Jeff Rowlands Vorverstärker „Capri“ verdrängt gute drei Liter Wohnzimmerluft, eine der beiden Monoendstufen „Model 201“ kaum mehr. Macht es überhaupt Sinn, solche Zwerge zum ernsthaften Musikhören in Betracht zu ziehen?
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob / SME 309 / Grado Statement 1
Clearaudio Master Reference / Universal / MFSL C3.5
Lautsprecher:
Lansche Cubus
Klang + Ton „Nada“
Zubehör:
Netzversorung von PS Audio und HMS
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Phonovorstufen:
MalValve preamp three phono
Vorstufen:
MalValve preamp four line
Audio Research Anniversary Edition Reference Preamp
Endverstärker:
Accustic Arts Amp2 MK2
SymAsym
Nun ist es nicht unbedingt so, dass die Produkte der Jeff Rowland Design Group aus Colorado Springs, Colorado dadurch bekannt geworden wären, dass man sie bequem im Handschuhfach eines Mittelklasseautos transportieren kann. Der Nimbus „JRDG“ gründet sich vielmehr auf Ruhestrom.
Auf veritable Heizungen, die auch größere Wohnzimmer mit angenehmen Temperaturen versehen können – oder besser: konnten. Die Zeiten der dicken Class-A-Monster bei Rowland sind nämlich eigentlich schon eine ganze Weile vorbei, und an jeder Ecke hält Jeff Rowland ein Schild mit der Aufschrift „green“ in die Höhe. Und das tut er schon eine ganze Weile, tatsächlich schon zu Zeiten, als der Begriff „Klimawandel“ noch lange kein so großes Thema war wie heutzutage. Natürlich ist das nicht alles: Wer die Welt mit dem Thema „Energie sparen“ beglücken will, der sucht sich eine andere Branche als ausgerechnet die hochwertige Musikreproduktion. Vielmehr ist oder war die Abkehr vom ungezügelten Stromverbrauch Bestandteil der Rowland’schen Produktevolution, und zwar durchaus auch in klanglicher Richtung. Unsere Probanden sind frühe Boten dieses Umdenkens und schon ein paar Jahre länger auf dem Markt, was sie aber keineswegs weniger aktuell macht. Hinzu kommt der angenehme Umstand, dass die Preisgestaltung der äußerst kompakten Maschinchen noch nicht jegliche Bodenhaftung verloren hat: Die Vorstufe kostet 3.750 Euro, das Paar Monos 6.500 Euro. Die Jeff Rowland Design Group baut übrigens nur Verstärker. Keine Quellengeräte, keine Lautsprecher, keine Kabel. Nur Vor- und Endstufen, Vollverstärker und Phonovorstufen. Von daher dürfen die Damen und Herren als ausgemachte Spezialisten für das Thema gelten, und umso genauer sollte man sich ansehen, warum die Produkte so und nicht anders realisiert wurden. Die geringe Größe der Geräte ist, das wage ich jetzt mal zu behaupten, ein Statement, und nicht eine technische Notwendigkeit. Sie dient zur Symbolisierung eines technischen Fortschritts und eines Umdenkens. Und so ganz nebenbei macht sie die Geräte auch unerhört sexy. Klar, eingefleischte Fans von Boliden der alten Schule werden sich von den Winzlingen nicht umstimmen lassen, aber Argumente wie Klang und Wertigkeit sind keine, die gegen eine so kompakte Lösung sprechen. Ausnahmsweise zäumen wir das Pferd mal von hinten auf und widmen uns zuerst den Endstufen. Hier nämlich ist der Wille zum Umbruch noch stärker erkennbar als beim Vorverstärker. Deshalb zuerst eine simple Zahl: Wir maßen beim Model 201 eine Dauerausgangsleistung von 580 Watt an vier Ohm. Nein, das ist kein Druckfehler. Und ja, Sie vermuten richtig, dass sich solche Werte in einem so zierlichen Kästchen nicht mit konventioneller Verstärkertechnik machen lassen. Und schon mal gar nicht mit einem klassischen Netzteil. Alleine der bei dieser Leistung erforderliche Transformator hätte keine Chance, sich auch nur irgendwie in dem Gerät unterbringen zu lassen. Die einzige Möglichkeit, wie so etwas klappen kann, besteht im Einsatz eines Schaltverstärkers, der von einem Schaltnetzteil gespeist wird. Und genau so ist es in diesem Falle auch. Schaltende Konzepte haben den Vorteil, dass sie über einen exzellenten Wirkungsgrad verfügen. Das ist gut fürs grüne Gewissen und reduziert die produzierten Abwärmemengen ganz erheblich. Deshalb gibt’s beim Model 201 nicht den Hauch einer Kühlrippe. Als Kühlkörper fungiert das komplette Gehäuse, und das ist denn auch – wie bei allen Rowland-Geräten – ein ganz besonderes. Keine verschraubten Profi le, keine Bleche – tatsächlich sieht man bei den Geräten nur am Boden Gehäuseschrauben. Die Technik steckt in einem massiven Aluminiumblock, an dem sich eine Fräsmaschine längere Zeit vergnügen durfte. Den vorderen Abschluss bildet eine fast zwei Zentimeter starke Aluminiumplatte, die es wahlweise in Alu Natur oder Schwarz gibt. Wobei „Natur“ nicht so ganz stimmt, die Platte ist nämlich mit einem Polyurethan- Schutzlack versiegelt, der sage und schreibe ein halbes Jahr zum kompletten Durchhärten braucht. Das allerdings hat sich die einmalige Oberfläche redlich verdient, der charakteristische Wellenschliff wäre ungeschützt eindeutig zu anfällig. Diese exklusive Bearbeitung lässt Jeff Rowland übrigens nicht nur der Front angedeihen, auch die anderen Außenflächen der Quader reflektieren auftreffendes Licht wellenförmig. Dass das so ziemlich das Teuerste ist, was man einer Metalloberfläche angedeihen lassen kann überrascht nicht weiter und lässt die Preisgestaltung der Geräte vielleicht in einem etwas anderen Licht erscheinen. Rückseitig fällt erst einmal das Lautsprecher- Terminal auf: Es stammt vom Spezialisten Cardas und funktioniert anders als die üblichen Polklemmen: Eine zentrale Klemmschraube fixiert einen Bügel, der gleich bei beiden Polen die Kabelenden gegen ihre Anschlüsse presst. Dieses Terminal ist für die Verwendung mit Kabelschuhen gedacht; blanke Drähte gingen wohl auch, Bananenstecker müssen außen vor bleiben, lassen sich aber adaptieren. So etwas muss man auch tun, wenn man die Endstufe per Cinch-Leitung beschicken will: Es gibt nur einen XLR-Eingang. Ansonsten finden sich ein 12-V-Eingang zur Ferneinschaltung und eine Kaltgerätebuchse für den Netzanschluss. Dort gibt’s auch einen harten Netzschalter, über dessen Verwendung man geteilter Meinung sein kann: Der Ruheverbrauch einer Endstufe beträgt lediglich 7,8 Watt, und da kann man schon mal darüber nachdenken, die Geräte nur in längeren Betriebspausen auszuschalten. Der Blick ins Geräteinnere lässt naturgemäß wenig Vertrautes erkennen. Zu sehr unterscheidet sich die schaltende Topologie von einer konventionellen, um noch nach üblichen Strukturen suchen zu können. Tatsächlich sogar ist kaum möglich, Verstärker und Stromversorgung auseinanderzuhalten – beide teilen sich die zentrale Platine. Jene ist übrigens keine Eigenkonstruktion aus dem Hause Rowland, sondern eine zugekaufte Baugruppe: Der dänische Hersteller Bang & Olufsen vermarktet seine innovativen Schaltverstärker schon lange unter dem Namen „IcePower“, und ein solches Modul tut hier Dienst. Den Amerikanern oblag es nur noch, für einen übertragergekoppelten Eingang zu sorgen, der mit symmetrischen wie unsymmetrischen Eingängen gleichermaßen zurechtkommt, und das bei gleichem Pegel. Die extreme Rigidität des Gehäuses ist hier ebenfalls Bestandteil des Konzeptes und soll ihren Teil dazu beitragen, dem Verstärker maximale Qualitäten zu entlocken. Der Vorverstärker „Capri“ passt ganz ausgezeichnet zu dem kompakten, aber potenten Endstufenkonzept. Er ist breiter gebaut als die Endstufen, nicht so tief. Für seine „Verpackung“ gilt das Gleiche wie für die Endverstärker, auch hier ist bedingungslose Massivität Trumpf. Man kann zwei symmetrische und zwei unsymmetrische Quellen anschließen, hinzu kommt ein Bypass-Eingang für Heimkino-Anwendungen. Ausgänge gibt’s ebenfalls im Cinch- oder XLR-Format. Die Rückseite ist exakt spiegelsymmetrisch aufgebaut, die dahinter angeordnete Verstärkerplatine dementsprechend. Vorne gibt’s ein angenehm großes grünes LED-Display für die Lautstärke, die sich mit einem sehr satt laufenden Drehknopf einstellen lässt. Das Ganze funktioniert „dynamisch“, will sagen: Ein bisschen Drehen ändert den Pegel langsam in 0,5-Dezibel- Schritten, dreht man forscher, werden die Schritte gröber, dafür geht’s schneller. In der Praxis eine sehr angenehme Lösung. Kleine Taster schalten die Eingänge um, die Ausgänge stumm und drehen die absolute Phase. Mit dem beiliegenden Vollmetall- Fernbedienungsgeber kann man auch die Balance verstellen. Im Geräteinneren geht’s trotz der kompakten Abmessungen und des Umstandes, dass das Gerät komplett symmetrisch aufgebaut ist, sehr aufgeräumt zu. Die Stromversorgung übernimmt auch hier ein Schaltnetzteil, die komplette Verstärkerelektronik ist auf besagter Platine hinter der Rückwand untergebracht. Abermals herrscht moderne Schaltungstechnik vor: Hier gibt’s praktisch nur integrierte SMD-Bausteine. Ein ganz besonderer davon erledigt den Verstärkerjob im Capri: Der OPA1632 von Burr-Brown ist eine sehr trickreiche vollsymmetrische Verstärkerstufe in einem winzigen achtbeinigen Gehäuse, und Jeff Rowland singt auf der Webseite seines Unternehmens ein inbrünstiges Loblied auf die Meriten des Kleinen: Tatsächlich handelt es sich um weit mehr als einen simplen Operationsverstärker. Auch die Lautstärkeregelung legte man in die Hände integrierter Bausteine, auch hier kommen Burr-Brown-Typen zum Zuge. Optional gibt’s auch eine Phonovorstufe, oder besser gesagt zwei: Die winzigen Module (500 Euro Aufpreis) sind nämlich kanalgetrennt aufgebaut und werden von hinten auf die Verstärkerplatine gestöpselt. Mit Steckbrücken lassen sich 40, 50 oder 60 Dezibel Verstärkung einstellen, als Abschlussimpedanzen stehen 100 Ohm, 400 Ohm und 47 Kiloohm zur Verfügung. Das ist nicht der Komfort einer großen externen Lösung, aber durchaus praxisgerecht. Ich will nicht leugnen, dass ich in der Vergangenheit nicht nur überzeugende Begegnungen mit Schaltverstärkern hatte. Ich erinnere mich an alle möglichen Arten von Störungen, Inkompatibilitäten mit diversen Lautsprechern und unbefriedigende klangliche Ergebnisse. Von solchen Problemen sind die Rowlands zum Glück meilenweit entfernt. Sie klanglich als schaltendes Konzept zu identifizieren, ist schwierig bis unmöglich, denn sie verfügen über wahrlich „analoge“ Tugenden. Zunächst erst einmal bestechen sie mit einer extrem flüssigen und geschmeidigen Wiedergabe, und das ist genau das, was man von einer Konstruktion, die das Musiksignal erst einmal in Impulse zerhackt, so gar nicht erwarten würde. Auch hört man das gewaltige Leitungsvermögen der Monos als solches erst einmal nicht: Da lauert keine Andeutung von „Power ohne Ende“ in der dunklen Ecke. Man merkt die 580 Watt lediglich daran, dass die exzellente dynamische Spannweite völlig selbstverständlich erhalten bleibt, wenn man mit dem Lautstärkesteller unvorsichtig umgeht: Diese Dinger gehen nicht in die Knie, die machen völlig unbeeindruckt weiter. Und das immer zart distinguiert und völlig unaufgeregt. In Sachen Raumabbildung gibt’s viel Tiefe, eine sehr präzise Ortung und keinen übertriebenen Breitwandsound – sehr schön. Die Capri macht ihren Job unauffälliger als die Monos. Ihre klanglichen Besonderheiten auszufiltern ist nicht so leicht – sie verhält sich im besten Sinne neutral. Grobdynamisch tut sie vielleicht sogar ein bisschen mehr als die Monos, tonal ist sie komplett geradlinig, von ganz oben bis ganz unten. „Sound“ macht man mit dieser Vorstufe definitiv nicht, auch nicht über den Phonoeingang: Es tönt geradlinig, klar, unaufgeregt und solide. Die Kombination aus beiden macht’s letztlich: Die Endstufen drücken dem Gespann den klanglichen Stempel auf, sie liefern den Rhythmus, das Timing und die „Reibungslosigkeit“, die Vorstufe ist nur Verteiler und Pegelsteller im besten Sinne. Das nenne ich ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass wahre Größe nicht unbedingt mit gewaltigen Abmessungen einhergehen muss.
Fazit
Unterm Strich Modernes Teufelswerk? Technisch definitiv, klanglich aber überzeugen die niedlichen Rowlands mit einem analogen Klangbild im besten Sinne: feingliedrig, geschmeidig – und für den, der’s braucht, mit Leistung ohne Ende.