Die Frankfurter HiFi-Tage sind DIE Gelegenheit für einen ausgiebigen HÖRTEST. Nach über 20 Jahren treffen sich Musik- und HiFi-Fans wieder in Frankfurt, um sich einen Überblick über die neusten und angesagtesten Technologien zur hochwertigen Musikwiedergabe zu verschaffen.
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Braun L-710
Seit Jahren ist es mir eine Herzensangelegenheit, die Rubrik „Vintage-Hifi “ in der Klang+Ton zu verankern. Wir widmen uns einem Klassiker der Hifi -Geschichte.
Natürlich hatten wir schon den einen oder anderen Klassiker im Heft, direkt oder indirekt. Wir denken da natürlich in erster Linie an den riesigen JBL-Monitor vom Kollegen Holger Barske, der von ihm mit viel Liebe zum Detail ganz neu aufgebaut wurde oder meine Geschichte von der neu entwickelten Weiche für die JBL L100 Century. Aber nicht nur die amerikanische Hifi - Geschichte ist voll von im wahrsten Sinne des Wortes bemerkenswerten Geräten, auch aus deutschen Landen gibt es ein paar Entwicklungen, die sich damals wie heute sehen lassen können. Da ich, wie meine Kollegen jeden Tag mit gerunzelter Stirn bemerken müssen, ein ausgesprochen ausgeprägtes Faible für alte Hifi -Geräte, vor allem Lautsprecher, habe, ist es mir nicht leicht gefallen, einen Kandidaten für den Einstieg in die Serie zu finden.
Das heißt, eigentlich ist es doch leicht gefallen: Im Laufe der Zeit hat sich unter allen Boxen eine in mein Ohr und mein Herz gearbeitet, die ich ursprünglich mehr oder weniger als Beifang bekommen hatte: Die Braun L-710.Meine Geschichte mit dieser Box geht schon ein paar Jahre: Mein erstes Paar habe ich geschenkt bekommen – zum Ausschlachten oder Herrichten mit „gegrillten“ Tieftöner-Schwingspulen. Die Entscheidung „Ausschlachten“ war dann auch schnell gefallen, denn – und das bringt uns auch gleich zum Thema „Preise“ – 4 Stück Ersatztieftöner einzeln zu besorgen steht in keiner Relation zum Kaufpreis einer funktionierenden Braun L-710. Tatsächlich kann man den Klassiker, der 1969, also vor 50 Jahren vorgestellt wurde, in einem funktionsfähigen Zustand schon für unter 100 Euro bekommen, wenn man ein bisschen sucht und geschickt verhandelt. „Funktionsfähig“ heißt in dem Fall natürlich: Man legt keinerlei Wert auf optische Unversehrtheit. In einem auch optisch guten Zustand muss man mindestens das Doppelte auf den Tisch legen und die Variante mit Holzoberfläche ist dann noch einmal teurer, weil gesuchter, als die weiße Version.
Wichtig ist neben der einwandfreien Gehäuseoberfläche auch der Zustand des Frontgitters, das keine Dellen haben sollte. Das Gitter, das übrigens damals schon magnetisch befestigt wurde, kann man mit einem kleinen Schraubenzieher vorsichtig weghebeln, um dann – hoffentlich – eine einigermaßen staubfreie Front vorzufinden. Nach der Sichtprobe sollte unbedingt ein Hörtest erfolgen, um sicherzustellen, dass die Chassis alle völlig in Ordnung sind – gerade bei zu hohe Belastung beim Vorbesitzer kann man Schäden nicht ganz ausschließen. Sogar bei den folgenden Messungen kann man bei genauerem Hinsehen feststellen, dass der Mitteltöner nicht ganz perfekt zentriert war, was in seinem oberen Einsatzbereich etwas Pegel gekostet hat.
Technik
Die Braun L-710 ist die erste oder eine der ersten Hifi -Boxen, die die danach lange Zeit bei „besseren“ Lautsprechern übliche Bestückung mit Mittel- und Hochtonkalotte hatte. Außergewöhnlich, auch aus heutiger Sicht, ist die Bestückung mit zwei kleineren Tiefmitteltönern im 17-Zentimeter-Format – die meisten anderen Boxen dieses und anderer Hersteller hatten bei dieser Boxengröße einen 20er oder gar 25er Bass eingebaut. Die L-710 sticht unter fast allen Boxen dieser Zeit dadurch hervor, dass die beiden Tieftöner im Gehäuse einen sehr linearen Tieftonfrequenzgang hinlegen – mehr oder weniger alle anderen der vor allem kleineren Schwestermodelle haben einen teilweise deutlich ausgeprägten Oberbassbuckel, weil die Güte der Treiber für das Gehäusevolumen deutlich zu hoch ist – oder letzteres eben zu klein. Nicht so die L-710: Sie spielt aus einem geschlossenen Volumen im Freifeld bis etwa 70 Hertz hinunter, um dann im Pegel langsam abzufallen.
Gehäuse
Wenn man noch so lange auf das Gehäuse der L-710 starrt: Es gibt keine Möglichkeit, mit den vorhandenen Platzverhältnissen eine Anordnung der Treiber übereinander zu realisieren. Die einzige Möglichkeit wäre der Ausbau des Hochtöners und Einbau in ein Zusatzgehäuse, das man auf die Box stellt, wenn man sie denn stehend betreiben möchte. Die Box ist für alle Arten von Service-Arbeiten von hinten ganz leicht zu öffnen. Kleiner Hinweis: Wenn die Rückwand schon öfter abgeschraubt wurde, dann halten die schlanken Schrauben nicht mehr so gut in der recht weichen Faserplatte und sollten durch etwas größere Spannplattenschrauben ersetzt werden. Im Inneren der L-710 geht es gedrängt zu. Die Box ist ab Werk randvoll mit Minerallwolle. Ich kann verstehen, dass es Leute gibt, die sich vor so etwas ekeln und die Füllung sofort entsorgen. Für mich habe ich überprüft und festgestellt, dass die Füllung in fast 5 Jahrzehnten kaum zerfallen oder staubig geworden ist und sie nach den Arbeiten an der Weiche wieder originalgetreu gestopft, denn auch diese Füllung trägt zum linearen Verhalten der Tieftöner bei. Die Chassis selbst sind mit Maschinenschrauben befestigt. Insgesamt macht das Gehäuse einen wertigen und resonanzarmen Eindruck. Erfreulich wenig Einfluss hat das Gitter auf den Frequenzgang und das Wasserfalldiagramm.
Frequenzweiche
Nur Gutes gibt es auch über die Frequenzweiche zu sagen, die für damalige Zeiten ein schon fast unglaublich hohes Niveau hat. Während manche Mitbewerber mit frei fliegenden Bauteilen zwischen zwei Lötleisten arbeiten, gibt es hier eine ordentliche Platine, auf der die Bauteile sauber aufgelötet sind. Die Bauteilequalität ist dabei sehr ordentlich: Für die kleineren Kondensatorwerte gibt es schon Folien und die Spule vor den Tieftönern hat ordentlich Drahtquerschnitt. Die Spulen im Bereich Mittel- und Hochton sind dagegen recht klein ausgefallen, aber tragen durch ihren DC-Widerstand auch zur Filterwirkung der Weiche bei, weswegen ich sie letztlich auf der Weiche belassen habe. Die Messungen an den alten Kondensatoren haben in fast allen Fällen dagegen schon recht deutliche Abweichungen vom Nennwert ergeben. Außerdem ist in der einzigen Version eines Weichenschaltbilds, das im Netz kursiert, der Kondensator vor dem Hochtöner mit 5,6 µF angegeben, während auf allen mir vorliegenden Platinen 4,7 µF eingelötet sind. Ich habe mich da an das Schaltbild gehalten und tatsächlich nach Austausch der Kondensatoren einen deutlich besseren Hochtonfrequenzgang erhalten.
Wir sehen minimale Änderungen beim Übergang zwischen Tief- und Mitteltöner und einen zwar etwas leiseren, dafür aber deutlich ausgewogeneren Hochtonfrequenzgang. Und auch bei der Klirrmessung hat sich einiges getan:
Vor allem k2 (grün vs. Blau) ist deutlich geringer als vor dem Bauteiletausch. Für eine bessere und universellere Einsatzbarkeit habe ich die feste Zuleitung durch Polklemmen in der Rückwand mit einem etwas dickeren Kabel zur Weiche ersetzt. Die recht dünnen Zuleitungen zu den Chassis sind geblieben.
Messungen
Die fertig wieder zusammengebaute Box überzeugt mit einem auf Achse sehr linearen Frequenzgang, der sich unter Winkeln zwar unschön misst, aber im Mittel immer noch ausgewogen ist. Tiefster Bass und höchste Höhen sind nicht die Domäne der L-710, aber es fehlt auch nicht wirklich etwas. Klirr und Resonanzen halten sich sehr stark in Grenzen – da ist die L-710 absolut auf der Höhe der Zeit.
Hörtest
Und das kann ich auch ohne Wenn und Aber vom klanglichen Auftritt sagen: Weitaus weniger als vor dem Messmikrofon machen sich die Abweichungen unter Winkel bemerkbar – bei sehr kritischem Musikmaterial meine ich, etwas erahnen zu können, wenn ich den Sweet Spot mit dem Kopf verlasse. Nahe der Rückwand und auf klassischen Lautsprecherständern in etwa 20 Zentimeter über den Boden, reicht der Tieftonfrequenzgang bis unter 50 Hertz, wie auch eine schnelle Messung mit Clio Pocket bestätigt hat. Und die Qualität der Bässe spricht noch einmal eine Sprache für sich: Federnd, dynamisch und jederzeit antrittsschnell macht das einfach eine Menge Spaß – so ein bisschen CT230-mäßig. Und die beiden Kalotten machen einen echt guten Job: Der Mitteltöner, der hier ja schon ab 550 Hertz bis 4 Kilohertz spielt, agiert sauber, resonanz- und verfärbungsfrei, während der Hochtöner sich gerade mit den neuen Kondensatoren perfekt anfügt und ebenso souverän agiert. Die räumliche Abbildung ist sehr breit gestaffelt und ist zumindest im Sweet Spot auch ordentlich tief. Bevorzugte Musikrichtungen kennt die L-710 nicht – von Rock bis Klassik geht hier alles.
Zubehör pro Box
Polklemmen PK28 vergoldet, rot+schwarz
Lautsprecherkabel 2 x 1,5 mm2
Schrauben
Lieferant: Lautsprechershop
Weichenbestückung
L1 = 2,5 mH Luftspule, 1 mm
L2 = 3,5 mH Kernspule, 0,5 mm
L3 = 0,6 mH Luftspule 0,5 mm
L4 = 0,18 mH Luftspule 0,5 mm
C1 = 47 µF MKT
C2 = 47 µF MKT
C3 = 4,7 µF MKP
C4 = 4,7 µF MKP
C5 = 4,7 µF MKP
C6 = 5,6 µF MKP
R1 = 2,2 Ohm MOX 10 W
R2 = 4,7 Ohm MOX 10 W
Lieferant Upgrade-Teile: Lautsprechershop
Fazit
Auch heute noch ein zu Recht beliebter Klassiker, der (noch) günstig zu bekommen ist und mit wenig Aufwand wieder zur Bestform gebracht werden kann.Kategorie: Vintage Hifi
Produkt: Braun L-710
Auch heute noch ein zu Recht beliebter Klassiker, mit wenig Aufwand wieder zur Bestform gebracht werden kann.
Braun L-710
262-2570
hifisound Lautsprechervertrieb |
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenTechnische Daten: | |
Hersteller: | Braun |
Konstruktion: | Braun |
Funktionsprinzip: | Geschlossen |
Bestückung: | 2 x Braun Tiefmitteltöner 1 x Braun Mitteltöner 1 x Braun Hochtöner |
Nennimpedanz: | 4 Ohm |
Kennschalldruckpegel 2,83V/1m: | 90 dB |
Abmessungen (HxBxT): | 55 x 31 x 24 cm |
Kosten pro Stück: | ca. 50-150 Euro 50 Euro (Weichenupgrade) |