, Lautsprecher aus dem schwäbischen Renningen werden allerdings zukünftig ohne Technik dieser Herkunft auskommen. Damit einhergehend heißen die Lautsprecherboxen künftig „Gauder Akusik“ und nicht mehr „Isophon“.Das gilt ab sofort auch für das wahrlich hünenhafte Topmodell „Berlina RC11“.
Eine Box, die zweifellos den krönenden Abschluss dessen darstellt, was Gauders Lautsprecherdesign in den letzten Jahren ausgemacht hat: den Umstieg von klassischen „weichen“ Membranen – meist auf Papierbasis – auf moderne harte Materialien. Erstere sind sicherlich einfacher in den Griff zu bekommen als die zweiten, mit Letzteren allerdings lassen sich, wenn man’s im Griff hat, die besseren Ergebnisse erzielen. Und wenn man jemanden als Könner auf diesem Gebiet bezeichnen darf, dann ist das Roland Gauder: Der Mann verfolgt sein extrem steilflankiges Frequenzweichenmodell seit vielen Jahren und kann seine Frequenzweichen auf den Punkt genau berechnen – zur Not auch mit Bleistift und Papier. Gauder-Weichen mit 50 oder 60 Dezibel Flankensteilheit lassen sich nicht mehr klassisch nach dem Motto: „Wir nehmen mal ein paar geschätzte Bauteilewerte und gucken wo wir so landen“, zusammenstöpseln, hier muss alles exakt passen, sonst nimmt die Filterfunktion chaotische Züge an.Harte Membranen – bei der RC11 gibt’s derer sieben: Fünf bestehen aus weißer Keramik, zwei gar aus Diamant. Sie entstammen allesamt der „Hexenküche“ von Accuton und sind in Sachen Härte eindeutig das Extremste, was der Markt zu bieten hat.Die Box besteht im Prinzip aus drei Teilen: Oben und unten gibt’s zwei über dicke Rohre verbundene Bassteile, die jeweils zwei Neunzoll-Tieftöner beherbergen. Das gibt im Bass die Membranfläche eines ausgewachsenen Achtzehnzöllers pro Kanal, womit in Sachen Tieftonenergie also kein Mangel herrschen dürfte. Jedes Bassabteil „atmet“ über ein Reflexrohr, das ganz hinten im Gehäuse angeordnet ist und nach oben (respektive unten) abstrahlt. Das Mittelhochtongehäuse steht gut entkoppelt zwischen den beiden Wuchtbrummen und ist ein echtes Schatzkästchen: Neben einem 17-Zentimeter-Kermaikmitteltöner werkeln hier zwei Diamantkalotten. Während es den 20-mm-Hochtöner hier und da schon mal zu sehen gibt, ist die 50-mm- Kalotte an Exklusivität nicht mehr zu toppen. Wer mal mit so etwas spielen will: Es kursieren Gerüchte über einen Paarpreis von 11.000 Euro.Kaum weniger extrem als die Treiberauswahl geriet die Gehäusekonstriktion der RC11: Alle drei Gehäuse sind aus einem Stapel individuelle gefräster „Rippen“ zusammengesetzt, die mit einem hochdämpfenden Material voneinander entkoppelt sind. Das ist so ziemlich die wahnsinnigste Art, ein Lautsprechergehäuse zu bauen, aber sicherlich auch eine der besten.Das Anschlussfeld im unteren Bassgehäuse erlaubt das Vertäuen der Box via massiver WBT-Terminals, zusätzlich gibt’s zwei Steckbrücken zur Anpassung an die räumlichen Gegebenheiten: Via „Emotion“ getaufter Brücke lässt sich der Hochtonbereich um 1,5 Dezibel absenken, die andere dämpft den Bass bei Bedarf um 1,5 Dezibel. Die erste empfiehlt sich für moderne sparsame Einrichtungen, Letztere wird man ob der enormen Basspotenz der Box vermutlich öfter brauchen.Das Problem mit einem zwei Meter hohen und 150.000 Euro teuren Lautsprecher ist die Erwartungshaltung, die sich ganz unweigerlich einstellt. Ein solcher Wahnwitz muss einfach Ergebnisse zeitigen, die einem den Atem stocken lassen. Also stellt man so etwas am besten in einen turnhallengroßen Hörraum, schnallt diverse Kilowatt Verstärkerleitung vom Besten davor, legt einen der einschlägig bekannten audiophilen Maximaldynamik-Brecher auf, bewegt den Lautstärkesteller in die Gegend um elf Uhr, kauert sich in den Hörsessel und hofft irgendwie, gleich einen Herzinfarkt zu bekommen. Kenn ich, so was hab ich auch schon gemacht. Und ich kann Ihnen versichern: Das geht schief. Mit der Brechstange ist so einer Konstruktion nicht beizukommen. Grobdynamik, Maximalpegel, Spaß der weitgehend sinnfreien Sorte – alles machbar, aber das ist nicht das, warum es solche Lautsprecher gibt. Vielmehr sollte es darum gehen, die Grenzen der möglichen Wiedergabequalität auszuloten. Darum, ein überaus präzises Abbild dessen zu liefern, was auf dem Tonträger gespeichert ist. Und genau dafür ist die RC11 ein Medium wie kaum ein zweites. Ich empfehle Ihnen unbedingt, sich diesem Lautsprecher mit eher leiser, präziser und emotionaler Musik zu nähern; damit nämlich gewinnen die beiden Türme mit Leichtigkeit Ihr Vertrauen. Ich habe mit dem großartigen Esbjörn Svensson Trio und dessen Veröffentlichung „301“ angefangen; es braucht Sekunden, um festzustellen, dass hier Außergewöhnliches geboten wird. Und das, obwohl die beiden RC11 bei und im Hörraum gerade mal gut drei Meter auseinander standen, auch der Hörabstand war nicht deutlich größer. Die Box agiert auch unter diesen Bedingungen absolut diszipliniert und zeigt einen wunderbar zarten und trotzdem energiereichen Klaviersound. Gleiches gilt fürs Schlagzeug: großartig durchhörbar, mit Kraft, aber nicht vordergründig. Bereits hier zeigen sich die außergewöhnlichen Fähigkeiten des diamantbesetzten Mittelhochtonteils: Es klingt in einem Maße authentisch, dass es schon fast langweilig wirkt. Den sündteuren Treibern fehlt einfach jeglicher Anflug synthetischer Koloration. Es klingt weder besonders glänzend, silbrig oder hoch aufgelöst nach oben heraus, die Information ist einfach da. Von reproduzierten Klängen unvorbelastete Menschen würden das vermutlich mit einem Schulterzucken quittieren; wir, die wir HiFi-bedingte Unzulänglichkeiten gewöhnt sind, uns klappt ob so viel Selbstverständlichkeit die Kinnlade herunter.Das unterstreicht Cassandra Wilson mit ihrem unlängst wiederveröffentlichten Erfolgsalbum „Blue Light Til Dawn“ nachdrücklich. Die Ausnahmestimme klingt überaus detailreich, gefühlvoll – aber eben auch extrem selbstverständlich. Abgesehen davon kann man stets genau heraushören, wie Frau Wilson gerade zum Mikrofon steht.Bass. Ja, den gibt’s auch. Er ist genau das, was er sein soll – nämlich die souveräne Verlängerung der darüber angeordneten Bereiche des Spektrums. Das potente Reflexsystem koppelt überaus gutmütig an den Raum an und neigt erstaunlich wenig dazu, den Raum mit Bassenergie zu überladen. Zweifellos macht sich die Anordnung der vier Neunzöller hier positiv bemerkbar. Auf dem Teller liegt das dritte Album der Aschaffenburger Psychedelic- Rock-Band My Sleeping Karma, und da geht’s im Bass mal gar nicht zurückhaltend zu. Die RC11 macht das hervorragend. Ein sicheres Indiz dafür: Ich drehe andauernd lauter. Am Ende des Openers „Brahma“ steht der Pegelsteller bei minus sechs Dezibel – das ist laut, glauben Sie mir. Die RC11 ficht’s nicht an, sie machen das völlig locker. Und genau so tritt einem eine Bassdrum in den Bauch, wenn man nur ein paar Meter davon weg steht.Zweifellos ist die große Gauder (daran, dass das nicht mehr „Isophon“ heißt, werden wir uns schon noch gewöhnen) einer der am wenigsten limitierenden Lautsprecher überhaupt – Mission erfüllt, Herr Doktor, das ist wirklich ein „Big Bang“.
Fazit
Diese Box zeigt in jeder Hinsicht Größe: Neben ihrem natürlich kaum auszulotenden dynamischen Potenzial überrascht sie damit, perfekt selbstverständlich und intim spielen zu können.Kategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Gauder Akustik Berlina RC11
Preis: um 150000 Euro
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenPaarpreis | 150.000 Euro |
Vertrieb | Acoustic Consulting, Renningen |
Telefon | 07159 920161 |
Internet | www.gauder-akustik.de |
Ausstattung: | |
Garantie (in Jahre) | 20 Jahre |
Ausführungen | Klavierlack schwarz oder weiß, Front in Schieferoptik, Sonderfarben möglich |
Sonderfarben | Nein |
B x H x T (in mm) | 300/2020/730 |
Gewicht (in Kg) | 152 kg |