CD – die neue Schallplatte? Mal sehen. Denn während sich rund ums Thema Vinyl ein ganzer Industriezweig (wieder) etabliert hat, muss man gute echte CD-Player mit der Lupe suchen. Hier ist einer.
Peripherie:
D/A-Wandler: dCS Debussy Metrum Acoustics Octave NOS Mini DAC
Vollverstärker: Symphonic Line RG14
Lautsprecher: Audio Physic Avanti
Woran man ein gutes Produkt erkennt? Daran, dass es erstens schlicht und zweitens clever gemacht ist. Beides trifft auf den neuen CD-Player des US-Herstellers Audio Research zweifellos zu. Der Reference CD9 spielt CDs. Keine DVDs, keine Blu-rays, keine SACDs, keine was-auch- immer. Zwei Kanäle, 16 Bit, 44,1 Kilohertz. So richtig Old School. Nun sind die Mannen aus Plymouth, Minnesota alles, aber bestimmt nicht hemmungslos dem Retro-Virus verfallen. Schon mal gar nicht, seitdem das Unternehmen zur „Fine Sounds Group“ gehört; diese Herren sind am Betriebsergebnis interessiert und weniger an Nostalgie.
Dem durchaus zuträglich dürfte der Verkaufspreis unseres Probanden sein: 14.900 Euro sind kein Pappenstiel. Der Trick hinter dem Reference CD9: Der eingebaute D/A-Wandler gehört zum Feinsten, was man in dieser Hinsicht tun kann und ist in jeder Form und Farbe für externe Quellen zugänglich. Sprich: Es gibt je einen optischen Digitaleingang, einen im Cinch-Format und einen symmetrischen AES/ EBU-Anschluss. Hinzu kommt eine asynchrone USB-Schnittstelle, die, wie ihre koaxialen Pendants auch, Daten bis 192 Kilohertz und mit maximal 24 Bit Auflösung verarbeitet. Von daher können Sie dem Player Digitalquellen jeglicher Couleur anvertrauen und müssen sich um eins garantiert keine Gedanken mehr machen: um einen externen D/A-Wandler. Eine ganz kleine Einschränkung gibt es: Signale im DSD-Format müssen draußen bleiben. Mich persönlich ficht das nicht im Geringsten an, ich halte von den Anstrengungen, das schon lange zu den Akten gelegte Format im Zuge der Streaming-Offensive wiederzubeleben, rein gar nichts und wage zu prognostizieren, dass der Quark ganz schnell wieder in der Versenkung verschwinden wird. 24/192 – von mir aus; in diesem Format gibt’s wenigstens ein bisschen Musik. Wo wir gerade bei den Anschlüssen sind: Digitale Ausgänge gibt’s auch, einen im etwas exotischen (aber technisch gleichwohl klugen) BNC-Format und eine XLR-Buchse. Analoge Ausgänge? Symmetrisch und unsymmetrische, beides da. Rein äußerlich kommt der Reference CD9 im üblich minimalistischen No-Nonsens-Design daher, wie wir es von Audio Research kennen: dezentes grünes Display, eine ganze Reihe Leuchtdioden – das geht auch als Messgerät durch. Ins Rack pferchen lässt sich das Gerät nur schlecht: Wir haben es mit einem Toplader zu tun, die CD wird von oben eingelegt. Das Laufwerk wird im Betrieb von einem Schiebedeckel verschlossen. Ein Puck arretiert die Scheibe magnetisch auf der Antriebsspindel. Auf diesen Puck gilt es gut aufzupassen: Ohne CD lässt er sich nur schlecht so auf der Spindel ausrichten, dass der Deckel beim Schließen nicht schleift; vermutlich wird man ihn dort eher nicht belassen, was die Wahrscheinlichkeit seines Verschwindens drastisch erhöhen dürfte. Apropos Laufwerk: Den Antrieb besorgt die jüngste Inkarnation des berühmten Philips CD Pro 2, das schon länger eigentlich nichts mehr mit Philips zu tun hat und von der Firma „Daisy Laser“ gefertigt wird. Es zählt zu den letzten spezialisierten CD-Antrieben, die hohen Ansprüchen genügen. Es lugt relativ weich aufgehängt durch eine Ausfräsung in der Schale, in die die CD eingelegt wird. Das Schließen des Deckels unterbricht eine Lichtschranke und der Ausleseprozess kann beginnen. Ansonsten ist der Reference CD9 voll bis unters Dach. Die Versorgung übernimmt ein potenter R-Core-Trafo hinter dem Laufwerk, und der hat reichlich zu tun: Neben der Laufwerks- will die Digitalelektronik bestromt werden, nicht zu vergessen die potente Röhrenausgangsstufe des Gerätes. Diese verdient besondere Beachtung, findet sie bei Audio Research doch in einer ganzen Reihe von Geräten der höchsten Güteklasse Verwendung, sowohl in Vorstufen und Phonovorverstärkern als auch beim großen Reference-DAC. Dabei handelt es sich um eine trickreiche Verschaltung zweier Doppeltrioden vom Typ 6H30 Pi pro Kanal, die natürlich eine vollsymmetrische Signalverarbeitung garantieren. Damit sich die Ausgangsstufe auch maximal wohlfühlt, wird ihre Versorgungsspannung mit einer Röhrenschaltung stabilisiert. Den Part übernehmen eine weitere 6H30 und eine 6550 – eine Pentode, mit der man normalerweise 100-Watt-Endstufen baut. Mindestens 90 Prozent der Technik im Gerät sind so analog, wie es nur geht, die Digitalabteilung nimmt mit ein paar kleinen Platinchen hinten im Gerät vorlieb. Die Wandlerplatine geizt denn auch nicht mit Reizen: Zwei Burr-Brown- Chips vom Typ PCM1792 übernehmen die Umsetzung der Digitalsignale. Eigentlich hätte einer gereicht, der „Mono Mode“ verspricht aber zusätzliche Vorteile beim Störabstand. Der Chip ist nicht mehr der Jüngste, aber nach wie vor das Flaggschiff unter den Wandlern dieses Herstellers. Hinzu gesellen sich weitere Vielbeiner in SMD-Bauweise, die fürs Upsampling und das „Routing“ der Digitalsignale zuständig sind. Es gibt übrigens zwei umschaltbare Digitalfilter, die den Frequenzgang des Wandlers auf unterschiedliche Art nach oben beschneiden: „Slow“ filtert sanft und impulsoptimiert, „Fast“ legt mehr Wert auf einen ausgewogenen Frequenzgang. Welches besser ist? Das liegt ein wenig bei Ihnen, mir liegt die impulskorrekte Variante mehr: Sie klingt etwas präziser, zurückhaltender und flüssiger. „Fast“ liefert mehr vordergründige Dynamik, stellt die Ereignisse etwas breiter, klingt aber insgesamt etwas „gewöhnlicher“. Der Umgang mit dem Gerät weckt zweifellos leicht nostalgisch angehauchte Gefühle: Das sanfte Zirpen des Antriebs beim Einlesen der CD, die „Gedenksekunde“ zum Start der Wiedergabe, das ist mir tatsächlich nicht mehr so ganz geläufig. Die ersten Töne aus der Maschine allerdings wischen jedwede nostalgischen Anwandlungen sofort nachhaltig beiseite, und bereits ohne irgendwelches Kümmern um das richtige Digitalfilter oder Upsampling ist die Verwandtschaft zu den anderen Geräten aus der Reference-Serie des Herstellers unverkennbar: Die große Audios-Research-Elektronik klingt einmalig kräftig, farbig, emotional und dynamisch, und da macht dieser Player keine Ausnahme. Die neue große Phonovorstufe „Reference Phono 10“ habe ich noch gut im Ohr, und ich kann nicht sagen, das Bruce Springsteens 2012er Album „Wrecking Ball“ von der Silberscheibe merklich anders klingt als das, was ich seinerzeit von Vinyl erleben durfte. Das hier, das weiß aus dem Stegreif zu begeistern: Die koreanische Ausnahmesängerin Youn Sun Nah tönt mit Inbrunst, ganz viel Luft und lässt keinerlei Zweifel an ihrem Talent. Und wenn’s rocken muss, dann geht auch das höchst beeindruckend vonstatten: Die schwedischen Heavy-Blueser von „Graveyard“ zelebrieren ihr letztes Album „Lights Out“ so roh, fett und ungeschliffen, dass es einem förmlich die Schuhe auszieht – großartig. Die Veranlassung, das Klangbild irgendwie zu domestizieren, verspürte ich höchst selten, gleichwohl ist das möglich: Das Upsampling scheint einen Hauch mehr Ruhe zu geben und nimmt den Fokus ein wenig von den rhythmischen Akzenten. Nicht ganz unähnlich dem impulsoptimierten Digitalfilter, wobei mir eine der beiden Optionen definitiv Feingeistigkeit genug ist. All das ist aber Feintuning auf höchstem Niveau und ändert nichts daran, dass ich mit dem Reference CD9 die mitreißendsten Erfahrungen machen durfte, die mir das Thema CD seit sehr langer Zeit ermöglicht hat. Zumindest Teile der Welt sind halt immer noch eine Scheibe.
Fazit
Wenn, dann jetzt: Die Wahrscheinlichkeit, dass noch weitere „richtige“ CD-Player dieser Güteklasse auftauchen ist gering. Mit dem Reference CD9 ist man jedenfalls bestens gewappnet, zumal der eingebaute Wandler auch andere Digitalquellen vorzüglich ergänzt.