Mit der neuen A-Serie hat sich Boston Acoustics hohe Ziele gesteckt. Man will erstens in einem preislich sehr attraktiven Marktsegment ein größeres Stück vom Kuchen ergattern und zweitens mit speziell „europäischen“ Lautsprechern hierzulande punkten. Um herauszufinden, was es damit auf sich hat, haben wir die A 360, das Topmodell der Serie, in die Redaktion gebeten.
Peripherie:
Quellen:
Naim NDX, RipNAS Z500
D/A-Wandler:
Grace Design m903
Verstärker:
AVM M3ng
Boston Acoustics gehört zweifellos zu den Traditionsunternehmen der Branche. Bereits 1979 gegründet, stand Boston immer für gehobene Qualität und war nicht im Billigsegment zu finden. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, wobei die neue A-Serie aber beweist, dass Boston- Produkte durchaus massenkompatibel sein dürfen. Günstig ja, aber niemals billig – die oft zitierte Kunst.
Und billig sieht die A 360 nun überhaupt nicht aus. Mit ihren glänzenden Seiten und den restlichen Flächen im Lederlook sieht sie sogar edel aus. Neben unserer Hochglanz-schwarz-Variante ist die Box noch in „Satin Cherry“ erhältlich. Hinten hat die A 360 zwei Ausleger, die für stabilen Stand zuständig sind, beim Bodenkontakt hat man die Auswahl zwischen Spikes und Gummifüßen. Eine einfache, aber durchaus solide und gut zu bedienende Anschlussdose hat auch mit dickeren Strippen, Gabeln oder Bananas keinerlei Probleme. Einen schönen Kontrast zur dunklen Box bilden die hellen Chassis. Ich sage bewusst nicht weiß, denn die Treiberchen für Bass und Mittelton sehen in natura deutlich interessanter aus als weiß. Ihre Membranen bestehen aus Polypropylen, das hier halb durchscheinend ausgeführt ist. Dies hängt mit den Füllstoffen zusammen, die dem Kunststoff beigemischt werden, um die mechanischen und damit klanglichen Eigenschaften zu steuern. Reines Polypropylen ist sehr weich und für Lautsprechermembranen nahezu ungeeignet. Beim Mitteltöner kann man fast hindurchsehen, hinter den Bässen lassen sich die Aufhängungen nur erahnen. Das liegt sicherlich daran, dass die Tieftonmembranen etwas dicker sind, da eine höhere Stabilität gefordert ist als beim Mitteltöner, der weniger Hub machen muss und bei dem eine gewisse Flexibilität der Membran erwünscht ist. Einen wesentlichen Beitrag zur noblen Anmutung der Box leisten die bündig eingesetzten Lautsprecher. Alle Chassis sind in die Schallwand eingefräst und tragen Ringe, die einen glatten Übergang zur Front bilden. Das sieht nicht nur gut aus, es ist auch akustisch günstig, da keine Ecken und Kanten den Schallwellen Grund zu Beugungserscheinungen geben – gerade um den Hochtöner „passen“ die Wellenlängen nur allzu gut. Überhaupt haben sich die Boston-Entwickler eine ganze Menge Mühe mit der A 360 gegeben. Box und Chassis sind übrigens in Deutschland entstanden (so viel zum Thema europäische Box), wobei bei allen Chassis der A-Serie eine Maschine namens Klippel zum Einsatz kam. Dieses Klippel- System ist eine Messeinrichtung zur Entwicklung von Lautsprechern, das im Gegensatz zur konventionellen Messung nur mit einem Mikrofon detaillierte Ergebnisse zum Verhalten von Einzelteilen wie Membranen und Aufhängungen wie auch zum Großsignalverhalten von Lautsprecherantrieben liefert. So lassen sich Dinge wie eine sehr gleichmäßig arbeitende Zentrierung (gleiches Verhalten bei Hin- und Herbewegung!) genauso wie ein möglichst linearer Antrieb erreichen. Ebenso Anlass zur Freude gibt die Konstruktion des Gehäuses, dessen Innenleben genauso viel Liebe zum Detail verrät wie die sauber gemachte Front. Das Gehäuse besteht aus stabilem MDF und ist mit Polyesterwatte bedämpft. Besonders gefallen die beiden Ringversteifungen mit Mittelstrebe, die auf die Höhe verteilt sind und ein Schwingen der langen Bretter wirkungsvoll unterbinden. Weiterhin fällt der Volumenteiler auf, der im unteren Bereich der Box sitzt und dafür zuständig ist, genau das richtige Volumen für die beiden 16er-Bässe abzutrennen. Dieser Teiler ist nicht einfach ein Zwischenboden, sondern er ist schräg eingebaut. Er fängt unterhalb der Frontbespannung an und reicht bis zum Boden. So verhindert er wirksam das Auftreten einer stehenden Welle zwischen Deckel und Boden. Außerdem ist der nach unten spitz zulaufende Hohlraum gut mit Dämpfungsmaterial gefüllt, so dass in der A 360 kein Unfug zu befürchten ist. Ein weiteres schönes Detail ist die Position des Bassreflexrohrs, das nicht einfach irgendwo in der Rückwand sitzt, sondern genau zwischen den Basstreibern. Durch diese Symmetrie ist sichergestellt, dass beide das Reflexsystem in gleichem Maße anregen. Insgesamt kommt mir bei der A 360 ein Begriff in den Sinn: durchdacht. Erst einmal verkabelt nimmt die A 360 den Hörer von der ersten Sekunde an für sich ein. Schnell ist ausgemacht, dass dieser Lautsprecher sehr offen und weiträumig spielt. Die A 360 lässt die Details nur so durch den Hörraum fliegen, langweilig ist anders. Sie klingt sehr spritzig, was aber nicht an zu lauten Höhen liegt (ok, dumpf ist sie nicht), vielmehr verteilt sie ihr Mitteilungsbedürfnis schön über den gesamten Frequenzbereich. Sehr gut gefallen kann auch der Bass, der tief reicht und recht präzise ans Ohr kommt. Boston hat hier einen sehr schönen Kompromiss aus kräftigem Durchzug und trockenem Anschlag hinbekommen. Einen Subwoofer vermisst man nicht, die A 360 legt auch bei orchestraler Musik ein vollwertiges Fundament. Und die Dosis stimmt einfach. Obwohl die Box sehr wohl zupacken kann, schafft sie es auch, Stimmen und Instrumenten nicht nur den richtigen Ton zu geben, sondern auch den Schmelz und das gewisse Etwas. Hier profi tiert die A 360 wieder einmal von ihrer Detailverliebtheit, die dazu beiträgt, dass man die musikalischen Akteure plastisch vor sich sieht. Dabei ist es egal, ob Tom Waits im „Tom Traubert’s Blues“ mit seiner Mathilda waltzen will oder ob die wunderbare Yolanda Quartey von Phantom Limb uns den Soul bringt; die Boston- Standbox macht ihre Sache so richtig gut. Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 wird vom Scottish Chamber Orchestra souverän dargeboten, bevor die immer noch sensationelle Atmosphäre der legendären „Jazz At The Pawnshop“- Session vollends gefangen nimmt. Hier spielt die Box noch einmal ihre Trümpfe aus: Akribisch herausgearbeitete Anblasgeräusche von Klarinette oder Sax, trocken auf den Punkt gebrachte Kickdrum und tolle „Nebensächlichkeiten“ aus dem Publikum sind schon ein Erlebnis. Da erscheint der aufgerufene Preis ausgesprochen günstig. Wer die Gelegenheit hat, sich die A 360 einmal im Fachhandel anzuhören, weiß, wovon ich spreche.
Fazit
Bostons neue A-Serie kann nur als gelungen bezeichnet werden. Die A 360 ist eine ausgewachsene Standbox mit ausgezeichnetem Klang für kleines Geld.