Kategorie: Vintage Hifi

Dynaudio Consequence nach 40 Jahren (1984)


Dänen lügen nicht

Vintage Hifi Dynaudio Consequence MK II im Test, Bild 1
22022

Seien Sie ehrlich – den Slogan kennen Sie doch. Zumindest dann, wenn Sie die große Zeit von HiFi & Co. Noch mitbekommen haben.

Historisches


Okay – stammt er von Otto Waalkes, hat aber irgendwie seinen Weg in die Öffentlichkeitsarbeit des deutsch-dänischen Lautsprecherherstellers Dynaudio gefunden. Jener Satz fand sogar seinen Weg ins öffentlichkeitswirksame „Buch der Wahrheit“, das Dynaudio-Boss Wilfried Ehrenholz Anfang der Neunziger als launiges Marketinginstrument herausbrachte. Zu dem Zeitpunkt war einer der Stars jener Publikation, das Dynaudio- Spitzenmodell „Consequence“, schon fast zehn Jahre am Markt und bestens etabliert, die Serienfertigung begann 1984. Wie es sich für ein echtes Spitzenmodell gehört, betrieb der Hersteller einen gehörigen Aufwand: Sechs Treiber in einer passiven Fünfwegekonstruktion sind ein Konzept, dass sich auch heute kaum jemand traut.

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Als sich für uns die Gelegenheit ergab, einer echten Consequence von damals aus dem heutigen Blickwinkel mal auf den Zahn zu fühlen, sagten wir natürlich nicht nein; unsere Erkenntnisse und Erfahrungen wollen wir Ihnen zudem nicht verheimlichen.  


Aufbau


Die frühen Achtziger waren eine Zeit, in der der Name Dynaudio auch in der Lautsprecherselbstbauwelt noch gehöriges Gewicht hatte. Allerdings waren bei Dynaudio schon damals Tendenzen zu erkennen, sich mehr aufs Fertigboxengeschäft zu verlegen und das Engagement im Selbstbau- und OEM-Bereich langsam zu reduzieren. Bei der Consequence waren erstmals Bemühungen zu erkennen, beide Bereich voneinander zu separieren. Trotzdem erkennt der geübte Selbstbauer die eingesetzten Treiber natürlich sofort – ob sie sich technisch deutlich von dem, was der DIY-Enthusiast damals kaufen konnte unterschieden, sei dahingestellt. In der Consequence sind zwei Zwölf- Zoll-Tieftöner in Compound-Anordnung für die tiefen Register zuständig. Einer davon sitzt oben in einem eigenen Gehäuse, ein zweiter im Übergang zu Bassgehäuse Nummer zwei, dass den Löwenanteil des beachtlichen Volumens des Lautsprechers einnimmt. Wir erinnern uns: Kombiniert man zwei Basstreiber auf diese Art und Weise miteinander. Ergibt sich – bei Parallelschaltung beider Schwingspulen – ein Treiber mit halbem Äquivalentvolumen und deutlich reduziertem Wirkungsgrad, alle anderen Parameter bleiben gleich. Was zur Folge hat, dass man die gleiche Bassabstimmung gegenüber einem Einzeltreiber mit halbem Gehäusevolumen realisieren kann.  

Das Volumen hinter dem Zweiten, als dem verdeckt eingebauten Tieftöner, wurde als tief abgestimmtes Bassreflexgehäuse realisiert, ein langer Tunnel trat durch den Gehäuseboden aus. Darunter war noch ein Sockel angebracht, in dem Teile der Frequenzweiche montiert waren und ein Gelenk für das schwenkbare Mittelhochtonpaneel. In jenem steckten gleich vier Treiber aus natürlich hauseigener Produktion, alle mit einem vergoldeten Messingring eingefasst, der bei den drei eingesetzten Kalotten noch Schallführungsfunktionen wahrzunehmen hatte. Das Erstaunlichste an der Consequence ist zweifellos die Anordnung der Treiber: Die Bässe sitzen ganz oben, der Hochtöner ganz unten. Das hat Dynaudio damals öfter gemacht, und zwar zurecht. Korrekt realisiert, ergibt sich dabei eine leicht nach oben gerichtete Hauptabstrahlkeule und es ist durchaus nicht so, dass man mit so einem Lautsprecher zum Musikhören „auf dem Boden liegen muss“. „Unsere“ Consequence ist übrigens ein etwas späteres MK-II-Modell, wobei sich die erkennbaren Unterschiede zur ursprünglichen Variante allerdings im Rahmen halten: Die ursprünglichen Metall-Standfüße an den Ecken des Weichenfußes gibt’s hier nicht, außerdem sind die Ringe vor den Treibern anders gestaltet.  

Treiber


Einen der Bässe haben wir herausgeschraubt. Zum Vorschein kam der Traum eines jeden Lautsprecherselbstbauers aus den Achtzigern: ein Dynaudio 30W- 100. Der erste Dynaudio-Zwölfzöller mit Vielzoll-Spule, bei dem ein ungleich größerer „Center Magnet“ im Inneren der Schwingspule Platz fand wie beim Vorgänger 30W-54.  Der Treiber verfügte über einen ziemlich interessanten Parametersatz mit einer tiefen Resonanzfrequenz von 24 Hertz, ziemlich hohem Äquivalentvolumen (248 Liter) und einer ziemlich hohen Gesamtgüte von gut 0,6. Damit kann man wirklich sehr tiefe Töne erzeugen, aber dafür braucht’s Luft – daher die Compund-Anordnung. Der Tiefmitteltöner ist dem 17W-75 oder 17M-75 zumindest sehr ähnlich. Auch hier kommt ein in der großen Schwingspule integrierter Magnet zum Zuge, auch hier ist die Membran recht weich aufgehängt. Darunter sind wie Perlen an einer Schnur drei Gewebekalotten aufgereiht: D54 (vielleicht auch D52, das ist so ohne Weiteres nicht zu erkennen), D28 und D21. Die Zahlen in den Typenbezeichnungen stehen für die jeweiligen Membrandurchmesser. Für ein passives Fünfwegesystem ist die Staffelung praktisch perfekt; bei geeigneter Weichenkonstruktion sollte sich damit ein durchaus spannender Lautsprecher realisieren lassen.  


Frequenzweiche


Dynaudio galt seinerzeit als Verfechter flacher Filter und propagierte gar den Einsatz minimalistischer Filter erster Ordnung. Das mag in vielen Fällen auch die richtige Idee gewesen sein, bei einer Fünfwegekonstruktion jedoch nicht: Die Überlappungen zwischen den Abstrahlbereichen der einzelnen Treiber wären zwangsläufig so groß, dass an ein brauchbares Abstrahlverhalten praktisch nicht mehr zu denken wäre. Ein Blick in den Boxenfuß förderte denn auch zumindest für den Bassbereich einen Tiefpass zweiter Ordnung zutage, was technisch absolut Sinn ergibt. Dort findet sich übrigens auch eine Impedanzlinearisierung, was prinzipiell keine schlechte Idee ist. Den Lautsprecher an einem Röhrenverstärker betreiben zu wollen ist aber trotzdem keine gute Idee: Die Consequence gilt als ausgesprochen leistungshungrige Konstruktion, was wir nach unseren Erfahrungen nur bestätigen können.  

Messungen


Aussagefähige Frequenzgangmessungen bei einem Lautsprechern mit so vielen Treibern sind nicht einfach, deshalb auch zunächst eine Messung, die das Problem verdeutlicht:

Vintage Hifi Dynaudio Consequence MK II im Test, Bild 12
Textdiagramm: Vertikal MT-Konus vs. Kalotte
Die rote Kurve ist auf Höhe des Tiefmitteltöners gemessen, die blaue ein Stück darunter auf Höhe der großen Kalotte. Die Schallanteile der einzelnen Treiber interferieren ohne Zweifel miteinander, was zu unterschiedlichen Überhöhungen und Auslöschungen führt. In einem realistischen Hörabstand werden sich die Auffälligkeiten jedoch sicherlich ausmitteln. Die „normale“ Frequenzgangmessung erfolgte etwas auf Höhe zwischen Bass und Tiefmitteltöner, wodurch sich wieder ein etwas anderes Bild ergibt. Fest steht jedoch, dass die Consequence ein sehr basspotenter Lautsprecher ist, der auch deutlich unter 30 Hertz noch reichlich Schall abstrahlt. Den Schlenker um 1,5 Kilohertz ist auf die erwähnte Interferenzproblematik zurückzuführen. Auch das horizontale Abstrahlverhalten leidet ein wenig darunter. Im Hochtonbereich geht’s ohne Probleme bis mindestens 25 Kilohertz, die kleine Kalotte lässt sich hier nicht lumpen. Der mittlere Wirkungsgrad liegt in der Gegend von 83, 84 Dezibel, der Impedanzschrieb weist im Schnitt Vier-Ohm-Verhalten aus, bei gut einem Kilohertz sind’s allerdings auch mal 2,5 Ohm – kein Wunder bei so vielen Treibern. Interessanterweise lässt sich sogar im Bassbereich keine ausgeprägte Resonanz mehr erkennen. In Sachen Klirr gibt sich die große Dynaudio sehr gutmütig, auch bei 95 Dezibel fällt nur eine unbedeutende K2-Spitze auf, die auf das Konto der großen Kalotte gehen dürfte. Das Wasserfalldiagramm allerdings zeigt ein etwas durchwachsenes Bild, verzögertes Ausschwingen ist an zahlreichen Stellen zu erkennen.  


Klang


Okay. Ich habe von vornherein den brandneuen Accuphase E-5000 an die WBT-Terminals gestöpselt. Also etwas, das jenseits von 300 Watt in einen Vier- Ohm-Lautsprecher schieben kann und auch vor schwierigen Lasten nicht kapituliert. Damit erweist sich die Consequence als majestätischer, feingeistiger Lautsprecher mit reichlich audiophilen Tugenden. Und bevor jemand fragt: Die Höhenabbildung funktioniert. Gesangsstimmen sitzen bei uns im Hörraum perfekt aus Ohrhöhe, wo sie hingehören. Die tiefe untere Grenzfrequenz macht in unserem gut bedämpften Raum richtig Spaß, der Lautsprecher löst hervorragend auf und baut eine sehr realistische Bühne. 15“-PA-Pappen und Hörner können unterm Strich dynamisch noch mehr, aber in Summe hat mich die große Dynaudio positiv überrascht: ein ernsthafter Spitzenlautsprecher, auch nach all den Jahren.

Fazit

Auch nach all den Jahren noch eine überzeugende Spitzenbox.

Kategorie: Vintage Hifi

Produkt: Dynaudio Consequence MK II

Preis: um 15000 Euro

12/2022

Auch nach all den Jahren noch eine überzeugende Spitzenbox.

Dynaudio Consequence MK II

12/2022

Dynaudio Consequence MK II
NOSTALGIE-TIPP
Ausstattung & technische Daten 
Technische Daten:
Hersteller: Dynaudio 
Vertrieb: Dynaudio 
Internet: www.dynaudio.de 
Konstruktion: Dynaudio 
Funktionsprinzip: Fünf Wege, Compound-Bassreflex 
Bestückung: siehe Text 
Nennimpedanz: 4 Ohm 
Kennschalldruckpegel 2,83V/1m: 84 Dezibel 
Abmessungen (HxBxT): 400 x 1250 x 600 mm 
Kosten: 30000 DM (Paarpreis 1984) 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 14.12.2022, 10:01 Uhr
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Topthema: HÖRTEST2024
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Interessante Links:
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