Der S6 ist eines der erfolgreichsten Verstärkermodelle des italienischen Herstellers Unison. Der fast schon als Klassiker zu bezeichnende Single Ended-Bolide bekam unlängst ein Facelift verpasst, das derzeit unseren Hörraum heizt
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob/SME309/ Benz ACE SL
Clearaudio Master Reference/ Clearaudio Universal/MFSL C3.5
Lautsprecher:
Progressive Audio Diablo
Sonics Allegria
KLANG+TON Coco15
KLANG+TON Wall-ter
KLANG+TON Breezer
Zubehör:
Netzversorgung von PS Audio und HMS
NF-Kabel von Transparent und Silent Wire
Phonokabel von Straight Wire und Silent Wire
Lautsprecherkabel von Transparent
Gegenspieler
Magnat RV-2
Wall Audio Aura
Man kann’s drehen und wenden, wie man will – es gibt ein paar Dinge beim Thema Design, die können nur Italiener. Klar, hübsche Verstärker gibt’s aus aller Herren Länder, aber wenn’s darum geht, mal nicht konsequent auf „Retro“ zu setzen und auch einem optisch potenziell eher „schwierigen“ Konstrukt eine angemessene Form zu verleihen, dann ist die Trefferquote bei den Italienern einfach am größten.
Und ein solches mögliches Problem stellt der neue S6 für 3.800 Euro zweifelsohne dar, folgt er doch einem radikalen und in den Augen vieler Röhrenfans einzig zulässigen Konstruktionsprinzip: dem Single-Ended-Class A-Betrieb. Was da bedeutet: wenig Ausgangsleistung, miserabler Wirkungsgrad. Das ist auch hier so. Pro Kanal werfen drei Pentoden vom Typ EL34 ihre kombinierte Potenz in die Waagschale, um einigermaßen praxisgerechte Ausgangsleistungen zu erzielen. Das funktioniert sehr gut; Drückt man beim Klirr das eine oder andere Auge zu, leistet der S6 respektable 40 Watt. Das aber lässt er sich fürstlich honorieren: 270 Watt genehmigt sich der Italiener aus der Dose, und das permanent. Die wollen abgeführt, die dazu passenden Eisenmengen angemessen verstaut werden, und das haben die Mannen um Giovanni Sachetti wieder einmal hervorragend hinbekommen. Zwar ist der der S6 ein respektabler Klotz und nicht so niedlich wie sein kleiner Bruder „Simply Two“ (das ist ein vergleichbares Schaltungskonzept mit nur einer EL34 im Ausgang und entsprechend weniger Leistung), aber der 25 Kilogramm schwere Trümmer ist durchaus von der hübscheren Sorte. In Sachen Bedienung bringt er alles mit, was man im täglichen Betrieb so braucht – auch eine Fernbedienung im Holz-Outfit. Von deren opulenter Bestückung ist hier allerdings nur die Lautstärkeeinstellung von Belang. Es gibt fünf Hochpegeleingänge, einer davon ist mit „Tape“ beschriftet und verfügt rückseitig auch über einen entsprechenden Eingang. Der Drehschalter klackt schön satt, das Alps-Motorpoti für die Lautstärke fühlt sich auch gut an. Mit Standby und ähnlichem Schnickschnack hat das Gerät nichts am Hut, der quer eingebaute Kippschalter mittig auf der Holzfront macht das, was er soll: an oder aus. Unison verzichtet beim S6 auf mehrere Übertragerabgriffe. Das einzige Paar Lautsprecherterminals (fernöstliche Fertigung, mittelprächtig) ist für eine Lastimpedanz von sechs Ohm optimiert, und das ist eine durchaus richtige Idee: Bei der üblichen Lösung mit zwei Klemmensätzen für Vier- und Acht-Ohm-Lautsprecher klingt unabhängig von der tatsächlichen Lautsprecherimpedanz in den meisten Fällen der Acht-Ohm-Abgriff besser, und das liegt daran, dass hier (so vorhanden) das Signal für die Gegenkopplung abgegriffen wird. Beim Unison darf man also ruhigen Gewissens auch Vier-Ohm-Lautsprecher anklemmen, ohne dass das Klangbild zusammenbricht oder gar das Gerät Schaden nimmt. Besondere Aufmerksamkeit widmet Unison der Ruhestromeinstellung für die Endröhren; da hier drei Leistungsröhren parallel arbeiten, ist eine gleichmäßige Verteilung des Signals besonders wichtig. Der Hersteller setzt auf eine Kombination aus automatischer und manueller Einstellung. Etwa zwei Drittel des fließenden Stroms bestimmt die Automatik, der Rest ist „fixed Bias“ und manuell einzustellen. Das allerdings geht immens komfortabel vonstatten: Pro Kanal gibt’s ein Messinstrument, drei Taster und drei Potis. Das Prozedere ist ganz einfach: Knopf drücken und per entsprechendem Knopf dafür sorgen, dass der Zeiger auf der mittigen Markierung steht. Das geht für alle sechs Röhren in wenigen Sekunden. Der Sinn dieser Zwitterlösung heißt „Effizienz“. Mit der Anordnung konnte man der Ausgangsstufe ein paar zusätzliche Wirkungsgradprozente entlocken, angesichts des ohnehin knackigen Stromverbrauchs keine schlechte Idee. Beim Aufbau des neuen S6 geizte der Hersteller nicht mit Materialeinsatz. Die drei Induktivitäten (Netztrafo und Ausgangsübertrager, selbstverständlich eigenhändig in Italien gefertigt) scheinen reichlich dimensioniert, die beiden Verstärkerzüge sind auf je einer großen Platine rechts und links im Gehäuse untergebracht. Neben den drei Leistungspentoden braucht’s nur eine einzige zusätzliche Röhre, und der Signalpfad ist komplett. Spannungsverstärkung und Treiberaufgaben erledigt eine ECC82, die wie die Endröhren von Electro Harmonix in Russland gefertigt wird. Ein bisschen Halbleitertechnik gibt’s natürlich auch, die sich um die Gleichrichtung der Betriebsspannungen kümmert und, deutlich höher integriert, um den Empfang der Fernbedienungssignale. Auch wenn der S6 ein durchaus potenter Vertreter der Gattung Single-Ended-Verstärker ist – er mag beileibe nicht jeden Lautsprecher. Tatsächlich lässt sich das Klangbild durch die Wahl der Wandler in recht weiten Grenzen einstellen. Wer’s eher mit dem typischen Röhrenklischee von „warm, weich und rund“ hat, der nehme zum Beispiel eine wirkungsgradarme Vier-Ohm-Kleinbox, und voilà – fertig ist der gemütliche Wohlfühl-Sound. Mir persönlich gefällt der Unison deutlich besser, wenn er weniger zu schuften hat: Der Verstärker honoriert höhere und vor allem lineare Lautsprecherimpedanzen und ordentlich Wirkungsgrad. Wenn eine Box diese Parameter gut bedient, vollzieht sich ein erstaunlicher Wandel im Gesamtergebnis: Der Klang wird extrem schnell, kraftvoll und trocken; der Bass wirkt federleicht und tief reichend, subjektiv viel tiefer als mit anderen Röhren oder gar Kollegen aus dem Transistorlager. Dabei dickt’s nicht im Mindesten auf, sondern wirkt feinnervig und kontrolliert – ganz große Klasse. Diesen Effekt konnten wir an zwei Lautsprechern ganz besonders feststellen: Einer davon war die Sonics Allegria, die ihre Tugenden in Sachen Präszision und Antritt hier besonders überzeugend zur Schau zu stellen wusste. Der andere war ein mit einem hart aufgehängten Zwölf-Zoll- Breitbänder und Hornhochtöner bestückter Selbstbau, der bei Unterstützung durch eine rückwärtige Wand unglaublich heftig zur Sache geht. Für den preiswerten Hornhochtöner war der sehr durchsichtige und durchaus nicht übermäßig sanfte Hochtonbereich des Unison vielleicht schon ein bisschen zu viel des Guten, aber das ist eher dem 35-Euro-Hochtöner zuzuschreiben. Was immer gut funktioniert: Single-Ended-Röhren und Breitbänder. Da macht der S6 keine Ausnahme. Wir haben da eine etwas archaisch anmutende dreieckige Box mit einem hochmodernen Acht-Zoll- Breitbänder von Seas im Angebot, und die verträgt sich mit dem Unison ganz ausgezeichnet: Das unten offene Gehäuse produziert im Grundtonbereich normalerweise etwas reichlich Pegel, der Unison domestiziert diesen Umstand perfekt. Auch oben herum bringt der Breitbänder die fantastische Auflösung des Verstärkers voll zur Geltung. Der modellgepflegte S6 ist somit wohl kein Fall für alle Boxen, deren man so habhaft werden kann, aber in jedem Fall lohnt es sich, auf die Suche nach geeigneten Kandidaten zu gehen: Wenn’s passt, vermitteln die drei parallelen Röhren magische Momente zuhauf.
Fazit
Man sollte ein bisschen Mühe auf die Wahl der Lautsprecher verwenden; das honoriert der Unison S6 nämlich mit einem unvergleichlich klaren, lockeren und kräftigen Klangbild ohne Aufdickungen und Ermüdungserscheinungen.