Platte einfach nur hören ist einfach. Phonovorstufe an Verstärker stöpseln, fertig. Platte aufnehmen hingegen ist heutzutage weit weniger trivial. Das gedenkt die Firma ESI zu ändern
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor ZET3 / SME5012 / Transrotor Merlot
Clearaudio Master Reference / Clearaudio Magnify / Goldring 2500
Vorstufen:
MalValve preamp four line
Endverstärker:
Audio Research Reference 250
Plinius SA-103
Lautsprecher:
Klang + Ton "Nada"
Audoio Physic Avantera
Zubehör:
Netzversorgung von PS Audio
NF-Kabel von van den Hul und Transparent
Phonokabel van den Hul
Lautsprecherkabel von Transparent
Plattenwaschmaschine von Clearaudio
Gegenspieler
Phonovorstufen:
Gruensch MFE II
Audionet PAM G2/EPC
Können Sie sich noch an die Zeiten erinnern, als man Musik aufgenommen hat, indem man mit dem Mikro des Kassettenrekorders vor dem Lautsprecher des Radios gesessen hat? Und selbstverständlich kam in dem Moment, in dem gerade der wichtigste Titel der Welt lief, Mama zur Tür herein und sagte so was wie: „Abendessen ist fertig.“ Danke, Mama. Irgendwann hat die Unterhaltungselektronik ein Einsehen mit Müttern, die böse Blicke von ihren Kindern ernteten, und erfand die Kabelverbindung zwischen Rundfunkempfängern und Aufnahmegeräten.
Oder auch zwischen Plattenspielern und Tapedecks. Irgendwie ging das damals ganz einfach: Halbwegs den richtigen Aufnahmepegel einstellen, loslegen. Und wenn’s mal ein wenig zu weit in den roten Bereich ging, dann hat man eben runtergedreht. Es gab bei Bändern etwas, das man „Aussteuerungsreserve“ nannte und das unseren Aufnahmen andauernd den Allerwertesten gerettet hat. Das war einmal. Die analoge Aufnahmetechnik für den Heimgebrauch ist kaum mehr existent – klar, ich weiß, natürlich gibt’s da draußen eine beinharte Fangemeinde für Tapedecks. Ich hab auch noch ein neuwertiges Pioneer CT979 … das ist ein anderes Thema. „Aufnehmen“ heißt heutzutage digitalisieren, meist unter Zuhilfenahme eines Computers. Klar, man kann einfach die Ausgänge seiner Phonovorstufe an die Line-Inputs seines Computers stöpseln, sich eine entsprechende Software suchen und loslegen. Das funktioniert, erfordert jedoch ein bisschen Arbeit und Ahnung von der Materie. Hier kommt Peripheriespezialist ESI ins Spiel, an dem spätestens seit der legendären Soundkarte „Juli@“ auch audiophil angehauchte Zeitgenossen Spaß haben. Das nämlich ist eine gern genommene Karte für „Audio-PCs“, weil sie eingangs- wie ausgangsseitig 24 Bit und 192 Kilohertz verarbeiten kann und sehr anständig klingt. Und jetzt kommt der ESI „Phonorama“. Das Ding kostet rund 100 Euro, ist etwa halb so groß wie ein modernes Smartphone und will das ganze Platte-Aufnehmen-Dings im Handstreich erledigen. Dazu hat das Gerätchen zwei Cinch-Eingangsbuchsen, an die sich MM- oder MC-Tonabnehmer, alternativ auch Hochpegelquellen, anschließen lassen. Dazu stecken im Inneren eine ausgewachsene, per Computer konfigurierbare Phonovorstufe und ein A/D-Wandler, der deren Ausgangssignal ins Digitale überführt und über einen USB-Anschluss verfügbar macht. Dazu gesellen sich zwei 6,3-Millimeter-Klinkenbuchsen, an denen ein stereophones Kopfhörersignal und ein Monitorsignal mit Line-Pegel anliegen. Zwei Leuchtdioden geben über die Aussteuerungssituation Auskunft und erlauben das Einpegeln des Eingangs auf ein sinnvolles Maß. Aufnahmen können entweder mit 44,1 oder 48 Kilohertz Samplingrate getätigt werden, was dem CD- oder Studiostandard entspricht. Quantisiert wird grundsätzlich mit 16 Bit – wer eine High-End-Hochbit-Lösung sucht, der ist hier an der falschen Adresse. Ein Blick ins gerundete Aluprofil offenbart eine beidseitig bestückte Platine mit jeder Menge SMD-Komponenten. Dabei ist eine Platinenseite für die digitale Signalverarbeitung zuständig, die andere fürs Analoge. Die Phonovorstufe baut auf klassische Doppel-Operationsverstärker des japanischen Herstellers JRC; wie genau die vier Stufen pro Kanal verschaltet sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Das betrifft zum Beispiel auch die Frage, wie das Gerät denn die wünschenswerten unterschiedlichen Abschlussimpedanzen für MM- und MC-Abtaster behandelt. Mich dünkt: gar nicht. Einzustellen gibt es jedenfalls diesbezüglich nichts. Auf der Digitalseite teilen sich im Wesentlichen zwei hochintegrierte Vielfüßler den Job: Einer kümmert sich um die USB-Anbindung, einer wandelt von analog nach digital und umgekehrt. Da gibt’s noch jede Menge andere fleißige Helferlein, einer davon ist bestimmt dafür zuständig, ein zentrales Problem eines solchen Gerätes zu lösen: Der Phonorama ist „USB Bus Powered“, will sagen: Er bezieht seine Betriebsspannung über die Computerschnittstelle, und da gibt’s halt nur magere fünf Volt, was für ernsthafte analoge Ambitionen einfach zu wenig ist. Nehmen wir also das putzige Gerätchen und stöpseln es per beiliegendem USB-Kabel einfach mal an den Rechner. Und schon geht’s schief. Zwar sucht sich Windows 7 artig einen Treiber aus dem Netz und installiert den auch, allerdings funktioniert das Ganze hinterher nicht. Manchmal sollte man doch vorher das Handbuch zurate ziehen. Da steht ganz eindeutig: erst Treiber installieren, dann Gerät anstöpseln. Und noch ein paar weise Ratschläge, die zu beherzigen unbedingt lohnt. Wenn man diese erste Software-Hürde genommen hat, dann gibt’s in der Taskleiste ein ESI-Icon, das nach Doppelklick ein Kontrollfenster offenbart, mit dem man das Gerät konfigurieren kann: MM, MC oder Hochpegeleingang einstellen, Eingangspegel justieren, Ausgangspegel einstellen, Monitorfunktion aktivieren, diverse Muting-Möglichkeiten bedienen. Prinzipiell sieht das aus wie ein sehr reduziertes Mischpult. Leider hat der Treiber noch ein paar Macken, sowohl die Version auf der mitgelieferten CD wie auch die aktuell im Netz bereitgestellte: Das Ding ist reichlich hakelig. Pegelveränderungen gehen nur manchmal in die gewünschte Richtung, der Effekt der MM-/MC-Umschaltung bleibt manchmal etwas rätselhaft und scheint mitunter genau das Gegenteil von dem zu tun, was sie eigentlich soll; das gilt auch für die diversen Muting-Schaltflächen. Hier muss nachgebessert werden. Diese Phänomene hatten wir übrigens auf vier Rechnern unter XP und Windows 7. Okay, mit ein wenig Geduld kommt man letztlich dahin, wo man hin will. Vom eingebauten Kopfhörerausgang sollte man keine Wunder erwarten und ihm auf alle Fälle einen hochohmigen Hörer gönnen, sonst krächzt es recht ungeniert. Trotzdem: Das Gerät macht seinen Job, und wenn man den Hochpegelausgang per geeignetem Kabel (6,3er-Stereoklinke auf zweimal Cinch) an die Anlage hängt, dann schlägt sich der Kleine ziemlich gut und geht durchaus als ordentliche Phonovorstufe durch. Der Rauschpegel ist angenehm niedrig, man kann tatsächlich auch MCs schmerzfrei daran betreiben. Überrascht hat mich das dynamisch ordentliche Verhalten des Gerätes, erwartet hatte ich ein paar Einbußen ganz oben und ganz unten an den Frequenzenden. Die gibt’s denn auch, allerdings ist der Vergleich mit dem Audionet-Doppeldecker PAM G2/EPC auch ziemlich unfair. Angenehm überrascht war ich von dem Umstand, dass der Phonorama weitgehend unempfindlich gegenüber Störungen aus dem Rechner zu sein scheint. Computertypische Hintergrundgeräusche hatte ich äußerst selten, und die auch nur an einem stationären Rechner mit Netzanschluss. Beim Notebook mit Akkubetrieb herrschte totale Ruhe. Ein echter Aktivposten des Phonorama-Paketes ist die mitgelieferte Recording- und Restaurationssoftware „SoundSaver Express“. Die ist zwar englischsprachig und verfügt über einen etwas lästigen Aktivierungsprozess, funktioniert in der Praxis allerdings ausgezeichnet. Man wird mit einem ganz einfachen Schritt-für-Schritt-Menü durch alle Prozesse von der Pegeleinstellung über die eigentliche Aufnahme über die Nachbearbeitung per Entrauscher und Entknacker bis zum Export ins gewünschte Format geleitet. Jenes kann ein MP3-File in verschiedenen Qualitäten (ein auf dem Rechner installierter entsprechender Encoder vorausgesetzt) oder eine unkomprimierte WAV-Datei sein. Einen direkten Export zu iTunes gibt’s auch. Die Kommunikation der Software mit dem Phonorama-Treiber ist absolut reibungslos, und die Ergebnisse können sich absolut hören lassen. Ein wenig aufpassen sollte man mit den Nachbearbeitungs-Features, die zerstören den Vinylklang ziemlich schnell. Wir raten zu deren Einsatz nur, wenn die zu digitalisierende Platte in einem schlimmen Zustand ist. Wer viel Zeit hat, kann die Werkzeuge allerdings sehr spezifisch nur an Stellen mit Störungen einsetzen, und dann wird ein Schuh draus. Natürlich halte ich ein Tapedeck in der Anlage immer noch für die deutlich unkompliziertere Art der Plattenaufnahme. Allerdings macht der ESI-Zwerg, ein wenig Toleranz gegenüber computertypischen Problemen vorausgesetzt, seine Sache ziemlich gut. Für 100 Euro kann man den „Phonorama“ durchaus empfehlen.
Fazit
ESIs Phonorama ist eine kompakte und komplette Lösung zum Digitalisieren von Schallplatten. Die Ergebnisse sind mehr als ordentlich, der Prozess selbst ist einfach zu erlernen und weitgehend problemlos.